Fortschreitende Erdrosselung der alten Messe: Wo steht der Pariser Erzbischof Ulrich?

Frankreich ein Jahr nach Traditionis custodes


Welche Zukunft gibt es für den überlieferten Ritus? Traditionsverbundene Organisationen ziehen nach einem Jahr Traditionis custodes Bilanz.
Welche Zukunft gibt es für den überlieferten Ritus? Traditionsverbundene Organisationen ziehen nach einem Jahr Traditionis custodes Bilanz.

Von einer Katholikin

Anzei­ge

Wel­che Zukunft für die über­lie­fer­te Mes­se? Die­se Fra­ge steht im Zen­trum eines Kol­lo­qui­ums, das am 24. Sep­tem­ber in Paris ein Forum für der über­lie­fer­ten Mes­se ver­bun­de­ne Katho­li­ken bie­tet. Die aktu­el­len Ereig­nis­se auch in Frank­reich zei­gen lei­der gera­de wie­der, wie offen die­se Fra­ge nach wie vor ist.

Ein Jahr nach Traditionis custodes: Zwischen Hoffen und Bangen

Wel­che Aus­wir­kun­gen das Motu pro­prio in Frank­reich bis­lang hat­te, faß­te Côme de Pré­vi­gny ein Jahr danach für Renais­sance catho­li­que zusam­men. Ange­sichts der Bedeu­tung, die die Tra­di­ti­on in Frank­reich hat, reagier­ten vie­le Bischö­fe vor­sich­tig und abwartend.

Ein­la­dung zum Kol­lo­qui­um am 24. September

20% der Prie­ster zele­brier­ten nach dem alten Mis­sa­le, die Jugend­be­we­gun­gen bräch­ten vie­le Beru­fun­gen her­vor und die Wall­fahrt der Tra­di­ti­on von Paris nach Char­tres habe gezeigt, wel­che Kluft zwi­schen den römi­schen Direk­ti­ven und dem Hun­ger der Jugend nach der alten Mes­se besteht.

Die Bischö­fe wich­ti­ger Diö­ze­sen wie Bor­deaux, Lyon, Ver­sailles, Bayon­ne, Nan­terre hät­ten sogar sehr ver­ständ­nis­voll und beru­hi­gend reagiert. Doch das kön­ne nicht über Span­nun­gen vor Ort hin­weg­täu­schen. Zuneh­mend bestehe im Epi­sko­pat die Ten­denz, erzie­he­risch zu wir­ken, indem monat­lich als Sonn­tags­mes­se eine neue Mes­se gefei­ert wer­den soll, damit sich die Gläu­bi­gen dar­an gewöhnen.

Bis­lang sind beson­ders die Diö­ze­sen Dijon, wo die FSSP aus­ge­wie­sen wur­de, und Gre­no­ble Vor­rei­ter in Sachen Repres­si­on. Die größ­te nega­ti­ve Auf­merk­sam­keit erreich­te aller­dings der vor­ma­li­ge Erz­bi­schof von Paris, Michel Aupe­tit, mit der Strei­chung vie­ler Meß­or­te in Paris und der Erschwe­rung der Zelebrationsmöglichkeiten.

Diözese Belley-Ars

Erst am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de wur­de die Abschluß­mes­se der FSSP-Wall­fahrt der Semi­na­ri­sten zu Beginn des neu­en Stu­di­en­jah­res von Pas­cal Roland, Bischof von Bel­ley-Ars, ver­bo­ten.

Sie soll­te in Abspra­che mit dem Pfar­rer in der Basi­li­ka von Ars statt­fin­den. Doch dort ist die alte Mes­se unter­sagt und darf nur in der Kryp­ta ohne Gläu­bi­ge zele­briert wer­den. Das berich­tet Lex Oran­di, und spricht von einer „fort­schrei­ten­den Erdros­se­lung“ der über­lie­fer­ten Mes­se in Frank­reich. In der Diö­ze­se müs­sen Gemein­schaf­ten, die nach dem Mis­sa­le Johan­nes‘ XXIII. fei­ern, am ersten Sonn­tag des Monats die Mes­se nach dem Meß­buch von 2002 in Latein feiern.

