(Rom) Papst Franziskus traf sich bei seinem Kolumbien-Besuch mit Jesuiten des Landes, zu denen er auch über Amoris laetitia und die Kritik daran sprach. Dabei handelte es sich weniger um die Antwort an seine Kritiker als vielmehr um eine Befehlsausgabe an seine Ordensbrüder, Amoris laetitia zu verteidigen.
Papstbesuch in Cartagena am Grab des heiligen Petrus Claver
Vom 6. – 11. September hielt sich Papst Franziskus zu einem Besuch in Kolumbien auf. Am 10. September besuchte er die Stadt Cartagena de Indias, Hauptstadt des ehemaligen Staates gleichen Namen und heute des Departamento Bolivar. Der Papst suchte das Grab des heiligen Petrus Claver auf, an dem er länger betete.
Der katalanische Jesuit (1580–1654) wirkte als Priester und Missionar im damaligen, spanischen Vizekönigreich Neu-Granada. Er wird als Patron Kolumbiens und der Menschenrechte verehrt. Sein Hauptaugenmerk galt den Sklaven, die aus Afrika nach Amerika verschleppt wurden. Viele Sklavenschiffe liefen in den Hafen von Cartagena ein, das ein großer Umschlagplatz für Slaven war. Sie versorgte und missionierte er, leistete geistlichen und materiellen Beistand.
Am 9. September, vor 363 Jahren, zwei Tage bevor der Papst nach Cartagena kam, starb Petrus Claver in der Stadt. In der Jesuitenkirche, die ihm geweiht ist, liegt er begraben. Dort fand auch eine Begegnung des Papstes mit 300 Vertretern der von den Jesuiten betreuten schwarzen Bevölkerung statt. Die Nachkommen der Sklaven (auch Mulatten und Afrokolumbianer) machen mehr als ein Drittel der Stadtbevölkerung aus, die insgesamt eine Millionen Einwohner zählt.
„Privates Treffen“ mit kolumbianischen Jesuiten
Im Anschluß daran traf sich Franziskus „in privater Form“ mit einer Vertretung der Jesuiten des Landes, die aus 65 Ordensangehörigen bestand. Papst Franziskus gehört selbst dem Jesuitenorden an.
Die römische Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe über diese nichtöffentliche Begegnung, in der sich Franziskus den Fragen einer Ordensbrüder stellte. Autor ist der Schriftleiter und enge Papst-Vertraute, P. Antonio Spadaro.
Vincente Duran Casas, der an der 1603 vom Jesuitenorden gegründeten Päpstlichen Universität Xaveriana von Bogota Philosophie lehrt, fragte den Papst, was er sich vom philosophischen und theologischen Denken „in einem Land wie dem unseren und in der Kirche generell“ erwarte.
Papst Franziskus warnte vor einem lebensfernen Denken (auszugsweise Wiedergabe):
„Wir haben gesehen, welchen Schaden am Ende die große und brillante Scholastik des Thomas angerichtet hat, als sie verfiel, verfiel, verfiel… Sie wurde zu einer Lehrbuchscholastik, ohne Leben, bloße Idee, und wurde als eine kasuistische Pastoral umgesetzt. Zumindest zu meinen Zeiten wurden wir so ausgebildet… Ich würde sagen, es war doch ziemlich lächerlich, daß der Philosoph Losada, um die metaphysische Kontinuität zu erklären, von den puncta inflata sprach…“
„Daher: Die Philosophie nicht im Labor, sondern im Leben, im Dialog mit der Wirklichkeit.“
Die päpstliche Anweisung an die Jesuiten
Dann kam Franziskus plötzlich auf sein umstrittenes nachsynodales Schreiben Amoris laetitia zu sprechen. Zu dieser Zeit hatte er die Correctio filialis, die Zurechtweisung wegen der Verbreitung von Häresien bereits erhalten. Sie war ihm bereits am 11. August ausgehändigt worden. Erst als die Unterzeichner keine Antwort von Franziskus erhielten, machten sie die Zurechtweisung am 24. September öffentlich bekannt.
