Mit einem brisanten offenen Brief hat sich die Initiative Maria 1.0 an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Georg Bätzing gewandt. Sie prangert darin den Wechsel der Vorsitzenden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken in das Lager der Abtreibungslobby an und ebenso, daß die Deutsche Bischofskonferenz dazu schweigt.
Am Mittwoch, dem 3. August, wurde ein Brief „in großer Sorge“ an Bischof Bätzing übermittelt, „da viele Katholiken in unserem Land entsetzt und verwirrt waren aufgrund jüngster Äußerungen von Frau Dr. Stetter-Karp“. Die Vorsitzende des ominösen Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) forderte, „dass der medizinische Eingriff eines Schwangerschaftsabbruchs flächendeckend ermöglicht“ werden sollte, und stellte sich damit ins Lager der Abtreibungslobby.
Stetter-Karp engagiert sich an der Seite der Mehrheitsfraktion der Deutschen Bischofskonferenz nicht nur für den zweifelhaften „Synodalen Weg“, sondern neuerdings auch für die Tötung unschuldiger ungeborener Kinder. Stetter-Karp engagiert sich für die Tötung ungeborener Kinder und riskiert damit, gemäß Kirchenrecht, sich selbst exkommuniziert zu haben. Sollte sie von ihrer Haltung, die Tötung Unschuldiger zu verfechten, nicht abrücken, läuft sie Gefahr, sich selbst aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen zu haben und nicht mehr zu den Sakramenten zugelassen zu sein. Papst Benedikt XVI. bekräftigte den Tatbestand der Exkommunikation 2007 mit Blick auf mexikanische Parlamentsabgeordnete, die für die Abtreibungslegalisierung stimmten. Bei Stetter-Karp geht es nicht um die unmittelbare Verantwortlichkeit für ein Abtreibungsgesetz, dem sie aber offensichtlich zustimmt, dafür ist sie als Vorsitzende des ZdK in einer herausragenden öffentlichen Position, in der sie durch ihre Haltung eine negative Wirkung auf die Katholiken und andere Menschen hat sowie Schaden für die Kirche verursacht. Die Tötung eines ungeborenen Kindes zählt laut Kirchenrecht zu den schwersten Verbrechen. Entsprechend ist die Zustimmung zu einem solchen Verbrechen zu bewerten, das allein in der Bundesrepublik Deutschland seit der Straffreistellung der Abtreibung den zweistelligen Millionenbereich erreicht hat. Soweit die Fakten. Die Initiative Maria 1.0 schreibt:
„Da dieses Thema solche Wichtigkeit besitzt und keineswegs ignoriert werden kann, kündigten wir in diesem Schreiben an Bischof Bätzing an, dass wir es uns vorbehalten, einen offenen Brief zu formulieren und publik zu machen; im Brief luden wir ihn ein unserem Text eine Stellungnahme seinerseits beizufügen. Da wir bis heute (11. August) keine Antwort erhalten haben und Bischof Bätzing anscheinend auch weiterhin an einer Zusammenarbeit mit Frau Dr. Stetter-Karp festhält, veröffentlichen wir nachstehenden offenen Brief. Für den offenen Brief konnten wir katholische Erstunterzeichner gewinnen; diese kommen aus unterschiedlichen Regionen, sind unterschiedlich alt, Männer wie Frauen und vereinen unterschiedlichste Professionen.“
Erstunterzeichnerin des offenen Briefs von Maria 1.0 ist Clara Steinbrecher. Die Eichstätter Studentin führt den Zusammenschluß von Katholiken an, die sich „für die Einheit der Weltkirche und die Treue zum päpstlichen Lehramt einsetzen“. Bundesweit engagieren sich besonders junge Frauen bei Maria 1.0 und geben der Initiative ein Gesicht. Neben einem Gebets- und Informationsapostolat will Maria 1.0 durch mediale Präsenz den Diskurs rund um die katholische Kirche mitgestalten. In Zukunft plant die Initiative auch theologische Tagungen und eine Netzwerkmöglichkeit für Katholiken.
