Päpstliches Lob für Vatican Insider


Vatican Insider
Das Schreiben, mit dem Papst Franziskus der Tageszeitung La Stampa und ihrer Nachrichtenplattform Vatican Insider sein Lob ausspricht.

(Rom) Die vati­ka­ni­schen Büro­kra­ten haben im ver­gan­ge­nen Jahr die Jagd auf Info­Va­ti­cana, die größ­te unab­hän­gi­ge, katho­li­sche Nach­rich­ten­platt­form im spa­ni­schen Sprach­raum, auf­ge­nom­men. Angeb­lich weil sie den Vati­kan im Namen führt. Mit einem Schrei­ben von Papst Fran­zis­kus an die mehr­spra­chi­ge Nach­rich­ten­platt­form Vati­can Insi­der lie­fer­te der Vati­kan nun selbst den Beweis, daß es sich dabei nur um einen Vor­wand handelt.

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Das vati­ka­ni­sche Staats­se­kre­ta­ri­at ließ den Betrei­bern von Info­Va­ti­ca­na, spa­ni­schen Berufs­jour­na­li­sten,  im ver­gan­ge­nen Jahr eine Abmah­nung zukom­men. Die Nach­rich­ten­sei­te betrei­be, so der Vor­wurf, durch die Erwäh­nung „Vati­kan“ im Namen einen unlau­te­ren Wett­be­werb durch irre­füh­ren­de Wer­bung. Der Vati­kan meint es ernst. Das Staats­se­kre­ta­ri­at beauf­trag­te Bak­er & McKen­zie, eine der glo­ba­len TOP 10 unter den Anwalts­kanz­lei­en, um gegen Info­Va­ti­ca­na recht­lich vor­zu­ge­hen. Hier wer­de mit Kano­nen auf Spat­zen geschos­sen, mein­ten Gabri­el Ari­za und Fer­nan­do Bel­trán, die Grün­der und Betrei­ber von Info­Va­ti­ca­na.

Logoentwicklung von InfoVaticana seit Ausbruch des Rechtsstreites. Der Zwang zur „Neutralität“eites
Logo­ent­wick­lung von Info­Va­ti­ca­na seit Aus­bruch des Rechts­strei­tes. Der Zwang zur „Neu­tra­li­tät“

Sie sehen den wirk­li­chen Grund des unge­wöhn­li­chen, vati­ka­ni­schen Vor­ge­hens in ihrer Grund­hal­tung und der papst­kri­ti­schen Bericht­erstat­tung. Die unab­hän­gi­ge Platt­form ver­öf­fent­lich­te in der Ver­gan­gen­heit kri­ti­sche Berich­te über bestimm­te Hand­lun­gen und Aus­sa­gen des regie­ren­den Pap­stes, aber auch über spa­ni­sche Bischö­fe, dar­un­ter den von Papst Fran­zis­kus ein­ge­setz­ten Erz­bi­schof von Madrid.

Info­Va­ti­ca­na ist Teil der Medi­en­grup­pe Gru­po Inte­re­co­no­mía (Fern­se­hen, Radio, Inter­net­me­di­en) und ent­stand 2013 als glau­bens- und rom­treu­es Gegen­ge­wicht zur pro­gres­si­ven, teils kir­chen­feind­li­chen Nach­rich­ten­platt­form Reli­gi­on Digi­tal. Bei­de Platt­for­men beschrän­ken sich nicht auf Spa­ni­en, son­dern belie­fern den gesam­ten spa­nisch­spra­chi­gen Raum. Sie üben erheb­li­chen Ein­fluß auf die Mei­nungs­bil­dung in katho­li­schen Krei­sen aus.

Wäh­rend gegen Info­Va­ti­ca­na mit Rechts­an­wäl­ten vor­ge­gan­gen wird, begrüß­te Papst Fran­zis­kus am ver­gan­ge­nen 19. April den Grün­der und Chef­re­dak­teur von Reli­gi­on Digi­tal, den Ex-Prie­ster Josè Manu­el Vidal, und den kir­chen­fer­nen Befrei­ungs­theo­lo­gen und ehe­ma­li­gen Jesui­ten Josè Maria Castil­lo im Vatikan.

Kritische Berichterstattung mundtot machen

Es sei dem­nach die inner­kirch­li­che Aus­rich­tung und die kri­ti­sche Bericht­erstat­tung und nicht der Name, der bestimm­te Krei­se im Vati­kan stö­re. Die­se Behaup­tung der Info­Va­ti­ca­na-Betrei­ber wur­de vom Vati­kan bis­her bestrit­ten, fand aber vor weni­gen Tagen von eben­dort eine indi­rek­te, aber bemer­kens­wer­te Bestätigung.

Info­Va­ti­ca­na mach­te dar­auf auf­merk­sam, daß es all­ge­mei­ne und unbe­an­stan­de­te Gepflo­gen­heit sei, daß Medi­en nach einer bestimm­ten Stadt, Gegend oder Land benannt wer­den, wo sie ihren Sitz haben, oder die einen The­men­schwer­punkt der Bericht­erstat­tung bil­den. Als Bei­spie­le nann­ten sie die New York Times, die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung, die Neue Zür­cher Zei­tung. Die Liste lie­ße sich belie­big fort­set­zen. The­men­schwer­punkt der Bericht­erstat­tung von Info­Va­ti­ca­na sind der Vati­kan und die katho­li­sche Kirche.