Zu den kolumbianischen Jesuiten sagte Franziskus am 10. September:
„Ich nütze diese Frage, um etwas zu sagen, was meines Erachtens der Gerechtigkeit und auch der Liebe wegen gesagt werden muß. Ich höre viele Kommentare – respektable, weil von Kindern Gottes vorgebracht, aber falsche – über das nachsynodale Apostolische Schreiben. Um Amoris laetitia zu verstehen, muß man es vom Anfang bis zum Schluß lesen. Beim ersten Kapitel beginnen, dann mit dem zweiten fortsetzen usw. … und nachdenken. Und lesen, was die Synode gesagt hat.
Zweitens: Einige behaupten, daß hinter Amoris laetitia keine katholische Moral steht oder zumindest keine sichere Moral. Dazu möchte ich mit Klarheit sagen, daß die Moral von Amoris laetitia thomistisch ist, die des großen Thomas. Ihr könnt einen der großen Theologen fragen, einer der besten von heute und der reifsten, den Kardinal Schönborn. Das will ich sagen, damit ihr den Menschen helft, die glauben, daß die Moral reine Kasuistik sei. Helft ihnen, sich bewußt zu werden, daß der große Thomas, der den größten Reichtum besitzt, noch heute fähig ist, uns zu inspirieren. Aber auf den Knien, immer auf den Knien…“
Kardinal Schönborn, „einer der besten und reifsten Theologen von heute“
Kardinal Schönborn spielt im Zusammenhang mit Amoris laetitia tatsächlich eine nicht unbedeutende Rolle.
- Ihm wird nachgesagt die entscheidende zweite Bischofssynode im letzten Augenblick vor dem Scheitern gerettet zu haben. In der Schlußabstimmung im Oktober 2015 erreichte der vom Redaktionskomitee des Papstes vorbereitete Text nicht die nötige Zustimmung der Synode. Der Bruch, der durch die Kirche geht, wäre vor aller Augen sichtbar geworden, und das Pontifikat von Franziskus wäre durch eine Abstimmungsniederlage in der ersten wichtigen Frage wahrscheinlich irreversibel beschädigt worden. In diesem Moment warf Kardinal Schönborn sein diplomatisches Geschick in die Waagschale, um mit einem Kompromiß, die Lage noch zu retten. Selbst dann ging die wiederholte Schlußabstimmung nur hauchdünn aus. Im entscheidenden Punkt gab es nur eine Stimme Mehrheit, jene von Kardinal Gerhard Müller. Damit war das Gesicht des Papstes gerettet worden.
- An Schönborn erteilte Franziskus dann auch den Auftrag, Amoris laetitia, das Ergebnis der Doppelsynode, am 8. April 2016 der Öffentlichkeit vorzustellen. Der Auftrag ging nicht an den Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller, was naheliegender gewesen wäre. Die Positionen der beiden Kardinäle des deutschen Sprachraumes sind in dieser Frage diametral entgegengesetzt. Im Umkehrschluß bedeutet das, daß Franziskus mit der Wahl Schönborns dessen Haltung und Interpretation bevorzugt. Das wird bestätigt durch die Tatsache, daß Franziskus die dringenden Korrekturvorschläge von Kardinal Müller und der Glaubenskongregation zu Amoris laetitia samt und sonders unberücksichtigt ließ. Aus diesen vielen kleinen und größerenGesten lassen sich, trotz des päpstlichen Schweigens, logische Rückschlüsse ziehen.
Bei der Vorstellung sagte Schönborn, daß die Kirche mit diesem Dokument den wiederverheirateten Geschiedenen die Türen zum Kommunionempfang öffne. Gleichzeitig ließ Schönborn die Presse wissen, daß die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene in seinem Erzbistum Wien ohnehin seit 15 Jahren Praxis ist.
Kein Wunder also, daß Franziskus Schönborn und nicht Müller Amoris laetitia vorstellen ließ. Kardinal Müller hatte im Oktober 2013 (Original Tagespost, am 23. Oktober 2013 vom Osservatore Romano übernommen) eine solche Öffnung für unmöglich erklärt:
„Die Barmherzigkeit Gottes ist keine Dispens von den Geboten Gottes und den Weisungen der Kirche. Sie verleiht vielmehr die Kraft der Gnade zu ihrer Erfüllung, zum Wiederaufstehen nach dem Fall und zu einem Leben in Vollkommenheit nach dem Bild des himmlischen Vaters.“
Enthüllung 1: Der päpstliche Auftrag an Erzbischof Bruno Forte
Erzbischof Bruno Forte, Sondersekretär der Synode, sollte wenige Monate später enthüllen, daß ihm Papst Franziskus den Auftrag erteilt hatte, die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedenen im Schlußbericht der Synode bewußt zu verschweigen.
