„Die besten Söhne und Diener der Kirche werden geopfert“ – Der Fall von Erzbischof Lenga

Maulkorb für einen unvorsichtigen Bekenner


Erzbischof ad personam Jan Pawel Lenga, emeritierter Bischof von Karaganda.
Erzbischof ad personam Jan Pawel Lenga, emeritierter Bischof von Karaganda.

(War­schau) Mit einem Maul­korb reagiert die Pol­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz auf die Papst­kri­tik von Msgr. Jan Pawel Len­ga, der bis 2011 Erz­bi­schof von Kara­gan­da in Kasach­stan war. Erz­bi­schof Len­ga ist Pole, er gehört dem in Polen und Litau­en ent­stan­de­nen Orden der Regu­lar­kle­ri­ker Maria­ner von der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis der aller­se­lig­sten Jung­frau Maria an. Nach sei­ner Eme­ri­tie­rung kehr­te er in sei­ne Hei­mat zurück, wo die Bischö­fe wenig Freu­de mit ihrem Mit­bru­der haben, weil er sei­ne Kri­tik an Aus­sa­gen, Hand­lun­gen und Unter­las­sun­gen von Papst Fran­zis­kus öffent­lich äußer­te und zuletzt in einem lan­gen Inter­view zuspitz­te. Damit bot er die Gele­gen­heit, gegen ihn vor­ge­hen zu kön­nen, was auch prompt geschah. Gegen ihn wur­de ver­gan­ge­ne Woche ein Pre­digt- und Zele­bra­ti­ons­ver­bot in ganz Polen ver­hängt. Eine außer­ge­wöhn­lich schar­fe Maßnahme.

Anzei­ge

Den Maul­korb ver­paß­te ihm der Bischof von Wlo­cla­wek, Msgr. Wies­law Mering. In des­sen Bis­tum befin­det das Mari­en­hei­lig­tum Unse­rer Lie­ben Frau von Lichen, das von den Maria­nern betreut wird, dem Orden, dem Erz­bi­schof Len­ga ange­hört. 1994 wur­de mit dem Bau der heu­ti­gen Basi­li­ka zu Ehren der Got­tes­mut­ter begon­nen, der 2004 fer­tig­ge­stellt wer­den konnte. 

Im Untergrund zur Sowjetzeit

Len­ga, der 1950 als Sohn einer pol­ni­schen Fami­lie im Westen der Ukrai­ni­schen Sozia­li­sti­schen Sowjet­re­pu­blik gebo­ren wur­de, ging zu Sowjet­zei­ten 1974 in die Let­ti­sche Sozia­li­sti­sche Sowjet­re­pu­blik, als er die Beru­fung zum Prie­ster­tum ver­spür­te. Dort arbei­te­te er als Eisen­bahn­ar­bei­ter, wäh­rend er sich geheim mit einem Maria­ner­pa­ter traf, der ihn unter­rich­te­te. Das war sein Ordens­no­vi­zi­at. Anschlie­ßend wech­sel­te er in die Litaui­sche Sozia­li­sti­sche Sowjet­re­pu­blik, wo es in Kau­nas eines der zwei gehei­men Prie­ster­se­mi­na­re der Sowjet­uni­on gab. Wäh­rend die­ser Zeit arbei­te­te er in einem Muse­um und besuch­te ins­ge­heim das Prie­ster­se­mi­nar. Am 28. Mai 1980 wur­de er von Erz­bi­schof Vin­cen­tas Slad­ke­viči­us geheim und mit­ten in der Nacht zum Prie­ster geweiht. Msgr. Slad­ke­viči­us war 1957 von Papst Pius XII. zum Weih­bi­schof von Kau­nas ernannt wor­den. Als Erz­bi­schof Teofi­lus Matu­lio­nis 1963 starb, trat er fak­tisch sei­ne Nach­fol­ge an, konn­te sein Amt aber lang Zeit kaum aus­üben, weil ihn die kom­mu­ni­sti­schen Macht­ha­ber bis 1982 unter Haus­ar­rest stell­ten. Papst Johan­nes Paul II. kre­ierte ihn 1988 aner­ken­nend zum Kar­di­nal und erhob ihn 1989 auch offi­zi­ell zum Erz­bi­schof von Kaunas.