Diözese Le Mans

Die Aus­gren­zung der „Katho­li­ken zwei­ter Klas­se“ schrei­tet auch hier vor­an. In sei­ner Diö­ze­se ver­öf­fent­lich­te Bischof Yves Le Saux im Juni 2022 ein Dekret zur Umset­zung von Tra­di­tio­nis cus­to­des, und das kurz vor sei­nem Wech­sel nach Anne­cy Ende August. Prie­ster, die schon nach dem Mis­sa­le von 1962 zele­brie­ren, kön­nen nach schrift­lich erbe­te­ner Erlaub­nis dies wei­ter tun für die Dau­er von zwei Jah­ren. Bedin­gung ist ein schrift­li­ches Bekennt­nis zur Gül­tig­keit der Lit­ur­gie­re­form und zum Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil sowie die Kon­ze­le­bra­ti­on mit dem Bischof ins­be­son­de­re wäh­rend der Chri­sam­mes­se. Das vor­kon­zi­lia­re Ritua­le und ande­re lit­ur­gi­sche Bücher dür­fen nicht ver­wen­det wer­den. Das betrifft die Spen­dung aller Sakra­men­te, ein­schließ­lich der Tau­fe, Fir­mung und Beich­te, sowie die Sakramentalien.

Erzdiözese Paris: Kalter Krieg oder Tauwetter?

Msgr. Lau­rent Ulrich: Wel­che Stra­te­gie gegen­über den Pari­ser Tra­di­tio­na­li­sten? Die­ser Fra­ge geht Paix lit­ur­gi­que in einem Bei­trag vom 9. Sep­tem­ber nach. Lau­rent Ulrich weiß um die Ver­let­zun­gen, die sein Vor­gän­ger Michel Aupe­tit den der alten Mes­se ver­bun­de­nen Gläu­bi­gen zuge­fügt hat, indem er u. a. bedeu­ten­de Meß­stand­or­te aufhob.

Doch die Signa­le, die Bischof Ulrich bis­her aus­ge­sen­det habe, sei­en unein­deu­tig. Einer­seits bezeich­ne er sich als nicht pro­gres­siv, ande­rer­seits habe er sich in einem Inter­view mit La Vie vom 13. Juli 2022 ganz auf der Linie von Tra­di­tio­nis cus­to­des gezeigt. Die der alten Mes­se ver­bun­de­nen Katho­li­ken sol­len die­se noch fei­ern kön­nen, sich aber nach und nach auf die neue Mes­se hin­ent­wickeln. Auf Brie­fe von Grup­pen die­ser Gläu­bi­gen habe er bis­her nicht reagiert. Doch lan­ge wer­de er nicht mehr war­ten dür­fen. Ins­be­son­de­re die drän­gen­de Fra­ge nach der Fir­mung in der über­lie­fer­ten Form müs­se er beantworten.

Ihre Hoff­nung grün­den die Gläu­bi­gen dar­auf, daß Ulrich als Bischof von Lil­le im Zuge von Tra­di­to­nis cus­to­des die Meß­stand­or­te des Insti­tuts Chri­stus König und Hohe­prie­ster redu­zie­ren woll­te, dann aber nach vie­len Gesprä­chen davon absah. Daß er kurz vor sei­nem Weg­gang aus Lil­le dort noch selbst die Fir­mung im über­lie­fer­ten Ritus spen­de­te, wur­de posi­tiv auf­ge­nom­men und unter­schei­det ihn von den Bischö­fen von Le Mans und Gre­no­ble, die nach ihrem Weg­gang „ver­brann­te Erde“ zurück­lie­ßen, wie Lex Oran­di es nennt.

Paix lit­ur­gi­que sieht den Erz­bi­schof vor der Wahl, ent­we­der die Repres­si­on fort­zu­set­zen (Meß­ort­strei­chun­gen bei­be­hal­ten, kei­ne Fir­mung ermög­li­chen, Prie­ster ein­schrän­ken) oder prag­ma­tisch zu han­deln, indem er einer leben­di­gen und Beru­fun­gen för­dern­den Grup­pe von Katho­li­ken ihre Frei­heit läßt.

„Welche Zukunft für die überlieferte Messe?“

Das Kol­lo­qui­um wur­de von Renais­sance catho­li­que orga­ni­siert und unter­stützt von Una Voce, Ore­mus, Paix lit­ur­gi­que, Lex Oran­di und Not­re Dame de Chré­ti­en­té.

