Mißbrauchsskandal: Warum schweigt Franziskus zur Homosexualität?

Der Versuch einer Antwort


Die beiden Männer, die am Beginn des strahlenden Aufstiegs von P. Jorge Mario Bergoglio stehen: Kardinal Quarrancino, der ihn zu seinem Weihbischof machte, und Msgr. Roberto Toledo (Mitte), der dem Kardinal diese Idee einflüsterte.
Die beiden Männer, die am Beginn des strahlenden Aufstiegs von P. Jorge Mario Bergoglio stehen: Kardinal Quarrancino, der ihn zu seinem Weihbischof machte, und Msgr. Roberto Toledo (Mitte), der dem Kardinal diese Idee einflüsterte.

(Rom) In zwei Wochen beginnt im Vati­kan der Son­der­gip­fel über den sexu­el­len Miß­brauch Min­der­jäh­ri­ger durch Kle­ri­ker. Ein­be­ru­fen wur­de das Gip­fel­tref­fen, an dem alle Vor­sit­zen­den von natio­na­len Bischofs­kon­fe­ren­zen teil­neh­men wer­den, von Papst Fran­zis­kus. Obwohl kaum ein The­ma mehr an den Grund­fe­sten der kirch­li­chen Glaub­wür­dig­keit zehrt, wei­gert sich Fran­zis­kus, den wirk­li­chen Grund der Kri­se beim Namen zu nen­nen. Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler erwähn­te den Papst nicht, sag­te aber in einem Inter­view am ver­gan­ge­nen Sonn­tag, daß jene die wah­ren Hin­ter­grün­de nicht beim Namen nen­nen, die das Pro­blem auch gar nicht lösen wol­len. Wem gegen­über steht Fran­zis­kus aber „in der Pflicht“? 

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Geht es „nur“ um stra­te­gi­sche Hin­ter­ge­dan­ken, es sich nicht mit dem links­li­be­ra­len Milieu zu ver­tun, das seit 25 Jah­ren die Homo-Fah­ne mit größ­ter Inbrunst schwenkt? 

Oder stützt sich Fran­zis­kus, folgt man Mar­can­to­nio Colon­na ali­as Hen­ry Sire, dem Autor von „Der Dik­ta­tor­papst“, bereits zu sehr auf „kor­rup­te Elemente“?

Der Schlüssel zur unorthodoxen Personalpolitik und zum Umgang mit homosexuellem Verhalten?

Weder Hen­ry Sire, und auch kein ande­rer Autor, deu­te­te bis­her eine homo­se­xu­el­le Nei­gung bei Papst Fran­zis­kus an. Den­noch fällt auf, daß er sich mit gleich meh­re­ren Per­so­nen umge­ben hat, deren homo­se­xu­el­les Ver­hal­ten bekannt war, oder gegen die es einen ent­spre­chen­den Ver­dacht gab. 

Das sei kein Zufall, meint Hen­ry Sire, son­dern habe System: Es sei Teil des „Berg­o­glio-Systems“. Eine The­se, die auch von ande­ren Beob­ach­tern bereits geäu­ßert wur­de. Fran­zis­kus wie­ge nie­man­den, auch nicht den eng­sten Mit­ar­bei­ter, in Sicher­heit. Wer tief gefal­len ist, dem gebe er bevor­zugt eine zwei­te Chan­ce, so Sire, weil sol­che Gestal­ten für Fran­zis­kus nicht nur eine zwei­te Chan­ce ver­die­nen wür­den, son­dern er mit abso­lu­ter Dank­bar­keit und Loya­li­tät rech­nen kön­ne, auch für Auf­trä­ge und Aktio­nen, vor denen ande­re zurück­schrecken würden.