Weni­ge Mona­te nach sei­ner Prie­ster­wei­he wur­de P. Len­ga von sei­nen Obe­ren in die Tadschi­ki­sche Sozia­li­sti­sche Sowjet­re­pu­blik geschickt. In Zen­tral­asi­en leb­ten seit den gro­ßen Depor­ta­tio­nen unter Sta­lin zahl­rei­che Katho­li­ken, Polen, Deut­sche, Litau­er, Ukrai­ner. Der sowje­ti­sche Geheim­dienst KGB wur­de jedoch auf den jun­gen Prie­ster auf­merk­sam. Man konn­te ihm zwar nichts nach­wei­sen, hat­te ihn aber im Ver­dacht, und das genüg­te, um gegen ihn ein Auf­ent­halts­ver­bot aus­zu­spre­chen. So ging P. Len­ga 1981 in die benach­bar­te Kasa­chi­sche Sozia­li­sti­sche Sowjet­re­pu­blik, wo er zehn Jah­re in der Seel­sor­ge wirkte.

Als Bischof in Kasachstan

Nach dem Ende der Sowjet­uni­on ernann­te ihn Johan­nes Paul II. am 13. April 1991 zum Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tor für Kasach­stan und ganz Zen­tral­asi­en sowie zum Titu­lar­bi­schof von Arba. Einen Monat spä­ter wur­de P. Len­ga vom Apo­sto­li­schen Dele­ga­ten in der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on, dem ersten offi­zi­el­len diplo­ma­ti­schen Ver­tre­ter des Hei­li­gen Stuhls in Mos­kau, zum Bischof geweiht. Wäh­rend der kom­mu­ni­sti­schen Dik­ta­tur hat­te es kei­ne offi­zi­el­len diplo­ma­ti­schen Bezie­hun­gen zwi­schen der Sowjet­uni­on und dem Vati­kan gegeben.

Mit der Umwand­lung der Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tu­ren in Bis­tü­mer erfolg­te Len­gas Ernen­nung zum Diö­ze­san­bi­schof von Kara­gan­da. Er grün­de­te dort 1997 ein Prie­ster­se­mi­nar und 1998 den ersten Kar­mel des Karmelitinnenordens.

2003 brach­te Johan­nes Paul II. sei­ne beson­de­re per­sön­li­che Wert­schät­zung zum Aus­druck, indem er Bischof Len­ga den Rang eines Erz­bi­schofs ad per­so­nam ver­lieh. 2006 ernann­te Papst Bene­dikt XVI. Msgr. Atha­na­si­us Schnei­der ORC, einen der pro­fi­lier­te­sten Ober­hir­ten der katho­li­schen Kir­che, zu Len­gas Weihbischof.

Len­ga ist Mit­kon­se­kra­tor der Bischofs­wei­hen von Msgr. Schnei­der sowie von Msgr. Hen­ry Theo­phi­lus Howa­niec OFM, Apo­sto­li­scher Admi­ni­stra­tor von Alma Ata, und dem jung ver­stor­be­nen Msgr. Niko­laus Mess­mer SJ, Apo­sto­li­scher Admi­ni­stra­tor von Kirgisien.

Am 5. Febru­ar 2011 beför­der­te Papst Bene­dikt XVI. Msgr. Schnei­der zum Weih­bi­schof des Erz­bis­tums Ast­a­na, des Metro­po­li­tan­sit­zes für ganz Kasach­stan. Am sel­ben Tag eme­ri­tier­te er Erz­bi­schof Len­ga, der damals erst 60 Jah­re alt war. Grün­de für den unge­wöhn­li­chen Schritt wur­den nicht genannt. Offi­zi­ell nahm der Papst das Rück­tritts­ge­such Len­gas an, wonach die Eme­ri­tie­rung auf des­sen Wunsch erfolgt sei. Dabei han­delt es sich jedoch um eine vor­ge­schrie­be­ne Pra­xis, die kaum Rück­schlüs­se erlaubt.

