Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Kirchenarchive


Chile
Chile: Gestern traf der Päpstliche Sondergesandte, Erzbischof Charles Scicluna, erneut auf dem Flughafen von Santiago de Chile ein. Zugleich kam es zu einem neuen Paukenschlag.

(Sant­ia­go de Chi­le) Gestern lan­de­te der Päpst­li­che Son­der­ge­sand­te, Erz­bi­schof Charles Sci­clu­na, erneut auf dem Flug­ha­fen von Sant­ia­go de Chi­le. Gleich­zei­tig erfolg­te ein neu­er Paukenschlag.

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Die Woche hat­te bereits am Mon­tag mit einem Pau­ken­schlag begon­nen, nicht dem ersten in der Chi­le-Agen­da des Pap­stes. Medi­en berich­te­ten, daß Papst Fran­zis­kus eine Mas­se­ne­me­ri­tie­rung von chi­le­ni­schen Bischö­fen vor­nimmt. Die Namen von gleich acht Bischö­fen wur­den genannt. Vier Bischö­fe, die noch nicht die vor­ge­se­he­ne Alters­gren­ze erreicht haben, und damit regel­recht abge­setzt wer­den. Dabei han­delt es sich um die vier Zög­lin­ge des wegen sexu­el­len Miß­brauchs von Min­der­jäh­ri­gen kirch­lich ver­ur­teil­ten Ex-Prie­sters Fer­nan­do Kara­di­ma, die zu Bischofs­wür­den auf­ge­stie­gen sind. Dazu noch vier Bischö­fe, die bereits über 75 sind und somit die kir­chen­recht­lich vor­ge­se­he­ne Alters­gren­ze über­schrit­ten haben, dar­un­ter auch der Pri­mas von Chi­le und Erz­bi­schof von Sant­ia­go de Chi­le, Kar­di­nal Ezzati.

Chilenische Carabineros drangen gestern in kirchliche Einrichtungen ein
Chi­le­ni­sche Cara­bi­ne­ros dran­gen gestern in kirch­li­che Ein­rich­tun­gen ein

Der Mas­se­ne­me­ri­tie­rung war ein eben­so bei­spiel­lo­ser Akt vor­aus­ge­gan­gen: Am 18. Mai hat­ten die chi­le­ni­schen Bischö­fe dem Papst den kol­lek­ti­ven Rück­tritt ange­bo­ten. Der Schritt war als Ver­such gese­hen wor­den, Fran­zis­kus doch noch zur Abset­zung von Bischof Bar­ros zu bewe­gen. Dem ist der Papst nach­ge­kom­men, ver­langt aber, wenn sich die Medi­en­be­rich­te bestä­ti­gen, daß auch Kar­di­nal Ezza­ti sei­nen Bischofs­stuhl räumt. Der Pri­mas hat­te im April öffent­lich den Rück­tritt von Bischof Bar­ros ver­langt und dem Fall Bar­ros die Schuld dafür gege­ben, daß der Papst-Besuch in Chi­le, der im ver­gan­ge­nen Janu­ar statt­fand, „ein Miß­er­folg“ war.

Am Mon­tag wur­de vom vati­ka­ni­schen Pres­se­amt vor­erst die Eme­ri­tie­rung von drei Bischö­fen bestä­tigt. Unter ihnen auch Msgr. Juan Bar­ros Madrid, der in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren umstrit­ten­ste Bischof des Landes.

Kurz zuvor hat­te Rom dem Päpst­li­chen Son­der­ge­sand­ten Sci­clu­na den Auf­trag erteilt, in das Bis­tum Osor­no von Bischof Bar­ros zu rei­sen und Anhö­run­gen durch­zu­füh­ren. Zunächst stand die Fra­ge im Raum, ob nach der Abset­zung von Bischof Bar­ros die Mis­si­on hin­fäl­lig gewor­den war.

Gestern lan­de­te Erz­bi­schof Sci­clu­na jedoch mit sei­nem Mit­ar­bei­ter­stab in Sant­ia­go de Chi­le, wo er von chi­le­ni­schen Pres­se­ver­tre­tern emp­fan­gen wur­de. Das Medi­en­in­ter­es­se an der Sci­clu­na-Mis­si­on ist groß.

Der Vati­kan­di­plo­mat und Erz­bi­schof von Mal­ta gab noch am Flug­ha­fen eine Pres­se­er­klä­rung ab, in der er aus­führ­lich das jüng­ste Schrei­ben des Pap­stes an die Katho­li­ken Chi­les zitier­te, anson­sten aber nur bestä­tig­te, daß sein Auf­trag die­ses Mal dem Bis­tum Osor­no gilt.

Im ver­gan­ge­nen Febru­ar hat­te Sci­clu­na bereits eine erste Mis­si­on in päpst­li­chem Auf­trag nach Chi­le geführt. Damals hör­te er vor allem Kara­di­ma-Opfer an.

