(Rom/Berlin) Morgen ist Fronleichnam, ein ganz und gar katholisches Hochfest. Doch wegen der Corona-Maßnahmen der Bischöfe kann es nur eingeschränkt gefeiert werden.
Das Hochfest Corpus Domini, wie das Fronleichnamsfest auf Latein heißt, geht auf das Blutwunder von Bolsena zurück, einer Stadt am gleichnamigen See, der rund hundert Kilometer nördlich von Rom liegt. Petrus, ein deutscher Priester aus Prag in Böhmen, war von Zweifeln über die Realpräsenz Christi unter der Gestalt des Meßweines gequält. 1263 machte er sich auf den Weg nach Rom in der Hoffnung, dort Antwort auf seine Fragen zu finden.
In Bolsena zelebrierte er die heilige Messe in der Kirche, die der frühchristlichen Märtyrerin Christina geweiht ist. Hier erhörte Gott seinen von Zweifeln gequälten, aber ehrlich suchenden Diener: Bei der Wandlung geriet das Blut Christi im Meßkelch in Wallung und trat über den Rand. Tropfen fielen auf das Korporale und verursachten Blutflecken, die nicht mit Weinflecken verwechselt werden konnten.
Da sich Papst Urban IV. im nahen Orvieto aufhielt, eilte der Priester zu ihm. Er bekannte diesem reumütig seine Zweifel und erhielt die Lossprechung. Der Papst ließ den Vorfall durch den Bischof von Orvieto, den heiligen Thomas von Aquin aus dem Dominikanerorden und den heiligen Bonaventura aus dem Franziskanerorden untersuchen. Sie gelangten gemeinsam zum Schluß, daß es sich eindeutig um ein echtes eucharistisches Wunder handelt. Der Papst ließ sich darauf das Korporale mit dem Blut Christi bringen. Es wird noch heute in der Kathedrale von Orvieto aufbewahrt. Auch die vom Blut benetzte Marmorplatte in der Kirche der hl. Christina zu Bolsena ist noch heute zu sehen und wird vom gläubigen Volk als Reliquie verehrt.
Der Herr selbst hatte den Streit jener Zeit um die Realpräsenz entschieden, indem er ein sicheres Zeugnis seiner realen Gegenwart im konsekrierten Brot und Wein gab und den Zweiflern entgegentrat.
Das Blutwunder von Bolsena war für Urban IV., dem bereits die Vision der heiligen Juliana von Lüttich bekannt war, der letzte entscheidende Anstoß, 1264 für die ganze Kirche das Fronleichnamsfest oder Hochfest des Leibes und Blutes Christi einzuführen.
Das äußere Fest will mit prachtvollen Prozessionen die Realpräsenz in der Gesellschaft sichtbar machen, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Probleme mit dieser Glaubenswahrheit hatte. 2020 sind es die Bischöfe, die das Fronleichnamsfest nur unter Einschränkungen erlauben. Begründet wird das wieder einmal mit dem Coronavirus, obwohl die ausgerufene Epidemie seit Wochen abgeklungen ist und nur mehr Einzelfälle auftreten.
Die Unverhältnismäßigkeit läßt sich am Zick-Zack-Kurs der Weltgesundheitsorganisation WHO aussagekräftig nachzeichnen. Zuerst wurden wochenlang Warnungen vor einem neuen Virus in der Volksrepublik China ignoriert, dann wurde Panikmache betrieben. Zuerst wurde die Maskenpflicht für nutzlos erklärt, dann aber plötzlich für sinnvoll, und über Nacht mußten alle mit einem Stoffetzen vor Mund und Nase umherlaufen. Zuerst wurde erklärt, daß symptomlose Infizierte, also 90 Prozent aller Betroffenen, für Mitmenschen genauso gefährlich seien, weil sie andere mit dem Virus anstecken könnten. Am Montag erklärte die WHO auf einer Pressekonferenz in Genf, daß asymptomatische Infizierte keine Überträger des Virus sind, also auch niemanden gefährden können. Damit ist der gesamte „Lockdown“, den die meisten Regierungen verhängt haben, wie ein Kartenhaus in sich zusammengebrochen, wird aber von den regierungsnahen Medien verschwiegen.
