
Die Manöver rund um die Wahl des neuen Kardinaldekans und damit ranghöchsten Vertreters des Kardinalskollegiums gehen weiter und stehen offenbar in direktem Zusammenhang mit dem nächsten Konklave. Es werden Vorbereitungen getroffen und Weichen gestellt. Der erste und oberste Akteur dabei ist Papst Franziskus.
Wie berichtet, ist das Mandat des bisherigen Kardinaldekans Giovanni Battista Re am 19. Januar verfallen. Seither hat die Heilige Kirche keinen Kardinaldekan mehr, der in der Zeit der Sedisvakanz eine zentrale Rolle spielt. Er leitet im Prekonklave die Generalkongregationen und im Konklave die Wahlgänge zur Wahl eines neuen Papstes.
Den Kardinaldekan wählten die Kardinalbischöfe der sieben suburbikarischen Bistümer. Papst Paul VI. stellte ihnen ein Oberhaupt der mit Rom unierten Kirchen gleich. Seither gab es sieben Wähler. Nur sieben und nicht acht, weil der bisherige Kardinaldekan Giovanni Battista Re mit Ostia und Porto-Santa Rufina zwei suburbikarische Bistümer innehatte. Solche Koppelungen sind seit dem Spätmittelalter üblich.
Papst Franziskus erweiterte vor kurzem den Wählerkreis auf alle Kardinalbischöfe der Kirche. Das waren zuletzt dreizehn Purpurträger.
Obwohl alle Wähler schon in Rom versammelt waren, ließ Franziskus im Januar aber keine Wahl durchführen. Über die Gründe wird spekuliert.
Stattdessen setzte das Kirchenoberhaupt nun einen weiteren Schritt, das Wahlkollegium umzubauen. Obwohl die Kardinalbischöfe eigentlich inmitten der Wahl eines neuen Kardinaldekans sind bzw. wären, würde Franziskus es nicht verhindern, ernannte er im laufenden Verfahren einen neuen Kardinalbischof.
Wie das vatikanische Tagesbulletin bekanntgab, „hat der Heilige Vater Seine Eminenz Kardinal Robert Francis Prevost OSA, Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, in die Ordnung der Bischöfe kooptiert und ihm die suburbikarische Diözese Albano übertragen“.
Der US-Amerikaner Prevost, Angehöriger des Augustinerordens, gehört zu den jüngsten „Aufsteigern“ in der päpstlichen Gunst. Im Januar 2023 ernannte ihn Franziskus zum Präfekten des Bischofsdikasteriums und zum Vorsitzenden der Päpstlichen Lateinamerikakommission, die dem argentinischen Papst sehr wichtig ist. Im September 2023 kreierte er Prevost zum Kardinal.
Franziskus verlängerte am 7. Januar das Mandat von Kardinaldekan Re bis zur Wahl eines Nachfolgers, für die es noch keinen Termin gibt. Ebenso verlängerte er am 14. Januar das Mandat des Kardinalprodekans Leonardo Sandri.
Anders ausgedrückt: Franziskus mißachtet die von ihm selbst erfundenen und eingeführten Normen, um die Wahl eines Kardinaldekans zu verhindern, der ihm nicht genehm ist.
Es darf davon ausgegangen werden, daß Franziskus damit rechnen kann, daß der neuernannte Kardinalbischof nicht für jenen Kandidaten stimmen wird, der als sicherer Nachfolger von Kardinal Re galt, den Franziskus aber verhindern will.
Wie würde man es im weltlichen Bereich nennen, wenn die Wahlordnung geändert würde, während der Wahlprozeß bereits im Gange ist? Mit Sicherheit hätten sich damit die Gerichte zu befassen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)
Mir kommt die Kirche inzwischen immer mehr vor wie a) eine Diktatur b) ein Irrenhaus oder c) wie beides zusammen. Manchmal wirkt sie wie ein Alptraum und in dem Moment, in dem man erwacht, wird klar: der Alptraum ist Wirklichkeit. – Congratulations!