Auf dem Petersplatz steht wieder der Weihnachtsbaum – Wer schenkte ihn dem Papst?

Eine autonome Region und eine vergessene, deutsche Sprachinsel


Heute wurde auf dem Petersplatz der Christbaum für das kommende Weihnachtsfest aufgerichtet. Die große Fichte stammt aus dem Cansiglio, einer deutschen Sprachinsel in Norditalien, und ist ein Geschenk der Autonomen Region Friaul.
Heute wurde auf dem Petersplatz der Christbaum für das kommende Weihnachtsfest aufgerichtet. Die große Fichte stammt aus dem Cansiglio, einer deutschen Sprachinsel in Norditalien, und ist ein Geschenk der Autonomen Region Friaul.

(Rom) Auf dem Peters­platz in Rom wur­de der dies­jäh­ri­ge Christ­baum auf­ge­rich­tet. Es han­delt sich um eine Fich­te. Geschenkt wur­de sie der Vati­kan­stadt von der Auto­no­men Regi­on Fri­aul im Nord­osten Italiens.

Christbaum Petersplatz 2017 Cansiglio deutsche Sprachinsel
Der Christ­baum steht
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Die Fich­te ist 23 Meter hoch und wiegt rund 4,5 Ton­nen. In der Nacht von Mon­tag auf Diens­tag traf sie nach einem Trans­port­weg von 600 Kilo­me­tern in Rom ein. Gestern pas­sier­te sie um 7 Uhr die Staats­gren­ze zwi­schen Ita­li­en und dem Vati­kan­staat. In den heu­ti­gen Mor­gen­stun­den wur­de sie schließ­lich auf dem Peters­platz neben dem berühm­ten Obe­lis­ken auf­ge­rich­tet. Pres­se­ver­tre­ter aus der gan­zen Welt ver­folg­ten das Ereignis.

50 klei­ne­re Weih­nachts­bäu­me wer­den am 26. Novem­ber im Vati­kan ein­tref­fen. Sie sind für den Peters­dom, das Gäste­haus San­ta Mar­ta, den Apo­sto­li­schen Palast und ande­re Kir­chen und Kapel­len der Vati­kan­stadt bestimmt.

Die gro­ße Fich­te auf dem Peters­platz wird nun als Weih­nachts­baum geschmückt. Am 7. Dezem­ber, dem Fest des hei­li­gen Kir­chen­va­ters Ambro­si­us und Vigil zum Hoch­fest Mariä Emp­fäng­nis, wer­den um 16.30 Uhr die Lich­ter des Bau­mes ent­zün­det , die bis zum 13. Janu­ar 2019 leuch­ten werden.

Der Weih­nachts­baum auf dem Peters­platz – ein ursprüng­lich typisch deut­scher Brauch, der sich inzwi­schen über die gan­ze Welt ver­brei­te­te – wur­de 1982 von Papst Johan­nes Paul II. ein­ge­führt. Ein pol­ni­scher Bau­er hat­te ihm damals eine gro­ße Fich­te geschenkt. Dar­aus wur­de eine neue Tradition.

Seit­her wird dem Papst jedes Jahr ein Weih­nachts­baum zum Geschenk gemacht, jedes­mal aus einer ande­ren Gegend. Bis 2035 ist der Kalen­der bereits ausgebucht.

Die Region Friaul und eine vergessene deutsche Sprachinsel

Die Hochebene des Cansiglio
Die Hoch­ebe­ne des Cansiglio

Die Regi­on Fri­aul umfaßt ter­ri­to­ri­al den Groß­teil des ein­sti­gen Hoch­stif­tes Aqui­le­ja (deutsch Agley), eines geist­li­chen Für­sten­tums des Hei­li­gen Römi­schen Rei­ches, das vom Patri­ar­chen von Aqui­le­ja regiert wurde.

1420 eig­ne­te sich die See­re­pu­blik Vene­dig gewalt­sam die­ses Reichs­ge­biet an und besei­tig­te das Hoch­stift. Nur kurz­zei­tig kehr­te es noch ein­mal zum alten Reich zurück, als Kai­ser Maxi­mi­li­an I. es 1509 zurück­er­obern konn­te. Bereits 1516 wur­de es aber an Vene­dig zurück­ge­ge­ben und die­ser Zustand 1521 im Frie­den von Worms bestä­tigt. Von 1797–1805 und dann wie­der ab 1814 gehör­te das Land zu Öster­reich. Seit 1866 ist es ein Teil Italiens.

Gefällt wur­de die gro­ße Fich­te im Wald des Can­siglio, einem aus­ge­dehn­ten, wald­rei­chen Hoch­pla­teau der süd­li­chen Vor­al­pen, das an der Gren­ze zwi­schen Fri­aul und Vene­ti­en liegt. Der Wald wur­de 923 vom karo­lin­gi­schen Kai­ser Beren­gar I., Cam­pum sili­um genannt, dem Bischof von Bel­lu­no geschenkt.

In Fri­aul leben histo­risch ver­schie­de­ne Eth­ni­en: Neben den Fri­au­lern, die sprach­lich mit den Dolo­mi­ten­la­di­nern und den Bünd­ner­ro­ma­nen ver­wandt sind, sind das Ita­lie­ner (ursprüng­lich vor allem im Süd­osten), Slo­we­nen (im Osten) und Deut­sche – letz­te­re in meh­re­ren Sprach­in­seln im Norden.

Sprachbeispiel: Drai Tzimbrise diirnle (Drei zimbrische Dirndln, bairisch für Mädchen, junge Frau).
Drai Tzim­bri­se diirn­le (Drei zim­bri­sche Dirndln, bai­risch für Mäd­chen, jun­ge Frau).

Auch der Can­siglio, aus dem der Weih­nachts­baum stammt, gehört zu die­sen Sprach­in­seln. Deutsch wird hier aller­dings nur mehr in weni­gen Fami­li­en gesprochen.

Besie­delt wur­de die Wald­ge­gend ab 1700 aus den Sie­ben Gemein­den, damals eine selbst­ver­wal­te­te, klei­ne, deut­sche Bau­ern­re­pu­blik in der See­re­pu­blik Vene­dig (heu­te der nörd­lich­ste Teil der Pro­vinz Vicen­za). Die­se Sprach­in­sel­deut­schen in der See­re­pu­blik Vene­dig wur­den Zim­bern genannt, weil ita­lie­ni­sche Renais­sance-Gelehr­te, die sich die Exi­stenz die­ser hoch­mit­tel­al­ter­li­chen Sprach­in­seln nicht mehr erklä­ren konn­ten, sie mit den alten Kim­bern in Ver­bin­dung brachten.

Die­ser ger­ma­ni­sche Stamm war 113 vor Chri­stus auf der Suche nach Land von Jüt­land in die Stei­er­mark gelangt. Obwohl die Kim­bern, die ihre Fami­li­en mit­führ­ten, fried­lich waren, wur­den sie von den ver­un­si­cher­ten Römern unter fal­schen Zusi­che­run­gen in einen Hin­ter­halt gelockt. Es gelang ihnen, sich frei­zu­kämp­fen und dem römi­schen Heer eine ver­nich­ten­de Nie­der­la­ge zuzu­fü­gen. Von da an führ­ten sie Krieg gegen die Römer, bis sie 101 vor Chri­stus end­gül­tig von die­sen besiegt wurden.

Die Zim­bern des Can­siglio haben mit ihnen nichts zu tun. Ihre Vor­fah­ren kamen erst tau­send Jah­re spä­ter nach Ober­ita­li­en und stamm­ten zum Groß­teil aus dem baye­risch-öster­rei­chi­schen Raum, zum klei­ne­ren Teil aus Schwaben.

Text: Andre­as Becker
Bild: MiL/​Ciimbri del Cansiglio

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