Vatican Insider
Vati­can Insider

Zudem wur­de auf­ge­zeigt, daß es zahl­rei­che Medi­en gibt, die in der einen oder ande­ren Form „Vati­kan“ im Namen füh­ren, ohne vom vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­at abge­mahnt oder recht­lich belangt zu wer­den. In die­ser ein­sei­ti­gen Ver­fol­gung sehen die Betrei­ber von Info­Va­ti­ca­na den Beweis, daß die Vor­wür­fe nur ein Vor­wand sei­en, um eine miß­lie­bi­ge Stim­me „zum Schwei­gen zu bringen“.

Die Bestä­ti­gung für die­se The­se lie­fer­te der Vati­kan nun selbst mit einem Schrei­ben von Papst Fran­zis­kus, das – wie in sol­chen Fäl­len üblich – vom Staats­se­kre­ta­ri­at vor­be­rei­tet wur­de. Das nun bekannt­ge­wor­de­ne Schrei­ben datiert vom 5. Mai 2018 und ist an Mau­ri­zio Moli­na­ri gerich­tet, seit 2016 Chef­re­dak­teur der über­re­gio­na­len ita­lie­ni­schen Tages­zei­tung La Stam­pa.

La Stam­pa ist nicht nur publi­zi­sti­scher Aus­druck des libe­ra­len, vor allem Turi­ner Groß­bür­ger­tums, son­dern tra­di­tio­nell auch des ita­lie­ni­schen Juden­tums. Auch Moli­na­ri ist Jude. In der Sache bedeut­sa­mer ist, daß La Stam­pa seit 2011 die Inter­net­pu­bli­ka­ti­on Vati­can Insi­der her­aus­gibt, die – wie Info­Va­ti­ca­na – Infor­ma­tio­nen über den Vati­kan und die Welt­kir­che ver­öf­fent­licht. Koor­di­na­tor von Vati­can Insi­der ist seit der Grün­dung Andrea Tor­ni­el­li, der unter Papst Fran­zis­kus zum päpst­li­chen Haus­va­ti­ka­ni­sten auf­stieg. Sei­ne Bei­trä­ge die­nen Fran­zis­kus häu­fig als direk­tes Sprach­rohr. Tor­ni­el­lis Infor­ma­tio­nen, der frei­en Zugang zum Papst hat, kom­men meist aus erster Hand.

Der Brief von Papst Franziskus

Moli­na­ri wird im päpst­li­chen Schrei­ben weder wegen unlau­te­rem Wett­be­werb durch irre­füh­ren­de Wer­bung abge­mahnt noch wird gegen La Stam­pa wegen Vati­can Insi­der vom vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­at recht­lich vor­ge­gan­gen. Ganz im Gegenteil.

Der Wort­laut des Brie­fes von Papst Fran­zis­kus an Mau­ri­zio Molinari:

Lie­ber Herr Molinari,

In einer Zeit, in der alle reden und Stel­lung neh­men, aber nicht alle bereit sind, zuzu­hö­ren und nach­zu­den­ken, ist die Rol­le der pro­fes­sio­nel­len Infor­ma­ti­on um so nöti­ger. Die sozia­len Medi­en sind heu­te welt­weit ver­brei­te­te Instru­men­te und stel­len den Men­schen eine gro­ße Mög­lich­keit zur Ver­fü­gung. Die­se Ver­viel­fa­chung des Infor­ma­ti­ons­an­ge­bots und der Räu­me im Inter­net machen aber die Rol­le der Berufs­jour­na­li­sten und des Qua­li­täts­jour­na­lis­mus noch wich­ti­ger. Ein Jour­na­lis­mus, der nicht nur der Berufs­ethik ver­pflich­tet ist, indem er eine gute Infor­ma­ti­on zu lie­fern ver­sucht, son­dern es auch ver­steht, im schwie­ri­gen Kon­text, in dem wir leben, eine gute Nach­richt vor­zu­brin­gen: die aus Ver­tie­fung und Ver­gleich besteht, immer mit Respekt vor der Wür­de der Per­so­nen. Eine Infor­ma­ti­on, die nicht in frucht­lo­se Gegen­sät­ze ver­fällt, in Ober­fläch­lich­keit, in Geschwätz.  Eine Infor­ma­ti­on, die sich nicht damit begnügt, nur zu beschrei­ben, was bereits im Schein­wer­fer­licht steht, die nicht die dra­ma­ti­schen Situa­tio­nen ver­gißt, über die nie­mand spricht, und die nicht müde wird, mit dem nöti­gen Fein­ge­fühl und mit Mensch­lich­keit die Geschich­ten der Men­schen zu erzäh­len mit beson­de­rer Auf­merk­sam­keit für die Schutz­lo­sen, die Letz­ten, die Aus­ge­grenz­ten, jene, die kei­ne Macht haben. Eine Infor­ma­ti­on, die imstan­de ist, die Kom­ple­xi­tät der Wirk­lich­keit, in der wir leben, zu erzäh­len, ohne leicht­fer­tig den Scha­blo­nen und der Pro­pa­gan­da nachzugeben.

Ich wün­sche der Tages­zei­tung La Stam­pa, die sich in ihrem äuße­ren Erschei­nungs­bild erneu­ert, und Vati­can Insi­der, die Inter­net­sei­te der Stam­pa, die der reli­giö­sen Infor­ma­ti­on gewid­met ist, ihren Lesern immer eine gute Infor­ma­ti­on und eine gute Nach­richt zu bieten.

Bit­te, ver­ges­sen Sie nicht, für mich zu beten. Möge der Herr Sie seg­nen und die Got­tes­mut­ter Sie behüten.

Brü­der­lich
Franciscus

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: InfoVaticana/​Vatican Insi­der (Screen­shots)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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