Fiducia supplicans: Afrika sagt nein. Und Frankreich?

Versuch einer Einordnung


Der Widerstand Afrikas gegen die römische Erklärung Fiducia supplicans und seine Bedeutung
Der Widerstand Afrikas gegen die römische Erklärung Fiducia supplicans und seine Bedeutung

Von einer Katholikin

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Seit Wochen schon sorgt die Erklä­rung Fidu­cia sup­pli­cans über die pasto­ra­le Sinn­ge­bung von Seg­nun­gen für Unru­he und Ver­wir­rung. Vie­le Bischö­fe v. a. aus dem deutsch­spra­chi­gen Raum freu­en sich über das „Weih­nachts­ge­schenk“ (Erz­bi­schof Ste­fan Heße) und zei­gen sich wie Bischof Bät­zing zufrie­den. Doch gleich­zei­tig ste­hen Prie­ster, Bischö­fe und Bischofs­kon­fe­ren­zen welt­weit auf und unter­sa­gen die Seg­nun­gen für nicht kirch­lich ver­hei­ra­te­te und homo­se­xu­el­le „Paa­re“, denn sie sehen das Geschenk des „erwei­ter­ten Segens“ und der „pasto­ra­len Per­spek­ti­ve“ als das, was es ist: ein Ein­falls­tor für eine Auf­wei­chung der Leh­re und Tra­di­ti­on der Hei­li­gen Kirche.

Gan­ze Bischofs­kon­fe­ren­zen, so die Ungarns und Polens, leh­nen jeden gemein­sa­men Segen für Paa­re in nicht­ehe­li­cher Gemein­schaft, kirch­lich nicht gül­ti­ger Ehe oder in einer gleich­ge­schlecht­li­chen Part­ner­schaft ab.

Inzwi­schen haben am 11. Janu­ar die in der SECAM (Sym­po­si­um of Epis­co­pal Con­fe­ren­ces of Afri­ca and Mada­gas­car) zusam­men­ge­schlos­se­nen afri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­ren­zen unter ihrem Prä­si­den­ten Kar­di­nal Fri­do­lin Ambon­go, der zuvor alle natio­na­len Bischofs­kon­fe­ren­zen befragt hat­te, uni­so­no und kate­go­risch die Seg­nung von Paa­ren in irre­gu­lä­ren Situa­tio­nen und von gleich­ge­schlecht­li­chen Paa­ren abge­lehnt. Fast zeit­gleich hat­te der Stän­di­ge Rat der fran­zö­si­schen Bischofs­kon­fe­renz am 10. Janu­ar ein Kom­mu­ni­qué zu Fidu­cia sup­pli­cans ver­öf­fent­licht, das die römi­sche Erklä­rung zu befür­wor­ten scheint.

Laut Kar­di­nal Ambon­go hat man für die afri­ka­ni­sche Erklä­rung die Zustim­mung von Papst und Glau­bens­prä­fekt. Man ste­he in vol­ler Ein­heit mit dem Nach­fol­ger Petri und dem Evan­ge­li­um. Aber die Bischofs­kon­fe­ren­zen zögen es vor, die ermög­lich­ten Seg­nun­gen nicht zu unter­stüt­zen, weil sie nicht mit der kul­tu­rel­len Ethik der afri­ka­ni­schen Gemein­den in Ein­klang stünden.

Es sei auch wenig über­zeu­gend, bei Men­schen in festen gleich­ge­schlecht­li­chen Ver­bin­dun­gen anzu­neh­men, daß sie nicht die Legi­ti­mie­rung ihres Sta­tus wol­len. Die Bischö­fe wer­den deut­lich:„Wir, die afri­ka­ni­schen Bischö­fe, bestehen dar­auf, alle zur Umkehr auf­zu­ru­fen.“ Für Afri­ka, das „hin­sicht­lich Ehe und Fami­lie tief in den Wer­ten des Natur­rechts ver­wur­zelt ist“, sei es nicht ange­mes­sen, homo­se­xu­el­le oder gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re zu seg­nen. Die römi­sche Unter­schei­dung zwi­schen lit­ur­gi­schen und spon­ta­nen Seg­nun­gen, um die Seg­nung von gleich­ge­schlecht­li­chen, in sich unge­ord­ne­ten Bezie­hun­gen oder in irre­gu­lä­ren Situa­tio­nen leben­den Paa­ren zu ermög­li­chen, kön­ne zumin­dest zu die­sem Zwecke nicht akzep­tiert wer­den. Die pasto­ra­le Zuwen­dung zu den betrof­fe­nen Men­schen ste­he aber außer Frage.

Die fran­zö­si­schen Bischö­fe hin­ge­gen sehen sich zu Seg­nun­gen ermutigt.

Vom 8. bis 10. Janu­ar hat­te wie jedes Jahr eine erwei­ter­te Rats­sit­zung der Bischofs­kon­fe­renz mit ins­ge­samt 40 Bischö­fen statt­ge­fun­den. In einem gemein­sa­men Kom­mu­ni­qué nimmt man „die Erklä­rung an als Ermu­ti­gung der Prie­ster, groß­zü­gig die Per­so­nen zu seg­nen, die sich mit der demü­ti­gen Bit­te um Got­tes Hil­fe an sie wen­den“. Die Leh­re der Kir­che zur Ehe habe sich nicht geän­dert, aber die Seg­nun­gen könn­ten für gleich­ge­schlecht­li­che und in irre­gu­lä­ren Situa­tio­nen leben­de Per­so­nen eine „offe­ne und bedin­gungs­lo­se Auf­nah­me“ mög­lich machen.

