
(Rom) Der Vatikan entschuldigte sich bei Rußland für die jüngsten Äußerungen von Papst Franziskus in einem Interview mit einer US-amerikanischen Zeitschrift. Moskau erklärte, die Entschuldigung anzunehmen.
Die Aussagen von Franziskus zum Ukraine-Konflikt gegenüber dem US-amerikanischen Jesuitenmagazin America hatten für Aufsehen und Verstimmung gesorgt. Auf westlicher Seite war von einer „Kursänderung“ des Papstes die Rede, was ein Abrücken von einer neutralen Position zugunsten der westlichen meinte. Auf östlicher Seite hingegen war man sehr verstimmt. Dem Papst wurde Beleidigung und Rassismus vorgeworfen. Rußlands Außenminister Lawrow nannte die Worte von Franziskus sogar „unchristlich“.
Aus dem Interview läßt sich kein Kursänderung herauslesen. Franziskus war bemüht, seinen Gesprächspartnern und dem US-amerikanischen Publikum dadurch entgegenzukommen, daß er Wladimir Putin und die russische Regierung zwar nicht verurteilte, dafür aber mit scharfen Worten die dritte russische Reihe an den Pranger stellte. Dabei verallgemeinerte er im Kleinen, daß er Tschetschenen und Burjaten, zwei kleine Völker der Russischen Föderation, als „besonders grausam“ attackierte. Die Tschetschenen sind Muslime, die Burjaten Buddhisten.
Im vatikanischen Staatssekretariat war man alles andere als glücklich über das päpstliche Urteil. Die monatelangen Bemühungen, sich zwischen den Kriegsparteien als unparteiischer Vermittler für Friedensgespräche anzubieten, schienen mit einem Schlag verspielt.
Als Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Montag um vertrauensbildende Maßnahmen bemüht war, konterte Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, noch am selben Tag:
„Der vatikanische Staatssekretär Kardinal Pietro Parolin ist der Ansicht, daß der Vatikan ein geeigneter Ort sein könnte, um ein Treffen der Parteien für einen Dialog über die Ukraine zu organisieren. Ich fürchte, meine tschetschenischen und burjatischen Brüder wüßten das nicht zu schätzen. Soweit ich mich erinnere, kam kein Wort der Entschuldigung vom Vatikan.“
Im Vatikan wußte man jedenfalls, wie man dran ist – und reagierte nach einem Besuch in Santa Marta.
Heute gab Sacharowa bekannt, daß Moskau vom Vatikan eine Entschuldigung für die Äußerungen des Papstes über Tschetschenen und Burjaten erhalten hat:
„Wir haben auf diplomatischem Weg eine Nachricht aus dem Vatikan erhalten, die eine offizielle Erklärung im Namen des Staatssekretärs des Heiligen Stuhls, Pietro Parolin, zu den oben genannten Äußerungen des Pontifex enthält. In der Note heißt es insbesondere: Das vatikanische Staatssekretariat entschuldigt sich bei der russischen Seite.“
Sacharowa wies zugleich darauf hin, daß
„der Heilige Stuhl alle Völker Rußlands, ihre Würde, ihren Glauben und ihre Kultur ebenso wie andere Länder und Völker der Welt zutiefst respektiert“.
Die Sprecherin des Außenministeriums fügte hinzu:
Die Entschuldigung zeige, „daß der Vatikan nicht nur zum Dialog aufruft, sondern auch weiß, wie man den Dialog führt und den Gesprächspartnern zuhört. Dieser Ansatz verdient aufrichtigen Respekt.
Wir glauben, dass der Vorfall geklärt ist, und wir freuen uns auf eine weitere konstruktive Zusammenarbeit mit dem Vatikan.“
Kurz bevor Moskau die Entschuldigung publik machte, hatte Vatikansprecher Matteo Bruni bestätigt, daß es „diplomatische Kontakte in dieser Angelegenheit“ gebe, ohne näher darauf einzugehen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanNews/Facebook/Ambasciata delle Fed. Russa (Screenshots)