Kardinal Quarrancino mit Msgr. Toledo
Kar­di­nal Quar­ran­ci­no mit Msgr. Toledo

Um die Bedeu­tung die­ser The­se zu ver­ste­hen, muß weit zurück­ge­blät­tert wer­den bis in die Zeit, als Jor­ge Mario Berg­o­glio selbst am tief­sten Punkt sei­nes eige­nen Lebens eine zwei­te Chan­ce bekam. Hen­ry Sire beleuch­te­te die­sen Moment etwas genau­er als ande­re. An die­ser Stel­le soll der Fokus aber beson­ders auf ein „Detail“ gelegt wer­den, das ein Schüs­sel zu beson­ders auf­fäl­li­gen und umstrit­te­nen Aspek­ten sei­ner unor­tho­do­xen Per­so­nal­po­li­tik als Papst sein kann – die in den Miß­brauchs­gip­fel von Ende Febru­ar mündete.

Der bri­ti­sche Histo­ri­ker Sire erwähnt in sei­nem Buch, daß Jor­ge Mario Berg­o­glio, von sei­nen Ordens­obe­ren in die argen­ti­ni­sche Pro­vinz ver­bannt war und dort „kalt­ge­stellt“ wur­de. Das wur­de bald nach sei­ner Wahl zum Papst auch in Euro­pa einer brei­te­ren Öffent­lich­keit bekannt. Sire weiß jedoch mehr zu berichten. 

Die plötz­li­che Wen­de in Berg­o­gli­os Leben, die zu einer bei­spiel­lo­sen zwei­ten Kar­rie­re führ­te, trat ein, als Kar­di­nal Anto­nio Quar­ra­ci­no, der dama­li­ge Erz­bi­schof von Bue­nos Aires und Pri­mas von Argen­ti­ni­en, ihn aus der Ver­ban­nung zurück­hol­te, indem er ihn zu sei­nem Weih­bi­schof mach­te. Die­se Wen­de im Leben Berg­o­gli­os wird als „Wun­der am Rio de la Pla­ta“ bezeich­net. Die zwei­te Kar­rie­re führ­te ihn bis auf den Stuhl Petri nach Rom. 

Wie kam es zu dem Wunder?

Eine Rei­he von Fra­gen dazu blei­ben offen, doch ein Detail wur­de bekannt. Laut Sire fädel­te die Akti­on ein Mann aus dem Hin­ter­grund ein: der per­sön­li­che Sekre­tär von Kar­di­nal Quar­ran­ci­no, Msgr. Rober­to Mar­cial Tole­do Ihn beschreibt Sire als „unge­heu­er­li­ches Bei­spiel für den kor­rup­ten Kle­rus“. Für den Gesamt­zu­sam­men­hang der der­zei­ti­gen Kri­se könn­te aber ein Detail ste­hen. Der Mann, dem Berg­o­glio nach einem dunk­len Abstieg den Beginn sei­nes „strah­len­den Auf­stiegs“ ver­dankt, ist nicht nur ein „kor­rup­ter“, son­dern auch ein homo­se­xu­el­ler Kleriker.

Sire wört­lich:

„Hier­bei gibt es jedoch ein beson­de­res Detail: Als Kar­di­nal Quar­ran­ci­nos Sekre­tär war Msgr. Tole­do 1991 der­je­ni­ge gewe­sen, der dafür ver­ant­wort­lich gewe­sen war, Pater Berg­o­glio aus dem ordens­in­ter­nen Exil zu ret­ten, in das ihn die Jesui­ten ver­bannt hat­ten, und der dafür sorg­te, ihn zum Weih­bi­schof von Bue­nos Aires zu ernen­nen. Seit­dem war Berg­o­glio dar­an inter­es­siert, sowohl das Anse­hen Kar­di­nal Quar­ran­ci­nos als auch das Msgr. Tole­dos davor zu bewah­ren, durch die Skan­da­le, die sich um die her­um bil­de­ten, getrübt zu werden.“

Biographische Schlaglichter: Roberto Toledo

Der Zusam­men­bruch des Ban­co Cré­di­to Pro­vin­cial (BCP) war einer der größ­ten argen­ti­ni­schen Finanz­skan­da­le der 90er Jah­re. Die Bank wickel­te unter ande­rem die Finanz­an­ge­le­gen­hei­ten des Erz­bis­tums Bue­nos Aires ab. Über Msgr. Tole­do und sei­nen homo­se­xu­el­len Lieb­ha­ber, einen Fit­neß­trai­ner, nahm die Pri­vat­bank Ein­fluß auf die Finan­zen des Erzbistums. 

Tole­do, so Sire, hat­te 1997 für ein Dar­le­hen in der Höhe von zehn Mil­lio­nen Pesos (damals 10 Mil­lio­nen Dol­lar) für das Erz­bis­tum Bue­nos Aires die Unter­schrift von Kar­di­nal Quar­ran­ci­no gefälscht. Berg­o­glio war damals, da der Kar­di­nal bereits krank war, Erz­bi­schof-Koad­ju­tor mit Nach­fol­ge­recht. Als kur­ze Zeit spä­ter die Bank in eine Kri­se geriet, wur­de die Rück­zah­lung des Dar­le­hens ein­ge­for­dert. Doch Kar­di­nal Quar­ran­ci­no erklär­te, nie eine sol­che Unter­schrift gelei­stet zu haben. Noch auf dem Ster­be­bett ver­si­cher­te er, hin­ter­gan­gen wor­den zu sein, und mach­te sei­nen ersten Sekre­tär dafür verantwortlich. 

Tole­do, Jahr­gang 1945, war 1967 Sekre­tär des dama­li­gen Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tors sei­nes Hei­mat­bis­tums Avel­la­ne­da-Lanus gewor­den. Als Quar­ran­ci­no 1968 von Paul VI. zum Bischof von Avel­la­ne­da ernannt wur­de, über­nahm er Tole­do als sei­nen Sekre­tär. Eine Posi­ti­on, die Tole­do 30 Jah­re inne­hat­te – bis zum Tod Quarrancinos.

Msgr. Toledo, Verhaftung Ende 1999
Msgr. Tole­do, Ende 1999 verhaftet

Das Erz­bis­tum wei­ger­te sich aber unter Berg­o­glio, der im Früh­jahr 1998 dem ver­stor­be­nen Quar­ran­ci­no im Amt des Erz­bi­schofs von Bue­nos Aires nach­folg­te, die Rück­zah­lung vor­zu­neh­men. Gegen Tole­do, der 1999 im Zusam­men­hang mit dem Bank­kon­kurs wegen Urkun­den­fäl­schung und Betrugs ver­haf­tet wur­de, wenn auch nur für 24 Stun­den, unter­nahm Berg­o­glio nichts. 

Auf Tole­do waren die Ermitt­ler auch des­halb gekom­men, weil mit einem Scheck, der sei­ne Unter­schrift trug, 700.000 Pesos (Dol­lar) von einem Kon­to des Erz­bis­tums beho­ben wor­den waren, die Geld­be­we­gung in der Bilanz des Erz­bis­tums aber nicht auf­schien. Tole­do wur­de von Berg­o­glio nach sei­ner Frei­las­sung ledig­lich in sein Hei­mat­bis­tum Avel­la­ne­da zurück­ge­schickt, das zur Kir­chen­pro­vinz Bue­nos Aires gehört. Dort konn­te er als Pfar­rer wei­ter­wir­ken und brach­te es 2000/​2001, als der Bischofs­sitz vakant war, immer­hin zum Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tor des Bis­tums. Bischof wur­de er aller­dings nicht, aber Dekan eines Deka­nats und Mit­glied des diö­ze­sa­nen Prie­ster­rats der nun ver­grö­ßer­ten Diö­ze­se mit dem neu­en Namen Avellaneda-Lanus.