Der offene Brief an Bischof Bätzing im Wortlaut:
Deutsche Bischofskonferenz
Vorsitzender
S. E. Bischof Dr. Georg Bätzing
Kaiserstraße 161
53113 Bonn
Exzellenz,
sehr geehrter Bischof Dr. Bätzing,
„CONGREGA IN UNUM – Führe zusammen“ lautet Ihr Bischofswahlspruch. Wir, die Unterzeichner dieses Offenen Briefes, schreiben Ihnen dagegen heute in Sorge um die Einheit der katholischen Kirche innerhalb Deutschlands und die Einheit der katholischen Kirche Deutschlands mit Rom und der Weltkirche; der Gründe gibt es viele!
Sie erhalten mittlerweile nahezu regelmäßig Post von über den Zustand der katholischen Kirche in Deutschland besorgten Bischöfen und Kardinälen aus dem In- und Ausland, ja sogar von ganzen Bischofskonferenzen, und auch an wiederholt (er-)mahnenden Worten aus Rom fehlt es nicht. Ein über die deutschen Zustände sichtlich frustrierter und verärgerter Heiliger Vater fragt in Interviews offen, warum sein „Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ vom 29.06.2019, für den er sich persönlich mehrere Wochen Zeit genommen und den er als Hirte, Bruder, Vater und Gläubiger einer Kirche geschrieben hat, die versucht, ihren Weg nach vorne zu finden, hierzulande so wenig Beachtung findet. Wir fragen uns das mit ihm, Exzellenz!
In seinem Schreiben fordert Papst Franziskus uns zu einer Pastoralen Bekehrung auf, die uns in Erinnerung ruft, „dass die Evangelisierung unser Leitkriterium schlechthin sein muss, unter dem wir alle Schritte erkennen können, die wir als kirchliche Gemeinschaft in Gang zu setzen gerufen sind; Evangelisieren bildet die eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche.“ Und wie hält es der Synodale Weg damit, dessen Co-Präsident Sie sind? Die Einrichtung eines eigenen Forums, das sich dem Thema Evangelisierung widmet, wurde abgelehnt. Stattdessen einigte man sich darauf, sich im Zuge der weiteren Beratungen des Synodalen Weges sogar mit der Frage zu beschäftigen, ob es das Amt des katholischen Priesters überhaupt noch braucht! Auch unter Ihrer Führung, Exzellenz, droht der Synodale Weg in die Abseitsfalle zu laufen, die nach Papst Franziskus darin besteht, „dass nämlich eine der ersten und größten Versuchungen im kirchlichen Bereich darin bestehe zu glauben, dass die Lösungen der derzeitigen und zukünftigen Probleme ausschließlich auf dem Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen seien, dass diese aber schlussendlich in keiner Weise die vitalen Punkte berühren, die eigentlich der Aufmerksamkeit bedürfen“.
Wir glauben, dass es z.B. dringend Ihrer Aufmerksamkeit bedarf, dass gem. einer am 18.04.2019 bei katholisch.de zitierten Umfrage des Erfurter Markt- und Sozialforschungsinstituts INSA-Consulere im Auftrag der Evangelischen Nachrichtenagentur „idea“ nur noch 28% der römisch-katholischen Christen an die leibhaftige Auferstehung Jesu Christi von den Toten glauben. Einer ebenfalls bei katholisch.de am 06.08.2019 zitierten Umfrage des Pew Research Center zufolge glauben knapp 70% der US-Katholiken nicht mehr an die Gegenwart Jesu Christi in der Eucharistie. Bei uns dürften die Zahlen nicht besser sein. Und unter diesen Vorzeichen verdunstenden Glaubens in den eigenen Reihen führen Sie Gespräche mit den Kirchen der Reformation über die gegenseitige Teilnahme an Eucharistiefeier bzw. Abendmahl? Nein, Exzellenz, wir sind auf dem besten Wege zu jenem ‚modernisierten’, woke-liberalen, politisch korrekten kirchlichen Organismus, vor dem Papst Franziskus warnt, dass er ohne Seele und ohne die Frische des Evangeliums bliebe!
