Die bestmögliche Regierung im schlimmsten historischen Moment der Republik


Giorgia Meloni und ihre Regierung aus Fratelli d'Italia, Lega und Forza Italia wurden am 22. Oktober von Staatspräsident Sergio Mattarella vereidigt.
Giorgia Meloni und ihre Regierung aus Fratelli d'Italia, Lega und Forza Italia wurden am 22. Oktober von Staatspräsident Sergio Mattarella vereidigt.

Von Rober­to de Mattei*

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Ita­li­en hat seit dem 21. Okto­ber eine neue Regie­rung: die best­mög­li­che Regie­rung im schlimm­sten histo­ri­schen Moment seit der Grün­dung der ita­lie­ni­schen Repu­blik im Jahr 1946.

Was bedeu­tet die best­mög­li­che Regie­rung? Da Poli­tik die Kunst des Mög­li­chen ist, kön­nen die­je­ni­gen, die regie­ren, kei­ne idea­le Regie­rung bil­den, son­dern nur die, die ihnen die Rea­li­tät erlaubt. Gior­gia Melo­ni muß­te den inter­na­tio­na­len und euro­päi­schen Kon­text berück­sich­ti­gen, der unse­rem Land sehr wenig Auto­no­mie läßt, da die Natio­nal­staa­ten nach Maas­tricht eines Groß­teils ihrer Sou­ve­rä­ni­tät beraubt wur­den. Der Pre­mier­mi­ni­ster muß auch die media­le Feu­er­kraft der soge­nann­ten star­ken Mäch­te und die inne­ren Antrie­be einer Mit­te-rechts-Koali­ti­on mit unter­schied­li­chen poli­ti­schen See­len berück­sich­ti­gen. Wie jeder Homo poli­ti­cus kann sie tun, was kon­kret mög­lich ist, ohne bestimm­te Grund­prin­zi­pi­en auf­zu­ge­ben, die sie lei­ten. Und dies scheint die best­mög­li­che Regie­rung zu sein, denn es ist die erste Rechts­re­gie­rung der ita­lie­ni­schen Repu­blik seit ihrer Grün­dung. Sil­vio Ber­lus­co­ni, dem das gro­ße Ver­dienst zukommt, 1994 den Auf­stieg des Kom­mu­nis­mus in Ita­li­en gestoppt zu haben, war und ist ein Libe­ra­ler im euro­päi­schen Wort­sinn, hat sich aber immer als Mann der Mit­te und nicht der Rech­ten defi­niert. Gior­gia Melo­ni ist eine Frau der Rech­ten, die 2020 zur Vor­sit­zen­den der Euro­päi­schen Kon­ser­va­ti­ven gewählt wur­de, einer Grup­pie­rung, deren Eck­pfei­ler die Ver­tei­di­gung der Sou­ve­rä­ni­tät der Natio­nal­staa­ten, die Kon­trol­le der ille­ga­len Ein­wan­de­rung, die Frei­heit von will­kür­li­cher und erdrücken­der Besteue­rung und die Ableh­nung von Ideo­lo­gien wie der Gen­der-Theo­rie sind. Die pol­ni­sche Regie­rungs­par­tei Recht und Gerech­tig­keit (PiS) gehört zu die­ser Grup­pie­rung. Und alles deu­tet dar­auf hin, daß Gior­gia Melo­ni in der inter­na­tio­na­len Poli­tik eher der Linie des pol­ni­schen Pre­mier­mi­ni­sters Mateu­sz Mora­wi­ecki fol­gen wird als der des unga­ri­schen Pre­mier­mi­ni­sters Vik­tor Orbán. Der neue Außen­mi­ni­ster Anto­nio Taja­ni ist auf der glei­chen Linie.