„Das Gewissen läßt mich nicht schweigen“

Nach der Eme­ri­tie­rung kehr­te Len­ga nach Polen zurück und ließ sich im Maria­ner­klo­ster an der Basi­li­ka von Lichen (Groß­po­len) nieder.

Wie­der­holt mel­de­te sich der heu­te 69 Jah­re alte Erz­bi­schof von Lichen aus zu Wort, wenn er sich gedrängt fühl­te, gegen Aus­sa­gen und Ent­schei­dun­gen von Papst Fran­zis­kus sei­ne Stim­me erhe­ben zu müs­sen. Als eme­ri­tier­ter Bischof sah er mehr Mög­lich­kei­ten dafür, als sie sei­ne amtie­ren­den Mit­brü­der haben. 

Erzbischof Lenga
Erz­bi­schof Lenga

Im Mai 2015 ver­öf­fent­lich­te er einen Offe­nen Brief zur aktu­el­len Kir­chen­kri­se. Dar­in schil­dert er sei­ne per­sön­li­chen Erfah­run­gen und die Begeg­nung mit ande­ren Prie­stern in der Sowjetunion:

„Ich hat­te Lebens­er­fah­run­gen mit Prie­stern, die sich in sta­li­ni­sti­schen Gefäng­nis­sen und Lagern befan­den und die den­noch der Kir­che treu blie­ben. Wäh­rend der Zeit der Ver­fol­gung erfüll­ten sie mit Lie­be ihren prie­ster­li­chen Dienst. Indem sie die katho­li­sche Leh­re pre­dig­ten und dabei ein wür­de­vol­les Leben in der Nach­fol­ge Chri­sti, ihres himm­li­schen Mei­sters, führten.

Ich habe mei­ne prie­ster­li­chen Stu­di­en in einem Unter­grund­prie­ster­se­mi­nar in der Sowjet­uni­on abge­schlos­sen. Ich wur­de heim­lich in der Nacht von einem from­men Bischof zum Prie­ster geweiht, der sel­ber wegen sei­nes Glau­bens gelit­ten hat. Im ersten Jahr mei­ner Prie­ster­schaft mach­te ich die Erfah­rung, vom KGB aus Tadschi­ki­stan ver­trie­ben zu werden.“

Wei­ter schrieb er:

„Dies sind mei­ne Über­zeu­gun­gen, und sie sind von mei­ner Lie­be zur Kir­che und durch das Ver­lan­gen nach ihrer wah­ren Erneue­rung in Chri­stus bestimmt. Ich bin gezwun­gen, auf die­ses öffent­li­che Aus­drucks­mit­tel (das Inter­net) zurück­zu­grei­fen, weil ich fürch­te, daß ein ande­rer Weg auf eine Mau­er des Schwei­gens und der Nicht­be­ach­tung sto­ßen wür­de.
Ich bin mir der mög­li­chen Reak­tio­nen auf mei­nen offe­nen Brief bewußt. Aber die Stim­me mei­nes Gewis­sens erlaubt mir nicht zu schwei­gen, wäh­rend das Werk Got­tes ver­leum­det wird. Jesus Chri­stus grün­de­te die katho­li­sche Kir­che und zeig­te uns in Wort und Tat, wie man den Wil­len Got­tes erfül­len soll­te. Die Apo­stel, denen Er Auto­ri­tät in der Kir­che ver­lieh, erfüll­ten mit Eifer die ihnen anver­trau­te Auf­ga­be und lit­ten aus Lie­be zur Wahr­heit, die gepre­digt wer­den muß­te, da sie ‚Gott mehr gehorch­ten als den Menschen‘.“

Er bean­stan­de­te in sei­nen wei­te­ren „Über­le­gun­gen“, daß das vati­ka­ni­sche Staats­se­kre­ta­ri­at „immer deut­li­cher den Kurs der poli­ti­schen Kor­rekt­heit über­nom­men hat“. Die Nun­ti­en sei­en zu „Ver­brei­tern des Libe­ra­lis­mus und des Moder­nis­mus gewor­den“ und wür­den „sub secre­to Pon­ti­fi­cio“ die Hal­tung der Bischö­fe in den ein­zel­nen Län­dern beein­flus­sen und unlieb­sa­me Stim­men „zum Schwei­gen brin­gen“. Denn was der Nun­ti­us sage, erschei­ne den Bischö­fen und der Öffent­lich­keit, als sei es der Papst selbst, der spreche.

Dadurch wür­den die Bischö­fe der ein­zel­nen Län­der gespal­ten, da man­che der Linie des Nun­ti­us fol­gen, um bei ihm und in Rom zu Anse­hen zu gelan­gen, „anstatt mit Eifer den Glau­ben zu ver­brei­ten, mutig die Leh­re Chri­sti zu pre­di­gen, stand­haft zu sein bei der Ver­tei­di­gung der Wahr­heit und der Moral“. Statt­des­sen wür­den sich die Bischö­fe bei den Ver­samm­lun­gen der Bischofs­kon­fe­ren­zen „oft mit Fra­gen beschäf­ti­gen, die mit dem Wesen der Auf­ga­ben der Apo­stel­nach­fol­ger nichts zu tun haben“.

Die Bischö­fe wür­den zu den wirk­li­chen Pro­ble­men „schwei­gen“ und „die Scha­fe im Stich lassen“.

„Die Welt wird vom Teu­fel ver­sucht und lehnt die Leh­re Chri­sti ab. Den­noch sind die Hir­ten ver­pflich­tet, die gan­ze Wahr­heit über Gott und die Men­schen zu leh­ren, ‚ob gele­gen oder ungelegen‘.“

Doch in der Kir­che sei „die größ­te Unord­nung zu beob­ach­ten, was die Rein­heit der Leh­re und die Hei­lig­keit der Lit­ur­gie betrifft“.

„In nicht weni­gen Bischofs­kon­fe­ren­zen sind die besten Bischö­fe ‚per­so­na non gra­ta‘. Wo sind die Apo­lo­ge­ten unse­rer Tage, die den Men­schen in einer kla­ren und ver­ständ­li­chen Wei­se die Bedro­hung durch das Risi­ko, den Glau­ben und die Erlö­sung zu ver­lie­ren, ver­kün­den würden?“

Das blei­be nicht ohne Auswirkungen:

„In unse­ren Tagen ähnelt die Stim­me der Mehr­heit der Bischö­fe eher dem Schwei­gen der Läm­mer ange­sichts der wüten­den Wöl­fe — die Gläu­bi­gen wer­den wie wehr­lo­se Scha­fe zurückgelassen.“

Dann leg­te er den Fin­ger noch tie­fer in die Wun­de und kam auf die Ver­fah­ren zu Bischofs­er­nen­nun­gen zu spre­chen, womit er die Nun­tia­tu­ren, die Bischofs­kon­gre­ga­ti­on und natür­lich nicht zuletzt Papst Fran­zis­kus meinte:

„Mei­ner Mei­nung nach ist die schwa­che Stim­me vie­ler Bischö­fe eine Fol­ge der Tat­sa­che, daß in dem Ver­fah­ren zur Ernen­nung neu­er Bischö­fe die Kan­di­da­ten nicht aus­rei­chend geprüft wer­den hin­sicht­lich ihrer zwei­fel­lo­sen Stand­haf­tig­keit und Furcht­lo­sig­keit in der Ver­tei­di­gung des Glau­bens, im Hin­blick auf ihre Treue zu den jahr­hun­der­te­al­ten Tra­di­tio­nen der Kir­che und im Hin­blick auf ihre per­sön­li­che Fröm­mig­keit. In der Fra­ge der Ernen­nung neu­er Bischö­fe und sogar der Kar­di­nä­le wird es immer offen­sicht­li­cher, daß manch­mal sol­che bevor­zugt wer­den, die eine bestimm­te Ideo­lo­gie tei­len, oder daß eini­gen Grup­pie­run­gen der Vor­zug gege­ben wird, die der Kir­che fern sind und die die Ernen­nung eines bestimm­ten Kan­di­da­ten in Auf­trag gege­ben haben.“

