Das beschnittene Fronleichnamsfest

Coronavirus


2019: Römische Fronleichnamsprozession ohne Papst; 2020: Fronleichnamsfest ohne Prozession.
2019: Römische Fronleichnamsprozession ohne Papst; 2020: Fronleichnamsfest ohne Prozession.

(Rom/​Berlin) Mor­gen ist Fron­leich­nam, ein ganz und gar katho­li­sches Hoch­fest. Doch wegen der Coro­na-Maß­nah­men der Bischö­fe kann es nur ein­ge­schränkt gefei­ert werden.

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Das Hoch­fest Cor­pus Domi­ni, wie das Fron­leich­nams­fest auf Latein heißt, geht auf das Blut­wun­der von Bol­se­na zurück, einer Stadt am gleich­na­mi­gen See, der rund hun­dert Kilo­me­ter nörd­lich von Rom liegt. Petrus, ein deut­scher Prie­ster aus Prag in Böh­men, war von Zwei­feln über die Real­prä­senz Chri­sti unter der Gestalt des Meß­wei­nes gequält. 1263 mach­te er sich auf den Weg nach Rom in der Hoff­nung, dort Ant­wort auf sei­ne Fra­gen zu finden.

In Bol­se­na zele­brier­te er die hei­li­ge Mes­se in der Kir­che, die der früh­christ­li­chen Mär­ty­re­rin Chri­sti­na geweiht ist. Hier erhör­te Gott sei­nen von Zwei­feln gequäl­ten, aber ehr­lich suchen­den Die­ner: Bei der Wand­lung geriet das Blut Chri­sti im Meß­kelch in Wal­lung und trat über den Rand. Trop­fen fie­len auf das Kor­po­ra­le und ver­ur­sach­ten Blut­flecken, die nicht mit Wein­flecken ver­wech­selt wer­den konnten.

Da sich Papst Urban IV. im nahen Orvie­to auf­hielt, eil­te der Prie­ster zu ihm. Er bekann­te die­sem reu­mü­tig sei­ne Zwei­fel und erhielt die Los­spre­chung. Der Papst ließ den Vor­fall durch den Bischof von Orvie­to, den hei­li­gen Tho­mas von Aquin aus dem Domi­ni­ka­ner­or­den und den hei­li­gen Bona­ven­tura aus dem Fran­zis­ka­ner­or­den unter­su­chen. Sie gelang­ten gemein­sam zum Schluß, daß es sich ein­deu­tig um ein ech­tes eucha­ri­sti­sches Wun­der han­delt. Der Papst ließ sich dar­auf das Kor­po­ra­le mit dem Blut Chri­sti brin­gen. Es wird noch heu­te in der Kathe­dra­le von Orvie­to auf­be­wahrt. Auch die vom Blut benetz­te Mar­mor­plat­te in der Kir­che der hl. Chri­sti­na zu Bol­se­na ist noch heu­te zu sehen und wird vom gläu­bi­gen Volk als Reli­quie verehrt.

Der Herr selbst hat­te den Streit jener Zeit um die Real­prä­senz ent­schie­den, indem er ein siche­res Zeug­nis sei­ner rea­len Gegen­wart im kon­se­krier­ten Brot und Wein gab und den Zweif­lern entgegentrat.

Das Blut­wun­der von Bol­se­na war für Urban IV., dem bereits die Visi­on der hei­li­gen Julia­na von Lüt­tich bekannt war, der letz­te ent­schei­den­de Anstoß, 1264 für die gan­ze Kir­che das Fron­leich­nams­fest oder Hoch­fest des Lei­bes und Blu­tes Chri­sti einzuführen.

Das äuße­re Fest will mit pracht­vol­len Pro­zes­sio­nen die Real­prä­senz in der Gesell­schaft sicht­bar machen, die im Lau­fe der Jahr­hun­der­te immer wie­der Pro­ble­me mit die­ser Glau­bens­wahr­heit hat­te. 2020 sind es die Bischö­fe, die das Fron­leich­nams­fest nur unter Ein­schrän­kun­gen erlau­ben. Begrün­det wird das wie­der ein­mal mit dem Coro­na­vi­rus, obwohl die aus­ge­ru­fe­ne Epi­de­mie seit Wochen abge­klun­gen ist und nur mehr Ein­zel­fäl­le auftreten.

