(Rom) Wenn es um Pädophilie und sexuellen Kindesmißbrauch geht, haben sich einige Kleriker schwere Schuld aufgeladen. Das Thema wurde jedoch von kirchenfeindlichen Kreisen und Medien als willkommene Gelegenheit zum Angriff gegen die Kirche mißbraucht. Gezielt wurde der Eindruck erweckt, als handle es sich dabei um ein typisch katholisches und klerikales Problem. Der Fall der Odenwaldschule belegte das Gegenteil. Zu schnell wurde die Sache zu den Akten gelegt. Italien hat auch ihre Odenwaldschule. Sie heißt „Il Forteto“. Der italienische Gerold Becker heißt Rodolfo Fiesoli. Genannt wurde er nur „Der Prophet“. Es zeigen sich Parallelen, dasselbe politische Milieu, experimentelle Erziehung, sexuelle Freizügigkeit, Ablehnung von Familie und christlicher Moral und die Perversionen der Führungsgestalten. In beiden Fällen applaudierten linke Kreise dem „alternativen Modell“ und verschlossen die Augen vor der Verstrickung von „sexueller Freiheit“ und Perversion.
Der Kindesmißbrauch durch Kleriker und der Angriff gegen die Kirche sind zwei verzahnte, aber unterschiedliche Dinge. Es handelt sich dabei um zwei Formen des Mißbrauchs. Die antikirchliche Heuchelei erreicht dort ihren Höhepunkt, wo dieselben Kreise schweigen, wenn es um Kindesmißbrauch an anderer Stelle geht. Die Odenwald-Schule ist ein Beispiel, wo sich die Ankläger der Kirche in langes, auffälliges Schweigen hüllten. Der Grund: Die Odenwald-Schule war ein linkes Vorzeigeprojekt. Lange versuchte man alle Vorwürfe zu vertuschen, stellte sich schützend vor die Gesinnungsgenossen. Als der ganze Skandal explodierte, versuchte man schnell zur Tagesordnung überzugehen oder lenkte schnell wieder auf irgendeinen Priester ab, der sich angeblich vergangen hätte. Der Unterschied in der Quantität und in der Dimension, nämlich die Systematik des Mißbrauchs als konstitutives Element der gesamten Einrichtung, wurde verdrängt.
Italiens Gerold Becker heißt Rodolfo Fiesoli, genannt „Der Prophet“
Gleiches geschah und geschieht in Italien. Die italienische Odenwaldschule ist eine landwirtschaftliche Genossenschaft namens „Il Forteto“ und der italienische Gerold Becker heißt Rodolfo Fiesoli.
Obwohl in Italien die Zahl der Fälle von katholischen Priestern, die sich an Kindern vergangen haben, minimal ist, führten dieselben politischen und weltanschaulichen Kreise und die ihnen nahestehenden Medien dieselben antikirchlichen Kampagnen durch, wie sie die Kirche in Deutschland oder Österreich über sich ergehen lassen mußte.
Als bekannt wurde, daß in der Toskana, in „Il Forteto“, einer landwirtschaftlichen Genossenschaft, jahrzehntelang Kinder sexuell mißbraucht wurden, herrschte in den großen Medien und von Seiten der regierenden Linken das große Schweigen. Ein Schweigen, das bis heute andauert.
Der Grund auch hier: „Forteto“ ist ein linkes Vorzeigeprojekt.
Eine „Sozialwerkstatt“, die vom inzwischen 75 Jahre alten 68er-Vordenker Rodolfo Fiesoli gegründet wurde, den man seit den 70er Jahren nur mehr „Der Prophet“ nannte.
Die Genossenschaft sollte ein neues Erziehungsmodell „alternativ zur Familie“ sein, um behinderte und schwererziehbare Kinder zu erziehen.
Zum Zeitpunkt der Gründung 1977 bestand die Genossenschaft aus 33 Kindern und Jugendlichen, deren Zahl jedoch ständig wuchs. Die Kinder wurden der Genossenschaft von staatlichen Stellen zugewiesen.
„Die Staatssekte“, das Vorzeigemodell der politischen Linken
„Il Forteto“ wurde das Vorzeigeprojekt der politischen Linken der Toskana, das Adepten aus ganz Italien anzog. In Forteto sollten die bürgerliche Gesellschaft, ihr Moral- und Sexualverhalten und die traditionelle Familie „überwunden“ werden. Antiautoritäre Erziehung, sexuelle „Freiheit“, „neue Beziehungen“ zwischen den Geschlechtern, Gender-Theorie ante litteram bildeten die Grundlage einer „Staatssekte“, wie die beiden toskanischen Journalisten Francesco Pini und Duccio Tronci ihr Buch über „Forteto“ und den massenhaften sexuellen Mißbrauch von Kindern nannten.
Obwohl „Forteto“ nicht die Anforderungen erfüllte, wurden ihm in der rotgelenkten Toskana physisch und psychisch behinderte Kinder anvertraut, dazu auch schwererziehbare Kinder. Den „Experten“ der Landes- und Kommunalverwaltungen galt das „Erziehungsmodell“ als „zukunftsweisend“. Ideologisches Denken macht blind.
Bald schon nach der Gründung tauchten Stimmen auf über seltsame sexuelle Praktiken, sexuellen Mißbrauch, Gewalt und Einschüchterungen. Heute nennen manche Medien und Betroffene „Forteto“ nur mehr „das Lager“ oder „die Lager-Kommune“.
Der homopädophile Triebtäter mit perversen Machtphantasien
Niemanden schienen die Beweggründe des „Propheten“ zur Gründung von „Forteto“ zu interessieren, eines homosexuellen, pädophilen Triebtäters mit perversen Machtphantasien. Die Genossenschaft lieferte ihm den institutionalisierten Rahmen, seine Perversionen ausleben zu können. Und alle applaudierten sogar. Er verordnete der gesamten Einrichtung Homosexualität als „Mittel der Reinigung“ und den Bruch mit der Herkunftsfamilie als „Mittel der persönlichen Befreiung“.
Es folgten die ersten Anzeigen durch Eltern, die auf Anordnung des „Propheten“ von den eigenen Kindern überfallen und geschlagen worden sein sollen. Auch ehemalige „Schüler“ von „Forteto“, denen die Flucht gelang, erstatteten Anzeige wegen psychischem und sexuellem Zwang, der gegen sie ausgeübt wurde.
1978 wagte ein Staatsanwalt Ermittlungen einzuleiten und Anklage zu erheben. Es handelte sich um Carlo Casini, den Gründer und langjährigen Vorsitzenden der italienischen Bewegung für das Leben, der später von 1984–2014 christdemokratischer Abgeordneter zum Europäischen Parlament werden sollte. Ein mutiger Schritt in der roten Toskana, in der alles was Rang und Namen hatte, „Il Forteto“ für das „bessere“, weil „fortschrittliche Modell“ hielt.
„Der Prophet“ und seine rechte Hand, Luigi Goffredi, wurden verhaftet. Dem Prozeß, der sich über Jahre hinzog, wohnen sie auf freiem Fuß bei. 1985 erfolgte die rechtskräftige Verurteilung wegen „sexueller Willkür, psychischem Zwang und Mißhandlung von Minderjährigen“. Die gewalttätigen Strafaktionen gegen Eltern und geflüchtete „Schüler“ konnten ihm nicht nachgewiesen werden. Nachgewiesen werden konnte jedoch der sexuelle Mißbrauch von zwei ihm anvertrauten minderjährigen, behinderten Jungen und psychische Gewalt gegen einen fünfzehnjährigen Jungen.