Anfang 2005 wur­de gegen ihn und die ein­sti­ge Lei­tung der BCP vor Gericht Ankla­ge erho­ben, wes­halb er alle Ämter im Bis­tum nie­der­le­gen muß­te. Da es aber zu kei­ner Ver­ur­tei­lung kam und sich das Ver­fah­ren wei­ter ver­schlepp­te, konn­te er im fol­gen­den Jahr in die Pfarr­seel­sor­ge zurück­keh­ren. In kur­zen Abstän­den wur­de er in den näch­sten fünf Jah­ren von einer Pfar­rei in die näch­ste ver­setzt, ins­ge­samt neun ver­schie­de­ne Orte. Erst 2010 erhielt er auf sechs Jah­re eine Pfar­rei ver­lie­hen. Das Man­dat wur­de 2016 um wei­te­re sechs Jah­re ver­län­gert. Obwohl 2013 das Straf­ver­fah­ren gegen ihn wegen der zehn Mil­lio­nen Dol­lar ohne Ver­ur­tei­lung ein­ge­stellt wor­den war, ent­zog ihm der Diö­ze­san­bi­schof die Pfar­rei ein Jahr nach der Ver­län­ge­rung wieder.

Tole­do war näm­lich Anfang 2017 mit dem Ver­dacht ver­haf­tet wor­den, einen Mann ermor­det und des­sen Testa­ment gefälscht zu haben.

Biographische Schlaglichter: Norberto Silva

Im April 2016 war der 55 Jah­re alte Archi­tekt Nor­ber­to Sil­va uner­war­tet gestor­ben. Der Tod des als „kern­ge­sund“ beschrie­be­nen Man­nes löste beson­ders bei einem um elf Jah­re älte­ren Bru­der Ver­dacht aus, als Msgr. Tole­do als Allein­er­be von Nor­ber­to Sil­vas Mil­lio­nen­ver­mö­gen auftrat. 

Die bei­den Män­ner, der Prie­ster Tole­do und der Archi­tekt Sil­va, bei­de homo­se­xu­ell, waren seit vie­len Jah­ren mit­ein­an­der bekannt und unter­hiel­ten eine „selt­sa­me Bezie­hung“, wie Info­bae die Art der Bezie­hung etwas ver­klau­su­liert for­mu­lier­te. Ken­nen­ge­lernt hat­ten sie sich, als der 16 Jah­re jün­ge­re Sil­va in Bue­nos Aires das Pri­vat­gym­na­si­um San­ta Cata­li­na besuch­te, wo der jun­ge Prie­ster Tole­do damals unter­rich­te­te. Dar­aus wur­de eine (homo­se­xu­el­le) Freund­schaft, die „bis zum Tag des Todes dau­er­te“, so die Wochen­zei­tung Tiem­po Argen­ti­no im Dezem­ber 2017.

Nach­dem Sil­va mit Bra­vour sein Archi­tek­tur­stu­di­um absol­viert hat­te, ver­schaff­te ihm Tole­do den ersten Auf­trag für den Bau einer Kapel­le. Es folg­ten zahl­rei­che wei­te­re kirch­li­che Auf­trä­ge. Damals ent­stand auf Ver­mitt­lung Tole­dos auch der Kon­takt zu Quar­ran­ci­no, der noch Bischof von Avel­la­ne­da war. Sil­va arbei­te­te als gefrag­ter Archi­tekt auch für welt­li­che Auf­trag­ge­ber und ver­dien­te ins­ge­samt ein Millionenvermögen.

Der Name von Nor­ber­to Sil­va war zusam­men mit dem Tole­dos bereits 20 Jah­re vor sei­nem Tod im Finanz­skan­dal des BCP in den Poli­zei­ak­ten auf­ge­taucht. Der Archi­tekt arbei­te­te damals für das Erz­bis­tum Bue­nos Aires, was ihm ein „aus­ge­zeich­ne­tes öko­no­mi­sches Aus­kom­men“ ver­schaff­te, so Info­bae. Als Quar­ran­ci­no Erz­bi­schof von Bue­nos Aires wur­de, wech­sel­ten Tole­do und Sil­va mit ihm in die argen­ti­ni­sche Bundeshauptstadt. 

Kar­di­nal Quar­ran­ci­no hat­te den Lai­en, auf Emp­feh­lung Tole­dos, zu sei­nem zwei­ten Sekre­tär ernannt. 

