„Ich trage die Verantwortung“


China
Papst Franziskus verteidigte auf dem Rückflug aus Estland das Geheimabkommen mit der Volksrepublik China.

(Rom) Zum jüngst unter­zeich­ne­ten Abkom­men zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Volks­re­pu­blik Chi­na herrscht für Kir­chen­füh­rung Erklä­rungs­be­darf. Ent­spre­chend inten­siv ist seit ver­gan­ge­nem Sams­tag die Öffent­lich­keits­ar­beit. Auf dem Rück­flug von Tal­linn gestern abend nahm Papst Fran­zis­kus dazu Stel­lung und über­nahm per­sön­lich die Ver­ant­wor­tung für die neue vati­ka­ni­sche „Ost­po­li­tik“. Der päpst­li­che Haus­va­ti­ka­nist Andrea Tor­ni­el­li ver­öf­fent­lich­te auf Vati­can Insi­der, was Fran­zis­kus zum Abkom­men mit Peking sagte:

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Fra­ge: Vor drei Tagen wur­de ein Abkom­men zwi­schen dem Vati­kan und Chi­na unter­zeich­net. Kön­nen Sie uns eini­ge zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen zum Inhalt geben? War­um beschul­di­gen Sie eini­ge Katho­li­ken, beson­ders Kar­di­nal Joseph Zen, die Kir­che an die Regie­rung ver­kauft zu haben?

