Msgr. Nicola Bux: „Kardinal Fernández hat sich diskreditiert. Er sollte zurücktreten“

Ein jüdischer Freund fragte mich: "Kennt der Papst die Bibel nicht?"


Don Nicola Bux: Glaubenspräfekt Fernández hat sich diskreditiert und sollte zurücktreten.
Don Nicola Bux: Glaubenspräfekt Fernández hat sich diskreditiert und sollte zurücktreten.

Der Vati­ka­nist Edward Pen­tin ver­öf­fent­lich­te gestern ein Inter­view mit dem bekann­ten Lit­ur­gi­ker Don Nico­la Bux über das umstrit­te­ne Doku­ment Fidu­cia sup­pli­cans. Dar­in sag­te der lang­jäh­ri­ge Ver­trau­te von Papst Bene­dikt XVI. und Bera­ter der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, daß die Erklä­rung des Glau­bens­dik­aste­ri­ums „nicht Teil des authen­ti­schen Lehr­amts ist“ und ihr Autor Kar­di­nal Vic­tor Manu­el Fernán­dez zurück­tre­ten soll­te. Wenn Fidu­cia sup­pli­cans, wovon er über­zeugt sei, nicht Teil des authen­ti­schen Lehr­am­tes ist, dann sei die Erklä­rung auch nicht verbindlich.

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Don Bux sprach gegen­über Pen­tin dar­über, wie das Doku­ment in Ita­li­en auf­ge­nom­men wur­de, was er von der Klar­stel­lung durch Fernán­dez vom 4. Janu­ar hält, und was dies alles für die Zukunft der Kir­che und das bevor­ste­hen­de Kon­kla­ve bedeu­ten könn­te. Der nam­haf­te Theo­lo­ge fand dabei deut­li­che Worte.

Wegen ihrer „Nähe zum Apo­sto­li­schen Stuhl“ wür­den Ita­li­ens Bischö­fe sich wie „dum­me Hun­de“ ver­hal­ten, die „Repres­sa­li­en“ fürch­ten. Ihre Ver­su­che, Fidu­cia sup­pli­cans zu recht­fer­ti­gen, wür­den von Gläu­bi­gen, aber auch Nicht-Prak­ti­zie­ren­den „als Belei­di­gung ihrer Intel­li­genz“ betrachtet.

Es gebe die Gläu­bi­gen, die die Leh­re der Kir­che ken­nen und daher das erste Dubi­um (Zwei­fel) auf­wer­fen, das von fünf Kar­di­nä­len im ver­gan­ge­nen Som­mer Papst Fran­zis­kus vor­ge­legt wur­de: Ist es mög­lich, daß die Kir­che heu­te Leh­ren lehrt, die im Wider­spruch zu denen ste­hen, die sie zuvor in Fra­gen des Glau­bens und der Sit­ten gelehrt hat, sei es durch den Papst ex cathe­dra, sei es durch die Defi­ni­tio­nen eines öku­me­ni­schen Kon­zils, sei es durch das all­ge­mei­ne ordent­li­che Lehr­amt der über die gan­ze Welt ver­streu­ten Bischö­fe (vgl. Lumen Gen­ti­um 25)?

„Mit Sicher­heit gehört die Erklä­rung Fidu­cia sup­pli­cans nicht zum authen­ti­schen Lehr­amt und ist daher nicht ver­bind­lich, weil das, was dar­in behaup­tet wird, nicht im geschrie­be­nen oder über­lie­fer­ten Wort Got­tes ent­hal­ten ist, das die Kir­che, der Papst oder das Bischofs­kol­le­gi­um ent­we­der end­gül­tig, d. h. durch fei­er­li­ches Urteil, oder mit dem ordent­li­chen und all­ge­mei­nen Lehr­amt als gött­lich geof­fen­bart zu glau­ben vor­schlägt. Sie kann nicht ein­mal mit der reli­giö­sen Zustim­mung des Wil­lens und des Ver­stan­des befolgt werden.“

Als Pro­blem erwei­se sich, so Don Bux, daß „bei der Mehr­heit der Getauf­ten Unwis­sen­heit herrscht, weil man jahr­zehn­te­lang sozia­le Fra­gen der Kate­che­se vor­ge­zo­gen hat“. Das habe Fol­gen: „Für irre­gu­lä­re hete­ro- und homo­se­xu­el­le Paa­re gilt nun: Lie­be ist Liebe.“

Die­je­ni­gen aber, „die sich der Logik bedie­nen“, sei­en natür­lich ande­rer Mei­nung und stel­len sich die­sem Postu­lat ent­ge­gen. So das zwei­te Dubi­um der fünf Kar­di­nä­le vom Som­mer 2022: Ist es mög­lich, daß ein Pfar­rer unter bestimm­ten Umstän­den die Ehe zwi­schen homo­se­xu­el­len Per­so­nen seg­net und damit sug­ge­riert, daß homo­se­xu­el­les Ver­hal­ten als sol­ches nicht gegen das Gesetz Got­tes und den Weg des Men­schen zu Gott ver­stößt? Mit die­sem Zwei­fel ist ein wei­te­rer ver­bun­den: Bleibt die vom all­ge­mei­nen ordent­li­chen Lehr­amt ver­tre­te­ne Leh­re gül­tig, daß jede sexu­el­le Hand­lung außer­halb der Ehe und ins­be­son­de­re homo­se­xu­el­le Hand­lun­gen eine objek­tiv schwe­re Sün­de gegen das Gesetz Got­tes dar­stel­len, unab­hän­gig von den Umstän­den, unter denen sie statt­fin­den, und unab­hän­gig von der Absicht, mit der sie voll­zo­gen werden?

Die Erklä­rung von Glau­bens­prä­fekt Fernán­dez vom 4. Janu­ar „ist also ein klas­si­scher Ver­such, die Ris­se zuzudecken“.

Bene­dikt XVI., so Don Bux, „hat in sei­nen Anmer­kun­gen vom 11. April 2019 den Ursprung des Deba­kels der katho­li­schen Moral und damit auch der Spal­tung unter den Katho­li­ken beschrie­ben, weil das Zusam­men­le­ben sowohl eines hete­ro­se­xu­el­len als auch eines homo­se­xu­el­len Paa­res nicht mehr als sünd­haft ange­se­hen wird“. 

„Die Spal­tung oder das Schis­ma, das vor­her ver­bor­gen war, ist nun an die Ober­flä­che gekom­men. Ob es bei einem der näch­sten kirch­li­chen Ereig­nis­se, wie einer Syn­ode oder einem Kon­kla­ve, förm­lich erklärt wird, bleibt abzu­war­ten. Sicher­lich wird der näch­ste Papst die Rech­nung auf­ma­chen und ent­schei­den müs­sen, ob er die Spal­tung ver­tie­fen oder durch die Ein­be­ru­fung eines Kon­zils behe­ben will. Wer auch immer Kan­di­dat für das Papst­amt sein wird, wird in den Ver­samm­lun­gen vor dem Kon­kla­ve gebe­ten wer­den müs­sen, die ange­häuf­ten Dubia zu beantworten.“

Der Wider­stand gegen Fidu­cia sup­pli­cans zei­ge sich vor allem des­halb in Afri­ka und dem öst­li­chen Euro­pa und nicht im Westen, weil „in der west­li­chen Hemi­sphä­re nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil die rela­ti­vi­sti­sche Ideo­lo­gie“ in die Moral­leh­re ein­ge­drun­gen sei und das Natur­recht zer­stört habe.

„Ein jüdi­scher Freund, der von Fidu­cia sup­pli­cans hör­te, sag­te zu mir: ‚Kennt der Papst die Bibel nicht?‘ Ganz zu schwei­gen von der Ver­höh­nung der Mus­li­me und der Ent­frem­dung der Ortho­do­xen, die nun die Ein­heit mit den Katho­li­ken für unmög­lich erklärt haben. Fidu­cia sup­pli­cans und die nach­fol­gen­den Erklä­run­gen sind das Ergeb­nis der Igno­ranz von Prä­fekt Fernández.“

Die Leh­re sei pasto­ral, „aber wenn der Pfar­rer sie nicht kennt, kann er kei­ne pasto­ra­le Arbeit leisten“:

„Das Dra­ma der heu­ti­gen Kir­che ist die Tren­nung der Pasto­ral von der Leh­re, d. h. die Tren­nung von der Lie­be zur Wahr­heit. Und das kommt uns teu­er zu ste­hen, wie Johan­nes Paul II. vor­aus­ge­sagt hat. Papst Fran­zis­kus soll­te die Fidu­cia sup­pli­cans auf­he­ben und den Prä­fek­ten durch einen Mann der „siche­ren, gesun­den und rei­nen Leh­re“ erset­zen, um es mit den Wor­ten des Apo­stels an Titus zu sagen.

Die der­zei­ti­ge Situa­ti­on wer­de daher erheb­li­che Aus­wir­kun­gen auf das kom­men­de Kon­kla­ve haben. Der näch­ste Papst wer­de sich, so Don Bux, die Fra­ge stel­len müssen:

„Was ist die Mis­si­on der Kir­che: sich der Welt anzu­pas­sen oder sie zu retten?“

Die Ein­heit der katho­li­schen Kir­che wer­de durch Fidu­cia sup­pli­cans gefähr­det, so der nam­haf­te Lit­ur­gi­ker, „weil sie in einer so wesent­li­chen mora­li­schen Wahr­heit in der Pra­xis gegen­sätz­li­che Auf­fas­sun­gen unter den über die gan­ze Welt ver­streu­ten Kir­chen akzep­tiert. Ein Bei­spiel: Der neue Bischof von Fog­gia sag­te, sei­ne Kir­che wer­de die ‚Kir­che des Fran­zis­kus sein, der alle seg­net‘. Aber ist die Kir­che nicht die Kir­che von Jesus Christus?“

„Fernán­dez hat sich selbst dis­kre­di­tiert, indem er ein Doku­ment ver­öf­fent­licht hat, das das Gegen­teil von dem sei­nes Vor­gän­gers Kar­di­nal Lada­ria im Jahr 2021 ist. Ist das eine ‚Wei­ter­ent­wick­lung‘ oder nicht viel­mehr eine lehr­mä­ßi­ge Hete­ro­ge­ni­tät? Das Dik­aste­ri­um und der Hei­li­ge Stuhl haben sich selbst bloß­ge­stellt. Jemand hat das Dik­aste­ri­um bereits in ‚für die Zer­stö­rung des Glau­bens‘ umbe­nannt. Der Ver­dacht der Igno­ranz und der bösen Absicht wird auf Fer­nan­dez in jedem Doku­ment lasten, das er noch unter­zeich­nen wird. Er soll­te zurücktreten.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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