Erz­bi­schof Len­ga zitier­te die Aus­sa­ge eines Nuntius:

„Ein Nun­ti­us sag­te mir ein­mal: Es ist scha­de, dass der Papst [Johan­nes Paul II] nicht per­sön­lich an der Ernen­nung der Bischö­fe betei­ligt ist. Der Papst ver­sucht, etwas in der Römi­schen Kurie zu ändern, aber er hat es nicht geschafft. Er wird älter und die Din­ge neh­men wie­der ihren übli­chen vor­he­ri­gen Lauf‘.“

Zu Bene­dikt XVI. schrieb Msgr. Lenga:

„Zu Beginn des Pon­ti­fi­kats von Papst Bene­dikt XVI. habe ich ihm einen Brief geschrie­ben und gebe­ten, hei­li­ge Bischö­fe zu ernen­nen. Ich berich­te­te ihm die Geschich­te eines deut­schen Lai­en, der ange­sichts des Zer­falls der Kir­che in sei­nem Land nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil Chri­stus treu blieb und jun­ge Men­schen zur Anbe­tung und zum Gebet ver­sam­mel­te. Die­ser Mann war 2005 dem Tode nahe, und als er von der Wahl des neu­en Pap­stes erfuhr, sag­te er: ‚Wenn Papst Bene­dikt sein Pon­ti­fi­kat dazu nützt, wür­di­ge, gute und treue Bischö­fe zu ernen­nen, wird er sei­ne Auf­ga­be erfüllt haben‘.
Lei­der ist es offen­sicht­lich, daß Papst Bene­dikt XVI. in die­ser Hin­sicht oft kei­nen Erfolg hat­te. Es ist schwer zu glau­ben, daß Papst Bene­dikt XVI. frei­wil­lig auf sein Amt als Nach­fol­ger Petri ver­zich­tet hat. Papst Bene­dikt XVI. war das Haupt der Kir­che, sei­ne Gefolg­schaft hat sei­ne Leh­ren jedoch kaum umge­setzt, hat sie oft im Stil­len umgan­gen oder sei­ne Initia­ti­ven für eine wahr­haf­te Reform der Kir­che, der Lit­ur­gie, der Art und Wei­se, die Hei­li­ge Kom­mu­ni­on zu spen­den, behindert.“

Und wei­ter:

„Die Absicht der Frei­mau­rer wird mehr und mehr offen umge­setzt, nicht nur dank der erklär­ten Fein­de der Kir­che, son­dern auch dadurch, daß fal­sche Zeu­gen, die in der Kir­che irgend­ein hohes Amt in der Hier­ar­chie ein­neh­men, still­schwei­gend einwilligen.“

„Die besten Söhne und Diener werden geopfert“

Als Gegen­mit­tel gegen die „Ver­su­che des Teu­fels, die Kir­che zu unter­gra­ben“, nann­te der Erzbischof:

„Um dies zu ver­mei­den, ist es not­wen­dig, zur prä­zi­sen und kla­ren Ver­kün­di­gung des Evan­ge­li­ums auf allen Ebe­nen des kirch­li­chen Amtes zurück­zu­keh­ren, denn die Kir­che besitzt alle Macht und Gna­de, die Chri­stus ihr gab: „Mir ist alle Gewalt gege­ben im Him­mel und auf Erden. Dar­um geht hin und macht alle Völ­ker zu Jün­gern und tauft sie im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Gei­stes und lehrt sie alles hal­ten, was ich euch befoh­len habe. Und seht, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt“ (Mt 28, 18–20), „die Wahr­heit wird euch frei machen“ (Joh 8, 32), und „Euer Jawort sei viel­mehr ein Ja, euer Nein ein Nein. Was dar­über ist, das ist vom Bösen“ (Mt 5, 37).

