
(Rom) Am vergangenen Mittwoch fand eine Sitzung des C7-Kardinalsrats statt, die Corona-bedingt virtuell durchgeführt wurde. Es handelte sich um das 36. Treffen seit Errichtung des Gremiums. Eine Bestandsaufnahme.
Errichtet wurde das Gremium auf den Tag genau einen Monat nach der Wahl von Franziskus zum Papst. Die Ergänzung des Gremiennamens mit der jeweilig aktuellen Zahl der Mitglieder soll dabei helfen, dieses Gremium von anderen Kardinalsräten zu unterscheiden. Zudem werden Fluktuationen aufgezeigt. Das Gremium entstand mit acht Mitgliedern. Sieben davon repräsentierten jeweils einen Kontinent oder Teil-Kontinent. Hinzu kam ein Vertreter der Römischen Kurie. Mit der Ernennung von Msgr. Pietro Parolin zum Staatssekretär und seiner Erhebung zum Kardinal wurde das Gremium um ihn auf neun Mitglieder erweitert. Ab Juni 2017 blieb Kardinal George Pell (Ozeanien) den Sitzungsperioden fern. Im Herbst 2018 entband Franziskus die Vertreter von Ozeanien, Südamerika und Afrika von ihren Verpflichtungen im Gremium, wobei auch die Vertreter von Afrika und Südamerika bereits an der 26. Sitzungsperiode nicht mehr teilgenommen hatten. Das Gremium schrumpfte zum C6-Kardinalsrat. Die südliche Hemisphäre war nicht mehr im Kardinalsrat vertreten. Die offizielle Entbindung von Kardinal Francisco Javier Errázuriz Ossa (Südamerika) erfolgte am 14. November 2018 als Folge des homosexuellen Mißbrauchsskandals um den inzwischen laisierten Priester Fernando Karadima und den inzwischen emeritierten Bischof Juan Barros Madrid. Am 12. Dezember 2018 entpflichtete Franziskus auch Kardinal George Pell und Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya, den inzwischen emeritierten Erzbischof von Kinshasa. Kardinal Pell war damals in Australien von einem Gericht erster Instanz des sexuellen Mißbrauchs schuldig gesprochen worden und daher für das päpstliche Gremium zur Belastung geworden.
Die Frequenz der Sitzungsperioden verlangsamte sich zuletzt. Ab dem ersten vollständigen Kalenderjahr im Pontifikat von Papst Franziskus tagte der C9-Kardinalsrat jedes Jahr in regelmäßigen Abständen fünfmal. 2020 in der Besetzung als C6-Kardinalsrat geschah das nur dreimal, und das in reduzierter Form.
Von Anfang an versammelten sich die Mitglieder zu Sitzungsperioden von jeweils drei Tagen, immer Montag bis Mittwoch. Papst Franziskus nahm stets an fünf der insgesamt sechs Sitzungen teil. Ausgenommen war nur der Mittwoch vormittag wegen der dort stattfindenden Generalaudienz. Die Sitzungsperioden werden durchnumeriert. Die 33. Sitzungsperiode, die letzte dieser Art, fand im Februar 2020 statt.
Wegen des Coronavirus folgte eine lange Lücke. Erst am 12. Oktober tagte das Gremium, nach wie vor als C6-Kardinalsrat, wieder. Allerdings erfolgte der Gedankenaustausch nur virtuell und beschränkte sich auf einen Tag und nur eine Sitzung. Seither scheint im Vatikan Unklarheit darüber zu herrschen, ob die Numerierung fortgesetzt werden soll, jedenfalls wird keine Nummer mehr genannt. Zur besseren Übersicht soll sie hier aber beibehalten werden.
Obwohl Kardinal Pell im April 2020 vom Obersten Gerichtshof von Australien freigesprochen und aus der Haft entlassen wurde, setzte ihn Franziskus nicht mehr in sein Amt ein.
Drei Tage nach dem virtuellen 34. Treffen ernannte Papst Franziskus am 15. Oktober 2020 mit Kardinal Fridolin Ambongo Besungu, Erzbischof von Kinshasa, einen neuen Vertreter für Afrika. Ohne Vertretung sind weiterhin Ozeanien (seit Sommer 2017) und Südamerika (seit Sommer 2018).
