(Rom) Kardinal Angelo Becciu, der Ende September über einen Finanzskandal gestürzt ist, verklagte das italienischen Wochenmagazin L’Espresso auf zehn Millionen Euro Schadenersatz. Die Klage scheint jedoch wenig geeignet, das angeschlagene Ansehen des Kardinals wiederherzustellen.
Kardinal Becciu war bis zum 24. September ein mächtiger Mann an der Römischen Kurie. Er war Präfekt der Heiligsprechungskongregation, Päpstlicher Sonderdelegat beim Souveränen Malteserorden und bis 2018 Substitut am vatikanischen Staatssekretariat. Der einstige Vatikandiplomat ist Komtur der französischen Ehrenlegion und Ritterkreuzträger des Verdienstordens der Republik Italien. An jenem Tag entzog ihm Papst Franziskus, offiziell ohne Nennung von Gründen, alle Ämter. Er beließ ihm nur die Kardinalswürde unter der Bedingung, daß Becciu die damit verbundenen Rechte nicht mehr wahrnimmt. Konkret bedeutet das seinen Ausschluß aus einem künftigen Konklave zur Wahl des nächsten Papstes.
Hintergrund der päpstlichen Maßnahme waren finanzielle Unregelmäßigkeiten mit dem vom Staatssekretariat verwalteten Geld, darunter dem Peterspfennig, im Umfang von mehreren hundert Millionen Euro. Nicht alle sind strafrechtlich relevant, aber nach den Kriterien der Kirche zumindest anrüchig. Dazu gehören auch Vorwürfe der Günstlingswirtschaft und der Verdacht, mit 700.000 Euro an Bestechungsgeld, Aussagen erkauft zu haben, die Kardinal George Pell belasten sollten. Pell, der bis 2017 Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats war und durch seine Ermittlungen die Position Beccius gefährdete, sollte damit ausgeschaltet werden.
In verschiedenen Ermittlungssträngen werden die Verdachtsmomente derzeit von der vatikanischen Staatsanwaltschaft und über Rechtshilfeanträge auch von den Staatsanwaltschaften anderer Länder untersucht.
Papst Franziskus war über die Ermittlungen informiert, da die vatikanische Staatsanwaltschaft bereits im Herbst 2019 Hausdurchsuchungen durchführen und Unterlagen beschlagnahmen ließ. Damals landete auch das Ansuchen auf dem Schreibtisch des Papstes, gegen Kardinal Becciu ermitteln zu dürfen. Gegen Kardinäle dürfen die vatikanischen Strafverfolgungsbehörden und andere kirchliche Organe nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Kirchenoberhauptes vorgehen, das gehört zu den Privilegien der Purpurträger, die ihre herausragende Stellung in der Kirche unterstreichen.
Der Artikel des Espresso vom 24. September schlug in der Öffentlichkeit wie eine Bombe ein, konnte Papst Franziskus aber nicht überraschen. Er zwang ihn allerdings zu raschem Handeln, was er offensichtlich nicht beabsichtigt hatte. Bei gleichem Kenntnisstand, der Espresso berichtete aus Ermittlungsakten, hatte er bereits elf Monate zugewartet. Nachdem die Sache aber öffentlich geworden war, entließ er Becciu noch am selben Tag aus allen Ämtern. Becciu, der seine Unschuld beteuert, wurde davon schwer vor den Kopf gestoßen, hatte er doch dem regierenden Papst mit eiserner Treue gedient.
Mit dieser zeitlichen Abfolge begründet der Kardinal nun seine Klage gegen das Wochenmagazin, die etwas Kurioses an sich hat.
Der Artikel, so Beccius Rechtsanwalt, habe die Entscheidung des Papstes vorweggenommen und „war der Grund für den Rücktrittsantrag“. Gegenüber dem Corriere della Sera begründete der Rechtsanwalt gestern, daß Becciu aus folgenden Gründen zehn Millionen Euro Schadenersatz verlangt:
„Er kann nicht an einem Konklave und nicht an den Versammlungen der Kardinäle teilnehmen, er hat sein Amt beim Souveränen Malteserorden verloren …“
Und als weiteren, vielleicht wichtigsten Grund nannte der Rechtsbeistand:
„Dank seines Lebenslaufes könnte er unter den Papabili sein.“
Als „Papabile“ wird ein Kardinal genannt, der als möglicher Kandidat für das Papstamt gilt. Es scheint jedoch wenig erfolgversprechend, daß Kardinal Becciu ein Wochenmagazin für sein persönliches Unglück verantwortlich machen will. Kurios ist, daß er die entgangene Chance, im künftigen Konklave möglicherweise ein „Papabile“ zu sein, mit zehn Millionen Euro verrechnen will. Damit deutet er selbst an, einen ausgeprägt pekuniären Interessenschwerpunkt zu haben.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
1. Wenn Gott möchte, dass er Papst wird, dann wird er das.
2. Was will ein alter Mann ohne Familie mit 10 Millionen? Hoffentlich alles für eine Priesterausbildung spenden, die Priester heranzieht, die wie der Heilige Pfarrer von Ars sein wollen.
Was das Lebenswichtigste für die Menschheit ist, sind Priester, die Seelen retten wollen.