„In einem zivilisierten Land …“
„In einem zivilisierten Land wäre die Schauergeschichte endlich hier zu Ende: die beiden Täter säßen im Gefängnis und die Einrichtung wäre geschlossen. In der roten Toskana hingegen geht die Geschichte unglaublicherweise weiter“, schrieb dazu die italienischen Tageszeitung Imola Oggi.
Nach sechs Monaten Untersuchungshaft wurden Fiesoli und Goffredi Anfang 1979 wieder auf freien Fuß gesetzt. Am selben Tag von Fiesolis Enthaftung, noch während des laufenden Gerichtsverfahrens wegen Vergewaltigung Minderjähriger, wurde ihm von einem Jugendrichter schon wieder ein Kind mit Down Syndrom anvertraut. Der Jugendrichter, ein Mao-Verehrer, begründete seinen Schritt später damit, daß er die ganze Verhaftung und Anklage gegen den „Propheten“ für eine „faschistische Intrige“ hielt. Goffredi kann nach seiner Verurteilung sogar zwei Kinder adoptieren.
Jahrzehntelang geht der Mißbrauch unter den Augen der staatlichen Behörden weiter, die scharenweise nach Forteto „pilgern“, um sich „ihr“ Erziehungsmodell zeigen zu lassen. Jedenfalls wenn sie der politischen Linken angehören (was in der Toskana fast zu 100 Prozent der Fall war). Dieselben Behörden, die die Kinder schützen sollten, applaudierten in Forteto deren Henkern.
Innerhalb der Einrichtung wurden sogenannte „funktionale Familien“ gebildet, fiktive „Familien“, nur zum Zweck, Kinder in Obhut zu bekommen. In Wirklichkeit wurden die anvertrauten Kinder dann von einem „Schüler“ des „Propheten“ betreut, diesem dienstbar gemacht und für diesen überwacht. Eine Aufsicht durch externe Stellen gab es nicht.
Obwohl schrecklichste Horrorgeschichten nach außen drangen, ließen sich die Jugendrichter, die Kinder- und Jugendpsychologen und die Sozialarbeiter in der roten Toskana nicht beirren. Sie hielten ungerührt am „fortschrittlichen Erziehungsmodell“ von Forteto fest.
„Nie soviel Druck ausgeübt“
Nach den italienischen Parlamentsneuwahlen und dem Regierungswechsel vom ehemaligen Kommunisten Massimo D’Alema zu Silvio Berlusconi wagte es 2002 der Journalist Bruno Vespa das Thema „Forteto“ aufzugreifen. Im Fernsehen sagte er, daß noch vor keiner Sendung soviel Druck auf ihn ausgeübt worden sei, das Thema fallenzulassen. Das Netzwerk der Seilschaften funktionierte.
Die Sendung brachte Bewegung in die Sache. Es folgten zahlreiche Anzeigen von Menschen, die bisher geschwiegen hatten. Ein neues Strafverfahren wurde eingeleitet. Weitere Jahre vergingen, während in „Forteto“ die pädophilen Menschenknechte ihr Unwesen trieben.
2012 wurde der „Prophet“ zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt, Goffredi zu acht Jahren und weitere vierzehn Mitarbeiter zu Gefängnisstrafen von bis zu acht Jahren. Alle wurden wegen sexuellem Mißbrauch und Mißhandlung von Kindern und Jugendlichen unter dem erschwerenden Umstand verurteilt, daß sie eine Aufsichtspflicht hatten und eine Vertrauensposition mißbrauchten.
17 Jahre Haft für den „Propheten“, zu dem auch Italiens Ministerpäsident Renzi gepilgert war
Pini und Tronci haben zahlreiche Horrorgeschichten dokumentiert und auch die Namen der Politiker, Richter, Intellektuellen, Journalisten, die die Verbrechen von „Forteto“ gedeckt haben oder auf unverantwortliche Weise ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind.
