(Rom) Papst Franziskus ernannte gestern erwartungsgemäß Kardinal José Tolentino de Mendonça zum Präfekten des neuerrichteten Dikasteriums für die Kultur und das Bildungswesen. Zugleich kam es zu weiteren Personalveränderungen, und noch mehr scheinen unmittelbar bevorzustehen.
Der portugiesische Purpurträger José Tolentino de Mendonça, der vor seiner Berufung an die Römische Kurie schon mal die Kirche von ihren Dogmen „befreien“ wollte, war bisher Archivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche.
Parallel zur Beförderung von Kardinal Tolentino ernannte Franziskus Msgr. Angelo Vincenzo Zani zum neuen Archivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche, der bisher Sekretär der Kongregation für das katholische Bildungswesen war, die mit der Kurienreform vom vergangenen 5. Juni aufgelöst und in das neue Dikasterium übergeführt wurde.
Sekretär des Dikasteriums für Kultur und Bildung wurde Giovanni Cesare Pagazzi, Professor der Ekklesiologie am Päpstlichen Institut Johannes Paul II. für Studien zu Ehe und Familie. Dabei handelt es sich um das 1981 vom polnischen Papst gegründete Päpstliche Theologische Institut Johannes Paul II. für Ehe- und Familienwissenschaften, das Franziskus 2016 einem radikalen Umbau unterzog, nachdem sich das Institut im Zuge der Familiensynoden 2014/2015 der von Franziskus betriebenen Änderung der kirchlichen Ehe- und Morallehre samt Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion widersetzt hatte.
Mit der Errichtung des Dikasteriums für Kultur und Bildung wurden zwei Kurienbehörden aufgelöst, die bisher deren Aufgaben innehatten: die erwähnte Kongregation für das katholische Bildungswesen und der Päpstliche Rat für die Kultur. Zugleich wurden deren Leiter von Franziskus emeritiert. Dabei handelt es sich um Kardinal Giuseppe Versaldi (79) und Kardinal Gianfranco Ravasi (80).
Zwei Kardinalpräfekten in Audienz empfangen
Es zeichnen sich jedoch weitere Umbauten auf der Führungsebene der Römischen Kurie ab. Franziskus empfing gestern zwei Kardinäle in Audienz. Dabei handelte es sich nicht um routinemäßigen Audienzen, wie sie die Dikasterienleiter regelmäßig beim Papst haben, um aktuelle Themen ihres Aufgabenbereichs zu besprechen. Diese finden in der Regel an einem bestimmten Wochentag statt. Das Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes verzeichnete gestern, 26. September 2022, zwei Audienzen, jeweils eine für einen Kardinalpräfekten, deren jüngstes fünfjähriges Mandat abgelaufen ist.
Wenn der Papst einem Dikasterienleiter kein weiteres Mandat erteilt, aber stillschweigend im Amt beläßt, bedeutet dies, daß die Emeritierung bereits beabsichtigt, der Wechsel also nur mehr eine Frage der Zeit ist.
Papst Franziskus empfing gestern vormittag Kardinal Marc Ouellet PSS, den Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe (ehemals Kongregation für die Bischöfe), und Kardinal Luis Ladaria SJ, den Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre (vormals Kongregation für die Glaubenslehre), in Audienz.
In beiden Fällen wurde noch kein Nachfolger ernannt. Namen für mögliche Nachfolger kursieren schon länger. Genaues wurde aber noch nicht bekannt. Die gestrige Audienz gilt als Abschiedsaudienz, mit der Franziskus sich für ihre Dienste bedankt habe. Das würde bedeuten, daß ihnen gestern von Franziskus ihre konkret bevorstehende Emeritierung mitgeteilt wurde.
Mit dem Kanadier Ouellet wird einer der letzten noch von Benedikt XVI. ernannten Kardinalpräfekten abtreten. Es verbleiben dann noch: Kardinal Sandri (Ostkirchen), Kardinal Koch (Ökumene) und Kardinal Bráz de Aviz (Orden), von denen zumindest zwei im Konklave von 2013 Kardinal Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt hatten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/Wikicommons/MiL (Screenshots)