Um sechs Uhr morgens allein im Petersdom – mit Papst Franziskus

Warum der Papst kein Kommunist ist


Es war einmal im Vatikan oder: Wieso Papst Franziskus kein Kommunist ist.
Es war einmal im Vatikan oder: Wieso Papst Franziskus kein Kommunist ist.

(Rom) Papst Fran­zis­kus wer­den Sym­pa­thien für die radi­ka­le Lin­ke nach­ge­sagt. Der kom­mu­ni­sti­sche Phi­lo­soph Gian­ni Vat­ti­mo deli­rier­te im März 2015, dass die Kom­mu­ni­sti­sche Inter­na­tio­na­le zur Papi­sti­schen Inter­na­tio­na­le wer­den müs­se, um eine Zukunft zu haben, ange­führt von Papst Fran­zis­kus. Ähn­lich äußer­te sich das Wall Street Jour­nal, das Fran­zis­kus Ende 2016 zum neu­en „Anfüh­rer der glo­ba­len Lin­ken“ erklär­te. Fran­zis­kus hält dem sein eige­nes Nar­ra­tiv entgegen.

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Erst gestern leg­te das US-ame­ri­ka­ni­sche Lepan­to Insti­tu­te ein Dos­sier über die enge Ver­bin­dung der vati­ka­ni­schen Cari­tas Inter­na­tio­na­lis mit dem links­ra­di­ka­len Welt­so­zi­al­fo­rum von Por­to Aleg­re vor. Papst Fran­zis­kus schmei­chelt den chi­ne­si­schen Kom­mu­ni­sten, sucht einen „Aus­weg“ aus dem Kom­mu­ni­onstreit um US-Prä­si­dent Joe Biden, damit das Ver­hält­nis zwi­schen San­ta Mar­ta und dem Wei­ßen Haus end­lich unge­trübt ist und enga­giert sich in Bra­si­li­en für die Rück­kehr der poli­ti­schen Lin­ken an die Macht. Sie­he dazu: Ist der Papst Kom­mu­nist? Die Zahl sei­ner kom­mu­ni­sti­schen Freun­de ist erstaun­lich groß.

Fran­zis­kus selbst setz­te den Fak­ten schon im April 2014, ein Jahr nach sei­ner Wahl, die Beteue­rung ent­ge­gen, „kein Kom­mu­nist“ zu sein. Dar­an hat sich bis heu­te nichts geän­dert, und man darf ihn wört­lich neh­men, wenn man die Fra­ge auf ein Par­tei­buch ein­schränkt. Ein sol­ches hat das Kir­chen­ober­haupt mit Sicher­heit nicht. Das greift jedoch zu kurz. Es geht um Sym­pa­thien und um Alli­an­zen, die Fran­zis­kus anstrebt. Und der argen­ti­ni­sche Papst denkt bekannt­lich stra­te­gisch. Er inter­es­siert und enga­giert sich durch­aus für ein­zel­ne Staa­ten, die ihm wich­tig sind, wie die USA oder Bra­si­li­en. Grund­sätz­lich denkt er jedoch glo­bal. Er will jene unmög­li­che Alli­anz zustan­de brin­gen, an der alle vor ihm geschei­tert sind: eine Ver­schrän­kung von Sozia­lis­mus und Chri­sten­tum. Alle Ver­su­che, in denen der Sozia­lis­mus nach der Macht im Staat griff, und es gab in den ver­gan­ge­nen 150 Jah­ren vie­le davon, ende­ten in Blut und Gewalt. Wo Chri­sten glaub­ten, dar­an mit­wir­ken zu müs­sen, muß­ten ihre christ­li­chen Mit­brü­der, die den Seg­nun­gen der sozia­li­sti­schen Uto­pie im Weg stan­den, dafür einen hohen Preis bezah­len, vie­le mit dem Tod.

Nein, Fran­zis­kus ist kein Kom­mu­nist. Er ist jedoch ein Uto­pist, der aus der Geschich­te wenig gelernt hat. Er hält den Kom­mu­nis­mus für geläu­tert und in sei­ner Grund­idee rich­tig. Da hilft es aber nicht, die Kri­tik dar­an zu igno­rie­ren und zu beteu­ern, „kein Kom­mu­nist“ zu sein. Die Fak­ten müs­sen mit die­ser Aus­sa­ge über­ein­stim­men, doch genau dar­in liegt das Problem.

