
(Rom) Für Angelo Kardinal Becciu wird es keinen Weg mehr zurück an die Spitze der römischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse geben. Papst Franziskus ernannte gestern, drei Wochen nach Beccius Entlassung, einen neuen Präfekten und baute zugleich den Kardinalsrat um.
Zum Nachfolger von Becciu, der wegen des Finanzskandals rund um den Kauf von Londoner Luxusimmobilien seines Amtes enthoben wurde, ernannte Franziskus Bischof Marcello Semeraro. Msgr. Semeraro war bisher Bischof von Albano und Sekretär des von Franziskus errichteten C9-Kardinalsrates, der das Kirchenoberhaupt bei der Kurienreform und der Leitung der Weltkirche berät. Semeraro gilt als enger Vertrauter des Papstes.
Zugleich wurde im selben Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes mitgeteilt, daß der päpstliche Vertraute Oscar Rodriguez Maradiaga, der Erzbischof von Tegucigalpa (Honduras) und Vertreter Mittelamerikas im Kardinalsrat, als Koordinator dieses Rates bestätigt wurde.
Bestätigt wurden von Franziskus auch die übrigen fünf verbliebenen Mitglieder des Rates, die Kardinäle O’Malley (Nordamerika), Gracias (Asien), Marx (Europa) sowie der Kurienvertreter Kardinal Bertello und Kardinalstaatssekretär Parolin.
Nachdem Afrika fast zwei Jahre nicht mehr im Kardinalsrat vertreten gewesen war, berief Franziskus den Kapuziner Fridolin Ambongo Kardinal Besungu, Erzbischof von Kinshasa (Kongo), in den Kardinalsrat. Damit bleibt die Vertretung Afrikas mit dem Erzbischofsstuhl von Kinshasa verbunden. Von Frühling 2013 bis Herbst 2018 saß Besungus Vorgänger, Laurent Monsengwo Kardinal Pasinya, für Afrika im Kardinalsrat.
Im nunmehr siebenköpfigen Kardinalsrat sind mit Kardinal Besungu und Kardinal O’Malley zwei Kapuziner vertreten. Kardinal Maradiaga ist Salesianer.
Die Geschichte des am 13. April 2013 von Franziskus errichteten Kardinalsrates verlief zuletzt turbulent. Aus dem ursprünglichen C8-Rat (sieben Vertreter der Erdteile und ein Kurienvertreter) wurde nach einem halben Jahr der C9-Rat. Papst Franziskus berief auch den von ihm neu ernannten Kardinalstaatssekretär in das Gremium. 2017 schrumpfte der Rat zunächst auf acht und im Dezember 2018 auf nur mehr sechs Mitglieder zusammen. Seither war die gesamte Südhalbkugel nicht mehr darin vertreten.
Vakant bleiben auch weiterhin die Vertretungen für Südamerika und Ozeanien (siehe dazu auch Angeschlagener C9-Kardinalsrat in einem angeschlagenen Pontifikat).
Kardinal Francisco Javier Errázuriz Ossa, emeritierter Erzbischof von Santiago de Chile und ehemaliger Vorsitzender der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz sowie Vertrauter von Papst Franziskus, wurde im Dezember 2018 aus dem Kardinalsrat entlassen, nachdem der Fall Barros dem Pontifikat schwer zugesetzt hatte. Zugleich wurde von Franziskus auch Kardinal George Pell seines Amtes enthoben, weil dieser seit Juni 2017 nicht mehr an den Sitzungen teilnehmen konnte. Kardinal Pell war nach Australien zurückgekehrt, um sich wegen der Anklage des sexuellen Mißbrauchs vor Gericht zu verantworten. Er wurde zunächst zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, doch vom Höchstgericht freigesprochen. Inzwischen steht der Verdacht im Raum, daß durch Bestechung aus dem Vatikan heraus falsche Anschuldigungen gegen Pell erkauft wurden.
Durch den im vergangenen April erfolgten Freispruch könnte Kardinal Pell wieder den Platz für Ozeanien einnehmen. Seit dem 30. September hält sich der ehemalige Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats in Rom auf, und wurde am Montag von Papst Franziskus in Privataudienz empfangen. Obwohl das vatikanische Presseamt die Audienz nicht verlautbarte, waren Fotografen und Kameraleute der Vatikanmedien am Ende der Begegnung anwesend. Die Bilder und die Nachricht wurden von ihnen berichtet. Dennoch setzte Franziskus den Kardinal gestern, drei Tage später, nicht wieder als Mitglied des Kardinalsrates ein.
Den Platz von Bischof Semeraro als Sekretär des Kardinalsrates übernimmt Kurienbischof Marco Melino. Melino, der aus dem Bistum Alba in Piemont stammt, war von Franziskus bereits im Oktober 2018 zum beigeordneten Sekretär und Titularbischof von Cresima in der einstigen Kirchenprovinz Karthago (heute Tunesien) ernannt worden.
Msgr. Semeraro war 2004 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof der suburbikarischen Diözese Albano berufen worden. Deren Kardinalbischof ist seit 1994 Angelo Sodano. Der neue Präfekt der Heiligsprechungskongregation kann demnächst mit der Kreierung zum Kardinal rechnen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshot)