Papst Franziskus beruft sich auf den Heiligen Geist

Amazonassynode eröffnet


Amazonassynode eröffnet: Hat die „Umleitung“ der Kirche auf neue Wege begonnen?
Amazonassynode eröffnet: Hat die „Umleitung“ der Kirche auf neue Wege begonnen?

(Rom) Mit einer Mes­se im Peters­dom eröff­ne­te Papst Fran­zis­kus gestern die Son­der­syn­ode über den Ama­zo­nas. In sei­ner Pre­digt und beim Ange­lus ging das Kir­chen­ober­haupt aus­führ­lich auf die Ama­zo­nas­re­gi­on ein. Die umstrit­te­nen Punk­te klam­mer­te er aus und berief sich statt­des­sen auf den Hei­li­gen Geist, um Neue­run­gen zu rechtfertigen.

Anzei­ge

Das Kir­chen­ober­haupt erwähn­te In der Homi­lie weder das Prie­ster­tum noch die „viri pro­ba­ti“ oder „neue Ämter“ für Frau­en noch pan­the­isti­sche Ele­men­te. Die­se fin­den sich aber im Instru­men­tum labo­ris, das Arbeits­grund­la­ge der seit heu­te tagen­den Syn­ode ist und im Vor­feld bereits zu hef­ti­gen Dis­kus­sio­nen über einen Angriff auf das Wei­he­sa­kra­ment und die Ekkle­sio­lo­gie führ­te. Zuletzt hat­ten vor allem die Kar­di­nä­le Ger­hard Mül­ler und Wal­ter Brand­mül­ler aus­führ­lich und deut­lich gegen die „tie­fe­re Agen­da“ der Ama­zo­nas­syn­ode Stel­lung genommen.

Papst Franziskus sprach in seiner Predigt über die Amazonasregion
Papst Fran­zis­kus sprach in sei­ner Pre­digt über die Amazonasregion

In sei­ner Pre­digt sag­te Papst Franziskus:

„Der Apo­stel Pau­lus, der größ­te Mis­sio­nar der Kir­chen­ge­schich­te, hilft uns, ‚Syn­ode zu hal­ten‘, ‚gemein­sam vor­an­zu­ge­hen‘: Was er an Timo­theus schreibt, scheint an uns gerich­tet zu sein, die wir Hir­ten im Dienst des Vol­kes Got­tes sind.

Vor allem sagt er: ‚Dar­um rufe ich dir ins Gedächt­nis: Ent­fa­che wie­der die Gna­den­ga­be Got­tes, die dir durch die Auf­le­gung mei­ner Hän­de zuteil­ge­wor­den ist!‘ (2 Tim 1,6). Wir sind Bischö­fe, weil wir eine Gabe Got­tes emp­fan­gen haben. Wir haben nicht eine Ver­ein­ba­rung unter­schrei­ben, uns wur­de nicht ein Arbeits­ver­trag in die Hand gege­ben, son­dern die Hän­de auf das Haupt gelegt, um unser­seits erho­be­ne Hän­de, die beim Herrn ein­tre­ten, und zu den Brü­dern aus­ge­streck­te Hän­de zu sein. Wir haben eine Gabe emp­fan­gen, um Gabe zu sein. Eine Gabe kauft man nicht, man tauscht sie nicht ein, man ver­kauft sie nicht: Man emp­fängt sie, und man schenkt sie. Wenn wir uns ihrer bemäch­ti­gen, wenn wir uns in den Mit­tel­punkt stel­len und nicht der Gabe die Mit­te über­las­sen, wer­den wir von Hir­ten zu Funk­tio­nä­ren: Wir machen aus der Gabe eine Funk­ti­on und es ver­schwin­det die Unent­gelt­lich­keit und so die­nen wir uns am Ende nur selbst und bedie­nen uns der Kir­che. Unser Leben ist jedoch auf­grund der emp­fan­ge­nen Gabe zum Die­nen bestimmt. Dar­an erin­nert uns das Evan­ge­li­um, das von ‚unnüt­zen Knech­ten‘ (Lk 17,10) spricht: Ein Aus­druck, der auch ‚Knecht ohne Ertrag‘ bedeu­ten kann. Es bedeu­tet, dass wir uns nicht ans Werk machen, um einen Ertrag, einen Ver­dienst für uns zu errei­chen, son­dern weil wir umsonst emp­fan­gen haben und wir umsonst geben sol­len (vgl. Mt 10,8). Unse­re Freu­de wird ganz im Die­nen bestehen, weil Gott uns gedient hat, der sich zu unse­rem Die­ner gemacht hat. Lie­be Brü­der, betrach­ten wir uns als hier­her geru­fen, um zu die­nen, indem wir die Gabe Got­tes in den Mit­tel­punkt stellen.