Die Bischöfe wollten in der ganzen Sache um nichts nachstehen und eilten den Regierungen voll Eifer hinterher, als diese im vergangenen März auf den Corona-Zug aufsprangen. Akzeptable, teils vernünftige Maßnahmen wurden mit unverständlichen und unverhältnismäßigen Schikanen durchmischt. Ein unfaßbarer Skandal bleibt die aus heutiger Sicht ungerechtfertigte, wochenlange Aussperrung der Gläubigen von der heiligen Messe und den Sakramenten.
Die besondere Tragik an diesem historisch beispiellosen Vorgehen wird noch dadurch erhöht, daß den meisten Bischöfen dieser Schritt weder Schmerz noch Kummer bereitet zu haben scheint.
Selbst als die Aussperrung aufgehoben wurde, gab es von den Bischöfen vor allem eines: Ein Dokument in Bürokratendeutsch, das über lange Strecken den Eindruck minutiös ausgetüftelter Schikanen vermittelt, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. In keinem Land kam es nach der Rücknahme von Corona-Maßnahmen zu einem „Rückfall“, obwohl dieser von Ministern und Medien lautstark herbeigeredet wurde, um die umstrittenen Maßnahmen zu rechtfertigen. Die Epidemie – ob es eine solche war, wird die Fachwelt zu klären haben (renommierte Ärzte und Fachleute vergleichen das Coronavirus mit einer starken Grippewelle) – ist bereits Vergangenheit, was in den Staatskanzleien und bischöflichen Palais allerdings noch nicht angekommen zu sein scheint. Man kann nur eine seltsam anmutende Taubheit konstatieren.
Gerade den Bischöfen stünde es an, da die Regierenden dazu nicht fähig scheinen, eine Geste der Demut zu setzen und sich bei den Gläubigen zu entschuldigen. Sie könnten sagen, von einem Panik erzeugenden Medienrummel mitgerissen worden zu sein und sich auf die Informationen aus den Staatskanzleien verlassen zu haben. Aber, Gott sei Dank, haben sich diese Informationen als falsch erwiesen, was künftig zu größerer Zurückhaltung und genauerer Prüfung gemahnen müsse. Die Menschen würden ihnen alle Unbill, die sie durch sie ertragen mußten, dann gerne nachsehen.
Werden die Bischöfe das tun? Oder werden sie weiterhin an der Seite der Regierenden hoch zu Roß und mit noch höher getragener Nase ins Abendrot reiten?
Danach sieht es aus, wie die Einschränkungen für Fronleichnam zeigen. Die untrennbar mit dem Fest verbundenen öffentlichen Prozessionen wurden von den Bischöfen untersagt. Nur kurze Umgänge bis vor die Kirchentür und wieder zurück, oder am besten ganz in der Kirche, sollen stattfinden. So wie Papst Franziskus seit seiner Wahl die päpstliche Gründonnerstagsliturgie unsichtbar macht, so machen die Bischöfe das Fronleichnamsfest für die Öffentlichkeit unsichtbar.
Prozessionen fallen unter öffentliche Kundgebungen, sie sind daher in den Ländern des deutschen Sprachraums nicht verboten. Die Staaten machen keine grundsätzlichen Hinderungsgründe geltend. Es sind die Bischöfe, die sich lieber hinter den Mauern ihrer Residenzen einzubunkern scheinen. Dieses episkopale Dilemma, an dem die Gläubigen derzeit zu leiden haben, wird vor allem in Italien sichtbar. Dort dürfen zwar – allen Corona-Maßnahmen zum Trotz – Anti-Rassismus-Großkundgebungen stattfinden, die von Black Lives Matter und Umfeld organisiert werden, einer Polit-Lobby an der Leine einiger bekannter US-Milliardäre (George Soros, Ford Foundation, Kellog Foundation). Fronleichnamsprozessionen dürfen aber nicht abgehalten werden, obwohl bei ihnen die Sicherheitsauflagen eingehalten würden. Ist Corona vielleicht gar ein ideologisches Virus, das bei den „Falschen“ zuschlägt, nicht aber bei den „Richtigen“? Die „Richtigen“ sind offenbar die Antifa-Randalierer, die in diesen Tagen die Städte unsicher gemacht haben. Die „Richtigen“ sind wohl auch die Anhänger der politischen Linken, die am 25. April in Italien den „Sieg über den Nazifaschismus“ gefeiert haben. Kaum jemand trug da wie dort eine Gesichtsmaske, alle standen eng beieinander und Teilnehmerzahlen wurden ohnehin nicht eingehalten. Mehrere Priester wurden aber mit Bußgeldern bestraft, weil sie das Allerheiligste vor die Kirche und in die Straßen trugen, um ihre Pfarrei, die Menschen und das Land damit zu segnen. Offenbar ist die Durchsetzung der Corona-Maßnahmen auch eine Frage der „richtigen“ Gesinnung.
