(Mexiko-Stadt) Papst Franziskus empfing den Ständigen Rat der Mexikanischen Bischofskonferenz (CEM) in Audienz. Das Ereignis fand bereits am vergangenen 1. März statt. Inhalte der Begegnung wurden aber erst jetzt mit einer Presseerklärung der Bischofskonferenz bekanntgemacht.
Die Audienz erfolgte am selben Tag, an dem Franziskus auch die Bischöfe Kasachstans empfing, die sich zum Ad-limina-Besuch in Rom aufhielten. Bei dieser Gelegenheit legte Bischof Athanasius Schneider dem Papst die Frage vor, wie die umstrittenen Inhalte der Erklärung für eine menschliche Brüderlichkeit von Abu Dhabi zu verstehen sind (siehe dazu Roberto de Mattei und Hubert Hecker) ohne eine zufriedenstellende Antwort zu erhalten.
Politik und Soziales
Bei der Begegnung mit den mexikanischen Bischöfen ging es inhaltlich nicht so hoch her. Die Zusammenfassung, die von der Bischofskonferenz veröffentlicht wurde, ist so „praktisch“, daß ein Mangel an geistlicher Dimension auffällt. Die politische und soziale Dimension haben dagegen eindeutigen Vorrang. Dieser Aspekt lohnt einen Blick auf die Erklärung zu werfen.
2017 ersetzte Papst Franziskus den Primas von Mexiko, den Erzbischof von Mexiko-Stadt, Norberto Kardinal Rivera Carrera, durch einen ihm nahestehenden Kirchenmann. Bereits 2016 hatte er seinen Vertrauensmann durch die Verleihung der Kardinalswürde als Gegengewicht zu Kardinal Rivera aufgebaut.
Der Papst habe „großes Interesse und Sensibilität für die Situation im Land“ gezeigt, heißt es in der CEM-Erklärung. Er betonte „die Wichtigkeit, den Einsatz und den Willen“ der Kirche, „das Problem des sexuellen Mißbrauchs mit größtem Verantwortungsbewußtsein“ zu behandeln.
Ein anderes Thema war die „Ausbildung in den Seminaren“. Es sei wichtig, mit den Priestern aller Bereich „zu arbeiten, von der Grundausbildung bis zur ständigen Weiterbildung“.
„Für eine bessere Welt“
Bezüglich „der sozialen Frage“ war der Einsatz der Kirche zur „Menschenkarawane zentralamerikanischer Migranten“ ein zentrales Thema und „zum Thema Menschenhandel“. In den vergangenen Monaten waren zwei Migranten-Karawanen von Zentralamerika nach Norden aufgebrochen und von den Medien als physische Herausforderung gegen US-Präsident Donald Trump weltweit ins Bild gesetzt worden, letztlich aber an den geschützten Grenzen der USA gescheitert.
Ebenso ging es in der Audienz um die „Arbeit der Kirche zum Aufbau des Friedens und um die ständige Bereitschaft, mit der neuen Regierung und den verschiedenen Akteuren der Gesellschaft am Befriedungsprozeß mitzuwirken“. Die mexikanischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen hatte im Vorjahr, entgegen dem allgemeinen Trend in Amerika, eine Linkskoalition aus Sozialisten und radikaler Linken für sich entscheiden können.
Papst Franziskus forderte die Bischöfe zudem auf, „die pastorale Arbeit mit der Jugend nicht zu vernachlässigen, und immer in Gemeinschaft mit ihr zu gehen, indem sie ihre Talente, ihre Sprache, ihre Energie und ihre Kraft nützen für eine bessere Welt“.
500-Jahrfeiern der Christianisierung Amerikas finden ohne Papst Franziskus statt
Eine Einladung der Bischöfe, zu den 500-Jahrfeiern der Evangelisierung Mexikos, die 2021 stattfinden, erneut das Land zu besuchen, schlug das Kirchenoberhaupt aus: „Es gebe andere Länder, die er noch nicht besucht habe.“
Die 500-Jahrfeiern beziehen sich auf das Jahr 1521, als in Tlaxcala, der Hauptstadt der Tlaxcalteken die erste katholische Kirche auf dem amerikanischen Festland errichtet und dem heiligen Franz von Assisi geweiht wurde. Nur auf der Karibikinsel Hispaniola hatte die Christianisierung bereits früher eingesetzt.
Die Tlaxcalteken, die nie von den Azteken unterworfen werden konnten, wurden zu den treuesten Verbündeten der Spanier, mit denen sie sich durch Eheschließungen schnell vermischten. Gemeinsam besiegte die spanisch-tlaxcaltekische Koalition das Aztekenreich und beendete dessen grausamen Kult der Menschenopfer und des Kannibalismus.
Mexiko ist das zahlenmäßig treueste Land der katholischen Kirche in Amerika. den der großen zentralamerikanischen Föderation hält sich bisher der Erosionsprozeß in Richtung evangelikale Freikirchen in Grenzen. Hier erfolgte 1521 die Grundsteinlegung für die Christianisierung des amerikanischen Festlandes. Für Papst Franziskus kein Grund, das Land zu besuchen. Ob es mit dem in amerikanischen Linkskreisen verbreiteten Anachronismus antieuropäischer und anti-weißer Ressentiments zu tun hat, für die der Beginn aller „Übel“ die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 war?
Einer der geistigen Lehrmeister von Papst Franziskus, der deutschstämmige, argentinische Philosoph Günther Rodolfo Kusch, dachte jedenfalls so. Seine Theorie eines eigenständigen, (latein-) amerikanischen Selbstbewußtsein, um ein „alternatives zivilisatorisches Modell“ zu schaffen, hatte in erster Linie eine Entwurzelung des europäischen Denkens zum Ziel – und des (europäischen) Christentums.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: CEM (Screenshot)