
Von Roberto de Mattei*
In der Nacht von Freitag auf Samstag hat eine unbekannte Hand die Straßen rund um den Vatikan mit einem Plakat tapeziert, auf dem unter dem Bild eines finster blickenden und schmollenden Papstes Bergoglio [1]Das auf dem Plakat zu sehende Papst-Bild ist keine Fotomontage, sondern ein Originalbild, wie Secretum Meum Mihi nachweisen konnte, diese und folgende Anmerkungen von Katholisches.info. zu lesen ist:
„A France’, hai commissariato Congregazioni, rimosso sacerdoti, decapitato l’Ordine di Malta e i Francescani dell’Immacolata, ignorato Cardinali… ma n’do sta la tua misericordia?“
„Franziskus, Du hast Orden unter kommissarische Verwaltung gestellt, Priester entfernt, den Malteserorden und die Franziskaner der Immakulata geköpft, Kardinäle mißachtet … aber wo ist denn Deine Barmherzigkeit?“
Der stechende Protest in römischem Dialekt fügt sich in das ein, was in Rom als Tradition der „Pasquinate“ [2]Anonyme Spottverse, benannt nach der Statue, an der sie angebracht wurden. bekannt ist. Pasquino ist der Rest einer antiken Statuengruppe, an der nächtens Schilder und Plakate angebracht wurden, auf denen Machtmißbrauch angeprangert oder Schwächen von Päpsten und Kardinälen bloßgestellt wurden. Als Papst Clemens VII. (1534) starb, zum Beispiel, tauchte ein Bild seines Arztes auf, der, anstatt den Patienten zu heilen, ihn ins Jenseits befördert hatte, mit der Aufschrift, die Anerkennung zum Ausdruck brachte: „Ecce qui tollit peccata mundi (Siehe, der hinweg nimmt die Sünde der Welt). Gestern wie heute haben die Pasquinate immer eine im Volk und auch im römischen Klerus verbreitete Stimmung wiedergegeben.
In unserem Fall endete in diesen Tagen die Angelegenheit des Malteserordens mit der Entlassung des Großmeisters, der Rehabilitierung Albrecht von Boeselagers, eines Mannes des Vatikans, der einer moralischen Abweichung beschuldigt ist, und der Übertragung von kommissarischen Vollmachten an Msgr. Angelo Becciu. [3]Msgr. Becciu ist Kurienerzbischof und die rechte Hand von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Und alles geschah unter vollständiger Mißachtung der Souveränität des Ordens, der dem Heiligen Stuhl nur unterstellt ist, was das religiöse Leben der Profeßritter betrifft, aber völlig unabhängig in seinem inneren und internationalen Leben ist – oder zumindest sein sollte.
Dieselbe Mißachtung des Rechts scheint auch auf das italienische Zivilrecht ausgeweitet zu werden. Ein von der Ordenskongregation mit Zustimmung des Papstes erlassenes Dekret zwingt Pater Stefano Maria Manelli, den Gründer und Generaloberen der Franziskaner der Immakulata, „innerhalb von 15 Tagen nach Zustellung des Dekrets das von den zivilen Vereinigungen verwaltete ökonomische Vermögen und jede andere Summe in seiner Verfügung in die völlige Verfügungsgewalt der einzelnen Institute zurückzuführen“. Mit anderen Worten: Er soll in der gesetzten Frist Vermögenswerte an den männlichen und den weiblichen Zweig des Ordens übergeben [4]Faktisch an die päpstlichen Kommissare der Orden., über die Pater Manelli – wie vom Berufungsgericht in Avellino in einem rechtskräftigen Urteil festgestellt wurde – gar keine Verfügungsgewalt hat, weil sie Vereinigungen gehören, die vom italienischen Staat legal anerkannt sind.
Und als würde das nicht genügen, erfuhr Msgr. Ramon C. Argüelles, der Erzbischof von Lipa auf den Philippinen, von seiner Amtsenthebung aus einer Presseerklärung des vatikanischen Presseamtes. Die Gründe für die Absetzung sind unbekannt. Msgr. Argüelles hatte jedoch eine Vereinigung anerkannt, in der sich eine Gruppe von ehemaligen Seminaristen der Franziskaner der Immakulata sammelte, die ihren kommissarisch verwalteten Orden verlassen haben, um in voller Freiheit und Unabhängigkeit studieren und sich auf das Priestertum vorbereiten zu können.
„Freiheit , Freiheit, wie viele Verbrechen werden in deinem Namen begangen“,
beklagte Madame Roland, eines der bekanntesten Opfer der Französischen Revolution.
„Barmherzigkeit, Barmherzigkeit, wieviel Gewalt wird in deinem Namen ausgeübt“,
könnten die Opfer der päpstlichen Barmherzigkeit wiederholen.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschienen: Vicario di Cristo. Il primato di Pietro tra normalità ed eccezione (Stellvertreter Christi. Der Primat des Petrus zwischen Normalität und Ausnahme), Verona 2013; in deutscher Übersetzung zuletzt: Das Zweite Vatikanische Konzil – eine bislang ungeschriebene Geschichte, Ruppichteroth 2011.