Die Kir­che dür­fe und kön­ne sich nicht der Welt anpas­sen, son­dern müs­se die Welt zum Geist Chri­sti hin umwan­deln. Len­ga bedau­er­te in die­sem Zusam­men­hang, daß es im Vati­kan eine „offen­sicht­li­che Ten­denz“ gebe, sich dem „Lärm der Mas­sen­me­di­en zu fügen“.

„Es ist nicht sel­ten, daß im Namen von einem uner­find­li­chen Frie­den und einer nicht erkenn­ba­ren Ruhe die besten Söh­ne und Die­ner geop­fert wer­den, um die Mas­sen­me­di­en zu beschwich­ti­gen. Die Fein­de der Kir­che jedoch lie­fern ihre treu­en Die­ner nicht aus, auch wenn ihre Hand­lun­gen offen­kun­dig schlecht sind.

In Zei­ten der Kir­chen­kri­sen hat Gott für die wah­re Erneue­rung der Kir­che oft die Opfer, die Trä­nen und die Gebe­te jener Kin­der und Die­ner der Kir­che ver­wen­det, die in den Augen der Welt und der kirch­li­chen Büro­kra­tie als unbe­deu­tend ange­se­hen wur­den oder die wegen ihrer Treue zu Chri­stus ver­folgt und an den Rand gedrängt wur­den. Ich glau­be, daß sich auch in unse­rer schwie­ri­gen Zeit das Gesetz Chri­sti ver­wirk­li­chen und die Kir­che sich erneu­ern wird dank der vom Glau­ben getra­ge­nen inne­ren Erneue­rung eines jeden von uns.“

Seit der Ver­öf­fent­li­chung des umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia im April 2016 ver­tei­digt Erz­bi­schof Len­ga die Unauf­lös­lich­keit der sakra­men­ta­len Ehe. Die For­mu­lie­rung „wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne“ tadel­te er als bewuß­te Täu­schung, denn die Kir­che habe nicht wie die Welt zu spre­chen, son­dern müs­se die Din­ge beim Namen nen­nen. Im kon­kre­ten Fall gehe es um Ehe­bruch, was die han­deln­den Per­so­nen in den Stand einer schwe­ren Sün­de set­ze, der sie vom Zugang zu den Sakra­men­ten ausschließe.

Nun tref­fen Erz­bi­schof Len­ga selbst stren­ge Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men sei­ner Mit­brü­der, die die­se mit Blick auf Rom ver­häng­ten. Das betrifft ein­mal die Unru­he im Orden, dem Len­ga ange­hört. Am 5. Juni 2016 sprach Papst Fran­zis­kus den Ordens­grün­der Sta­nis­laus Pap­c­zyn­ski hei­lig. Da wird ein Ordens­an­ge­hö­ri­ger, der in der kirch­li­chen Hier­ar­chie am rang­höch­sten ist, aber gleich­zei­tig Kri­tik am sel­ben Papst übt, nicht als beson­ders för­der­lich erachtet.

Erz­bi­schof Len­ga trat in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren zusam­men mit ande­ren Bischö­fen wie­der­holt als „Beken­ner“ (Der 13.) an die Öffent­lich­keit, so im Janu­ar 2017 mit dem Gebets­auf­ruf „aus der Peri­phe­rie“, damit „Papst Fran­zis­kus die unver­än­der­li­che Pra­xis der Kir­che von der Wahr­heit der Unauf­lös­lich­keit der Ehe bekräf­ti­ge“. Damit unter­stütz­ten sie indi­rekt die Dubia (Zwei­fel) von vier Kar­di­nä­len zu Amo­ris lae­ti­tia.

