
(Managua) Die Verfolgung der katholischen Kirche durch den sandinistischen Staats- und Regierungschef Daniel Ortega geht weiter. Bischof Rolando Álvarez von Matagalpa befindet sich seit Monaten unter Hausarrest. Nun wurde gegen ihn formal Anklage erhoben. Priester bitten die Bischofskonferenz um Hilfe.
Die Verfolgung der sandinistischen Diktatur von Daniel Ortega gegen alle, die sich ihr widersetzen, insbesondere gegen die katholische Kirche, geht unvermindert weiter. Vor drei Tagen wurden die beiden katholischen Journalisten Manuel Antonio Obando Cortedano, Medienchef der Diözese Matagalpa, und Wilberto Artola, Journalist des Digitalsenders TV Merced, verhaftet. Beide stammen aus der von Bischof Álvarez geleiteten Diözese. Seit dem 19. August befindet sich der Bischof, der im Frühjahr gegen die kirchenfeindliche Repression des Ortega-Regimes in den Hungerstreik getreten war, unter Hausarrest. Nun wurde bei Gericht für den 10. Januar der erste Verhandlungstag gegen ihn angesetzt.
Ortegas Krieg gegen die Kirche
Zugleich wurde Anklage gegen ihn erhoben. Nach vier Monaten ist endlich bekannt, was ihm vorgeworfen wird. Dem Bischof werden zwei Anklagepunkte zur Last gelegt:
„Bildung einer kriminellen Vereinigung mit dem Ziel, die nationale Integrität zu untergraben“;
„Verbreitung von Falschnachrichten über Informations- und Kommunikationstechnologien (Twitter) zum Schaden des nicaraguanischen Staates und der Gesellschaft“.
Im Klartext: Bischof Álvarez wird beschuldigt, einen Putsch zum Sturz der Regierung vorbereitet und sogenannte Fake News verbreitet zu haben, was in seiner realen Dimension in etwa soviel Bedrohungspotential bedeutet wie der „Propagandaputsch“ von Bundesinnenministerin Nancy Faeser gegen einen Reußischen Prinzen und dessen angebliche Gefährten, mit dem die bundesdeutsche Öffentlichkeit derzeit zwangsbeglückt wird.
Regierungen mit autoritärem Hang versuchen überall unter dem Vorwand angeblicher „Fake News“ und sogenannter „Gesetze gegen Haß und Hetze“ jede Opposition zum Schweigen zu bringen. Die Sandinisten unter Daniel Ortega führen sogar einen erklärten Krieg gegen die katholische Kirche.
Auf einem Foto (siehe oben), das von der regimenahen Internetseite El 19 Digital veröffentlicht wurde, sieht man „Rolando José Álvarez Lagos“, wie ihn die Ortega-Presse respektlos nennt, mit leerem Blick, in Zivilkleidung und abgemagert, wie er im Gerichtssaal die Entscheidung anhören muß, mit der seine Haft erneut verlängert wurde.
„Im selben Fall“, läßt das nicaraguanische Regime wissen, „ist auch der flüchtige Uriel Antonio Vallejos angeklagt, dessen Haftbefehl von den Justizbehörden an Interpol übermittelt wurde.“ Vallejos ist Priester der Diözese Matagalpa. Er konnte vor seiner Festnahme die Staatsgrenze überqueren. Neben Bischof Álvarez befinden sich insgesamt acht Priester im Gefängnis, die unter verschiedenem Vorwand im Laufe der vergangenen Monate verhaftet wurden.
Appell an die Nicaraguanische Bischofskonferenz
Es ist das erste Mal, daß das Regime ein Foto von Msgr. Álvarez veröffentlicht, seit er in Managua im Hausarrest festgehalten wird. Im vergangenen Frühjahr hatte Ortega auch den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Waldemar Sommertag, des Landes verwiesen, die Missionarinnen der Nächstenliebe, den Orden von Mutter Teresa von Kalkutta, verboten und mehrere katholische Medien, darunter den Fernsehkanal der Nicaraguanischen Bischofskonferenz, geschlossen.
„Es ist an der Zeit, daß die Nicaraguanische Bischofskonferenz ihre Stimme erhebt. Die Realität läßt sich nicht länger verbergen“, sagte Edwing Román, ein weiterer nicaraguanischer Priester, der sich in Miami im Exil befindet, nachdem er von den Anschuldigungen gegen Bischof Álvarez erfahren hatte. Der Bischof habe immer nur zwei Dinge getan: die „Verkündigung des Reiches Gottes“ und das „Anprangern von Ungerechtigkeit“, so der Priester.
Nicaragua, ein Schiff in Seenot
Don Román macht seinem Ärger Luft:
„Die Bischofskonferenz hat Monsignore Álvarez allein gelassen, genauso wie sie Monsignore Silvio Báez und uns Priester, die wir im Exil sind und uns allein fühlen, allein gelassen hat. Nur das Volk Gottes ermutigt uns. Ich liebe meine Kirche, ich liebe meine Bischöfe, aber es gibt Dinge, die gesagt werden müssen, und ich weiß, daß ich es ihnen gegenüber nicht an Respekt mangeln lasse, wenn ich dazu ermahne.“
Msgr. Silvio Báez ist Weihbischof von Managua. Er gehört dem Orden der Unbeschuhten Karmeliten an und wurde 2009 von Papst Benedikt XVI. zum Bischof ernannt. Seit April 2019 lebt er im Exil im Vatikan. Dorthin hatte ihn Papst Franziskus gerufen, um ihn aus der Schußlinie des Regimes zu nehmen.
Kritik werfen Franziskus vor, die Bischöfe, die Ortega in die Quere komme, durch Exilierung für diesen aus dem Weg zu räumen. Franziskus lasse sich von Ortega als „Freund“ feiern, während der sozialistische Diktator die Ortskirche verfolgt.
Für den Priester Román gilt: „Wir Priester bitten um die Stimme unserer Hirten, damit sie sich für uns einsetzen. Man kann ein Boot nicht treiben lassen. Dafür setzt der Herr Hirten ein, die es lenken, die ihr Leben für Seine Schafe geben, damit die Wölfe Seine Schafe nicht verderben.“
Ein mutiger Bischof
Scharfe Reaktionen kommen auch vom honduranischen Bischof von Danlí, Msgr. José Antonio Canales, Generalsekretär der mittelamerikanischen Bischöfe. Msgr. Canales bekräftigte seine Bewunderung für Bischof Álvarez, weil er „diesen Leuten (Präsident Daniel Ortega und seiner Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo), die Nicaragua heute regieren, nicht in die Hände spielen wollte“.
Das Ortega-Regime, so Msgr. Canales, habe Bischof Álvarez die ganze Zeit über angeboten, Nicaragua zu verlassen, wie es Msgr. Báez aufgezwungen worden war:
„Sie haben ihm andere Vorschläge gemacht, um aus dieser Situation herauszukommen, aber Monsignore Álvarez ist ein mutiger Mann und hat es vorgezogen, sich einer Justiz zu stellen, obwohl diese gar nicht existiert, da sie Befehle von einer anderen Macht des Staates erhält.“
Die Anklage gegen Bischof Álvarez bestätige, so der Priester, daß es im sandinistischen Nicaragua keinen Raum für eine freie Religionsausübung gibt, sondern nur die Möglichkeit einer von Ortega und seiner Frau Rosario Murillo kontrollierten Staatskirche der falschen Propheten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi