(Rom) Auf dem Petersplatz in Rom wurde der diesjährige Christbaum aufgerichtet. Es handelt sich um eine Fichte. Geschenkt wurde sie der Vatikanstadt von der Autonomen Region Friaul im Nordosten Italiens.
Die Fichte ist 23 Meter hoch und wiegt rund 4,5 Tonnen. In der Nacht von Montag auf Dienstag traf sie nach einem Transportweg von 600 Kilometern in Rom ein. Gestern passierte sie um 7 Uhr die Staatsgrenze zwischen Italien und dem Vatikanstaat. In den heutigen Morgenstunden wurde sie schließlich auf dem Petersplatz neben dem berühmten Obelisken aufgerichtet. Pressevertreter aus der ganzen Welt verfolgten das Ereignis.
50 kleinere Weihnachtsbäume werden am 26. November im Vatikan eintreffen. Sie sind für den Petersdom, das Gästehaus Santa Marta, den Apostolischen Palast und andere Kirchen und Kapellen der Vatikanstadt bestimmt.
Die große Fichte auf dem Petersplatz wird nun als Weihnachtsbaum geschmückt. Am 7. Dezember, dem Fest des heiligen Kirchenvaters Ambrosius und Vigil zum Hochfest Mariä Empfängnis, werden um 16.30 Uhr die Lichter des Baumes entzündet , die bis zum 13. Januar 2019 leuchten werden.
Der Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz – ein ursprünglich typisch deutscher Brauch, der sich inzwischen über die ganze Welt verbreitete – wurde 1982 von Papst Johannes Paul II. eingeführt. Ein polnischer Bauer hatte ihm damals eine große Fichte geschenkt. Daraus wurde eine neue Tradition.
Seither wird dem Papst jedes Jahr ein Weihnachtsbaum zum Geschenk gemacht, jedesmal aus einer anderen Gegend. Bis 2035 ist der Kalender bereits ausgebucht.
Die Region Friaul und eine vergessene deutsche Sprachinsel
Die Region Friaul umfaßt territorial den Großteil des einstigen Hochstiftes Aquileja (deutsch Agley), eines geistlichen Fürstentums des Heiligen Römischen Reiches, das vom Patriarchen von Aquileja regiert wurde.
1420 eignete sich die Seerepublik Venedig gewaltsam dieses Reichsgebiet an und beseitigte das Hochstift. Nur kurzzeitig kehrte es noch einmal zum alten Reich zurück, als Kaiser Maximilian I. es 1509 zurückerobern konnte. Bereits 1516 wurde es aber an Venedig zurückgegeben und dieser Zustand 1521 im Frieden von Worms bestätigt. Von 1797–1805 und dann wieder ab 1814 gehörte das Land zu Österreich. Seit 1866 ist es ein Teil Italiens.
Gefällt wurde die große Fichte im Wald des Cansiglio, einem ausgedehnten, waldreichen Hochplateau der südlichen Voralpen, das an der Grenze zwischen Friaul und Venetien liegt. Der Wald wurde 923 vom karolingischen Kaiser Berengar I., Campum silium genannt, dem Bischof von Belluno geschenkt.
In Friaul leben historisch verschiedene Ethnien: Neben den Friaulern, die sprachlich mit den Dolomitenladinern und den Bündnerromanen verwandt sind, sind das Italiener (ursprünglich vor allem im Südosten), Slowenen (im Osten) und Deutsche – letztere in mehreren Sprachinseln im Norden.
Auch der Cansiglio, aus dem der Weihnachtsbaum stammt, gehört zu diesen Sprachinseln. Deutsch wird hier allerdings nur mehr in wenigen Familien gesprochen.
Besiedelt wurde die Waldgegend ab 1700 aus den Sieben Gemeinden, damals eine selbstverwaltete, kleine, deutsche Bauernrepublik in der Seerepublik Venedig (heute der nördlichste Teil der Provinz Vicenza). Diese Sprachinseldeutschen in der Seerepublik Venedig wurden Zimbern genannt, weil italienische Renaissance-Gelehrte, die sich die Existenz dieser hochmittelalterlichen Sprachinseln nicht mehr erklären konnten, sie mit den alten Kimbern in Verbindung brachten.
Dieser germanische Stamm war 113 vor Christus auf der Suche nach Land von Jütland in die Steiermark gelangt. Obwohl die Kimbern, die ihre Familien mitführten, friedlich waren, wurden sie von den verunsicherten Römern unter falschen Zusicherungen in einen Hinterhalt gelockt. Es gelang ihnen, sich freizukämpfen und dem römischen Heer eine vernichtende Niederlage zuzufügen. Von da an führten sie Krieg gegen die Römer, bis sie 101 vor Christus endgültig von diesen besiegt wurden.
Die Zimbern des Cansiglio haben mit ihnen nichts zu tun. Ihre Vorfahren kamen erst tausend Jahre später nach Oberitalien und stammten zum Großteil aus dem bayerisch-österreichischen Raum, zum kleineren Teil aus Schwaben.
Text: Andreas Becker
Bild: MiL/Ciimbri del Cansiglio