(New York) Die Homo-Lobby liebt es, die Geschichte für sich zu vereinnahmen. Die Vergangenheit eignet sich vortrefflich dafür, da sich Betroffene nicht mehr wehren können. Nach diesem Muster handelt auch der homophile US-Jesuit P. James Martin SJ. Sein jüngstes Opfer ist der soeben heiliggesprochene, englische Kardinal John Henry Newman.
Newman gehörte zu den Ausnahmegestalten der jüngeren englischen Geschichte. 1845 konvertierte der anglikanische Geistliche zur katholischen Kirche. Aufgrund seiner intellektuellen Stellung löste er eine ganze Konversionsbewegung aus, die mit der Wiedererrichtung der kirchlichen Hierarchie in England einherging, nachdem diese mehr als 300 Jahre ausgelöscht war.
2010 wurde Newman von Papst Benedikt XVI. seliggesprochen. Am vergangenen Sonntag sprach ihn Papst Franziskus heilig.
Der Ordensmitbruder des Papstes, P. James Martin, steuerte ein spezielles „Geschenk“ zur Kanonisierung bei, indem er behauptete, der neue Heilige sei „wahrscheinlich schwul“ gewesen. Die Behauptung ist nicht originell und wird nicht wahrer, weil James Martin sie wiederholt. Jemand hat sie interessengeleitet und ohne jeden Beleg in die Welt gesetzt und andere plappern sie, da zeitgeistig, nach. Zu diesen Nachplapperern gehört auch der US-Jesuit.
Was wird als Beleg für die angebliche, für den Kardinal ehrenrührige Behauptung vorgebracht? Der Wunsch des nunmehrig Heiligen, seine letzte Ruhestätte bestimmt zu haben, neben der eines guten Freundes und Mitbruders. Warum nicht?
James Martin wurde durch seine betont homophile Haltung bekannt und steht dafür im Vatikan derzeit im Ansehen. Auf Wunsch des Heiligen Stuhls wurde er im Sommer 2018 – ausgerechnet – zum Weltfamilientreffen nach Dublin eingeladen und durfte dort erstmals ein eigenes Programm zum Thema Homosexualität veranstalten. Das Ziel ist die Anerkennung der Homosexualität durch die Kirche zu erreichen.
Was Papst Franziskus dazu denkt, zeigte sich in der Ernennung James Martin zum Consultor des römischen Kommunikationsdikasteriums. Wörtlich schrieb Martin am Vortag zur Heiligsprechung auf Twitter:
„Das bedeutet nicht, daß der Mann, der morgen heiliggesprochen wird, jemals sein Zölibatsversprechen gebrochen hat. Und wir werden es vielleicht nie genau wissen. Aber seine Beziehung zu Ambrose St. John verdient Beachtung. Es ist keine Beleidigung, anzunehmen, daß Newman schwul gewesen sein könnte.“
Martin formulierte „clever“, er insinuiert und suggeriert ohne wirkliche Tatsachenbehauptungen. Alles wird im Konjunktiv gesagt. Eine klassische Diffamierung verläuft nicht anders.
Ambrose St. John (1815–1875), wie Newman Oxford-Absolvent, war wie dieser zur katholischen Kirche konvertiert. Gemeinsam gingen sie nach Rom, wo sie zu Priestern geweiht wurden. Beide begannen in Birmingham mit dem katholischen Apostolat und bauten dort ein Oratorium des heiligen Philipp Neri auf. Ambrose St. John wurde zudem zu einem bekannten Sprachwissenschaftler für europäische und orientalische Sprachen.
Newman verlor im antikatholischen Großbritannien aufgrund seiner Konversion zahlreiche und bedeutende Freundschaften, Einfluß und Ansehen. Gleiches gilt für Ambrose St. John. Das Verlassen der Anglikanischen Kirche war nicht so sehr das Problem, sondern die Konversion zur katholischen Kirche. Die Existenz der „Kirche von England“ begründete sich in der Gegnerschaft zu Rom. Newman und St. John waren in die Debatte um die päpstliche Unfehlbarkeit eingebunden, die auf dem Ersten Vatikanischen Konzil diskutiert wurde und teils heftige Verwerfungen durch politische Einflußnahme von außen mit sich brachte, so in Preußen den antikatholischen Kulturkampf. Newman wurde schließlich sogar zum Kardinal kreiert. Er veröffentlichte zahlreiche Schriften, die noch heute Bedeutung haben.
Den Jesuiten James Martin interessiert das alles nicht. Ihn interessiert die sexuelle Orientierung. Zunächst ist festzuhalten, daß auch Menschen mit einer homosexuellen oder anderen sexuellen Neigungen heilig werden können, wenn sie diese Neigungen überwinden. Im konkreten Fall von Kardinal Newman wurde die Behauptung aber von namhaften Historikern wiederholt widerlegt. Die enge Freundschaft zwischen Newman und St. John ergibt sich aus ihrer Biographie. Für eine von James Martin ohne jeden Beleg in die Welt posaunte Art von Beziehung gibt es keinen Hinweis. Im Gegenteil, aus seinen eigenen Schriften geht hervor, daß Newman den Zölibat als Verzicht auf etwas sehr Gutes lebte, nämlich die tröstliche Gesellschaft, die nur eine Frau dem Mann geben kann, um in der Nachfolge Christi „um des Himmelreichs willen“ etwas noch Besseres zu erreichen.
Die große Freundschaft zwischen zwei Männern wurde früher gerühmt. Heute wird sie unter den schlüpfrigen Generalverdacht der Homosexualität gestellt.
Dem heiligen Newman kann James Martin nicht mehr schaden. Schaden kann er allerdings gegenwärtigen und künftigen Menschen auf ihrem dem Weg zum Seelenheil sein kann. Noch bedenklicher ist, daß ein Jesuit mit der Medienpräsenz eines James Martin offenbar alles nur mehr durch die „Homo-Brille“ betrachten kann. Die außergewöhnliche Größe Newmans, in menschlicher, religiöser wie intellektueller Hinsicht, bleibt ihm offenbar unzugänglich und unbedeutend. Wie nennt man so etwas: James Martin erfährt von dieser großen Freundschaft zweier Konvertiten, die so viele Etappen ihres Lebens unter schwierigen Umständen und zahlreichen Anfeindungen gemeinsam gingen, und sich intellektuell und geistig verstanden, und stellt sich nur die eine Frage, ob sie vielleicht gar ein sexuelles Verhältnis hatten?
Welche Rückschlüsse müssen daraus auf diesen Jesuiten gezogen werden, dem das Heilige offenbar nicht heilig ist?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: InfoVaticana/Giuseppe Nardi/Wikicommons