Um die­ser unse­rer Beru­fung, unse­rer Sen­dung treu zu sein, erin­nert uns der hei­li­ge Pau­lus dar­an, dass die Gna­den­ga­be wie­der­ent­facht wer­den muss. Das Wort, das er ver­wen­det, ist fas­zi­nie­rend: wie­der­ent­fa­chen bedeu­tet wört­lich, im Ori­gi­nal ‚ein Feu­er ent­zün­den‘ [ana­zo­pur­ein]. Die Gabe, die wir emp­fan­gen haben, ist ein Feu­er, ist bren­nen­de Lie­be zu Gott und zu den Brü­dern. Das Feu­er speist sich nicht aus sich selbst, es erlischt, wenn es nicht leben­dig erhal­ten wird, es geht aus, wenn die Asche es bedeckt. Wenn alles so bleibt, wie es ist, wenn unse­re Tage von der Devi­se ‚Man hat es immer so gemacht‘ bestimmt wer­den, ent­schwin­det die Gabe, sie wird unter der Asche der Äng­ste und der Sor­ge erstickt, den Sta­tus quo zu ver­tei­di­gen. Aber »die Kir­che darf sich kei­nes­falls auf eine Pasto­ral der ‚Auf­recht­erhal­tung‘ beschrän­ken, die nur auf jene aus­ge­rich­tet ist, die das Evan­ge­li­um Chri­sti bereits ken­nen. Der mis­sio­na­ri­sche Schwung ist ein kla­res Zei­chen für die Rei­fe einer kirch­li­chen Gemein­schaft« (Bene­dikt XVI., Apo­sto­li­sches Schrei­ben Ver­bum Domi­ni, 95). Denn die Kir­che ist immer unter­wegs, sie ist immer im Auf­bruch, sie ist nie in sich selbst ver­schlos­sen. Jesus ist nicht gekom­men, die Abend­bri­se, son­dern das Feu­er auf die Erde zu bringen.