Papst Fran­zis­kus: Das ist ein Pro­zeß von Jah­ren, ein Dia­log zwi­schen der vati­ka­ni­schen Kom­mis­si­on und der chi­ne­si­schen Kom­mis­si­on, um die Bischofs­er­nen­nun­gen zu regeln. Die vati­ka­ni­sche Mann­schaft hat viel gear­bei­tet. Ich möch­te eini­ge Namen nen­nen: Msgr. Clau­dio Maria Cel­li hat seit Jah­ren mit Geduld den Dia­log geführt; dann Gian­fran­co Rota Gra­zio­si, ein beschei­de­ner Kuri­en­ver­tre­ter von 72 Jah­ren, der Prie­ster wer­den woll­te, um in eine Pfar­rei zu gehen, und an der Kurie geblie­ben ist, um bei die­sem Pro­zeß zu hel­fen; und dann der Kar­di­nal­staats­se­kre­tär [Pie­tro Paro­lin, Anm. Vati­can Insi­der], der ein sehr from­mer Mann ist, aber auch mit einem beson­de­ren Hin­ga­be zur Lupe. Er stu­diert alle Doku­men­te, jeden Punkt und Bei­strich und jede Anspie­lung. Das ver­schafft mir eine sehr gro­ße Sicher­heit. Die­se Mann­schaft mit die­sen Qua­li­tä­ten ist vor­wärts­ge­gan­gen. Wenn eine Frie­dens­ver­ein­ba­rung getrof­fen wird, ver­lie­ren bekannt­lich bei­de Sei­ten etwas. Das ist das Gesetz: bei­de Sei­ten. Man ist zwei Schrit­te vor­wärts­ge­gan­gen und einen zurück… zwei vor­wärts und einen zurück. Dann folg­ten Mona­te, ohne mit­ein­an­der zu spre­chen. Die Zeit Got­tes ähnelt der chi­ne­si­schen Zeit. Lang­sam, das ist die Weis­heit der Chi­ne­sen. Die Bischö­fe, die in Schwie­rig­kei­ten waren, wur­den Fall für Fall geprüft. Die Dos­siers von jedem ein­zel­nen kamen auf mei­nen Schreib­tisch. Ich bin ver­ant­wort­lich für die Unter­schrift [die Wie­der­her­stel­lung der Gemein­schaft mit dem Papst für die sie­ben Bischö­fe, Anm. Vati­can Insi­der; gemeint sind die sie­ben schis­ma­ti­schen, regi­me­hö­ri­gen Bischö­fe, deren Exkom­mu­ni­ka­ti­on Fran­zis­kus am Sams­tag par­al­lel zur Unter­zeich­nung des bila­te­ra­len Abkom­men auf­hob, Anm. Katho​li​sches​.info].
Dann das Abkom­men: Die Ent­wür­fe kamen auf mei­nen Schreib­tisch, ich gab mei­ne Ideen, man dis­ku­tier­te und ging vor­wärts. Ich den­ke an den Wider­stand, an die Katho­li­ken, die gelit­ten haben: Es stimmt, sie wer­den lei­den. In einem Abkom­men ist immer Lei­den. Sie haben aber einen gro­ßen Glau­ben und schrei­ben mir, las­sen mir ihre Nach­rich­ten zukom­men, um zu sagen: Was der Hei­li­ge Stuhl, was Petrus sagt, sagt Jesus. Der Mär­ty­rer-Glau­be die­ser Men­schen geht wei­ter. Sie sind Gro­ße. Das Abkom­men habe ich unter­schrie­ben. Die Bevoll­mäch­ti­gungs­schrei­ben habe ich unter­schrie­ben. Ich bin der Ver­ant­wort­li­che, die ande­ren haben mehr als zehn Jah­re gear­bei­tet. Es ist kei­ne Impro­vi­sa­ti­on. Es ist ein Weg.
Eine ein­fa­che Anek­do­te und ein histo­ri­sches Fak­tum: Als jene berühm­te Mit­tei­lung eines ehe­ma­li­gen Apo­sto­li­schen Nun­ti­us war [der Papst bezieht sich auf den Fall Viganò, Anm. Vati­can Insi­der], haben mir die Epi­sko­pa­te der Welt geschrie­ben, daß sie mir nahe sind und für mich beten. Chi­ne­si­sche Gläu­bi­ge haben mir geschrie­ben, und die Unter­schrift die­ses Schrei­bens war vom Bischof der Kir­che, sagen wir von der ‚tra­di­tio­nel­len Kir­che‘, und vom Bischof der ‚patrio­ti­schen‘ Kir­che, alle zusam­men und bei­de Gemein­schaf­ten der Gläu­bi­gen. Für mich war das ein Zei­chen Got­tes. Ver­ges­sen wir auch nicht, daß in Latein­ame­ri­ka 350 Jah­re lang die Köni­ge von Por­tu­gal und von Spa­ni­en die Bischö­fe ernann­ten. Ver­ges­sen wir nicht den Fall Öster­reich-Ungarn. Das war, Gott sei Dank, zu ande­ren Zei­ten und wird sich nicht wie­der­ho­len. Was es gibt, ist ein Dia­log über die even­tu­el­len Kan­di­da­ten. Es ernennt aber Rom, es ernennt der Papst. Das ist klar. Und beten wir für das Lei­den eini­ger, die das nicht ver­ste­hen, oder die vie­le Jah­re im Unter­grund hin­ter sich haben.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insi­der (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. Wenn Papst Fran­zis­kus den Hin­weis auf die Köni­ge Por­tu­gals und Spa­ni­ens als Ali­bi für die „fran­zis­ka­nisch-paro­li­ni­sche“ Chi­na­po­li­tik ver­steht, dann scheint er wohl eini­ges zu über­se­hen. Die­se Köni­ge, die gewiss auch etli­che schlim­me Din­ge zu ver­ant­wor­ten haben, haben jedoch nicht den Men­schen in ihrem Herr­schafts­be­reich sogar die blo­ße Teil­nah­me an reli­giö­sen Ver­an­stal­tun­gen unter­sagt und waren auch nicht bestrebt, ein gott­lo­ses Regime als das „non plus ultra“ der Geschich­te zu zementieren.
    Wel­ches Gesell­schafts­bild von Chi­na „man“ im Vati­kan offen­sicht­lich hat, das wur­de an den Wor­ten jenes Berg­o­glio-Mit­ar­bei­ters „dort wür­de die katho­li­sche Sozi­al­leh­re heut­zu­ta­ge am besten umge­setzt“ (wie in katho​li​sches​.info zu lesen war) deutlich.
    Ein­fach nur noch traurig!

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