Vatikanischer Mißbrauchsermittler in „Sondermission“ in Peru

Der Verdacht: Werden Mißbrauchsermittlungen nur in eine Richtung gelenkt?


Der Mißbrauchsermittler des Vatikans wurde nach Peru entsandt, um gegen die Gemeinschaft Pro Ecclesia Sancta zu ermitteln.
Der Mißbrauchsermittler des Vatikans wurde nach Peru entsandt, um gegen die Gemeinschaft Pro Ecclesia Sancta zu ermitteln.

(Rom) Papst Fran­zis­kus hat Msgr. Jor­di Ber­tom­eu vom Glau­bens­dik­aste­ri­um zum zwei­ten Mal nach Peru ent­sandt, um Miß­brauch zu unter­su­chen. Der Vati­kan macht ernst. Das Bild hat aller­dings einen klei­nen Schönheitsfehler.

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Msgr. Jor­di Ber­tom­eu ist ein Schü­ler und Mit­ar­bei­ter von Msgr. Charles Sci­clu­na, einem Kano­ni­sten, der sich unter Papst Bene­dikt XVI. einen Namen als unbe­irr­ter Miß­brauch­ser­mitt­ler mach­te. Unter Papst Fran­zis­kus wan­del­te sich Sci­clu­na dann schnell zum über­zeug­ten Berg­o­glia­ner. Fran­zis­kus ernann­te ihn 2015 zum Erz­bi­schof von Mal­ta. Als sol­cher mach­te Sci­clu­na 2016 Mal­ta zum ersten Land der Welt, in dem die Kir­che das umstrit­te­ne nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia im Sinn von Papst Fran­zis­kus umsetz­te und wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne und ande­re irre­gu­lä­re Situa­tio­nen zur Kom­mu­ni­on zuließ. 2018 bestä­tig­te Fran­zis­kus sei­ne Wert­schät­zung für Sci­clu­na, indem er ihn zusätz­lich zu sei­nem Amt als Erz­bi­schof von Mal­ta auch zum bei­geord­ne­ten Sekre­tär der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ernannte.

Msgr. Jor­di Bertomeu

Der aktu­el­le Auf­trag an Msgr. Ber­tom­eu rich­tet sich gegen die in Peru ent­stan­de­ne Gemein­schaft Pro Eccle­sia Sanc­ta (PES). Um es vor­weg­zu­neh­men. Im kon­kre­ten Fall geht es nicht um sexu­el­len Miß­brauch, son­dern um die Finan­zen. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren setz­te sich in vie­len Köp­fen fest, daß Miß­brauch sexu­el­les Fehl­ver­hal­ten mei­ne, doch es gibt ver­schie­de­ne For­men von Mißbrauch. 

Das Erz­bis­tum Lima bestä­tig­te, daß die „Son­der­mis­si­on“ des spa­ni­schen Prä­la­ten „zwi­schen dem 4. und 12. März“ in der Apo­sto­li­schen Nun­tia­tur in Lima statt­fin­det. Ber­tom­eu wird die „noch lau­fen­de kano­ni­sche Unter­su­chung auf Diö­ze­sa­ne­be­ne aus­wer­ten“. Mit Mit­tel­punkt ste­hen „angeb­li­che finan­zi­el­le Unre­gel­mä­ßig­kei­ten“ von Pro Eccle­sia Sanc­ta. Die Gemein­schaft ist als Insti­tut des gott­ge­weih­ten Lebens diö­ze­sa­nen Rechts errichtet.

In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat­te Msgr. Ber­tom­eu zusam­men mit Msgr. Sci­clu­na bereits in Peru gear­bei­tet. Es wur­den im ver­gan­ge­nen Jahr Vor­un­ter­su­chun­gen gegen Pro Eccle­sia Sanc­ta durch­ge­führt. Zuvor schon war das Soda­li­ti­um Chri­stia­nae Vitae (SCV) ins Visier der römi­schen Ermitt­ler geraten.

Im Mai 2023 rei­ste Ber­tom­eu auch nach Para­gu­ay und Boli­vi­en, um Vor­wür­fe des sexu­el­len Miß­brauchs zu unter­su­chen. Er war bereits an den Unter­su­chun­gen Sci­clu­nas gegen Mar­cial Maciel Degollado, den Grün­der der Legio­nä­re Chri­sti, und im chi­le­ni­schen Fall Kara­di­ma betei­ligt. Die Ermitt­lun­gen gegen Maciel Mar­cial begrün­de­ten Sci­clu­nas Ruf als Ermittler.

