
(Rom/Washington) „Die USA könnten der größte Stolperstein für Papst Franziskus werden. Das jüngste Tauziehen zwischen dem Heiligen Stuhl und den US-amerikanischen Bischöfen bestätigte das“, so Emmanuele Barbieri.
Die Amerikanische Bischofskonferenz hatte sich am 12. November in Baltimore zu ihrer Herbstvollversammlung eingefunden. Hauptthema war der sexuelle Mißbrauchsskandal. Die Bischöfe wollten Präventionsrichtlinien gegen den Mißbrauch durch Kleriker diskutieren und verabschieden. Die Hauptmaßnahme sollte die Errichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission sein.
Kurz vor Eröffnung der Versammlung erhielt Kardinal Daniel DiNardo, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, die Anweisung vom Heiligen Stuhl, keine Entscheidungen in der Sache zu treffen, sondern den Sondergipfel abzuwarten, der von Papst Franziskus für Mitte Februar 2019 einberufen wurde, an dem alle Bischofskonferenzen der Welt teilnehmen werden.
Als Kardinal DiNardo den päpstlichen „Wunsch“ seinen Mitbrüdern mitteilen mußte, konnte er seine Enttäuschung und Verbitterung kaum verbergen. Er sprach von einem Wunsch, der vom Heiligen Stuhl „mit Nachdruck“ vorgebracht wurde. Andrea Tornielli, der Hausvatikanist von Papst Franziskus, begründete am 17. November das römische Vorgehen damit, daß die Dokumente der amerikanischen Bischöfe erst kurz vor Beginn der Herbstversammlung im Vatikan eingetroffen seien. Das sei zu spät gewesen. Er schrieb noch mehr, doch hören wir Tornielli selbst:
„Innerhalb weniger Stunden konnten jene, die im Vatikan die Texte überprüften, zwei Arten von Problemen feststellen: eine fehlende Konformität mit dem Codex des Kirchenrechts und zu allgemein gehaltene Standards für die Beurteilung der Verantwortung der einzelnen Bischöfe im Umgang mit Mißbrauchsfällen. (…) Zudem wäre die Abstimmung des US-Episkopats über diese Richtlinien kaum mehr als zwei Monate vor dem von Papst Franziskus einberufenen Mißbrauchsgipfel erfolgt, an dem alle Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der Welt teilnehmen werden. Kardinal Marc Ouellet, der Präfekt der Bischofskongregation, hat dem Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo, im Auftrag des Papstes einen Brief geschrieben, mit dem er ihn ersuchte, die Abstimmung aufzuschieben (die Abstimmung, nicht die Diskussion)“.
Eine andere Rekonstruktion
Ed Condon von der Catholic News Agency (CNA) rekonstruierte die Sache allerdings etwas anders.
Zwei „liberal“ Kardinäle, die Papst Franziskus nahestehen, Kardinal Blase Cupich, Erzbischof von Chicago, und Kardinal Donald Wuerl, der im Zuge des Mißbrauchsskandals emeritierte Erzbischof von Washington, der nun Apostolischer Administrator dieses Erzbistums ist, arbeiteten schon seit längerer Zeit zusammen mit der Bischofskongregation einen „alternativen Plan“ zu den Plänen ihrer Mitbrüder im US-Episkopat aus.
- Der offizielle Plan der Bischofskonferenz sah eine von Laien geführte, unabhängige Untersuchungskommission vor, die zu Anschuldigungen gegen Bischöfe ermitteln sollte.
- Der „alternative Plan“ Cupich-Wuerl legt die Zuständigkeit für Ermittlungen in die Hand des jeweiligen Metropoliten. Sollte es zu Anschuldigungen gegen einen Metropoliten kommen, seien die ältesten Suffragane für die Ermittlungen zuständig.
Condon wörtlich:
„Quellen aus Rom und aus Washington haben CNA gesagt, daß Wuerl und Cupich wochenlang zusammen an ihrem alternativen Plan gearbeitet und ihn der vatikanischen Kongregation für die Bischöfe vorlegt haben, bevor in Baltimore die Vollversammlung der US-Bischofskonferenz begonnen hatte.“
„Hinter dem Rücken der Bischofskonferenz“
Aus dem Zusammenhang versteht sich, so der Vatikanist Marco Tosatti, daß Cupich, Wuerl und die Bischofskongregation „seit Monaten hinter dem Rücken der US-Bischofskonferenz arbeiteten“. Rom war laufend über den Plan der US-Bischofskonferenz informiert, während die US-Bischofskonferenz keine Ahnung von den Aktivitäten der beiden Kardinäle und Erzbischöfe hatte.