Das Feu­er, das die Gna­den­ga­be wie­der­ent­facht, ist der Hei­li­ge Geist, der Geber der Gaben. Daher fährt der hei­li­ge Pau­lus fort: »Bewah­re das dir anver­trau­te kost­ba­re Gut durch die Kraft des Hei­li­gen Gei­stes, der in uns wohnt!« (2 Tim 1,14). Und wei­ter: »Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Ver­zagt­heit gege­ben, son­dern den Geist der Kraft, der Lie­be und der Beson­nen­heit« (V. 7). Nicht einen Geist der Ver­zagt­heit, son­dern der Klug­heit. Manch einer denkt, dass die Klug­heit die Tugend des ‚Zolls‘ ist, die alles auf­hält, um kei­ne Feh­ler zu bege­hen. Nein, die Klug­heit ist eine christ­li­che Tugend, sie ist Lebens­tu­gend, ja sie ist die Tugend des Regie­rens. Und Gott hat uns die­sen Geist der Klug­heit gege­ben. Pau­lus setzt die Klug­heit der Ver­zagt­heit ent­ge­gen. Was ist also die­se Klug­heit des Gei­stes? Wie der Kate­chis­mus lehrt, ist die Klug­heit nicht mit Schüch­tern­heit oder Ängst­lich­keit zu ver­wech­seln, son­dern sie macht bereit, »in jeder Lage unser wah­res Gut zu erfas­sen und die rich­ti­gen Mit­tel zu wäh­len, um es zu erlan­gen« (N. 1806). Die Klug­heit ist nicht Unent­schlos­sen­heit, sie ist nicht eine abweh­ren­de Hal­tung. Sie ist die Tugend des Hir­ten, der, um mit Weis­heit zu die­nen, im Stan­de ist, sich in Fein­füh­lig­keit für die Neu­heit des Gei­stes zu ent­schei­den. Die Gna­de im Feu­er des Gei­stes wie­der­zu­ent­fa­chen ist also das Gegen­teil davon, die Din­ge lau­fen zu las­sen, ohne irgend­et­was zu tun. Und der Neu­heit des Gei­stes treu zu sein ist eine Gna­de, um die wir im Gebet bit­ten müs­sen. Er, der alles neu macht, möge uns sei­ne wage­mu­ti­ge Klug­heit schen­ken; er möge unse­rer Syn­ode ein­ge­ben, die Wege für die Kir­che im Ama­zo­nas­ge­biet zu erneu­ern, damit das Feu­er der Mis­si­on nicht erlischt.

Das Feu­er Got­tes brennt, aber ver­zehrt nicht wie in der Bege­ben­heit vom bren­nen­den Dorn­busch (vgl. Ex 3,2). Es ist Feu­er der Lie­be, das erleuch­tet, erwärmt und Leben spen­det, nicht Feu­er, das auf­lo­dert und ver­schlingt. Wenn man die Völ­ker und Kul­tu­ren ohne Lie­be und Respekt ver­schlingt, ist dies nicht das Feu­er Got­tes, son­dern der Welt. Und wie oft ist doch die Gabe Got­tes nicht ange­bo­ten, son­dern auf­ge­zwängt wor­den, wie oft hat es Kolo­ni­sie­rung statt Evan­ge­li­sie­rung gege­ben! Gott bewah­re uns vor der Gier neu­er Kolo­nia­lis­men. Das von zer­stö­re­ri­schen Inter­es­sen geleg­te Feu­er wie jenes, das kürz­lich das Ama­zo­nas­ge­biet ver­wü­stet hat, ist nicht das aus dem Evan­ge­li­um. Das Feu­er Got­tes ist die Wär­me, die anzieht und in Ein­heit ver­sam­melt. Es nährt sich durch Tei­len, nicht durch Gewin­ne. Das ver­schlin­gen­de Feu­er hin­ge­gen lodert auf, wenn man nur die eige­nen Ideen vor­an­brin­gen, die eige­ne Grup­pe bil­den, die Ver­schie­den­hei­ten ver­bren­nen will, um alles und alle zu vereinheitlichen.

