
Ein Beitrag von Clemens Victor Oldendorf.
Ein Schreiben des Vatikanischen Staatssekretariats sorgt im Netz für Unruhe. Ab dem 22. März 2021 sollen Einzelzelebrationen an den Seitenaltären des Petersdomes nach dem Messbuch, wie es nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingeführt wurde, gänzlich unterbleiben und lediglich noch vier Messen nach dem Missale Romanum von 1962 erlaubt sein, die zudem an einem einzigen Altar in den Vatikanischen Grotten zu feiern sein werden.
Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass eine solche Anweisung mit dem aktuell geltenden Kirchenrecht nicht verträglich ist. Vor allem aber ist Kardinal Burkes Befürchtung nachvollziehbar, die umstrittene Regelung könne Modellcharakter für die Gesamtkirche bekommen. Man könnte auch von einer Art Versuchsballon sprechen, doch die starken Widerstände, die sich sogleich erhoben haben, lassen es erfreulicherweise fraglich erscheinen, ob dieser Ballon selbst sich so ohne weiteres erfolgreich in luftige Höhen erhebt oder nicht eher – kaum gestartet – vorzeitig eine Bruchlandung erleidet.
Trotzdem lassen sich einige grundsätzliche Fragen an den Vorgang knüpfen, die ich hier kurz anschneiden will.
Das Wie der Einzelzelebration und die Praxis der Konzelebration
Die gerade vom Zweiten Vaticanum und vom Codex Iuris Canonici von 1983 stark betonte Einladung an die Priester, das eucharistische Opfer täglich darzubringen, und ihr verbürgtes Recht, dies als individuelle Zelebranten einzeln zu tun, bedeutet nicht zwangsläufig die automatische Sinnhaftigkeit der sogenannten Privatmesse. Vielmehr könnte man argumentieren (und auch der kirchliche Gesetzgeber könnte zu dieser Sichtweise übergehen), die klassische Einzelzelebration an Seitenaltären sei angesichts des Priestermangels erst dann eine Option, wenn ein Priester, der nicht konzelebrieren wolle, gar keine Möglichkeit oder Gelegenheit habe, in der Seelsorge eine Gemeindemesse zu übernehmen. Die Konzelebration, die viele derer, die einer liturgischen Restauration kritisch entgegentreten, als die ideale Feiergestalt der Eucharistie im Geiste der Liturgiereform betrachten, wäre allerdings genauso auf den Prüfstand zu stellen: Ist es bei einem Mangel an geweihten Priestern wirklich im Sinne der Liturgiereform und einer pastoralen Gesinnung, wenn die wenigen verbleibenden Priester sozusagen gebündelt an einen zentralen Altar treten, statt dass die Konzelebranten in die Pfarreien hinausgehen („an die Ränder“) und mit Gläubigen, die sonst keine heilige Messe hätten, als einzelne Zelebranten Eucharistie feiern? Das gilt sogar für klösterliche Kommunitäten, solange sie auch nur irgendeinen Bezug zur Seelsorge haben.
Die Erfordernisse der Seelsorge und die Entscheidung, lateinisch zu zelebrieren
Das Motuproprio Summorum Pontificum gewährt bekanntlich jedem Priester, der sich entschließt, seine Privatmesse in lateinischer Kirchensprache zu zelebrieren, die freie Wahl, dies entweder nach dem Messbuch Pauls VI. oder anhand des letzten tridentinischen Missale zu tun, das 1962 von Johannes XXIII. promulgiert worden ist. Prinzipiell ermöglicht diese Bestimmung übrigens auch jedem Priester einer an sich altrituellen Gemeinschaft, ohne gesonderte Zustimmung oder Erlaubnis seiner höheren Oberen, die eigene Privatmesse unter Verwendung der lateinischen Ausgabe des nachkonziliaren Messbuchs zu feiern.
Doch es ließe sich fragen, ob diese Möglichkeiten bestehen sollen, solange ein seelsorglicher Bedarf noch nicht gedeckt ist und wenn ein Priester deshalb statt einer Privatmesse ebensogut irgendwo in seinem Wirkungskreis eine Gemeindemesse feiern kann.
Die Akzeptanz von Summorum Pontificum
Dass die traditionelle Messliturgie in St. Peter durch Verweis in die Unterkirche wieder unsichtbar werden soll, wird von Kritikern des neuen Erlasses verständlicherweise als Diskriminierung und als mangelnde Akzeptanz empfunden.
Doch wer Summorum Pontificum tatsächlich konsequent ernstnimmt, der kommt an der praktischen Schlussfolgerung aus der theoretischen Grundannahme Benedikts XVI. nicht vorbei, dass der eine Römische Ritus in zwei Formen bestehe: Wenn es nur ein Ritus ist, dann kann niemand, der die älteren liturgischen Bücher gestützt auf dieses Motuproprio verwendet, sich prinzipiell weigern, auch die neueren liturgischen Bücher zu benutzen – und zwar so und insoweit, wie es in den Gemeinden legitim eingebürgert ist.