„Fakt ist, daß man die Schuld nicht einmal einer Christen verfolgenden Regierung geben kann, weil es keinen Zwang von oben gibt. Es sind die Bischöfe, die sich in diesen Tagen nicht gerührt haben, um das Heraustreten der Baldachine vor die Kirchen möglich zu machen“, kommentierte die katholische Online-Zeitung La Nuova Bussola Quotidiana das Verhalten der italienischen Bischöfe.
Die Bischöfe, auf der Apenninenhalbinsel oder nördlich der Alpen, warten wie gebannt auf eine „allergnädigste“, offizielle Genehmigung ihrer jeweiligen Regierung. Wenn sich die Kirche aber selbst nicht um ihre Angelegenheiten kümmert, was will sie dann von der Politik erwarten?
Die Freiheit der Kirche rührt nicht von irgendeinem Staatsgesetz her, sondern von Gott, wie ihr der Philosoph und Sozialethiker Stefano Fontana in Erinnerung rief. Der Kirche obliegt es, dies auch gegenüber dem Staat klarzustellen.
Die entstandene Schieflage ist irgendwie vergleichbar mit dem kleinkarierten Vorgehen der schwarz-grünen österreichischen Bundesregierung, die ab 16. Juni die Grenzen zu allen EU- und EFTA-Staaten öffnet und den ungehinderten Reiseverkehr erlaubt, nicht aber zu Schweden. Strafe muß offenbar sein für jene, die es wagen aus der Reihe zu tanzen, und das auch noch erfolgreich. Schweden ist der einzige EU-Mitgliedsstaat, der das öffentliche Leben nicht mit schwerwiegenden Folgen heruntergefahren hat. Heute steht Schweden besser da als Italien, Spanien, Großbritannien und vor allem Belgien und liegt gleichauf mit Frankreich. Doch das kümmert die Regierung in Wien nicht. Sie will ein Exempel statuieren.
2020 wird es also nur vereinzelt Fronleichnamsprozessionen geben. Papst Franziskus legte bereits in den vergangenen Jahren wenig Wert auf diese Prozession. Liegt es daran, daß es ein „zu“ katholisches Fest ist, das bereits 250 Jahre vor der lutherischen Revolution in einem zentralen Punkt, dem Eucharistieverständnis, die Antwort vorwegnahm?
Wie dem auch sei: Tatsache ist, daß Franziskus an der römischen Prozession faktisch nie teilnahm und sich ihr im vergangenen Jahr ganz entzog. 2020 wird sie nun den Gläubigen entzogen.
Siehe dazu: Papst Franziskus und die römische Fronleichnamsprozession – Ein schwieriges Verhältnis.
Bild: Vultus Domini/MiL
Mir fällt auf, dass seitens katholischer Geistlicher gegenüber der Öffentlichkeit eine gewisse Umdeutung des Festes vorgenommen wird.
So wird nicht mehr so sehr auf die Realpräsenz Jesu Christi in der konsekrierten ( = gewandelten ) Hostie abgestellt, die an Fronleichnam feierlich in einer Monstranz durch die Straßen getragen und öffentlich von den Gläubigen Katholiken verehrt wird.
Nein, seit Fronleichnam vor einem Jahr höre ich bereits zum wiederholten Male, wir Gläubige sollten lebendige Monstranz sein, die den Herrn in uns in die Welt hinaus tragen sollen.
Erstmals hörte ich das an Fronleichnam vor einem Jahr von unserem Gemeindepfarrer, sodann dieses Jahr u.a. im Fronleichnams-Gottesdienst aus Köln von Kardinal Woelki und heute auch von dem Pfarrer im ZDF-Fernsehgottesdienst aus Bensheim.
Falsch ist dieses Bild ja nicht, aber das ist halt nur ein Aspekt jedoch nicht der eigentliche Sinn von Fronleichnam, nicht wahr?