Zu all dem haben wir lange geschwiegen, haben uns fassungslos die Augen gerieben, wie die MHG-Studie und der Missbrauch unschuldiger Kinder und Jugendlicher – den wir genauso verurteilen und aufgeklärt wissen wollen wie Sie (!) –, zum Anlass für den Versuch genommen wird, unsere Kirche so umzubauen, dass wir uns als römisch-katholische Christen, gäbe es nicht Rom und die Weltkirche, nicht mehr darin wiedererkennen würden. Das Ganze wird jeweils orchestriert von der immer gleichen Handvoll deutscher Theologieprofessoren und –professorinnen, die sich anscheinend anschicken, bei uns das bischöfliche Lehramt ersetzen zu wollen. Und glauben Sie bitte nicht, dass uns die (auch von einzelnen Bischöfen) bewusst gesetzten vielen kleinen und größeren Verstöße gegen ausdrückliche römische Vorgaben oder die Lehre der Kirche nicht auffielen. Das führt nicht zusammen, Exzellenz, das spaltet!
Nun aber hat Ihre Co-Präsidentin des Synodalen Weges und Präsidentin des ZdK, Dr. Irme Stetter-Karp, eine rote Linie überschritten, die uns nicht mehr schweigen, sondern die Öffentlichkeit suchen lässt: Der Vorgang ist bekannt: Frau Dr. Stetter-Karp hat in ihrem Gastbeitrag für „Christ & Welt“ in der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 17.07.2022 unter der programmatischen Überschrift „Recht auf Leben, Recht auf Selbstbestimmung“ gefordert, es sei „sicherzustellen, dass der medizinische Eingriff eines Schwangerschaftsabbruchs flächendeckend ermöglicht wird.“ „Eine Reflexion darüber, wie das Angebot sichergestellt werden kann, steht an – was auch die Schulung von Ärzt*innen in der Ausbildung umfasst“, so Stetter-Karp weiter. Dass hier die Donum-Vitae-Mitbegründerin ihre Ämter als oberste Laienvertreterin der katholischen Kirche und als Ihre Co-Präsidentin beim Synodalen Weg missbraucht, um ein persönliches gesellschaftspolitisches Anliegen, nämlich die von Donum Vitae propagierte angebliche Gleichsetzbarkeit des Selbstbestimmungsrechts der Frau und des Rechts auf Leben des ungeborenen Kindes zu bewerben, ist für jeden gläubigen Katholiken eine Ungeheuerlichkeit! Nicht genug damit, legt Frau Dr. Stetter-Karp als Reaktion auf die unmittelbar einsetzende Kritik sogar noch nach, und erklärt, einem (staatlichen) Gesetz müsse schließlich Geltung verschafft werden. Sie zeigt damit klar, dass sie sich in einem von ihr selbst offensichtlich nicht einmal erkannten unauflösbaren Rollenkonflikt befindet, der sie in eindeutigen Gegensatz zur geltenden Kirchenlehre stellt. Ihr Pressesprecher, Herr Matthias Kopp, hat dann ja auch mit der notwendigen Klarheit reagiert und deutlich gemacht, dass die Haltung der ZdK-Präsidentin im Widerspruch zur Deutschen Bischofskonferenz steht. Ihr Mitbruder im Bischofsamt, S. E. Weihbischof Thomas Maria Renz, ergänzt bei CNA: „Wer katholisch sein und bleiben möchte, wird daher selbstverständlich ein flächendeckendes Angebot von vielfältigen Hilfen für Schwangere in Konfliktsituation fordern, nicht aber ein flächendeckendes Angebot an Möglichkeiten, sich des eigenen Nachwuchses zu entledigen.“
Und nun, Exzellenz? Von Ihnen persönlich, der sonst nie um eine Stellungnahme zu Personen, wie z.B. den im letzten Jahr bei der DBK „in Ungnade“ gefallenen Erzbischöfen S. E. Dr. Stefan Heße und S. Em. Dr. Rainer Maria Kardinal Woelki verlegen war, hören wir zum Fall Ihrer Co-Präsidentin Stetter-Karp nur lautes Schweigen! Stattdessen veröffentlichen Sie bereits am 21.07.2022 wieder eine gemeinsame Erklärung mit Frau Dr. Stetter-Karp zu den jüngsten Ermahnungen aus dem Staatssekretariat des Vatikans. Ist unser Eindruck richtig, dass Sie angesichts des deutschen Dauerkonflikts mit Rom unter allen Umständen vermeiden wollen, dass die ungeheuerlichen Einlassungen von Frau Dr. Stetter-Karp zum Keil zwischen DBK und ZdK werden und damit den Synodalen Weg schwächen? Wollen Sie also zur Tagesordnung übergehen und weiter mit einer Co-Präsidentin arbeiten, die – da fortgesetzt uneinsichtig – den Worten Ihres Mitbruders S. E. Weihbischof Renz zur Folge eigentlich nicht glaubhaft katholisch bleiben kann? Es trifft zu, dass Sie nur einen gewissen Einfluss darauf haben, wer Präsident oder Präsidentin des ZdK ist, aber es obliegt Ihnen als Vorsitzendem der Deutschen Bischofskonferenz zu entscheiden, ob Sie unter diesen Umständen weiterhin bereit sind, mit Frau Dr. Stetter-Karp zusammenarbeiten!