Jean-Pierre Mau­gend­re, der Prä­si­dent von Renais­sance catho­li­que und Orga­ni­sa­tor des Kol­lo­qui­ums, beton­te die Bedeu­tung von Dis­kus­si­on und Aus­tausch für die Katho­li­ken der Tra­di­ti­on, die an die­sem Tag mög­lich wer­den: „Tag des Stu­di­ums und der Gebe­te, der Begeg­nun­gen und des Aus­tau­sches, aber auch der Mobi­li­sie­rung für die Ver­tei­di­gung der über­lie­fer­ten römi­schen Mes­se als Gemein­gut der Kirche.“

Denn eines ist schon klar: Auch wenn vie­le Bischö­fe sich noch rela­tiv ruhig ver­hal­ten, ist ein Wachs­tum der über­lie­fer­ten Mes­se außer­halb der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. extrem ein­ge­schränkt. Papst Fran­zis­kus erhöht lang­sam den Druck und zieht die Dau­men­schrau­ben an. Sei­ne regel­mä­ßi­gen Aus­fäl­le gegen den „Indiet­ris­mus“ spre­chen Bän­de. Vor die­sem Hin­ter­grund beginnt das Hof­fen auf bes­se­re Zeiten.

Bild: Renais​sance​ca​tho​li​que​.fr

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!

 




 

2 Kommentare

  1. Einer­seits beschwert man sich über Berg­o­glio, ande­rer­seits aber erkennt man ihn als Papst an, der er ja nicht ist- der Papst ist Bene­dikt XVI., den man nicht will. Was also?
    Also da soll­ten sich ver­schie­de­ne Per­so­nen mal Gedan­ken machen

  2. Mit der nach­kon­zi­lia­ren Mess­fei­er mach­te ich nur posi­ti­ve Erfah­run­gen. Mir per­sön­lich sind auch kei­ne Miss­bräu­che bekannt. Nun gab es ja auch vor dem Triden­ti­num (16.Jh.) lit­ur­gi­sche Mess­for­men, die aus dem Römi­schen Ritus, der sich vor Papst Gre­gor d. Gr. um 600 mehr­fach ver­än­der­te, eben­so z.B. wie­der im 8.Jh. Mit­tel­punkt war immer die Eucha­ri­stie, das Her­ren­mahl. Ich füge einen Link zum Video der Kran­ken­mes­se in Lour­des vom August 2021 ein, der Mgr Michel Aupe­tit vorstand:
    https://​www​.you​tube​.com/​w​a​t​c​h​?​v​=​J​0​R​0​R​8​6​D​thk
    Mes­se d’onc­tion, pèle­ri­na­ge natio­nal le 14/​08/​21 en direct de Lourdes.
    Ab Min. 1:27:1–46 sehen Sie das Brot­bre­chen, was mich sehr berühr­te u. fas­zi­nier­te u. was Sie in der vor­kon­zi­lia­ren Mes­se nicht sehen können.
    Von Min.1:27:58–28:05 u. 1:28:30–45 sehen Sie einen andäch­ti­gen u. ehr­fürch­ti­gen Prie­ster (M. Aupetit).

    Was sei­ne Per­son betrifft: zahl­rei­che, ein­fa­che Gläu­bi­ge trau­ern ihm noch heu­te sehr nach. Ihm als cha­ris­ma­ti­schem Seel­sor­ger u. Pre­di­ger. Der auch für sein Enga­ge­ment für die Kran­ken u. Bedürf­ti­gen bekannt war. Sie kön­nen egal wel­ches Video sei­ner Mes­sen u. Pre­dig­ten anklicken, aber auch ande­re Vide­os, in denen es um ihn geht, so lesen Sie vie­le, vie­le begei­ster­te Kom­men­ta­re. Ein Bei­spiel: Décla­ra­ti­on de Mgr Michel Aupe­tit, 2.Dezember. Auch wer­den sei­ne Got­tes­dienst­vi­de­os immer noch häu­fig auf­ge­ru­fen, so z.B. die Ein­füh­rungs­mes­se vom 6.Januar 2018 u. vie­le andere.
    Er ver­letz­te also offen­bar nicht nur.
    Ja, und der „neue“ Erz­bi­schof von Paris!? Der süß­lich dauerlächelt…
    Dr. Julia­na Bauer

Kommentare sind deaktiviert.