Dazu Tosatti:
„Damit fällt die peinliche Begründung in sich zusammen, die auch von den großen internationalen Presseagenturen verbreitet wurde, die immer bereit sind, den offiziellen Versionen zu folgen, daß Rom vom Vorschlag der US-Bischöfe überrascht worden sei. Nein, es bereitete vielmehr einen Gegenplan aus, der von Angehörigen der Machtgruppe geliefert wurde, die McCarrick nahesteht.“
Die Minderheit von 80 Bischöfen, die in Baltimore gegen die vatikanische Blockade stimmte, dürfte die Folgen schnell erfaßt haben. Ben Harnwell warnte auf Breitbart vor den internationalen Risiken der römischen Intervention. Mit seinem Verbot an die US-Bischöfe, in Sachen sexuellem Mißbrauchsskandal ihren Pflichten nachzukommen und Maßnahmen zu beschließen, könnte Papst Franziskus „unabsichtlich die kostspieligste und schwerwiegendste Handlung seines Pontifikats gesetzt haben“.
Ähnlich argumentierte Carlos Esteban von InfoVaticana. Das vatikanische Veto habe die Kirche in den USA dem Wohlwollen der staatlichen Institutionen ausgeliefert, einschließlich der Gerichtsbehörden.
Der Foreign Sovereign Immunity Act
Laut dem Foreign Sovereign Immunity Act von 1976 kann die Regierung eines souveränen Staates in den USA nicht vor Gericht gestellt werden. Allerdings gibt es einige Ausnahmen. Eine betrifft sexuelle „Belästigung“. Diese Ausnahme wollte 2010 Rechtsanwalt William McMurray im Fall O’Bryan gegen den Heiligen Stuhl geltend machen. Er forderte damals eine Anhörung von Papst Benedikt XVI. vor einem US-Gericht. An dieser Stelle geht es nicht um die Motive McMurrays, sondern um die Entscheidung der Richter, als sie seinen Antrag ablehnten.
Sie legten dabei fest, daß das Verfahren nur dann neu aufgenommen werden könnte, wenn die Kläger den Nachweis erbringen können, daß die US-Bischöfe im Auftrag des Vatikans handelten. Deshalb, so Harnwell, sei die Intervention von Papst Franziskus hochriskant. Indem die Mehrheit der Bischöfe den Antrag eines Mitbruders ablehnte, trotz des vatikanischen Verbots die vorbereiteten Beschlüsse zu fassen, scheint sie die Unterordnung und Abhängigkeit der Bischofskonferenz vom Heiligen Stuhl bestätigt zu haben. Künftig könnten Rechtsanwälte darauf zurückkommen und den Heiligen Stuhl mit Millionensummen an Schadensersatzforderungen vor US-Gerichte zerren.
Am 13. November wurde eine Sammelklage eingereicht
Der Vatikanist Aldo Maria Valli verweist auf seinem Blog bereits auf eine class action gegen die US-Bischofskonferenz und den Heiligen Stuhl, die von vier Rechtsanwälten angestrengt wird, die sechs Männer vertreten, die behaupten, als Kinder von Priestern sexuell mißbraucht worden zu sein.
„Mit der Sammelklage fordern die Kläger von der katholischen Kirche eine Entschädigung für erlittene Schäden, eine öffentliche Reuebekundung und Wiedergutmachungsinitiativen im Sinne von Verantwortung und Transparenz. Die 84 Seiten lange Anzeigeschrift trägt das Datum vom 13. November und erklärt, daß der Vatikan und die amerikanischen Bischöfe, obwohl sie wußten, was in einigen Diözesen und Pfarreien geschah, den Mißbrauch jahrelang geleugnet und die Fälle vertuscht hätten. Die Täter seien von einer Pfarrei in die nächste versetzt worden, wodurch andere Minderjährige in Gefahr gebracht wurden. Durch ‚illegale Aktionen, Untätigkeit, Unterlassung, Vertuschung und Betrug‘ sei eine ‚Verschwörung des Schweigens‘ in die Tat umgesetzt worden, die den Klägern schwere persönliche, mentale, psychologische und finanzielle Schäden verursachte. Den Kirchenvertretern wird in der Sache ein ’systematisches‘ Fehlverhalten vorgeworfen.“
Wenn Papst Franziskus mit seiner Intervention gegen die US-Bischofskonferenz einen Schlußstrich ziehen wollte, könnte er sich getäuscht haben. Er könnte vielmehr, wenn auch unbeabsichtigt, eine Tür geöffnet haben, die zum Millionengrab für die Kirche werden könnte.
Und warum das alles: Um die homosexuelle und homophile Machtgruppe um McCarrick zu schützen?
Bei Anklagen gegen ausländische Regierungen redet die US-Regierungen noch immer ein gewichtiges Wort mit, da nationale Interessen berührt werden könnten. Ob Papst Franziskus nach seinen Unfreundlichkeiten dabei auf US-Präsident Donald Trump zählen wird können?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: CR
Keine Bischofskonferenz hat irgendetwas zu sagen, das ist bestenfalls eine Arbeitsgruppe. Nur der einzelne Bischof seiner Diözese hat zu sagen und zu handeln. Liebe gläubige Bischöfe befreit Euch endlich von der Gängelung und Bevormundung säkularer Bischöfe. Es gibt eine „klerikal correctness“ und die ist genauso fatal wie die „political correctness“ und weder Bürger noch Gläubige sind dumm, sie registrieren alles.