Die Poli­zei stell­te bei den Ermitt­lun­gen Ende der 90er Jah­re fest, daß auf das erwähn­te Kon­to des Erz­bis­tums, von dem die 700.000 Dol­lar abge­ho­ben wor­den waren, nur drei Män­ner Zugriff hat­ten: Kar­di­nal Quar­ran­ci­no und sei­ne bei­den homo­se­xu­el­len Sekre­tä­re Tole­do und Sil­va. Gegen Sil­va wur­den die Ermitt­lun­gen aller­dings schnell eingestellt.

Mit Hil­fe von Erz­bi­schof Berg­o­glio, der Staats- und Regie­rungs­chef Car­los Menem mobi­li­sier­te, der mit den Bank­ei­gen­tü­mern eng ver­bun­den war, wur­de die Ange­le­gen­heit auch für Tole­do aus der Welt geräumt. Die zehn Mil­lio­nen stamm­ten aus einem Pen­si­ons­fonds des Mili­tärs. Bei­de Sei­ten, Mili­tär und Erz­bis­tum, kamen durch die Inter­ven­ti­on des Staats­prä­si­den­ten über­ein, glei­cher­ma­ßen Opfer der Bank gewor­den zu sein. Das Mili­tär zog die Anzei­ge gegen das Erz­bis­tum zurück.

Der Tod und das Erbe

Nor­ber­to Sil­va war am 6. April 2017 an einem Herz­ver­sa­gen gestor­ben. Sil­vas Bru­der beschul­dig­te Tole­do des Mor­des, weil Nor­ber­to am 4. April bei Tole­do in des­sen Pfar­rei zu Abend geges­sen hat­te. Am 5. April war es Tole­do, der Nor­ber­to in ein Kran­ken­haus brin­gen ließ. 

Tole­do war es auch, der die Lei­che aus dem Kran­ken­haus hol­te, Sil­vas Begräb­nis orga­ni­sier­te und die Beer­di­gung vor­nahm. Nur den „letz­te festen Part­ner“ von Sil­va, ein Innen­ar­chi­tekt, infor­mier­te Tole­do mit der Auf­la­ge, nichts Sil­vas Fami­lie mit­zu­tei­len. Als „Nor­ber­tos Lei­che noch nicht kalt war“, tauch­te Tole­do in der gemein­sa­men Woh­nung auf, die Sil­va mit dem Innen­ar­chi­tek­ten bewohnt hat­te. Es kam zu einer Aus­ein­an­der­set­zung, die so mas­siv wur­de, daß der Innen­ar­chi­tekt die Poli­zei rief. Dar­auf infor­mier­te die­ser, trotz Tole­dos Anwei­sung, einen Nef­fen Silvas. 

Silvas Testament
Sil­vas Testament

Der Bru­der Rodol­fo Sil­va beklag­te, daß Tole­do die Fami­lie und auch sonst kaum jemand über die Ein­lie­fe­rung in das Kran­ken­haus infor­miert hat­te. Bei der Begräb­nis, an der zahl­rei­che Kir­chen­ver­tre­ter teil­nah­men, sprach Tole­do aus­führ­lich über sei­ne enge Bezie­hung zu Nor­ber­to Sil­va. Über die Homo­se­xua­li­tät der bei­den sag­te er nichts, dafür gab er bekannt, Sil­vas Allein­er­be zu sein.

Das hand­schrift­li­che Testa­ment, das Tole­do kurz dar­auf bei Gericht vor­leg­te, war ohne Zeu­gen auf­ge­setzt wor­den und datier­te aus dem Jahr 2009. Als Tole­do das Ver­fah­ren zur Testa­ments­voll­streckung ein­lei­te­te, erstat­te­te die Fami­lie Sil­va Anzei­ge wegen des Ver­dachts, Nor­ber­to Sil­va ermor­det zu haben, um an sein Ver­mö­gen zu gelangen.