Bild: Corrispondenza Romana/Wikipedia
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↑1 | Das auf dem Plakat zu sehende Papst-Bild ist keine Fotomontage, sondern ein Originalbild, wie Secretum Meum Mihi nachweisen konnte, diese und folgende Anmerkungen von Katholisches.info. |
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↑2 | Anonyme Spottverse, benannt nach der Statue, an der sie angebracht wurden. |
↑3 | Msgr. Becciu ist Kurienerzbischof und die rechte Hand von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. |
↑4 | Faktisch an die päpstlichen Kommissare der Orden. |
Die Entrückung des Papsttums fast in ein überirdisch enthobenes Schweben über der Kirche erfolgte dogmatisch im Mittelalter, im Denken und Fühlen der Gläubigen aber wohl besonders seit dem 19. Jahrhundert. Um noch einmal auf das „deutsche“ Thema zu kommen und von da zum Ausgangsthema zurückzukehren: Kein Volk liebt normalerweise die Fremdherrschaft, auch das deutsche nicht. Der päpstliche Suprematsanspruch blieb nicht auf die innerkirchlich geistliche Domäne begrenzt, sondern war bestrebt, sich in die Politik auszudehnen, und griff in die Rechte der Fürsten und Völker ein. Der Papst setzte Könige ab und ein, er belegte aus politischen Gründen ganze Länder mit dem Interdikt, u. dgl. m. (Stichwort: Investiturstreit.) Ein gewisser „antirömischer Affekt“ der Deutschen ist nicht ohne Gründe und keine Erfindung Martin Luthers. Nehmen wir z.B. unseren großen Dichter des Mittelalters, Walther von der Vogelweide. Er war Katholik und dem Papst ergeben: „Hêr bâbest, ich mac wol genesen,/ wan ich wil iu gehôrsam wesen“ (Herr Papst, ich werde zweifellos das ewige Leben erringen, denn ich bin willens, Euch den schuldigen Gehorsam zu leisten.) Diese Grundhaltung hindert Walther, obwohl er nur ein Laie und Dienstmann war, nicht daran, den Papst in direkter Anrede, offen und in deutlichen Worten zu tadeln. In dem erwähnten Spruchgedicht erinnert er den Papst daran, dass er doch selbst der Christenheit Gehorsam gegen den Kaiser befohlen habe, und schließt: „durch dot bedenket iuch dâ bî – ob ir der pfaffen êre iht geruochet“ (um Gottes willen, bedenkt Euch dieserhalb, wenn Euch der Kirche Ehre irgend kümmert!“ An anderer Stelle klagt er: „owê der bâbest ist ze junc: hilf, hêrre, dîner kristenheit!“ Wieder ein anderer Spruch beginnt so (Übertragung von Peter Wapnewski): „Ihr hochwürdigen Bischöfe und Geistlichen seid verführt: Seht doch, wie Euch der Papst mit dem Netz des Teufels fängt. Sagt Ihr, daß er Sankt Peters Schlüssel in den Händen halte, so sagt auch, warum er denn Lehre aus der Schrift radiert…“ usw. Will sagen, und das ist eine sehr alte Erkenntnis: wenn es um Wohl und Wehe der Seelen und der Völker geht, ist das öffentliche Wort geboten, wenn das Wort zwischen vier Augen nicht fruchtet.
Sehen wir es so wie es ist naemlich als verzweifelten Aufschrei der Treuen :„Franz Franz was machst Du mit unserer Kirche?“
So wie er hat lange niemand mehr agiert, Kirchenfeinde jubeln, treue Katholiken verzweifeln.
Danke sehr für diese Klarstellung der „Pasquinata“ mit den geschichtlichen Hinweisen. Dann kann man also davon ausgehen, daß daran nichts „Getürktes“ ist, sondern die Meinung der Römer damit widergespiegelt wird. Persönlich hatte ich mir so etwas schon lange gewünscht.
Die Römer warten und beobachten ja lange genug ehe sie die Daumen nach unten senken. Entweder reagiert und agiert der Papst jetzt entsprechend- als Papst, oder der Rest ist Geschichte. Roma (das Volk) locuta, causa finita.
Sehr schöne Bilder.
Der verwitterte Marmorblock links zeigte ursprünglich den spartanischen König Menelaos, der den Leichnam des griechischen Helden Patroklos vor Troja schützt:
ein Symbol für die Treue und die wehrhafe Liebe und Freundschaft zur guten Sache.
Pasquino war ursprünglich die kleine Bäckerei schräg gegenüber.
Auch die Fontanella del Facchino(Facchinobrunnen) wurde
beklebt.
1590 gebaut, basiert sie auf eine Zeichnung des Florentiners Jacopino del Conte und ist möglicherweise eine Arbeit von Michelangelo.
Der bärtige Mann mit einem Fäßlein vor der Brust trägt nach Ansicht einiger die Gesichtszüge von Martin Luther- insoweit ist dies ein echter „Happening“ für das 500-Jahresgedenken der Reformation und P. Franziskus‘ großes Engagement auf diesem Gebiet.
Eine stilvolle Aktion und ein technisch ausgezeichnetes Husarenstück bei den vielen Beobachtungskameras überall.
Chapeau!