Die Gabe wie­der­ent­fa­chen; die wage­mu­ti­ge Klug­heit des Gei­stes in Treue zu sei­ner Neu­heit auf­neh­men; der hei­li­ge Pau­lus spricht eine letz­te Mah­nung aus: »Schä­me dich also nicht des Zeug­nis­ses für unse­ren Herrn […], son­dern lei­de mit mir für das Evan­ge­li­um!« (2 Tim 1,8). Er ver­langt, dass wir das Evan­ge­li­um bezeu­gen, für das Evan­ge­li­um lei­den, mit einem Wort, für das Evan­ge­li­um leben. Die Ver­kün­di­gung des Evan­ge­li­ums ist das Haupt­kri­te­ri­um für das Leben der Kir­che: Es ist ihre Sen­dung, ihre Iden­ti­tät. Kurz dar­auf schreibt Pau­lus: »Denn ich wer­de schon geop­fert« (4,6). Das Evan­ge­li­um zu ver­kün­den, bedeu­tet, die Hin­ga­be zu leben, bis zum Äußer­sten Zeug­nis abzu­le­gen, allen alles zu wer­den (vgl. 1 Kor 9,22), bis zum Mar­ty­ri­um zu lie­ben. Ich dan­ke Gott, dass sich im Kar­di­nals­kol­le­gi­um eini­ge Brü­der befin­den, die Mär­ty­rer­kar­di­nä­le sind, die im Leben das Kreuz des Mar­ty­ri­ums geko­stet haben. In der Tat dient man dem Evan­ge­li­um, so unter­streicht der Apo­stel, nicht mit der Macht der Welt, son­dern mit der allei­ni­gen Kraft Got­tes, indem man immer in der demü­ti­gen Lie­be und im Glau­ben ver­bleibt, dass die ein­zi­ge Wei­se, um das Leben wahr­haft zu besit­zen, ist, es aus Lie­be zu verlieren.

Lie­be Brü­der, schau­en wir gemein­sam auf den gekreu­zig­ten Jesus, auf sein für uns durch­bohr­tes Herz. Begin­nen wir von dort, weil von da die Gabe her­kommt, die uns zu dem gemacht hat, was wir sind. Von da aus ist der Geist, der erneu­ert, aus­ge­gos­sen wor­den (vgl. Joh 19,30). Füh­len wir uns alle und als Ein­zel­ne von dort geru­fen, das Leben zu geben. Vie­le Brü­der und Schwe­stern im Ama­zo­nas­ge­biet tra­gen schwe­re Kreu­ze und war­ten auf den befrei­en­den Trost des Evan­ge­li­ums, das lie­be­vol­le Strei­cheln der Kir­che. Vie­le Brü­der und Schwe­stern im Ama­zo­nas­ge­biet haben ihr Leben hin­ge­ge­ben. Erlaubt mir, die Wor­te unse­res geschätz­ten Kar­di­nals Hum­mes zu wie­der­ho­len: Wenn er in jenen klei­nen Städ­ten des Ama­zo­nas­ge­biets ankommt, geht er zu den Fried­hö­fen, um die Grä­ber der Mis­sio­na­re auf­zu­su­chen. Und dann sagt er mit etwas Schlau­heit zum Papst: ‚Ver­ges­sen Sie sie nicht. Sie ver­die­nen es, hei­lig­ge­spro­chen zu wer­den‘. Für sie, für die­je­ni­gen, die jetzt ihr Leben geben, für die, die ihr Leben hin­ge­ge­ben haben, und mit ihnen gehen wir gemein­sam voran.“

Anschlie­ßend nahm Fran­zis­kus auch nach dem Ange­lus auf dem Peters­platz zur Syn­ode Stel­lung. Den neu­en Kurs, den Fran­zis­kus unter­stützt, wie aus dem von ihm appro­bier­ten Instru­men­tum labo­ris her­vor­geht, recht­fer­tig­te er dabei mit den Worten:

„Vor kur­zem ist im Peters­dom die eucha­ri­sti­sche Zele­bra­ti­on geen­det, mit der wir die Son­der­ver­samm­lung der Bischofs­syn­ode für die pan-ama­zo­ni­sche Regi­on eröff­net haben. Drei Wochen lang wer­den die Syn­oden­vä­ter, ver­sam­melt um den Nach­fol­ger des Petrus, über die Mis­si­on der Kir­che im Ama­zo­nas, über die Evan­ge­li­sie­rung und über die För­de­rung einer inte­gra­len Öko­lo­gie nach­den­ken, damit sie in der brü­der­li­chen Gemein­schaft und in der Fügung des Hei­li­gen Gei­stes, der immer die Wege für das Zeug­nis des Evan­ge­li­ums aufzeigt.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: SMM/​Youtube/​VaticanNews (Screen­shots)

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