(Rom) Das Staunen und Raunen über die Nominierung des Organisationskomitees für den Sondergipfel gegen sexuellen Mißbrauch führte zu ersten Konsequenzen.
Der Vatikan gab am 23. November die Zusammensetzung des vierköpfigen Organisationskomitees bekannt, das den Sondergipfel vorbereiten soll, der von Papst Franziskus für Februar 2019 zum brennenden Thema sexueller Mißbrauch durch Kleriker einberufen wurde.
Für Staunen sorgte, daß der offizielle „Regierungsbeauftragte“ zur Sache, Kardinal Sean Patrick O’Malley, obwohl Vorsitzender der Päpstlichen Kinderschutzkommission, nicht ernannt wurde. Hingegen wurde Kardinal Blase Cupich, der Erzbischof von Chicago ernannt, der Ex-Kardinal Theodore McCarrick nahesteht, was nicht minder lautes Raunen auslöste.
Gestern sprang der päpstliche Hausvatikanist Andrea Tornielli in die Bresche und verkündete auf dem von ihm koordinierten Nachrichtenportal Vatican Insider, daß Papst Franziskus Kardinal O’Malley „persönlich“ zum Sondergipfel eingeladen habe.
„Die persönliche Einladung, mit der Unterschrift von Franziskus, wurde auch ihm zugeschickt.“
Tornielli nennt selbst den Grund:
„Die fehlende Einbindung des US-amerikanischen Purpurträgers in das Organisationskomitee des Gipfeltreffens hatte Diskussionen ausgelöst“.
Durch die Bekanntgabe des vatikanischen Presseamtes und darauf folgende Medienberichte sei der Eindruck entstanden, so der Hausvatikanist, daß Kardinal O’Malley gar nicht eingeladen.
„Eine Entscheidung, die Fragen und Verwirrung auslöste.“
Papst Franziskus habe der von Kardinal O’Malley geleiteten Päpstlichen Kinderschutzkommission aber eine „bedeutende Rolle anvertraut“, indem er den Jesuiten Hans Zollner, ein Kommissionsmitglied, in das Organisationskomitee berief, so der Tornielli.
Die „persönliche Einladung“ für den US-Kardinal sei an ihn als „Mitglied des C9-Kardinalsrates“ ergangen und sei gleichzeitig mit allen anderen Einladungen verschickt worden. Tornielli führt den Kardinal selbst als Kronzeugen an, gibt seine Worte allerdings nicht ganz genau wieder.
Torniellis Schilderung zeigt, daß die Kommentare der letzten Tage über die fehlende Berücksichtigung von Kardinal O’Malley offenbar zu einem Umdenken führten. Die neue Darstellung setzt voraus, daß alle C9-Mitglieder eingeladen wurden. In den bisherigen Auflistungen der Teilnehmer (Vorsitzende der Bischofskonferenzen, ausgewählte Dikasterienleiter) fehlte der Kardinalsrat, während beispielsweise der Vorsitzende der Union der Generaloberen, der soeben ins Amt gewählte Jesuitengeneral Arturo Sosa, ausdrücklich genannt wurde.
Daß der US-Kardinal erst nachträglich eingeladen wurde, zeigt auch die ungewöhnliche Tatsache, daß er nicht als Vorsitzender des für de Sondergipfel sachspezifisch zuständigen Gremiums, nämlich der Päpstlichen Kinderschutzkommission, sondern als Mitglied des C9-Kardinalsrates eingeladen wird.
Und tatsächlich hatte Kardinal O’Malley in seiner Stellungnahme am 23. November, nachdem die Zusammensetzung des Organisationskomitees bekannt wurde, seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, am Sondergipfel teilnehmen zu können. Er hätte anders formuliert, wenn er bereits eine Einladung gehabt hätte.
Es sind diese Feinheiten, die im Handeln der Römischen Kurie entscheidende Hinweise liefern über päpstliches Wohlwollen und Mißbilligung.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL