„Anerkennungen“ von Marienerscheinungen erfolgen plötzlich im Laufschritt

Neue Normen, neues Tempo: Anerkennungen mit Anführungszeichen


Das Heiligtum Madonna dello Scoglio, wo einem jungen Mann 1968 die Gottesmutter erschienen ist, wurde von Rom nach den neuen Normen für übernatürliche Phänomene "anerkannt".
Das Heiligtum Madonna dello Scoglio, wo einem jungen Mann 1968 die Gottesmutter erschienen ist, wurde von Rom nach den neuen Normen für übernatürliche Phänomene "anerkannt".

Am 17. Mai erließ das römi­sche Glau­bens­dik­aste­ri­um unter der Lei­tung des päpst­li­chen Lieb­lings­pro­te­gés Vic­tor Manu­el „Tucho“ Fernán­dez neue Nor­men zur Beur­tei­lung über­na­tür­li­cher Phä­no­me­ne. Plötz­lich geht es Schlag auf Schlag: Am 8. Juli erteil­te der Hei­li­ge Stuhl „grü­nes Licht“ (Vati­can­News) für die Ver­eh­rung der Mut­ter­got­tes von Mon­ti­chia­ri, heu­te für die Ver­eh­rung Unse­rer Lie­ben Frau del­lo Sco­glio. Die­ses über­ra­schen­de Tem­po hat sei­nen Grund.

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Die in den neu­en Nor­men fest­ge­leg­te Unter­schei­dung ist gegen­über den bis­he­ri­gen kirch­li­chen Stan­dards nie­der­schwel­lig, wes­halb seit lan­gem anhän­gi­ge Fäl­le mit einem Mal groß­zü­gig und schnell ent­schie­den wer­den kön­nen. Mehr noch: Sie kön­nen nun ohne die bis­he­ri­gen stren­gen Hür­den posi­tiv ent­schie­den werden.

Der Grund: Die neu­en Nor­men sehen über­haupt kei­ne Aner­ken­nung eines über­na­tür­li­chen Cha­rak­ters mehr vor. Wo bis­her die Orts­bi­schö­fe ent­schei­den konn­ten, hat sich zudem San­ta Mar­ta jede Ent­schei­dung vor­be­hal­ten. Da nicht mehr vor­ge­se­hen ist, die Über­na­tür­lich­keit eines Phä­no­mens anzu­er­ken­nen, wird die Aner­ken­nungs­fra­ge nur mehr „pasto­ral“ behan­delt. Wäh­rend es einen posi­ti­ven Bescheid nach den bis­he­ri­gen Kri­te­ri­en nicht mehr gibt, ist ein nega­ti­ver Bescheid hin­ge­gen geblie­ben. Rom kann also wei­ter­hin fest­stel­len, daß ein Phä­no­men gesi­chert kei­nen über­na­tür­li­chen Cha­rak­ter hat.

Kri­ti­ker spre­chen davon, daß Kar­di­nal Tucho Fernán­dez mit Zustim­mung von Papst Fran­zis­kus eine mate­ria­li­sti­sche Sicht­wei­se durch­ge­setzt und die über­na­tür­li­che Ebe­ne im Sin­ne einer sicht­ba­ren Mani­fe­sta­ti­on Got­tes, Hei­li­ger oder der Engel ver­bannt habe. Die Tran­szen­denz blei­be in jeder Hin­sicht tran­szen­dent, denn ate­ria­li­sie­ren dür­fe sie sich nicht mehr (sie­he auch: Mari­en­er­schei­nun­gen, Papst­kri­tik, End­zeit­pro­phe­ti­en – und ein unan­ge­neh­mer Bei­geschmack).

Rom beschränkt sein Urteil mit Hil­fe eines Stu­fen­sy­stem nur mehr auf die Fra­ge, ob und inwie­fern eine tat­säch­lich oder ver­meint­li­che Erschei­nung von „pasto­ra­lem“ Nut­zen ist. Die bei­den jüng­sten „Aner­ken­nun­gen“ von Mari­en­er­schei­nun­gen sind bereits direk­ter Aus­druck der neu­en Nor­men in Akti­on. In bei­den Fäl­len erfolg­te durch Rom kei­ne Aner­ken­nung der Über­na­tür­lich­keit. Es wur­de ledig­lich fest­ge­stellt, daß der Ver­eh­rung (in pasto­ra­ler Hin­sicht) nichts ent­ge­gen­steht, wes­halb den bei­den Wall­fahrts­or­ten von Mon­ti­chia­ri in der Lom­bar­dei und von Sco­glio in Kala­bri­en nichts im Wege steht: Nihil obstat, oder Nulla osta, wie die Ita­lie­ner sagen.

Schon bei der Aner­ken­nung des Phä­no­mens der Rosa Mysti­ca von Mon­ti­chia­ri, wo die Got­tes­mut­ter seit dem Zwei­ten Welt­krieg mit gro­ßen Abstän­den und über einen län­ge­ren Zeit­raum Pie­ri­na Gil­li erschie­nen ist, beton­te der Vati­kan, daß die Ent­schei­dung „auf den neu­en Nor­men zur Unter­schei­dung angeb­li­cher über­na­tür­li­cher Phä­no­me­ne basiert“. Glei­ches geschah heu­te bei der Aner­ken­nung des Phä­no­mens von Sco­glio. In San­ta Dome­ni­ca di Paca­ni­ca del­lo Sco­glio in Kala­bri­en ist die Got­tes­mut­ter 1968 dem damals 18jährigen Bau­ern Cosi­mo Fra­go­me­ni erschienen.

Das römi­sche Nulla osta, die höchst­mög­li­che posi­ti­ve Ein­stu­fung nach der neu­en Gra­dua­li­täts­ska­la, macht es nun den Gläu­bi­gen immer­hin mög­lich, daß de fac­to in den aner­kann­ten Fäl­len nicht mehr zwin­gend ein ste­ti­ger Kon­junk­tiv ver­wen­det wer­den muß.

Im Juni 2013 wur­de der Grund­stein zum neu­en inzwi­schen fer­tig­ge­stell­ten ersten Teil des Hei­lig­tums gelegt

„In der säku­la­ri­sier­ten Welt, in der wir leben, in der so vie­le ihr Leben ohne jeden Bezug zur Tran­szen­denz ver­brin­gen, sind die Pil­ger, die in das Hei­lig­tum des Sco­glio kom­men, ein Zei­chen für die Tran­szen­denz. Die Pil­ger, die zum Hei­lig­tum des Sco­glio kom­men, sind ein star­kes Zei­chen des Glau­bens“, erklär­te Glau­bens­prä­fekt Tucho Fernán­dez, der aller­dings kei­ne expli­zi­te Aner­ken­nung des über­na­tür­li­chen Cha­rak­ters eines Phä­no­mens, auch nicht der genann­ten, aus­spre­chen will.

Statt­des­sen ermu­tigt Kar­di­nal Fernán­dez in sei­nem Schrei­ben an den Bischof von Locri-Gerace, den „pasto­ra­len Wert“ von Wall­fahr­ten zum Erschei­nungs­ort zu schät­zen. Gleich­zei­tig betont er aus­drück­lich, daß das Nihil obstat „nicht als Aner­ken­nung des über­na­tür­li­chen Cha­rak­ters des Phä­no­mens“ zu ver­ste­hen ist, son­dern ledig­lich als Aner­ken­nung einer „Erfah­rung des Gei­stes“, und des­halb wird der Diö­ze­san­bi­schof ermu­tigt, „die Ver­brei­tung die­ses spi­ri­tu­el­len Ange­bots zu för­dern, auch durch Pil­ger­fahr­ten“. Die Gläu­bi­gen wer­den „ermäch­tigt“, Mon­ti­chia­ri und Sco­glio „ ‚durch umsich­ti­ge Wach­sam­keit‘ ihre Auf­merk­sam­keit zu schenken“. 

Zu den heu­te aner­kann­ten Erschei­nun­gen schreibt Vati­can News:

„Der ersten Erschei­nung im Jahr 1968, so erzählt Cosi­mo, sei ein Licht­strahl vor­aus­ge­gan­gen, der von einem Sand­stein­fel­sen in der Nähe des Hau­ses des jun­gen Man­nes kam, und sie habe sich in den fol­gen­den vier Tagen wie­der­holt. In den Bot­schaf­ten, von denen Cosi­mo berich­tet, ruft die Got­tes­mut­ter zur Umkehr und zum Gebet auf und äußert den Wunsch, die kala­bri­sche Stadt in ein gro­ßes Zen­trum der Spi­ri­tua­li­tät zu ver­wan­deln, in dem die Men­schen die Barm­her­zig­keit Got­tes fin­den kön­nen. Cosi­mo rode­te das Gebiet um den Fel­sen, bau­te einen Damm und grub den Sand­stein aus, um eine Nische zu schaf­fen, in der eine in Car­ra­ra gekauf­te Mar­mor­sta­tue auf­ge­stellt wer­den konn­te. Der Ort wur­de bald zu einem Ziel für Pil­ger aus ganz Ita­li­en und sogar aus dem Aus­land. Am Anfang war es eine ein­fa­che Kapel­le, aber der wach­sen­de Strom von Pil­gern ver­an­laß­te den Bau eines gro­ßen Heiligtums.“

Cosi­mo Fra­go­me­ni, der Seher von Sco­glio, wur­de Franziskaner-Terziar.

Am 22. Mai 2013 bat Br. Cosi­mo, in Beglei­tung von Bischof Fran­ces­co Oli­va von Locri-Gerace, Papst Fran­zis­kus den ersten Stein des Hei­lig­tums von Sco­glio zu seg­nen. Die Grund­stein­le­gung erfolg­te am 1. Juni jenes Jah­res. 2016 wur­de der Wall­fahrts­ort von Bischof Oli­va zum Diö­ze­san­hei­lig­tum erhoben.

Das Dekret von Bischof Fran­ces­co Oli­va von Locri-Gerace, mit dem er die Ent­schei­dung Roms bekanntgab

In sei­nem Schrei­ben an den Bischof begrün­det Kar­di­nal Fernán­dez die Aner­ken­nung mit den „offen­sicht­li­chen pasto­ra­len Früch­ten“, die das Hei­lig­tum her­vor­bringt. Es sei ein Ort von Inter­es­se für vie­le Gläu­bi­ge, „vor allem aber der Lei­den­den und Kran­ken“. Es herr­sche ein Geist des Gebets, es gebe Bekeh­run­gen und Prie­ster- und Ordens­be­ru­fun­gen. Vor allem aber herr­sche eine „gesun­de Fröm­mig­keit“. Der Ort wei­se kei­ne „kri­ti­schen oder ris­kan­ten Ele­men­te oder Pro­ble­me“ auf. So ganz über­zeugt scheint der Glau­bens­prä­fekt aber dann doch nicht zu sein, wobei nicht genau klar wird, wem er miß­traut oder vor wem sich die Gläu­bi­gen in acht neh­men soll­ten, da er die­se zu „umsich­ti­ger Wach­sam­keit“ ermahnt.

Da auf­grund der neu­en Nor­men den Diö­ze­san­bi­schö­fen die Ent­schei­dungs­voll­macht ent­zo­gen wur­de, beschränk­te sich der Part von Bischof Oli­va dar­auf, mit einem Antrag das Glau­bens­dik­aste­ri­um um die Ertei­lung des Nihil obstat zu bit­ten.

Msgr. Oli­va lädt die Gläu­bi­gen zu einer fei­er­li­chen Zere­mo­nie im Hei­lig­tum, um für die „Aner­ken­nung“ zu dan­ken. Die­se ist für den Abend des 5. August geplant. Auf der Inter­net­sei­te des Hei­lig­tums Madon­na del­lo Sco­glio ist auch nicht von einer „Aner­ken­nung“ des über­na­tür­li­chen Cha­rak­ters die Rede. Wört­lich heißt es: „Die Kir­che erkennt offi­zi­ell den geist­li­chen Wert von Sco­glio an.“

Neben dem bereits fer­tig­ge­stell­ten Teil (rot umran­det) soll eine gigan­ti­sche Kir­che (mit einem etwas zwei­fel­haf­ten Äuße­ren) errich­tet werden

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: LocriNews/​Diocesi Locri-Gerace/­Ma­don­na­del­lo­s­co­glio (Screen­shots)

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3 Kommentare

  1. Klei­ne Men­schen machen sich gern groß. Und unser „Tucho“ Fer­nan­dez ist ein sol­cher Ger­ne­groß. Das dürf­te inzwi­schen nun wirk­lich jeder bemerkt haben, und der soge­nann­te „Glau­bens­prä­fekt“ macht sich mit sei­nem Vor­ge­hen für oder gegen Mari­en­er­schei­nun­gen nur noch lächer­li­cher, als er ohne­hin schon ist.
    Die seli­ge Jung­frau braucht sicher kein „Go“ von einem halb­sei­de­nen Kar­di­nal, der Por­no-Schrif­ten ver­fasst hat und im Grun­de ein Abtrün­ni­ger ist, aber sicher kein „Glau­bens­wäch­ter“ – und was die Rosa Mysti­ca betrifft: ich habe ihre Sta­tue seit 40 Jah­ren im Haus, war mehr­fach in Fon­ta­nel­le und bin von den Erschei­nun­gen zutiefst über­zeugt; dafür brau­che ich weiß Gott kein „Nihil obstat“ – und schon gar nicht von einem Tucho Fer­nan­dez. – Sor­ry!! Oder soll­te es ohne Bedeu­tung sein, dass es aus­ge­rech­net über 100 Sta­tu­en der Rosa Mysti­ca sind, die welt­weit Trä­nen ver­gie­ßen? Das ist der­art selbst­re­dend und erschüt­ternd, dass die­ses „nihil obstat“ direkt belei­di­gend ist. In Wahr­heit hat der Him­mel selbst die­se Erschei­nun­gen bezeugt und wer ein gläu­bi­ger Mensch ist, der spürt das auch – und dies obwohl man sich in Rom nicht zu einer Aner­ken­nung der Über­na­tür­lich­keit ent­schei­den kann. „War­um nicht“, mag man fra­gen. Die Ant­wort ist sim­pel: Weil man dort den GLAUBEN ans Über­na­tür­li­che ver­lo­ren hat! – Na, bravo!

  2. Das ist kei­ne Aner­ken­nung. Das ist eine Bau­ge­neh­mi­gung für ein Gebäu­de in Form von Tuchos Bischofs­stab. Eine Schlange.

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