Archive in Santiago und Rancagua beschlagnahmt

Zugleich kam es gestern zu einem wei­te­ren, noch nicht dage­we­se­nen Vor­fall. Die chi­le­ni­sche Staats­an­walt beschlag­nahm­te das Archiv des Kir­chen­ge­rich­tes von Sant­ia­go und des Bis­tums Rancagua.

Das Bis­tum Ran­ca­gua wird von Bischof Ale­jan­dro Goić Kar­me­lić gelei­tet. Bischof Goic, der auch stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der der Chi­le­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz ist, wur­de am Mon­tag als einer der vier Bischö­fe genannt, die aus Alters­grün­den eme­ri­tiert wer­den sollen.

„Es scheint, daß in der Kir­che in Chi­le lang­sam die Ord­nung wie­der­her­ge­stellt wird“, so Info­Va­ti­ca­na.

Staatsanwalt Arias begab sich persönlich vor Ort
Staats­an­walt Ari­as begab sich per­sön­lich vor Ort

Es geht um 14 Prie­ster, gegen die wegen des Ver­dachts auf sexu­el­len Miß­brauch von Jugend­li­chen ermit­telt wird.

Die Ermitt­lun­gen lei­tet Staats­an­walt Emi­lia­no Ari­as, der für die Regi­on O’Higgins zustän­dig ist. Er begab sich gestern in das Archiv des Kir­chen­ge­richts Sant­ia­go, um eine Rei­he von Archiv­be­stän­den sicher­zu­stel­len. Die Ermitt­lun­gen gehen teils auf Anzei­gen, teils auf anony­me Denun­zia­tio­nen zurück, die „seit eini­ger Zeit und wie­der­holt“ gegen eini­ge Ange­hö­ri­ge der Kir­che bei den Behör­den ein­ge­gan­gen sind.

Die Staats­an­walt­schaft ver­wei­ger­te „aus Grün­den des Per­sön­lich­keits­schut­zes“ nähe­re Anga­ben. Laut Berich­ten der chi­le­ni­schen Tages­zei­tung La Ter­cera habe Ari­as sämt­li­che Unter­la­gen beschlag­nahmt, die Unter­su­chun­gen zu Vor­wür­fen des sexu­el­len Miß­brauchs seit 2007 betreffen.

Staats­an­walt Ari­as lob­te die „abso­lu­te Bereit­schaft“ des Kle­rus, mit den Justiz­be­hör­den zusam­men­zu­ar­bei­ten. Er beton­te zugleich:

„Ich ermitt­le nicht gegen die Kir­che, son­dern gegen bestimm­te Personen“.

Anders liegt die Sache im Bis­tum Ran­ca­gua. Der dor­ti­ge Staats­an­walt Ser­gio Perez Nova hat­te vor einem Monat Bischof Goic ersucht, ihm die Akten­be­stän­de über Fäl­le von sexu­el­lem Miß­brauch seit 2003 zukom­men zu las­sen. Bischof Goic habe die Akten­ein­sicht ver­zö­gert und nur in eini­gen Fäl­len Bestän­de über­mit­telt. Gestern ließ Staats­an­walt Perez das Archiv des Bis­tums beschlag­nah­men und sucht nun selbst nach den von ihm ver­lang­ten Akten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: InfoVaticana/​TV13 (Screen­shots)

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1 Kommentar

  1. Die jet­zi­ge Ereig­nis­se in Chi­le 2018 ähneln die­sen in Bel­gi­en 2011, wenn dort in der Fol­ge des Skan­dals VanG­he­lu­we und der lang­jäh­ri­gen Ver­tu­schung und Ver­schlep­pung in der nord­bel­gi­schen Kir­che plötz­lich (und für ein von Alters her katho­li­sches Land uner­hört) die staat­li­che Gerichts­or­ga­ne und die Poli­zei aktiv wurden.
    In der „Ope­ra­ti­on Kelch“ wur­den alle bel­gi­sche Bischö­fe erst ein­mal 7 Stun­den fest­ge­setzt; Dan­neels als ein­zi­ger noch viel län­ger und nur mit äusser­stem Glück dann doch nicht wegen Min­eids hin­ter Gittern.
    Immer die glei­che Kom­po­nen­ten: ein ver­bohr­tes und unein­sich­ti­ges Epi­sko­pat, eine Wagen­burg­men­ta­li­tät ohne Ver­tei­di­gungs­idee, jede Men­ge unter den Tep­pich gekehr­ter Schund, sehr gro­ße und aus­sa­ge­kräf­ti­ge Archi­ve, viel dum­mes Kir­chen­per­so­nal mit befrei­ungs­theo­lo­gi­scher Gut­men­sch­men­ta­li­tät und ein tota­ler Man­gel an gesun­dem Men­schen­ver­stand und nor­ma­ler all­ge­mein­me­sch­li­cher Empathie.
    Das Bank­rott der post­kon­zi­liä­ren Kirche.
    Jede Men­ge fau­les Obst als „Früch­te des Konzils“.
    Nicht zuletzt wird in die­sen Gebie­ten dem Säku­lar­kle­rus end­gül­tig das Genick gebrochen.
    Per­te totale.

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