Wörtlich erzählte Erzbischof Forte am 2. Mai 2016:
„Wenn wir ausdrücklich von Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene sprechen, wer weiß, was die uns dann für ein Casino [einen Wirbel] machen. Wir reden deshalb nicht direkt davon. Mach es so, daß die Prämissen gegeben sind, die Schlußfolgerungen ziehe dann ich.“
Forte selbst bezeichnete den päpstlichen Auftrag als
„typisch für einen Jesuiten“.
- Am 16. April 2016, wenige Tage nach der Vorstellung, wollten Journalisten auf dem Rückflug von Lesbos vom Papst wissen, ob Amoris laetitia nun eine Neuerung für wiederverheiratete Geschiedenen gebracht habe oder nicht. Franziskus antwortete auf die Frage:
„Ich könnte sagen Ja und Punkt. Aber das wäre eine zu knappe Antwort. Ich empfehle Euch allen, die Vorstellung zu lesen, die Kardinal Schönborn gemacht hat, der ein großer Theologe ist. Er ist Mitglied der Glaubenskongregation und kennt die Lehre der Kirche gut. In dieser Präsentation wird Ihre Frage eine Antwort finden.“
Die Rechtfertigung, mit der Franziskus die Autorität Schönborns unterstreichen wollte, war eine doppelte Ohrfeige für Kardinal Müller als Glaubenspräfekt. Schönborn war nur Mitglied der Glaubenskongregation, Müller aber deren Kardinalpräfekt.
Enthüllung 2: Schönborns Gütesiegel
- Am vergangenen 13. Juli schilderte Kardinal Schönborn im irischen Limerick, bei einem Vorbereitungstreffen zum Weltfamilientreffen 2018, eine Episode vom 8. April 2016. Gleich nach der Pressekonferenz zur Vorstellung von Amoris laetitia wurde Schönborn von Papst Franziskus empfangen. Dieser habe ihn bei dieser Gelegenheit gefragt, ob Amoris laetitia schon „orthodox“, also rechtgläubig sei, mit der Lehre der Kirche also übereinstimme.
„Ich habe ihm geantwortet: ‚Heiliger Vater, es ist vollkommen orthodox‘.“
Die Rolle von Kardinal Schönborn im Zusammenhang mit Amoris laetitia ist in der Tat ziemlich umfangreich. Auf sein Urteil stützte sich Franziskus am 10. September gegenüber seinen Ordensmitbrüdern in Cartagena wohlwissend, daß führende Kirchenvertreter, an ihrer Spitze der zuständige Glaubenspräfekt, zu jenem Zeitpunkt dazu eine ganz andere Meinung geäußert hatten.
Franziskus‘ überschwengliches Lob für Kasper zeigte, wohin die Reise geht
Noch ein Satz von Franziskus in Cartagena erinnert an eine frühere Aussage:
„Aber auf den Knien, immer auf den Knien…“
Der offizielle Auftakt für die dramatische Krise, in der sich die Kirche heute durch Amoris laetitia befindet, erfolgte durch Kardinal Walter Kasper, als er am 20. Februar 2014 vor dem Kardinalskonsistorium die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten forderte. Auch in diesem Fall war des Franziskus gewesen, der Kasper den Auftrag erteilt hatte, das einzige Einführungsreferat zu halten. Damit war die einseitige Positionierung durch Franziskus gewollt.
Als Kasper die teils heftige Kritik der anderen Kardinäle erntete, eilte ihm Franziskus am Morgen des zweiten Konsistoriumstages zu Hilfe. Unplanmäßig trat der vor die Kardinäle, um Kasper überschwenglich zu loben:
„Das nennt sich, Theologie auf den Knien zu betreiben. Danke. Danke“
Taugt Kardinal Schönborn wirklich als Garant dafür, daß Amoris laetitia „thomistisch“ sei. Die Kritiker des nachsynodalen Schreibens werden sich von einer solchen Begründung kaum beeindrucken lassen, zumal Schönborns Position mit seiner „Gradualitätsthese“ seit der ersten Bischofssynode 2014 bekannt ist.
Wenn Franziskus in Cartagena von „vielen“ Kommentaren zu Amoris laetitia sprach, die zwar von „respektablen“ Personen vorgebracht werden, aber „falsch“ seien, kann er nur seine Kritiker gemeint haben, darunter die Unterzeichner der Correctio, deren ausformulierte Kritik er vier Wochen vorher erhalten hatte.