Uns, den Unterzeichnern dieses Schreibens, wäre der Gedanke unerträglich, dass Sie eines Tages vielleicht doch Seite an Seite mit Frau Dr. Stetter-Karp als Vertreter der katholischen Kirche Deutschlands nach Rom reisen oder, käme es wirklich dazu, sie gar gemeinsam mit Ihnen als Co-Vorsitzende im geplanten Synodalen Rat über die Geschicke der „deutschen katholischen Kirche“ mitentscheidet. Exzellenz, wir bitten Sie und Ihre Mitbrüder im Bischofsamt, die alle bei ihrer Weihe versprochen haben, das von den Aposteln überlieferte Glaubensgut der Kirche rein und unverkürzt wiederzugeben, die Zusammenarbeit mit Frau Dr. Stetter-Karp zu beenden, sofern diese nicht nachhaltig bereit ist, ihre Haltung öffentlich zu revidieren und zur Lehre der Kirche über den Schutz ungeborenen Lebens zurückzukehren.
Mit freundlichen Grüßen
Clara Steinbrecher, Leiterin der Initiative Maria 1.0
Dr. Michael F. Feldkamp, Historiker und Publizist, Berlin
Dr. Beate Beckmann-Zöller, freiberufliche Religionsphilosophin
Prof. Dr. Christoph Binninger, Direktor des Bischöflichen Studium Rudolphinum, Regensburg
Dr. Christian Schmidt, Herder-Institut, Marburg
Mathias von Gersdorff, Publizist und Autor
Gisela Geirhos, Verlagsleiterin Media Maria
Dr. Hinrich E. Bues, Publizist und Dozent für christliche Spiritualität und Evangelisation
Kristian Aufiero, CEO 1000plus/Pro Femina e. V.
Prof. Dr. Manfred Spieker, em. Prof. für christliche Sozialwissenschaften, Universität Osnabrück
Timothy Flanders, Herausgeber von OnePeterFive (1P5)
Prof. Dr. Matthias Amen, Prof. für Betriebswirtschaftslehre, Universität Bielefeld
Prof. Dr. Christian Müller, Wirtschaftswissenschaftler
Felizitas Küble, Leiterin Komm-Mit-Verlag und Christoferuswerk
Prof. Dr. Berthold Wald, em. Prof. für Systematische Philosophie, Theologische Fakultät Paderborn
Schwester M. Margreth, St. Peter-Ording
Prof. Dr. Dr. Elmar Nass, Prof. für Sozialwissenschaften, KHKT Köln
St. Boniface Institute
Schwester Veronika Reincke OCD (Karmelitin), Priorin des Karmels St. Josef, Aufkirchen
Ursula Maria Fehlner, Bundesvorsitzende des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen (VkdL e. V.)
Prof. Dr. Wolfgang Klausnitzer, em. Prof. für Fundamentaltheologie
Prof. Dr. Dieter J. Weiß, Historiker, München
Peter Esser, Diplom-Designer
Dr. Ludger Hölscher, Pfarrvikar St. Peter-Ording
Christof T. Zeller-Zellenberg, Investor und Publizist, Wien
Dr. Margarete Strauss, Publizistik mit Schwerpunkt auf Internetapostolat
PD Dr. Stefan Luft, Politikwissenschaftler, Bremen
Prof. Dr. med. Angelo Dell’Aquila, Klinik für Herzchirurgie, Münster
Dr. Joachim Krebs, Botschafter a. D., Düren
„Eine Nation, die ihre ungeborenen Kinder tötet, hat keine Zukunft.“
Papst Johannes Paul II.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Initiative Maria 1.0