Den­noch hält San­ta Mar­ta an sei­ner simp­len Gegen­stra­te­gie fest, wie eine seit eini­gen Tagen ver­brei­te­te Geschich­te zeigt. Ob die spa­ni­sche Nach­rich­ten­sei­te Reli­gi­on Con­fi­den­cial am 3. Okto­ber das erste Medi­um war, das sie ver­öf­fent­lich­te, kann nicht mit Sicher­heit gesagt werden.

Um sechs Uhr morgens

Die Erzäh­lung geht so: Es war ein­mal ein anonym blei­ben­der Gläu­bi­ger, offen­bar ein Spa­ni­er, der bei Fran­zis­kus zur Beich­te ging, ohne zu wis­sen, daß ihm im Beicht­va­ter der Papst gegen­über­saß. Reli­gi­on Con­fi­den­cial nennt die Quel­le einen „füh­ren­den Fach­mann auf dem Gebiet der Wirt­schaft und Sta­ti­stik“. Als er 2015 Rom besuch­te, begab er sich, wie es sei­ne „Ange­wohn­heit“ war, eines Tages sehr früh, „gegen sechs Uhr mor­gens“, in den Peters­dom, um sich dort eine Wei­le auf­zu­hal­ten. Meist sei er um die­se Zeit ganz allein dort. Das ver­steht sich, denn der Peters­dom öff­net bekannt­lich das gan­ze Jahr hin­durch erst um sie­ben Uhr, aber wir wol­len nicht klein­lich sein.

„Ein­mal frag­te er einen Wach­mann, ob es einen Prie­ster gäbe, der die Beich­te abneh­me. Die­ser ant­wor­te­te, daß es einen gibt. Auf die Fra­ge, ob er Eng­lisch spre­che, ant­wor­te­te er, er wis­se es nicht.“

War­um ein Spa­ni­er in Rom – die sprach­li­che Nähe des Kasti­li­schen zum Ita­lie­ni­schen ist bekannt und zudem die Wahr­schein­lich­keit einen spa­nisch­spra­chi­gen Prie­ster anzu­tref­fen ziem­lich groß – nach einem eng­lisch­spra­chi­gen Beicht­va­ter fragt, erscheint zumin­dest rät­sel­haft. Weil er „flie­ßend Eng­lisch spricht“, sagt die Erzäh­lung, was im Kon­text aller­dings wenig klärt. Aber, wie gesagt, wir wol­len nicht …

Jeden­falls ging die­ser Mann zu dem ihm zuge­wie­se­nen Beicht­stuhl und begann die Beich­te auf englisch.

„Der Prie­ster muß den spa­ni­schen Akzent des Büßers erkannt haben und sag­te, daß er Spa­nisch spricht. Der Mann bemerk­te einen deut­li­chen argen­ti­ni­schen Akzent. Wäh­rend der Beich­te sag­te der Pöni­tent dem Prie­ster, er hal­te Papst Fran­zis­kus für einen Kom­mu­ni­sten. Auf der ande­ren Sei­te des Git­ters hör­te er den Prie­ster lachen und ant­wor­ten: ‚Ja, das sagt man auch über den Papst. Aber das ist nicht wahr‘. Der Spa­ni­er rief über­rascht aus: ‚Das sind nicht Sie!‘ Und von der ande­ren Sei­te kam die Ant­wort: ‚Ja, mein Sohn‘.“

Der Papst, so die Erzäh­lung wei­ter, habe es dem Mann „nicht übel genom­men“, son­dern ein­ge­la­den, um sie­ben Uhr in San­ta Mar­ta an der von ihm zele­brier­ten mor­gend­li­chen Mes­se teilzunehmen.

Das Nar­ra­tiv klingt mit den Wor­ten aus:

„Mor­gens um 6.30 Uhr mit dem Papst durch die Basi­li­ka zu gehen, ohne irgend­wen sonst zu sehen… das war sehr beein­druckend! Das hat mei­ne Sicht­wei­se auf ihn verändert.“

Ein Kom­men­tar ver­bie­tet sich offensichtlicherweise.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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