Die Regie­rung von Gior­gio Melo­ni kann als Rechts­re­gie­rung bezeich­net wer­den, nicht nur wegen der Posi­ti­on der Mini­ster­prä­si­den­tin, son­dern auch wegen der Posi­ti­on vie­ler ihrer Mini­ster, nicht nur der Fra­tel­li d’I­ta­lia, son­dern auch der Lega und von For­za Ita­lia. Die Ernen­nung des anti­kle­ri­ka­len Giord­a­no Bru­no Guer­ri zum Kul­tur­mi­ni­ster, die eine kata­stro­pha­le sym­bo­li­sche Bedeu­tung gehabt hät­te, wur­de in extre­mis ver­ei­telt, und es ist gut, daß die bei­den Schlüs­sel­mi­ni­ste­ri­en für Bil­dung und Kul­tur an zwei kon­ser­va­ti­ve Poli­ti­ker wie Giu­sep­pe Val­di­ta­ra und Gen­na­ro San­giu­lia­no gin­gen. Der poli­ti­sche Wie­der­auf­bau beginnt in der Tat mit dem kul­tu­rel­len Wie­der­auf­bau, und die Aus­bil­dung der jun­gen Men­schen, die die Zukunft dar­stel­len, ist das erste Ziel, das sich eine Regie­rung, die nicht nur flüch­ti­ge Ambi­tio­nen hat, set­zen muß. Es stimmt, daß es sich um eine wirt­schaft­li­che Not­la­ge han­delt, doch auch die wirt­schaft­li­che Fra­ge ist unter dem Gesichts­punkt eines vor­ran­gig mora­li­schen Wie­der­auf­baus anzu­ge­hen. Wirt­schafts­mi­ni­ster Gian­car­lo Gior­get­ti ist wie vie­le ande­re Mini­ster die­ser Regie­rung ein prak­ti­zie­ren­der Katho­lik, der die­sen Aspekt sicher­lich nicht außer acht läßt. Wir ver­trau­en auch dar­auf, daß Fami­li­en­mi­ni­ste­rin Euge­nia Roc­cel­la offen eine Poli­tik des ech­ten Schut­zes der Fami­lie und des unge­bo­re­nen Lebens betreibt und die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren von den lin­ken Par­tei­en aus­ge­gan­ge­nen Fehl­ent­wick­lun­gen überwindet.

Die­se Regie­rung befin­det sich den­noch in einer dra­ma­ti­schen Situa­ti­on. Ita­li­en und der Westen befin­den sich seit dem 24. Febru­ar 2021 im Krieg. Ein hybri­der, aber rea­ler Krieg, der sei­nen Höhe­punkt noch nicht erreicht hat und der nicht nur auf dem mili­tä­ri­schen Schau­platz, son­dern auch inner­halb der ein­zel­nen Natio­nen schwer­wie­gen­de Aus­wir­kun­gen haben kann, indem er das sozia­le Gefü­ge bedroht, das ihr Über­le­ben sichert, und Phä­no­me­ne des Pro­tests, auch des gewalt­sa­men Pro­tests, aus­löst. Doch die poli­ti­sche und wirt­schaft­li­che Kata­stro­phe, die Euro­pa infol­ge des Ukrai­ne­kon­flik­tes seit dem rus­si­schen Ein­marsch droht, hat nicht nur geo­po­li­ti­sche Grün­de, son­dern ist letzt­lich auf die Abkehr des Westens von der natür­li­chen und christ­li­chen Ord­nung zurück­zu­füh­ren. Der Flä­chen­brand des Krie­ges scheint nur das jüng­ste Ergeb­nis eines histo­ri­schen Pro­zes­ses zu sein, des­sen kul­tu­rel­le und mora­li­sche Etap­pen eini­gen Regie­rungs­ver­tre­tern, wie dem neu­en Staats­se­kre­tär im Amt des Mini­ster­prä­si­den­ten, Alfre­do Man­to­va­no, gut bekannt sind.

Es muß gesagt wer­den, daß eine Rich­tungs­än­de­rung ohne die beson­de­re Hil­fe Got­tes mensch­lich gese­hen unmög­lich erscheint. Die­se Hil­fe erhal­ten wir durch das Gebet, das es uns ermög­licht, die Gna­de zu erlan­gen, dem Natur­ge­setz zu fol­gen. Die Mis­si­on der Kir­che und des Stell­ver­tre­ters Chri­sti auf Erden ist dies und nichts ande­res: uns an die heil­sa­men Wahr­hei­ten zu erin­nern, die die Welt igno­riert oder ver­ach­tet. Und das ist es, was auch wir, auf unse­re eige­ne klei­ne Wei­se, ver­su­chen. In Anleh­nung an den hei­li­gen Alfons Maria von Liguo­ri, der sag­te: „Wer betet, ret­tet sich, wer nicht betet, ver­dammt sich“, möch­ten wir bekräf­ti­gen, daß ein Volk, das zur natür­li­chen und christ­li­chen Ord­nung zurück­kehrt, wie­der auf­er­steht, wäh­rend es, wenn es sich davon ent­fernt, ins Cha­os stürzt.

Das ist der grund­le­gen­de Schei­de­weg, vor dem die neue Regie­rung steht, der wir am Tag ihrer Ver­ei­di­gung alles Gute wün­schen und sie unse­rer Gebe­te versichern.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017 und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.

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Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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