In Boli­vi­en unter­such­te Ber­tom­eu die Vor­wür­fe des sexu­el­len Miß­brauchs von Min­der­jäh­ri­gen im Anschluß an den Fall des 2008 ver­stor­be­nen Jesui­ten Alfon­so „Pica“ Ped­ra­jas, der in sei­nem per­sön­li­chen Tage­buch gestand, mehr als 80 Kin­der miß­braucht zu haben (Katho​li​sches​.info berich­te­te: „Ich habe zu vie­len Men­schen weh­ge­tan“).

Die Gemein­schaft Pro Eccle­sia Sanc­ta, die heu­te in meh­re­ren spa­nisch­spra­chi­gen Län­dern, dar­un­ter auch in Spa­ni­en, wirkt, aber auch in den USA tätig ist, wur­de 1981 von dem Jesui­ten­pa­ter Pablo Menor, einem gro­ßen Herz-Jesu-Ver­eh­rer, gegrün­det. Im Alter von 82 Jah­ren ver­nahm er den Ruf, eine apo­sto­li­sche Gemein­schaft zu grün­den, deren Cha­ris­ma die Ver­eh­rung des Her­zens Jesu ist. 1992 wur­de auch ein weib­li­cher Zweig ins Leben geru­fen. P. Pablo Menor ver­starb kurz zuvor im hohen Alter von 92 Jah­ren. Die Gemein­schaft mit zeit­li­chen und ewi­gen Gelüb­den ist viel­fäl­tig apo­sto­lisch aktiv.

Die Anschul­di­gun­gen betref­fen einen Medi­en­un­ter­neh­mer, der sagt, er habe einer von der Gemein­schaft betreu­ten Pfar­rei Geld gelie­hen, das ihm nicht zurück­ge­zahlt wor­den sei. Die Gemein­schaft weist die Vor­wür­fe ent­schie­den zurück. 

Der Vati­kan macht ernst mit der Ver­fol­gung von Miß­brauch und das ist gut so. Gut, um tat­säch­li­chen Miß­brauch zu bekämp­fen, den Opfern Gerech­tig­keit zu ver­schaf­fen, aber auch, um Unschul­di­ge vor fal­schen Ver­däch­ti­gun­gen zu schüt­zen. Der ein­gangs erwähn­te Schön­heits­feh­ler betrifft nicht die Ermitt­ler selbst, die wie Msgr. Ber­tom­eu ihre Arbeit auf­trags­ge­mäß und wei­sungs­ge­bun­den erle­di­gen. Er betrifft den seit Jah­ren schwe­ben­den Ver­dacht, daß die Miß­brauch­ser­mitt­lun­gen als Instru­ment des inner­kirch­li­chen Rich­tungs­kamp­fes ein­ge­setzt wer­den. Anders gesagt: Der Ver­dacht besteht dar­in, daß die Ermitt­lun­gen bevor­zugt in eine Rich­tung gelenkt wer­den. Das gilt nicht nur, aber beson­ders für Peru, wo die genann­ten Gemein­schaf­ten Kar­di­nal Luis Cipria­ni Thor­ne nahe­stan­den. Mit des­sen Eme­ri­tie­rung als Erz­bi­schof von Lima voll­zog Papst Fran­zis­kus eine radi­ka­le Wen­de. Am 28. Dezem­ber 2023 ver­lor Cipria­ni Thor­ne, der ein­zi­ge Kar­di­nal des Opus Dei, mit Voll­endung sei­nes 80. Lebens­jah­res sein Wahl­recht in einem Konklave.

Der Fall Rup­nik trug nicht dazu bei, den Ver­dacht zu entkräften.

„Ein Werk des Her­zens Jesu“, drei Stän­de, zwei Gemein­schaf­ten: In der Gemein­schaft Pro Eccle­sia Sanc­ta die Prie­ster und Ordens­frau­en und in der Gemein­schaft Avanzada Cató­li­ca die Lai­en (hin­ten links).

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: proeccle​sia​sanc​ta​.org/​MiL (Screen­shots)

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