Die Unver­hält­nis­mä­ßig­keit läßt sich am Zick-Zack-Kurs der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on WHO aus­sa­ge­kräf­tig nach­zeich­nen. Zuerst wur­den wochen­lang War­nun­gen vor einem neu­en Virus in der Volks­re­pu­blik Chi­na igno­riert, dann wur­de Panik­ma­che betrie­ben. Zuerst wur­de die Mas­ken­pflicht für nutz­los erklärt, dann aber plötz­lich für sinn­voll, und über Nacht muß­ten alle mit einem Stoffet­zen vor Mund und Nase umher­lau­fen. Zuerst wur­de erklärt, daß sym­ptom­lo­se Infi­zier­te, also 90 Pro­zent aller Betrof­fe­nen, für Mit­men­schen genau­so gefähr­lich sei­en, weil sie ande­re mit dem Virus anstecken könn­ten. Am Mon­tag erklär­te die WHO auf einer Pres­se­kon­fe­renz in Genf, daß asym­pto­ma­ti­sche Infi­zier­te kei­ne Über­trä­ger des Virus sind, also auch nie­man­den gefähr­den kön­nen. Damit ist der gesam­te „Lock­down“, den die mei­sten Regie­run­gen ver­hängt haben, wie ein Kar­ten­haus in sich zusam­men­ge­bro­chen, wird aber von den regie­rungs­na­hen Medi­en verschwiegen.

Die Bischö­fe woll­ten in der gan­zen Sache um nichts nach­ste­hen und eil­ten den Regie­run­gen voll Eifer hin­ter­her, als die­se im ver­gan­ge­nen März auf den Coro­na-Zug auf­spran­gen. Akzep­ta­ble, teils ver­nünf­ti­ge Maß­nah­men wur­den mit unver­ständ­li­chen und unver­hält­nis­mä­ßi­gen Schi­ka­nen durch­mischt. Ein unfaß­ba­rer Skan­dal bleibt die aus heu­ti­ger Sicht unge­recht­fer­tig­te, wochen­lan­ge Aus­sper­rung der Gläu­bi­gen von der hei­li­gen Mes­se und den Sakramenten.

Die beson­de­re Tra­gik an die­sem histo­risch bei­spiel­lo­sen Vor­ge­hen wird noch dadurch erhöht, daß den mei­sten Bischö­fen die­ser Schritt weder Schmerz noch Kum­mer berei­tet zu haben scheint.

Selbst als die Aus­sper­rung auf­ge­ho­ben wur­de, gab es von den Bischö­fen vor allem eines: Ein Doku­ment in Büro­kra­ten­deutsch, das über lan­ge Strecken den Ein­druck minu­ti­ös aus­ge­tüf­tel­ter Schi­ka­nen ver­mit­telt, die mit der Wirk­lich­keit nichts zu tun haben. In kei­nem Land kam es nach der Rück­nah­me von Coro­na-Maß­nah­men zu einem „Rück­fall“, obwohl die­ser von Mini­stern und Medi­en laut­stark her­bei­ge­re­det wur­de, um die umstrit­te­nen Maß­nah­men zu recht­fer­ti­gen. Die Epi­de­mie – ob es eine sol­che war, wird die Fach­welt zu klä­ren haben (renom­mier­te Ärz­te und Fach­leu­te ver­glei­chen das Coro­na­vi­rus mit einer star­ken Grip­pe­wel­le) – ist bereits Ver­gan­gen­heit, was in den Staats­kanz­lei­en und bischöf­li­chen Palais aller­dings noch nicht ange­kom­men zu sein scheint. Man kann nur eine selt­sam anmu­ten­de Taub­heit konstatieren.

Gera­de den Bischö­fen stün­de es an, da die Regie­ren­den dazu nicht fähig schei­nen, eine Geste der Demut zu set­zen und sich bei den Gläu­bi­gen zu ent­schul­di­gen. Sie könn­ten sagen, von einem Panik erzeu­gen­den Medi­en­rum­mel mit­ge­ris­sen wor­den zu sein und sich auf die Infor­ma­tio­nen aus den Staats­kanz­lei­en ver­las­sen zu haben. Aber, Gott sei Dank, haben sich die­se Infor­ma­tio­nen als falsch erwie­sen, was künf­tig zu grö­ße­rer Zurück­hal­tung und genaue­rer Prü­fung gemah­nen müs­se. Die Men­schen wür­den ihnen alle Unbill, die sie durch sie ertra­gen muß­ten, dann ger­ne nachsehen.