Zudem ernannte Franziskus Titularbischof Marco Mellino zum neuen Sekretär des Gremiums. Mellino war zuvor bereits beigeordneter Sekretär gewesen. Am selben Tag ernannte Franziskus den bisherigen Sekretär und engen Vertrauten, Bischof Marcello Semeraro von Albano Laziale, zum neuen Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Die Umbesetzung war wegen Ermittlungen zu einem Finanzskandal um Kardinal Angelo Becciu notwendig geworden. Ende November wurde Semeraro von Franziskus zum Kardinal kreiert.
Am 35. Treffen im Dezember 2020, das wiederum virtuell durchgeführt wurde, nahm erstmals Kardinal Besungu teil.
Am 5. Mai fand nun, ebenfalls virtuell, das 36. Treffen statt, wiederum nur an einem Tag und mit einer einzigen Sitzung, die um 16 Uhr begann.
Wie bereits im vergangenen Jahr drei der Treffen nicht stattfanden, war auch das übliche Februar-Treffen 2021 ausgefallen.
Aus den jeweiligen Heimatländern waren die Kardinäle Oscar Rodriguez Maradiaga SDB (Mittelamerika), Reinhard Marx (Europa), Sean Patrick O’Malley OFM Cap. (Nordamerika), Oswald Gracias (Asien) und Fridolin Ambongo Besungu OFM Cap (Afrika) zugeschaltet. Mit ihnen verbunden waren Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und der Vertreter der Römischen Kurie Kardinal Giuseppe Bertello sowie der Sekretär Msgr. Marco Mellino. Papst Franziskus war aus seiner Residenz Santa Marta zugeschaltet.
Laut dem vatikanischen Presseamt berichtete jeder Kardinal über die „wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie“ in seinem Erdteil und über „das Engagement der Kirche für Gesundheit, wirtschaftliche Erholung und Unterstützung für die Bedürftigsten“.
Es ist nicht anzunehmen, daß das Versagen der kirchlichen Autorität in der Corona-Krise thematisiert wurde, weshalb der interessantere Punkt der Sitzung ein anderer war. Auf deutsch meldete Vatican News:
„Bei der Videokonferenz wurde erneut über die geplante Kurienreform beraten. Diesmal seien mögliche rechtliche Auswirkungen der in Arbeit befindlichen Apostolischen Konstitution erörtert worden. Sie trägt den Arbeitstitel ‚Praedicate evangelium‘ (Verkündet das Evangelium) und soll die Kurienordnung ‚Pastor bonus‘ Johannes Pauls II. von 1988 ersetzen. Das nächste Treffen des Kardinalsrats ist für Juni geplant.“
Der englisch- und spanischsprachige Dienst sagte noch etwas mehr: Erörtert worden sei auch „die Arbeitsmethode (…), die für die Überarbeitung und Korrektur einiger normativer Texte nach dem künftigen Inkrafttreten der nächsten Apostolischen Konstitution implementiert werden muß“, aber auch noch weitere „Perspektiven“, die sich als Folge der neuen Apostolischen Konstitution erheben werden.
Die Kurienreform ist seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein zentrales Anliegen progressiver Kirchenkreise, die eine Schwächung der Zentralgewalt der Kirche anstreben. Franziskus, der weit autoritärer regiert als seine unmittelbaren Amtsvorgänger, setzte diese Machtfülle bereits in mehreren Bereichen zu dieser Schwächung durch Dezentralisierung ein. Das Modell dazu wurde informell mit dem umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia vom April 2016 umgesetzt, aber auch, diesmal formell, mit dem Motu proprio Magnum principium, mit dem Franziskus den Bischofskonferenzen die Zuständigkeit für die Übersetzung der liturgischen Bücher in die Volkssprachen übertrug. Nur durch die Duldung durch seine Person gedeckt, allerdings deshalb mit vielleicht noch weitreichenderen Folgen ist die Dezentralisierung durch den Vorstoß deutscher Bischöfe im Juli 2018, lutherische Ehegatten zur Kommunion zuzulassen, und im Mai 2021 durch die Segnung homosexueller Paare. Im deutschen Sprachraum sind manche Teile der Kirche ganz versessen darauf, der Welt mitzuteilen: „Seht her, auch wir sind schwul“.
Das 37. Treffen des C7-Kardinalsrats ist für kommenden Juni geplant.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Media (Screenshot)