
Von Pier Giorgio Macchi
Selbst Giorgio La Pira1, der zunächst als „geistiger Vater“ des „Katho-Kommunismus“ galt, machte einen Rückzieher, als die 68er-Proteste die erzbischöfliche Kurie von Florenz erreichten, und bekräftigte gegenüber Don Lorenzo Milani (und den protestierenden „roten Priestern“, angeführt von Don Enzo Mazzi 1927–2011), seine Loyalität gegenüber dem Stuhl Petri. Als ihn ein Journalist fragte, auf welcher Seite er stehe, antwortete er lapidar mit den Worten des heiligen Ambrosius: „Ubi Petrus ibi Ecclesia“, was alle verblüffte, angefangen vom Piaristenpater Ernesto Balducci (1922–1992), dem Anführer des Florentiner Protests. Vielleicht nannte Don Milani deshalb La Pira einen „alten Arteriosklerotiker“. Das ist aber nichts im Vergleich zur Definition, die Milani, der Prior von Barbiana, von seinem Erzbischof Kardinal Ermenegildo Florit, dem Nachfolger des großen Florentiner Erzbischofs Elia Dalla Costa, gab, den er einen „vom Teufel besessenen Arteriosklerotiker“ nannte.
Kardinal Ermenegildo Florit (1901–1885) mußte auf seinen schwachen Schultern das schwere Kreuz des Protestes des „roten Klerus“ von Florenz tragen: Von Don Milanis Schule in Barbiana, wo gelehrt wurde, daß „Gehorsam keine Tugend mehr ist“, und wo sein berüchtigter „Brief an eine Lehrerin“ herausgegeben wurde, eine Art „Mao-Büchlein“ für Schüler, bis zur Isolotto-Gemeinschaft (deren Anführer Don Enzo Mazzi starb, ohne sich mit der Kirche zu versöhnen, und um ein ziviles Begräbnis und die Einäscherung bat), wo die Demonstranten sogar die Kirche besetzten und Monsignore Alba, den Delegierten des Bischofs, gewaltsam entfernten. Sehr traurige Zeiten, die dazu führten, daß die katho-kommunistischen Demonstranten sogar in die Kurie einbrachen und einen beschämenden „Prozeß“ gegen Erzbischof Florit inszenierten.
Und heute? In diesem Jahr feiert die Kurie von Florenz nicht den hundertsten Geburtstag ihres Erzbischofs Kardinal Florit, sondern den hundertsten Geburtstag des „Rebellenpriesters“ Don Lorenzo Milani (1923–1967), der ihn so schändlich beschimpft hat. Unter dem Vorsitz von Kardinal Giuseppe Betori, Erzbischof von Florenz, Don Gianluca Bitossi, Regens des erzbischöflichen Priesterseminars, und der linkskatholischen ehemaligen Ministerin Rosy Bindi findet von Freitag, dem 24. November, bis Samstag, den 25. November, eine Tagung statt, zunächst im Priesterseminar und in der Theologischen Fakultät, dann in San Donato in Calenzano, wo Don Milani zum ersten Mal das Kreuz aus der Pfarrschule entfernte. Die gesamte „nationale“ und „internationale“ Linke wird anwesend sein: vom Richter Beniamino Deidda bis zum ultra-progressiven Theologen Severino Dianich, von Don Andrea Bigalli. der die standesamtlichen Trauungen in der Gemeinde zelebriert und eingeladen hat, „Napalm auf (den Lega-Vorsitzenden Matteo) Salvini zu werfen“, bis zu Don Luca Mazzinghi und Don Stefano Tarocchi und so weiter. Der einzige, der keine Stimme haben wird, ist Betoris Vorgänger, Kardinal Florit, das Ziel von Don Milanis ideologischem Haß.
Von entgegengesetztem Vorzeichen, aber viel mehr der historischen Realität entsprechend, ist die Tagung, die am Samstag, dem 25. November, in Verona auf der zentralen Piazza Brà im Restaurant Liston 12 stattfinden wird, wo von Vito Comencini der Sammelband mit dem bezeichnenden Titel: „Da Barbiana al Forteto – don Milani e il Donmilanismo“ („Von Barbiana zum Forteto. Don Milani und der Donmilanismus“), herausgegeben von Pucci Cipriani und Ascanio Ruschi (Verlag Solfanelli, Chieti 2023, 184 Seiten, Euro 13,30) vorgestellt werden wird. Das Buch versammelt einige wichtige Zeugnisse, darunter das des 2015 verstorbenen damaligen Dekans von Florenz Don Mario Faggi. Der Redaktionsleiter der Website „Il Covile“ Stefano Borselli belegt die „ideologische Verbindung“ zwischen Barbiana und il Forteto. Il Forteto, ein linkes Vorzeigeprojekt, war in Wirklichkeit eine italienische „Odenwaldschule“, ein Ort des Schreckens, an dem systematisch Kinder sexuell mißbraucht wurden. Weitere Beiträge stammen von: Carlo Manetti, Roberto de Mattei, Lorenzo Gasperini, Cristina Siccardi, Enrico Nistri, Pier Luigi Tossani, Alberto De Marchi, Pier Angelo Vassallo, Armando Ermini und den Herausgebern Ruschi und Cipriani selbst.
Was es mit Don Milani und Il Forteto auf sich hat, lesen Sie hier:
- Papstbesuch am Grab von Don Lorenzo Milani – Welches Priestermodell will Franziskus fördern?
- Don Milani, sexueller Kindesmißbrauch und Papst Franziskus
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Correspondenza Romana
1 Giorgio La Pira (1904–1977), Jurist, Christdemokrat, Dominikaner-Terziar, ab 1933 ordentlicher Professor für Römisches Recht an der Universität Florenz, dort lebt er bis an sein Lebensende in einer bescheidenen Zelle des Dominikanerklosters, 1946–1948 Mitglied der verfassungsgebenden Versammlung Italiens (1946–1948), zwischen 1948 und 1977 Parlamentsabgeordneter in drei der sieben Legislaturperioden, 1948–1952 Staatssekretär in der Regierung von Alcide De Gasperi (DC), 1951–1957 und 1961–1965 Bürgermeister von Florenz, gehörte dem linkskatholischen Flügel der christdemokratischen Partei an.