Der Hinweis des Papstes in Cartagena auf Amoris laetitia war daher keine Antwort an die Kritiker des Dokuments, sondern mehr eine Befehlsausgabe an die anwesenden Jesuiten, Amoris laetitia im Sinne Kaspers und Schönborns, also mit Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene, zu verteidigen und zu vertreten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La Civiltà Cattolica (Screenshots)
Mir fällt auf, dass es wenn sich Papst Franziskus zu Amoris Laetitia äußert, er sich nie direkt zu den häretischen 7 Punkten äußert. Er redet über das Schreiben allgemein, aber nie um die strittigen Punkte.
Als wäre es die Strategie von Papst Franziskus, seine Meinung so oft zu wiederholen, bis alle papsttreuen ihm festen Glauben schenken.
Dabei geht es doch nach wie vor um die 7 Punkte, die sehr gut ausformuliert sind und die er einfach nur beantworten bräuchte. Dann würde Klarheit herrschen. Aber scheinbar war es von Anfang an seine Strategie(wie beim dezidierten Nichterwähnen der Kommunion für Wiederverheiratete), auf Zeit zu spielen, bis die neue, inoffizielle Lehre sich möglichst flächendeckend in die Praxis umsetzen würde.
Mir wäre es um die Zeit zu schade, das ganze päpstliche Schreiben zu lesen und es ist mir nicht vorstellbar, dass sich damit die 7 Punkte die so wie sie sind in korrektem Kontext stehen, im Licht der Tradition oder was auch immer akzeptieren ließen.
Fazit: Er hält die Leute einfach für dumm, spielt auf Zeit und wird bei Kritik nicht konkret, gibt sich nur noch mit seinen Sympathikern ab, der Inhaber des Papstamtes.
So eine Beleidigung und Verzerrung der Scholastik und der Klarheit des Hl. Thomas von Aquin! Wann endet endlich diese Bergoglianische Blendwerk? Veni Sancte Spiritus!
Ich habe den Eindruck, daß wir den Tiefstpunkt der Verwahrlosung, jetzt nicht auf unseren Papst bezogen, noch nicht erreicht haben. Die Ehe für alle ist jedenfalls ein ganz dicker Brocken, den unsere Parlamentarier dem lieben Gott „vor die Füße geworfen haben“.
Alle Schritte, die unser Papst veranlasste, dienten nur dem einen Ziel, der Kommunion für zivil Verheiratete. Das deutete sich bereits bei der ersten Synode an.
Unser Papst ist nicht nur katholisch, sondern auch Sozialist. Beides zusammen! Und Ideologen haben nun einmal ganz andere Maßstäbe. Tatsächlich ist aber der lutheristische „Geist des Konzils“ die Ursache der ganzen Verwirrung.
Das Problem ist nur, daß niemand zugleich katholischer Christ und Sozialist sein kann. Beides schließt sich zu 100% aus. Jede Person muß sich entscheiden: entweder rk Christ oder Sozialist.
„Gleichzeitig ließ Schönborn die Presse wissen, daß die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene in seinem Erzbistum Wien ohnehin seit 15 Jahren Praxis ist.“
Wer das liest, der frägt sich doch, wozu es überhaupt einen Katechismus gibt, eine Glaubenskongregation und Päpste als Oberhirten, wenn Bischöfe nach Belieben schalten und walten können. ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Und man frägt sich, wieso diejenigen, die jetzt ihre Stimme erheben gegen Amoris laetitia angesichts der seit 15 Jahren in Wien vorkommenden Mißstände geschwiegen haben.
Die Frage ist leicht zu beantworten: Weil es Kardinal Schönborn bis dahin nie gesagt hat. Es muss ich also um ein „stilles“ Gewährenlassen handeln, das er in Wien betrieben hat. So wie es sich Franziskus auch denkt.
Die glaubenstreuen Priester machen weiter wie bisher. Die Modernisten spenden nach links und recht die Kommunion und darüber wird nicht ausdrücklich gesprochen. Es wird vom Kardinal geduldet.
Ausgerechnet ein Papst, der aus den Reihen einer intellektuellen Elite, der Societas Jesu kommt, ist dialogunfähig, was soll man davon halten?