(Rom) Der Präfekt der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Kurienerzbischof Arthur Roche, betätigt sich seit einigen Monaten als Verteidiger des Motu proprio Traditionis custodes. Er ist eine treibende Kraft hinter diesem Kirchengesetz, mit dem Papst Franziskus den überlieferten Ritus und das damit verbundene Kirchenverständnis auslöschen will, die sich durch das Motu proprio Summorum Pontificum in den neurituellen Teil der Kirche hinein auszubreiten begannen. Gestern veröffentlichte Catholic News Service (CNS), die Presseagentur der Bischofskonferenz der USA, ein Interview, das Cindy Wooden mit Msgr. Roche führte. Auszüge des Interviews, das unter den Katholiken der USA für Traditionis custodes werben soll, wurden auch als Video veröffentlicht.
Der Vatikanprälat und Anwärter auf den Kardinalspurpur, den Franziskus im Mai 2021 an die Spitze der Gottesdienstkongregation berief, wird von CNS als „Schlüsselfigur“ im „Liturgiekrieg“ vorgestellt. Im vergangenen Dezember hatte Msgr. Roche mit Responsa ad dubia, Antworten auf „Zweifel“, also Unklarheiten, die Stoßrichtung von Traditionis custodes noch verschärft.
Die Messe spiegle wider, „was die Kirche ist und glaubt“, sagte er gegenüber CNS in Richtung der Welt der Tradition, sodaß der verwendete Ritus nicht einfach eine Frage „der persönlichen Vorliebe oder des Empfindens“ sei.
„Ich denke, eines der Probleme, mit denen wir heute konfrontiert sind, ist, daß wir in einer sehr individualistischen Welt leben, einer sehr relativistischen Welt, in der individuelle Vorlieben über das Gemeinwohl und den gemeinsamen Ausdruck gestellt werden. Ich denke, das ist sehr gefährlich und etwas, worauf wir als Christen sehr aufmerksam sein müssen.“
Der Vorwurf des Individualismus und Relativismus richtet sich gegen jene, die sich der Tradition verpflichtet wissen und mit dem überlieferten Ritus verbunden sind. Ihnen setzt der Präfekt der Gottesdienstkongregation die Heilige Schrift entgegen. In der Apostelgeschichte (2,42) werde beschrieben, was es für Christen bedeute, zur Kirche zu gehören:
„Sie hielten sich an die Lehre der Apostel und an die Gemeinschaft, an das Brechen des Brotes und an die Gebete.“
Die Anerkennung dieser vier Elemente umfasse die Autorität der Bischöfe, die in Gemeinschaft mit dem Papst die Kirche leiten, den Aufbau der Einheit innerhalb der Kirche, die gemeinsame Feier der Eucharistie und das gemeinsame Gebet. Diese vier Elemente gehören zusammen, so Msgr. Roche, und „stellen das Relativistische und Individualistische in unseren heutigen Gemeinschaften in Frage“.
„Das ist nicht die Messe des Papstes, es ist nicht meine Messe, es ist nicht seine Messe. Das ist die Messe der Kirche. Es ist das, was die Kirche beschlossen hat, wie wir uns als Gemeinschaft im Gottesdienst ausdrücken und wie wir die Bücher der Liturgie, der Lehre der Kirche verinnerlichen.“
Die Unterschiede zwischen der Messe vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil und den Messen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil bestünden nicht nur in der Verwendung der lateinischen Sprache, des Gesangs, der Stille und der Blickrichtung des Priesters, so der Präfekt der Gottesdienstkongregation.
Die Förderung der Liturgie aus der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil als heiliger oder frommer als die heutige Liturgie „ist im Grunde kein liturgisches Problem, sondern ein kirchliches Problem“, sagte der Erzbischof. Die heutige Messe mit einer reicheren Auswahl an Gebeten und biblischen Lesungen spiegle „das Selbstverständnis der Kirche als Volk Gottes wider“ und stärke dieses.
„Das, was uns das Konzil gegeben hat, das die Lehre der Kirche über sich selbst und ihr Verständnis von der Rolle der Getauften und der Bedeutung der Eucharistie und des sakramentalen Lebens der Kirche klassifiziert und konkretisiert hat, ist nicht ohne Bedeutung für die Zukunft der Kirche.“
Die zum Zweiten Vatikanischen Konzil versammelten Bischöfe hätten unter der Inspiration des Heiligen Geistes gesagt: „Das ist die Richtung, in die wir gehen“, so Erzbischof Roche. „Traditionis Custodes ist also wirklich ein Aufruf, die Einheit der Kirche, unser Zusammensein bei der Feier des Brotbrechens und des Gebets, sehr, sehr ernst zu nehmen.„
Trotz „viel Getöse in den Blogs“ zeigte sich Erzbischof Roche überzeugt, daß „die meisten Bischöfe“ des lateinischen Ritus und die meisten Katholiken des lateinischen Ritus auf der ganzen Welt verstehen, „wie wichtig es ist, die Eucharistie mit derselben Messe zu beten und zu feiern“.
Durch regelmäßige Kontakte mit Bischöfen und Bischofskonferenzen wisse er, daß die meisten Bischöfe „den Aufruf des Papstes, zum Konzil und zur Einheit der Kirche zurückzukehren, mit offenen Armen empfangen haben und sehr hinter den Worten des Heiligen Vaters stehen“.
Natürlich hätten die Menschen Präferenzen. Die Katholiken müßten aber genauer hinschauen, was sie sagen, wenn sie diese Vorlieben äußern.
„Wenn die Leute sagen: ‚Nun, ich gehe zur Messe von Pater So-und-So‘, nun, Pater So-und-So ist nur der Vermittler. Es ist Christus, der in der Messe handelt, es ist der Priester, der in ‚persona Christi‘, in der Person Christi, dem Haupt der Kirche, handelt.“
„Wenn wir in die Messe gehen, auch wenn die Musik vielleicht nicht das ist, was wir persönlich wählen würden, und auch das ist Individualismus, dann müssen wir uns bewußt sein, daß wir an der Seite Christi am Kreuz stehen, der durch diese Eucharistie alles dem Vater zurückgibt.“
Die Messe vergegenwärtigt „alles, was Christus für unsere Erlösung getan hat; nicht einfach für Jims oder Marias Erlösung, sondern für unsere Erlösung“, so Msgr. Roche. „Wir sind die Kirche. Wir sind keine Individuen. Wir gehören einer Körperschaft an, die sich durch die Lehren Christi definiert, die wir treu empfangen haben und die wir auch treu umsetzen müssen, um diese Einheit und diese Harmonie zu schaffen“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube/CNS (Screenshot)