Verfügbarkeit für die Seelsorge
Viele Priester traditioneller Gemeinschaften wie der Priesterbruderschaft St. Petrus sind pastoral nicht immer ganz ausgelastet, wenn man darunter versteht, dass sie täglich eine Messe nach Summorum Pontificum mit einer stabilen Gruppe im Sinne des Motuproprio zu feiern hätten. Zahlreich sind die Tage, an denen sie privat zelebrieren. Immer wieder wird mit einem gewissen frommen Stolz darauf hingewiesen, dass in diesen traditionellen Gemeinschaften kein Priestermangel bestehe, gemessen an der Zahl der Gläubigen sogar eher ein gewisser Überschuss – und dass die Seminare, die in der überlieferten Liturgie ausbilden und leben, voll seien.
Wenn diese Priester und angehenden Priester tatsächlich keine Bedenken gegen die Grundlagen von Summorum Pontificum haben, dann kann man es nachvollziehen, wenn die Diözesanbischöfe, die unter Priestermangel leiden, von ihnen erwarten, für die reguläre Pfarrseelsorge konkret zur Verfügung zu stehen, also auch bereit zu sein, in den Gemeinden Gottesdienste im sogenannten ordentlichen Usus zu übernehmen. Hier wäre ebenfalls unsere Überlegung anzuwenden, dass eine solche Gemeindemesse den Vorzug haben müsste, bevor eine lateinische Privatmesse in Frage kommt, die mit dem tridentinischen Missale von 1962 gefeiert werden kann.
Konsequenz aus und Kritik an Summorum Pontificum
Um nicht missverstanden zu werden, möchte ich betonen, dass ich diese Konsequenzen nicht unbedingt befürworte, aber es ist recht evident, dass sie der Logik von Summorum Pontificum entsprechen, wenn man dieses Dokument ganz und nicht bloß selektiv akzeptiert. Wer diese Konsequenzen aber für sich ablehnt, der müsste sich, zumindest, sollte er Priester sein, fragen, ob er sich für seine ausschließliche Praxis der überlieferten Liturgie nicht konsequenter der Argumentation der Priesterbruderschaft St. Pius X. anschließen müsste.
Vor diesem Horizont scheint mir das jüngste Schreiben des Staatssekretariats, das zunächst lediglich den Petersdom betrifft, tatsächlich eine generelle Brisanz zu besitzen, die möglicherweise auch mit der im vergangenen Jahr initiierten weltweiten Bischofsbefragung zu Summorum Pontificum in Zusammenhang steht.
Bild: Wikicommons
Ich sehe viele Parallelen von Staat und Kirche.
Das über Jahrhunderte gewachsene autenthetische, der Wahrheit dienende Original wird immer weiter verdrängt nach dem Motto aus dem Auge aus dem Sinn. Es soll nicht mehr sichtbar sein, auch aus der Erinnerung soll es verdrängt werden und nachwachsende Generationen sollen es nie mehr sehen, nie mehr davon hören, es nie mehr erleben.
Dazu wird sich illegaler gegen gesetztes Recht verstoßende Methoden bedient. EU-Recht wird von Politikern schon lange gebrochen, Wahlergebnisse werden ignoriert und Willkür wird durchgesetzt.
In der Kirche wird Kanonisches Recht ignoriert, offen Sympathie für Sozialismus und Wahlwerbung in Amerika betrieben eine künstlich konstruierte Liturgie willkürlich durchgesetzt und ihr Missbrauch geduldet, die alt-ehrwürdige Liturgie mit vielen bedeutsamen Zeichen und Gebeten, mit Zeiten der Stille und der Spendung des allerheiligsten Altarssakramentes als Mundkommunion erst in wenige hässliche und schwer erreichbare Kirchen unsichtbar verdrängt, dann willkürlich aus den wenigen aufblühenden Ordensgemeinschaften entfernt. Sowohl der staatliche als auchh der kirchliche Rahmen wird immer enger schönredend so gesetzt, dass sich nur noch das lobbymäßig gewollte entwickeln kann. Der Staat hat Angst vor denkenden Bürgern, die nicht Bildungsverdumung und sinnlosen Konsum suchen. Die Kirche hat Angst vor dienen wollenden Getauften, die nicht Geschwätzigkeit, Eitelkeit, Wichtigkeit, Gremien, Applaus der Welt und Show suchen.
Jesus sprach: Ich preise dich, Vater und Herr des Himmels und der Erde, daß du solches den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.