(Rom) Die von Erzbischof Vincenzo Paglia geleitete Päpstliche Akademie für das Leben nahm gestern zur Entscheidung des französischen Senats Stellung, die Abtreibung in der Verfassung zu verankern. Es ist das erste Mal, daß von einem Staat die Tötung von Menschen in seiner Verfassung festgeschrieben wurde. Frankreich erklärte die Tötung ungeborener Kinder zu einem „Recht“. Der rechtliche und moralische Dammbruch ist beispiellos in der Menschheitsgeschichte und Ausdruck einer tiefen Verkommenheit der derzeitigen politischen Führung „der ältesten Tochter der Kirche“. Hier der Wortlaut der Erklärung der Päpstlichen Akademie für das Leben:
„Die Päpstliche Akademie für das Leben unterstützt in bezug auf die Aufnahme der Garantie der Freiheit der Frau, abzutreiben, in die französische Verfassung, die Position der Französischen Bischofskonferenz (CEF).
Am 29. Februar bekräftigte die CEF, daß ‚die Abtreibung, die von Anfang an ein Angriff auf das Leben ist, nicht ausschließlich aus der Perspektive der Frauenrechte gesehen werden kann. Sie bedauert, daß in der eingeleiteten Debatte nicht auf Unterstützungsmaßnahmen für diejenigen eingegangen wurde, die ihr Kind behalten möchten‘.
Die Päpstliche Akademie für das Leben bekräftigt, daß es gerade im Zeitalter der universellen Menschenrechte kein ‚Recht‘ auf die Tötung eines Menschenlebens geben kann.
Die Päpstliche Akademie für das Leben appelliert an alle Regierungen und alle religiösen Traditionen, ihr Bestes zu tun, damit in dieser Phase der Geschichte der Schutz des Lebens zu einer absoluten Priorität wird, mit konkreten Schritten zugunsten von Frieden und sozialer Gerechtigkeit, mit wirksamen Maßnahmen für den allgemeinen Zugang zu Ressourcen, Bildung und Gesundheit. Die besonderen Lebenssituationen und die schwierigen und dramatischen Kontexte unserer Zeit müssen mit den Mitteln einer Rechtszivilisation angegangen werden, die in erster Linie auf den Schutz der Schwächsten und Verletzlichsten ausgerichtet ist.
Der Schutz des menschlichen Lebens ist das oberste Ziel der Menschheit und kann sich nur in einer Welt entwickeln, die frei von Konflikten und Verletzungen ist und in der Wissenschaft, Technologie und Industrie im Dienst der menschlichen Person und des Bruders stehen.
Vatikanstadt, 4. März 2024“
Es ist seit über 50 Jahren bekannt, daß die Abtreibungslobby das Wort „Kind“ meidet wie der Teufel das Weihwasser. Die Nennung des Kindes, das durch Abtreibung grausam hingerichtet wird, offenbart nämlich das ganze Ausmaß der schrecklichen Tat. Man beachte die Nennung des Kindes in der Erklärung der Päpstlichen Akademie für das Leben.
Im Vergleich zur Empörungssprache des Mainstreams, die für Machtinteressen aller Art per Knopfdruck abrufbar ist, wirkt die Erklärung, bedenkt man das Thema, bei dem es um Leben oder Tod geht, wie das Absolvieren einer Pflichtübung. Die Stellungnahme verzichtet auf jede klare Verurteilung und erweist sich auch in ihrer Argumentation als schwach. Die Kernaussage lautet ja: „Die Abtreibung kann nicht ausschließlich aus der Perspektive der Frauenrechte gesehen werden.“ Das heißt soviel wie: Die Tötung ungeborener Kinder kann schon „aus der Perspektive der Frauenrechte gesehen“ und damit auch legitimiert werden, aber eben „nicht ausschließlich“. Das wäre, zur Verdeutlichung, übersetzt so, als hätte der Heilige Stuhl seinerzeit erklärt: „Die Ermordung von Juden und Behinderten kann nicht ausschließlich aus der Perspektive des Nationalsozialismus gesehen werden.“ Oder man würde sagen: „Die Tötung von Regierungskritikern kann nicht ausschließlich aus der Perspektive der Regierung gesehen werden.“ Weitere Beispiele kann sich jeder selber denken.
Die Wirklichkeit ist, daß die Abtreibungsfrage die Frage schlechthin ist, an der die Zivilisation gemessen wird, denn das Opfer ist ein unschuldiges, wehrloses Kind. Die Wirklichkeit ist leider auch, daß Rom sich zu diesem Thema nicht mehr mit den Mächtigen dieser Welt anlegen will. Und damit auch nicht Lehrmeister und moralische Orientierung ist.
- Hinweis: Wer mit seinem Gebet für ein Ende der Abtreibung, für die ungeborenen Kinder, ihre Mütter und Kindesväter eintreten möchte, kann sich hier in der Zeit vom 25. bis 31. März beteiligen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: pav.va (Screenshot)