Wer will, daß die Schwarze Legende zu Pius XII. fortlebt?

Die New York Times und ihr Verhältnis zur Kirche


Kretzer-.Artikel in The Atlantic gegen Pius XII.
Kertzer-Artikel in The Atlantic gegen Pius XII.

(New York) Mit dem Arti­kel „New Rea­sons to Doubt That Pope During ’40s Sought to Save Jews“ lie­fer­te die New York Times erneut einen Beleg – unab­hän­gig von der Tat­sa­che, daß sie Papst Fran­zis­kus unter­stützt – für ihre anti­ka­tho­li­sche Ausrichtung.

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Der am 28. August ver­öf­fent­lich­te Arti­kel wur­de unter einem ande­ren Titel („Unsea­led Archi­ves Give Fresh Clues to Pope Pius XII’s Respon­se to the Holo­caust“) auch im Internet ver­öf­fent­licht und fin­det sich in einer drit­ten Ver­si­on in spa­ni­scher Spra­che: „Nue­vas pistas de la respue­sta e Pio XII ante el Holo­causto“ in der Tages­zei­tung El País von Mon­te­vi­deo, die mit kei­ner der bei­den eng­li­schen Ver­sio­nen voll­stän­dig iden­tisch ist.

Die 1851 gegrün­de­te New York Times ist nicht nur das Welt­leit­me­di­um des lin­ken Spek­trums, son­dern auch das Medi­en­flagg­schiff des glo­ba­len Estab­lish­ments. Tra­di­ti­on hat auch ihre kir­chen­feind­li­che Hal­tung. Da paßt die Schwar­ze Legen­de, die Papst Pius XII. nach sei­nem Tod ange­dich­tet wur­de, er habe im Zwei­ten Welt­krieg die Juden ihrem Schick­sal über­las­sen. Damit sei­en er und die gan­ze katho­li­sche Kir­che „mit­schul­dig“ am Holocaust.

Die Legen­de wur­de nicht vom deut­schen Dra­ma­ti­ker Rolf Hoch­huth erfun­den, von die­sem aber durch sein Thea­ter­stück „Der Stell­ver­tre­ter“ (1961, urauf­ge­führt 1963) im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes in Sze­ne gesetzt. Die Behaup­tung selbst stamm­te aus der Gift­kü­che des sowje­ti­schen Geheim­dien­stes KGB. Mit die­sem kol­la­bo­riert zu haben oder von die­sem mani­pu­liert wor­den zu sein, bestritt der im Mai ver­stor­be­ne Hoch­huth bis zuletzt.

Seit „Der Stell­ver­tre­ter“ 1963 erst­mals auf die Büh­ne kam, steht Pius XII., des­sen Repu­ta­ti­on bis dahin makel­los war, unter Ankla­ge und mit ihm das angeb­li­che Ver­sa­gen der katho­li­schen Kir­che. Der Vor­wurf paß­te zu gut in das Kli­ma des Kal­ten Krie­ges und des lin­ken Kul­tur­kamp­fes, der 1968 eine unge­ahn­te Dyna­mik erhielt.

Eif­rig wie­der­holt ist die Legen­de ins kol­lek­ti­ve Gedächt­nis ein­ge­gan­gen. Daß ihr Initia­tor Hoch­huth war, wis­sen nur mehr weni­ge. Sie hal­ten sie schlicht­weg für die Wahrheit.

Die Ankla­ge dräng­te die Kir­che als mora­li­sche Auto­ri­tät in die Defen­si­ve. Sie wur­de als Druck­mit­tel ein­ge­setzt, zuletzt gegen Papst Bene­dikt XVI., als er das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren für Pius XII. fort­set­zen woll­te (sie­he dazu auch Pius XII. war ein Hei­li­ger). Als „deut­scher“ Papst zog er es vor, dem insze­nier­ten Geschrei zu wei­chen und das Ver­fah­ren auf Eis zu legen. Statt­des­sen wur­de eine katho­lisch-jüdi­sche Histo­ri­ker­kom­mis­si­on geschaf­fen, in der man sich erstaun­lich schnell annä­her­te. Unter ande­rem wur­de die ver­zer­ren­de Dar­stel­lung von Pius XII. in Yad Vas­hem kor­ri­giert.

Die Bot­schaft der New York Times

Papst Bene­dikt XVI. ließ die Bestän­de des Vati­ka­ni­schen Geheim­ar­chivs vor­ran­gig kata­lo­gi­sie­ren. Die Absicht, ent­ge­gen der kirch­li­chen Pra­xis das Archiv zu Pius XII. vor­zei­tig zu öff­nen, wur­de von Papst Fran­zis­kus Anfang März in die Tat umge­setzt. Der Jüdi­sche Welt­kon­greß bedank­te sich dafür bei ihm. Obwohl dar­in viel zu Pius XII. zu heben wäre, wol­len die weit­aus mei­sten Antrag­stel­ler nur Zugang zu den Bestän­den wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges erhal­ten. Wer die För­der­topf­po­li­tik für den Wis­sen­schafts­be­trieb kennt, erahnt, warum.

Einer war beson­ders schnell und leg­te bereits „Ergeb­nis­se“ vor. Nun da es gesche­hen ist, möch­te man aus­ru­fen: Es war ja klar, daß einer der Erste sein und lie­fern will, was bestimm­te Krei­se ger­ne hören. Gemeint ist einer unter den vie­len For­schern, die der­zeit jeden Stein im Leben des Pap­stes umdre­hen. Einer, der viel­leicht hofft, wie Hoch­huth sei­ner Kar­rie­re einen klei­nen Schubs zu geben.

David Kert­zer von der Uni­ver­si­tät Brown in den USA war­te­te unge­dul­dig auf die Gele­gen­heit, die Archiv­be­stän­de des Vati­kans ein­se­hen zu kön­nen, berich­tet die New York Times. Ver­gan­ge­nen Don­ners­tag ver­öf­fent­lich­te Kert­zer in der Zeit­schrift The Atlan­tic einen Arti­kel, indem er behaup­tet, „neue Doku­men­te“ ent­deckt zu haben, die Pius XII. nicht ent­la­sten wür­den. Es ist aber erst der Arti­kel in der New York Times, die dem Gewicht ver­leiht, was Kert­zer für wich­tig hält. Sie ist das wich­tig­ste Instru­ment, um die KGB/Hoch­huth-Legen­de vom angeb­li­chen päpst­li­chen Makel am Leben zu erhal­ten. Die­se glaub­te man bereits end­gül­tig zu Gra­be getra­gen zu haben, doch es gibt, wie das jüng­ste Bei­spiel zeigt, ein­fluß­rei­che Krei­se, die an ihrem Fort­le­ben Inter­es­se haben (sie­he dazu auch Krupp: Pius XII. ret­te­te mehr Juden als alle ande­ren Staats­män­ner zusam­men).

Anders aus­ge­drückt: Jeder Wis­sen­schaft­ler, der in einem Archiv nach den Kri­te­ri­en sei­ner eige­nen Vor­ur­tei­le forscht, wird irgend­et­was fin­den, was die­se zu stüt­zen scheint.

Die „Qua­li­täts­pres­se“ wie­der­um weiß, wie man mit dem Schmutz­kü­bel schüt­tet, ohne sich sel­ber schmut­zig zu machen. Die New York Times ließ zu die­sem Zweck Matteo Lui­gi Napo­li­ta­no, Pro­fes­sor der Geschich­te an der Uni­ver­si­tät von Moli­se, zu Wort kom­men, der bereits meh­re­re Bücher über Pius XII. ver­faß­te und zu ganz ande­ren Ergeb­nis­sen kam als Kert­zer. Napo­li­ta­no wirft sei­nem Kol­le­gen vor, daß man nicht ein­fach kurz ein­mal in den Vati­kan spa­zie­ren kann, eini­ge weni­ge Tage Akten sich­tet, eini­ge Doku­men­te her­aus­pickt und dann mei­nen­kön­ne, alles zu wis­sen. „So kann man nicht arbeiten.“

Die Schlag­zei­le macht die Musik, und die New York Times stell­te erneut unter Beweis, wie es um ihr Ver­hält­nis zur katho­li­schen Kir­che und der histo­ri­schen Wahr­heit bestellt ist.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: The Atlantic/​NYT (Screen­shots)

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