Der Grund war eine frü­he­re Über­ra­schung, die Sil­vas Brü­der 2003 nach dem Tod der Mut­ter erlebt hat­ten. Damals rief der älte­ste Bru­der Oscar den mitt­le­ren Bru­der Rodol­fo an und teil­te ihm mit, daß ihn ein Anwalt kon­tak­tiert hat­te, weil das Erbe der Mut­ter zu klä­ren sei. Bei­de älte­ren Brü­der waren erstaunt, denn sie waren über­zeugt, daß die Mut­ter nichts zu ver­er­ben hat­te. Wie sich aber her­aus­stell­te, waren unter ihrem Namen Dut­zen­de Immo­bi­li­en regi­striert. „Ihr gehör­te fast halb Bue­nos Aires“, wie der mitt­le­re Sil­va-Bru­der die Sache schilderte.

Nor­ber­to hat­te die Mut­ter als Stroh­mann ver­wen­det, „weil ich sonst zuviel Steu­ern zah­len hät­te müs­sen“, wie er den stau­nen­den Brü­dern die Situa­ti­on erklär­te. Die älte­ren Brü­der waren über­zeugt, daß die Immo­bi­li­en aus dem kirch­li­chen Bereich stamm­ten. Sie bra­chen den Kon­takt mit ihrem jüng­sten Bru­der ab, weil sie ihm nicht ver­zei­hen konn­ten, ihre Mut­ter miß­braucht zu haben. „Wenn er eine Unter­schrift braucht, weiß er ja, wie man sie fälscht“, waren die letz­ten direk­ten Wor­te, die Rodol­fo sei­nem Bru­der Nor­ber­to sag­te. Kon­takt mit ihrem Prie­ster-Onkel hiel­ten dann nur mehr eine Nich­te und ein Neffe.

Wäh­rend der älte­ste und der jüng­ste Sil­va-Bru­der für die Kir­che arbei­te­ten, nennt sich der mitt­le­re Bru­der, Rodol­fo, einen „Athe­isten und Ket­zer“. Des­halb lehn­te er eine Zusam­men­ar­beit mit der Kir­che ab. Er war es auch, der Anzei­ge gegen Tole­do erstat­te­te, sei­nen jün­ge­ren Bru­der wegen sei­nes Ver­mö­gens ver­gif­tet zu haben.

Die Justiz sah es anders: Die Anzei­ge wur­de abge­wie­sen und das Testa­ment aner­kannt. Rodol­fo leg­te Beru­fung dage­gen ein und spricht von einem „Manö­ver ein­fluß­rei­cher Krei­se, um alles zu vertuschen“.

Tat­sa­che ist, daß Msgr. Tole­do, über des­sen Ver­bleib aktu­ell kei­ne Kennt­nis­se vor­lie­gen, trotz mehr­fa­cher Ermitt­lun­gen und Ankla­gen von kei­nem Gericht ver­ur­teilt wur­de. Die Ver­fah­ren vor welt­li­chen Gerich­ten wur­den ent­we­der aus Man­gel an Bewei­sen oder wegen Ver­jäh­rung archi­viert. Und Ver­fah­ren vor kirch­li­chen Gerich­ten gab es dank schüt­zen­der Hän­de nie.

Die Mord­an­schul­di­gun­gen gegen Tole­do konn­ten von Sil­vas Bru­der nicht bewie­sen wer­den. Gegen die Abwei­sung sei­ner Anzei­ge leg­te Rodol­fo Sil­va Ein­spruch ein. Die Sache ist noch anhängig. 

Msgr. Rober­to Tole­do ist die ent­schei­den­de Gestalt, der Jor­ge Mario Berg­o­glio den Weg zurück „ans Licht“ ver­dankt. Tole­do gehört zum Kreis derer, die im Dun­keln sit­zen und uner­kannt aus dem Hin­ter­grund han­deln. Wer beach­tet schon per­sön­li­che Sekretäre.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Infobae/​InfoCatolica (Screen­shots)

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