„Il Forteto“ war das „Juwel“ der roten Genossenschaften der Toskana. Im Wahlkampf war es für Kandidaten der politischen Linken ein Pfichttermin, Forteto zu besuchen. Alle pilgerten sie hin, von D’Alema über Bersani bis zu Matteo Renzi, dem amtierenden linksdemokratischen Ministerpräsidenten Italiens. Der ehemalige Staatsanwalt Antonio Di Pietro, der sich als von der Linken hofierter „Saubermann“ einen Namen machte und seine eigene Partei „Italien der Werte“ gründete, schrieb das Vorwort zu einem Buch über „Forteto“.
Die Toskana, seit Kriegsende ohne Unterbrechung rot regiert, förderte das Projekt des „Propheten“ großzügig. 1980, Fiesoli war bereits das erste Mal verurteilt, kaufte die Landesregierung um 300 Millionen Lire den ersten landwirtschaftlichen Betrieb, den sie dem „Propheten“ zur Verfügung stellte. Das entspricht einem auf heute übertragenen Wert von fast 800.000 Euro.
Weitere Höfe folgten. „Il Forteto“ wurde zu einem Wirtschaftsfaktor im Mugello.
Millionenförderung aus dem Steuertopf
Jährlich flossen große Summen an Steuergeldern in das Projekt, der letzte Betrag noch 2014 in der Höhe von 700.000 Euro. Ein Geldfluß aus dem Steuertopf, der nicht nur der Genossenschaft, sondern auch einer Stiftung zukam, der Goffredi vorstand. Sie führte „didaktische Angebote“ an Schulen durch und bot Ausbildungslehrgänge für Kinder- und Jugenderzieher an. Ein wegen sexueller und psychischer Gewalt gegen Kinder Verurteilter brachte anderen bei, wie man Kinder zu erziehen habe.
Fiesoli („Der Prophet“) und Goffredi waren bis zuletzt gerngesehene Gäste bei Fachtagungen und gesellschaftlichen Ereignissen, nicht nur in der Toskana. Die von ihnen geschriebenen Bücher erschienen in den großen Buchverlagen. Darin findet sich allerdings nichts von ihren Erziehungsmethoden, kein Hinweis auf die zwangsverordnete Homosexualität als „pädagogischem Erziehungsmodell“, kein Hinweis auf die Pädophilie und Zoophilie der „Erzieher“, die als „therapeutische Maßnahmen“ eingesetzt wurden.
Ein „Schüler“ von Forteto schildert, daß dort „der Sex als Kotflügel des Wahnsinns“ diente. Er selbst war von einem Jugendrichter nach Forteto geschickt worden, von wo er später flüchtete.
Noch 2010 wurde das bisher letzte Buch des „Propheten“ mit dem Titel „Schule der Integration“ von den linksdemokratischen Senatoren im Italienischen Senat vorgestellt.
„Noch eine Schande obendrauf“
Im Juli 2015 kam noch eine vorerst „letzte Schande“ dazu. Ein gemeinsamer Antrag der Opposition im italienischen Parlament, daß die Genossenschaft von Forteto unter kommissarische staatliche Verwaltung gestellt wird. Eine parlamentarische Untersuchungskommission sollte die Verstrickung staatlicher Institutionen und die eventuelle Komplizenschaft durch Behörden klären. Der Antrag wurde von der linken Regierungsmehrheit jedoch abgelehnt.
„Man kann sich ausmalen, was geschehen wäre, wenn Fiesoli ein katholischer Priester wäre, und es auch nur um ein einziges Kind ginge. Wenn die Pädophilen aber links sind, dann ist die Pädophilie zu schützen. Der Fall Forteto stellt eines der dunkelsten und unmoralischsten Kapitel der italienischen Linken dar“, so Imola Oggi.
Es muß wahrscheinlich nicht mehr eigens erwähnt werden, daß der Fall Forteto nur einen Bruchteil des medialen Niederschlags fand, den Fälle von Kindesmißbrauch im kirchlichen Raum finden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Imola Oggi/losai (Screenshots)