Als Papst Fran­zis­kus nach einem Jahr noch immer nicht reagiert hat­te, leg­ten die­sel­ben Bischö­fe, dar­un­ter Erz­bi­schof Len­ga, am 31. Dezem­ber 2017 ein „Bekennt­nis zu den Wahr­hei­ten des Ehe­sa­kra­ments ab“, mit dem sie die über­lie­fer­te Leh­re der Kir­che bekräftigten.

Eben­so gehört Erz­bi­schof Len­ga zu den Unter­zeich­nern der „Decla­ra­ti­on of Truths“ von Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke und Weih­bi­schof Atha­na­si­us Schnei­der, die von ihnen und wei­te­ren Bischö­fen im Juni 2019 ver­öf­fent­licht wur­de. Mit die­sem „Mani­fest der Wahr­heit“, das im päpst­li­chen Umfeld als Papst­kri­tik auf wenig Gegen­lie­be stieß, ver­tei­di­gen die Unter­zeich­ner die über­lie­fer­te Leh­re der Kir­che gegen den Zeitgeist.

Distanzierung und Sanktionen

Am 22. Janu­ar ging der Spre­cher der Pol­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz mit einer schar­fen Stel­lung­nah­me auf Distanz zum Erz­bi­schof, obwohl Len­ga die­ser gar nicht ange­hört. Dar­in war zu lesen, daß der Erz­bi­schof „nicht die katho­li­sche Kir­che in Polen“ ver­tre­te. Len­ga wird vor­ge­wor­fen, daß er „die Gläu­bi­gen in die Irre führt“. Nähe­res wur­de nicht gesagt. 

Bischof Mering von Wlo­cla­wek wirft Erz­bi­schof Len­ga vor, in einem auch auf You­tube ver­öf­fent­lich­ten Inter­view, das bis­her 135.000 Mal auf­ge­ru­fen wur­de, Papst Fran­zis­kus als „Häre­ti­ker und Thron­räu­ber“ bezeich­net zu haben. Da Fran­zis­kus ein „Usur­pa­tor“ sei, sehe er, Len­ga, immer noch in Bene­dikt XVI. den legi­ti­men Papst. Aus die­sem Grun­de wür­de er im Hoch­ge­bet der Mes­se auch nicht für Fran­zis­kus, son­dern für den legi­ti­men Papst beten. 

„Berg­o­glio hat den Glau­ben nicht bekräf­tigt und gibt ihn nicht an ande­re wei­ter. Er führt die Welt in die Irre. (…) Er ver­kün­det Unwahr­hei­ten und Sün­den, nicht die Tra­di­ti­on, die seit 2000 Jah­ren besteht … Er ver­kün­det die Wahr­heit die­ser Welt, die genau die Wahr­heit des Teu­fels ist.“

So wur­de Erz­bi­schof Len­ga am Mon­tag von der pro­gres­si­ven bri­ti­schen Wochen­zei­tung The Tablet aus dem pol­ni­schen Inter­view zitiert.

Mit sol­chen Wor­ten bot Erz­bi­schof Len­ga eine offe­ne Flan­ke, denn er stell­te die Gemein­schaft mit Petrus in Fra­ge. In die Flan­ke wur­de sofort hin­ein­ge­sto­ßen, obwohl die pol­ni­schen Bischö­fe durch ihren Wider­stand gegen Amo­ris lae­ti­tia selbst kein unge­trüb­tes Ver­hält­nis zum der­zei­ti­gen Amts­in­ha­ber in Rom haben. Dabei hüten sie sich aller­dings, direk­te Kri­tik an Papst Fran­zis­kus anklin­gen zu las­sen. Erz­bi­schof Len­ga, auch ein Pole, der zudem in Polen lebt, wur­de des­halb selbst zur „per­so­na non gra­ta“, wie er es in sei­ner Stel­lung­nah­me von 2015 kritisierte.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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