Wer­den die Bischö­fe das tun? Oder wer­den sie wei­ter­hin an der Sei­te der Regie­ren­den hoch zu Roß und mit noch höher getra­ge­ner Nase ins Abend­rot reiten?

Danach sieht es aus, wie die Ein­schrän­kun­gen für Fron­leich­nam zei­gen. Die untrenn­bar mit dem Fest ver­bun­de­nen öffent­li­chen Pro­zes­sio­nen wur­den von den Bischö­fen unter­sagt. Nur kur­ze Umgän­ge bis vor die Kir­chen­tür und wie­der zurück, oder am besten ganz in der Kir­che, sol­len statt­fin­den. So wie Papst Fran­zis­kus seit sei­ner Wahl die päpst­li­che Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie unsicht­bar macht, so machen die Bischö­fe das Fron­leich­nams­fest für die Öffent­lich­keit unsichtbar.

Pro­zes­sio­nen fal­len unter öffent­li­che Kund­ge­bun­gen, sie sind daher in den Län­dern des deut­schen Sprach­raums nicht ver­bo­ten. Die Staa­ten machen kei­ne grund­sätz­li­chen Hin­de­rungs­grün­de gel­tend. Es sind die Bischö­fe, die sich lie­ber hin­ter den Mau­ern ihrer Resi­den­zen ein­zu­bun­kern schei­nen. Die­ses epi­skopa­le Dilem­ma, an dem die Gläu­bi­gen der­zeit zu lei­den haben, wird vor allem in Ita­li­en sicht­bar. Dort dür­fen zwar – allen Coro­na-Maß­nah­men zum Trotz – Anti-Ras­sis­mus-Groß­kund­ge­bun­gen statt­fin­den, die von Black Lives Mat­ter und Umfeld orga­ni­siert wer­den, einer Polit-Lob­by an der Lei­ne eini­ger bekann­ter US-Mil­li­ar­dä­re (Geor­ge Sor­os, Ford Foun­da­ti­on, Kellog Foun­da­ti­on). Fron­leich­nams­pro­zes­sio­nen dür­fen aber nicht abge­hal­ten wer­den, obwohl bei ihnen die Sicher­heits­auf­la­gen ein­ge­hal­ten wür­den. Ist Coro­na viel­leicht gar ein ideo­lo­gi­sches Virus, das bei den „Fal­schen“ zuschlägt, nicht aber bei den „Rich­ti­gen“? Die „Rich­ti­gen“ sind offen­bar die Anti­fa-Ran­da­lie­rer, die in die­sen Tagen die Städ­te unsi­cher gemacht haben. Die „Rich­ti­gen“ sind wohl auch die Anhän­ger der poli­ti­schen Lin­ken, die am 25. April in Ita­li­en den „Sieg über den Nazi­fa­schis­mus“ gefei­ert haben. Kaum jemand trug da wie dort eine Gesichts­mas­ke, alle stan­den eng bei­ein­an­der und Teil­neh­mer­zah­len wur­den ohne­hin nicht ein­ge­hal­ten. Meh­re­re Prie­ster wur­den aber mit Buß­gel­dern bestraft, weil sie das Aller­hei­lig­ste vor die Kir­che und in die Stra­ßen tru­gen, um ihre Pfar­rei, die Men­schen und das Land damit zu seg­nen. Offen­bar ist die Durch­set­zung der Coro­na-Maß­nah­men auch eine Fra­ge der „rich­ti­gen“ Gesinnung.

„Fakt ist, daß man die Schuld nicht ein­mal einer Chri­sten ver­fol­gen­den Regie­rung geben kann, weil es kei­nen Zwang von oben gibt. Es sind die Bischö­fe, die sich in die­sen Tagen nicht gerührt haben, um das Her­aus­tre­ten der Bal­da­chi­ne vor die Kir­chen mög­lich zu machen“, kom­men­tier­te die katho­li­sche Online-Zei­tung La Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na das Ver­hal­ten der ita­lie­ni­schen Bischöfe.

Die Bischö­fe, auf der Apen­ni­nen­halb­in­sel oder nörd­lich der Alpen, war­ten wie gebannt auf eine „aller­gnä­dig­ste“, offi­zi­el­le Geneh­mi­gung ihrer jewei­li­gen Regie­rung. Wenn sich die Kir­che aber selbst nicht um ihre Ange­le­gen­hei­ten küm­mert, was will sie dann von der Poli­tik erwarten?

Die Frei­heit der Kir­che rührt nicht von irgend­ei­nem Staats­ge­setz her, son­dern von Gott, wie ihr der Phi­lo­soph und Sozi­al­ethi­ker Ste­fa­no Fon­ta­na in Erin­ne­rung rief. Der Kir­che obliegt es, dies auch gegen­über dem Staat klarzustellen.

Die ent­stan­de­ne Schief­la­ge ist irgend­wie ver­gleich­bar mit dem klein­ka­rier­ten Vor­ge­hen der schwarz-grü­nen öster­rei­chi­schen Bun­des­re­gie­rung, die ab 16. Juni die Gren­zen zu allen EU- und EFTA-Staa­ten öff­net und den unge­hin­der­ten Rei­se­ver­kehr erlaubt, nicht aber zu Schwe­den. Stra­fe muß offen­bar sein für jene, die es wagen aus der Rei­he zu tan­zen, und das auch noch erfolg­reich. Schwe­den ist der ein­zi­ge EU-Mit­glieds­staat, der das öffent­li­che Leben nicht mit schwer­wie­gen­den Fol­gen her­un­ter­ge­fah­ren hat. Heu­te steht Schwe­den bes­ser da als Ita­li­en, Spa­ni­en, Groß­bri­tan­ni­en und vor allem Bel­gi­en und liegt gleich­auf mit Frank­reich. Doch das küm­mert die Regie­rung in Wien nicht. Sie will ein Exem­pel statuieren.

2020 wird es also nur ver­ein­zelt Fron­leich­nams­pro­zes­sio­nen geben. Papst Fran­zis­kus leg­te bereits in den ver­gan­ge­nen Jah­ren wenig Wert auf die­se Pro­zes­si­on. Liegt es dar­an, daß es ein „zu“ katho­li­sches Fest ist, das bereits 250 Jah­re vor der luthe­ri­schen Revo­lu­ti­on in einem zen­tra­len Punkt, dem Eucha­ri­stie­ver­ständ­nis, die Ant­wort vorwegnahm?

Wie dem auch sei: Tat­sa­che ist, daß Fran­zis­kus an der römi­schen Pro­zes­si­on fak­tisch nie teil­nahm und sich ihr im ver­gan­ge­nen Jahr ganz ent­zog. 2020 wird sie nun den Gläu­bi­gen entzogen.

Sie­he dazu: Papst Fran­zis­kus und die römi­sche Fron­leich­nams­pro­zes­si­on – Ein schwie­ri­ges Ver­hält­nis.

Und: „Die erste Mon­stranz war eine Krip­pe“ – Pre­digt von Dom Jean Pateau, Abt von Font­gom­bau­lt, zum Hoch­fest Fronleichnam

Bild: Vul­tus Domini/​MiL

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1 Kommentar

  1. Mir fällt auf, dass sei­tens katho­li­scher Geist­li­cher gegen­über der Öffent­lich­keit eine gewis­se Umdeu­tung des Festes vor­ge­nom­men wird.

    So wird nicht mehr so sehr auf die Real­prä­senz Jesu Chri­sti in der kon­se­krier­ten ( = gewan­del­ten ) Hostie abge­stellt, die an Fron­leich­nam fei­er­lich in einer Mon­stranz durch die Stra­ßen getra­gen und öffent­lich von den Gläu­bi­gen Katho­li­ken ver­ehrt wird.

    Nein, seit Fron­leich­nam vor einem Jahr höre ich bereits zum wie­der­hol­ten Male, wir Gläu­bi­ge soll­ten leben­di­ge Mon­stranz sein, die den Herrn in uns in die Welt hin­aus tra­gen sollen.

    Erst­mals hör­te ich das an Fron­leich­nam vor einem Jahr von unse­rem Gemein­de­pfar­rer, sodann die­ses Jahr u.a. im Fron­leich­nams-Got­tes­dienst aus Köln von Kar­di­nal Woel­ki und heu­te auch von dem Pfar­rer im ZDF-Fern­seh­got­tes­dienst aus Bensheim.

    Falsch ist die­ses Bild ja nicht, aber das ist halt nur ein Aspekt jedoch nicht der eigent­li­che Sinn von Fron­leich­nam, nicht wahr?

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