Die­se gemein­sa­me Ver­laut­ba­rung scheint im Wider­spruch zu ste­hen mit schon vor­aus­ge­gan­ge­nen Reak­tio­nen aus dem fran­zö­si­schen Epi­sko­pat, die die Seg­nung gleich­ge­schlecht­li­cher „Paa­re“ ableh­nen und nur Indi­vi­du­al­seg­nun­gen vor­se­hen. In einem Kom­men­tar zeigt sich die Chef­re­dak­teu­rin von La Croix genau aus die­sem Grund damit zufrie­den, daß der Text des Stän­di­gen Rates nur in Kür­ze die Quint­essenz der römi­schen Erklä­rung wie­der­ho­le, auch wenn dies man­cher Bischof bedau­ern wer­de, dem Fidu­cia sup­pli­cans nicht weit genug gehe. Aber nur so habe das Kom­mu­ni­qué Schluß gemacht mit Initia­ti­ven von Bischö­fen, die ihre eige­ne Inter­pre­ta­ti­on vor­ge­ben wollen.

Man darf anneh­men, daß sie hier auf Bischö­fe wie Marc Ail­let anspielt, der Fidu­cia sup­pli­cans kri­tisch hin­ter­frag­te und an sei­ne Prie­ster appel­lier­te, allen selbst­ver­ständ­lich den indi­vi­du­el­len Segen zu spen­den, aber von „Paar­seg­nun­gen“ abzusehen.

Glei­ches kom­mu­ni­zier­ten zu Jah­res­be­ginn auch neun Bischö­fe aus den Diö­ze­sen der Kir­chen­pro­vinz Rennes.

Dabei ist die aktu­el­le Stel­lung­nah­me des Stän­di­gen Rates der fran­zö­si­schen Bischofs­kon­fe­renz nicht ganz so ein­deu­tig. Daß zwar die Mög­lich­keit der „Paar­seg­nung“ nach Fidu­cia sup­pli­cans als heik­ler Punkt zitiert wird, aber dann nur von zu seg­nen­den „Per­so­nen“ die Rede ist, ist viel­leicht der nöti­ge Grad an kon­sens­fä­hi­ger Schwam­mig­keit. Doch die Beto­nung der vati­ka­ni­schen Vor­ga­be, bei den Seg­nun­gen eine Ver­wechs­lung mit einer Hoch­zeits­fei­er ver­mei­den zu müs­sen, wäre bei Indi­vi­du­al­seg­nun­gen im Grun­de genom­men hinfällig.

Man wird sehen, ob aus Frank­reich hier­zu noch Ver­deut­li­chun­gen kom­men werden.

Was die afri­ka­ni­sche Stel­lung­nah­me betrifft, ver­dient es ein Detail, noch erwähnt zu werden.

„Sei­ne Hei­lig­keit Papst Fran­zis­kus wen­det sich aufs schärf­ste gegen jede Form kul­tu­rel­ler Kolo­ni­sie­rung Afri­kas, er seg­net von gan­zem Her­zen das afri­ka­ni­sche Volk und ermu­tigt es, der Ver­tei­di­gung christ­li­cher Wer­te immer treu zu bleiben.“

So gibt Kar­di­nal Ambon­go am Ende sei­nes Brie­fes den Papst wieder.

Ohne die­sen päpst­li­chen Segen Afri­kas schmä­lern zu wol­len, muß man doch die Fra­ge stel­len dür­fen, was hin­ter die­ser Ermu­ti­gung durch den Papst stecken könn­te. Zwar beto­nen die Afri­ka­ner ihre Ein­heit mit dem Papst und begrün­den die Ableh­nung der Paar­seg­nung auch mit den Gege­ben­hei­ten in Afri­ka, doch ihr Nein ist mehr als deut­lich. Da der Papst erwar­ten muß­te, daß sei­ne euro­päi­schen Kri­ti­ker die ent­schie­de­ne Hal­tung der Afri­ka­ner dank­bar begrü­ßen wür­den, könn­te es zur Scha­dens­be­gren­zung nicht unge­schickt sein, wenn er „das afri­ka­ni­sche Volk“ (sic!) und sei­nen Kon­ti­nent als eine Welt für sich ein­ord­net, die im Gegen­satz zu uns kul­tu­rell so anders tickt, daß man sie groß­mü­tig ein­fach machen las­sen muß, wenn sie Wer­te ver­tei­digt, von denen sich Euro­pa mit sei­nem Zeit­geist schon längst ver­ab­schie­det hat. Haupt­sa­che, der afri­ka­ni­sche Wer­te­kon­ser­va­tis­mus über­schrei­tet nicht den Kon­ti­nent. Und das ver­kauft man dann als Absa­ge an eine kul­tu­rel­le Kolo­ni­sa­ti­on Afrikas.

Bild: Secam/​Facebook (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. In Frank­reich hat gera­de ein Schwu­ler das Amt des Mini­ster­prä­si­den­ten erhal­ten, der dann gleich sei­nen Ex-„Mann“ zum Außen­mi­ni­ster ernannt hat. Vor die­sem Hin­ter­grund kann man sich leicht vor­stel­len, wel­chem Druck aus der Poli­tik die fran­zö­si­schen Bischö­fe aus­ge­setzt sind.
    Den ver­ein­ten Kräf­ten aus Rom und Paris zu wider­ste­hen, ist nicht einfach.

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