
(Santiago de Chile) Mit der Sonntagsausgabe der chilenischen Tageszeitung La Tercera wird die Beilage Reportajes ausgeliefert. In der gestrigen Ausgabe wurde das Hauptthema dem umstrittenen Bischof Juan Barros Madrid von Osorno im Süden des Landes gewidmet.
Ihm wird vorgeworfen, den sexuellen Mißbrauch Minderjähriger durch seinen Lehrmeister, den ehemaligen Priester Fernando Karadima, gedeckt zu haben. Die Reportage wiederholt, daß Barros zweimal seinen Rücktritt angeboten hatte, was von Papst Franziskus jedoch abgelehnt wurde.
Franziskus selbst hatte diese Tatsache auf dem Rückflug von Peru nach Rom im vergangenen Januar bekanntgemacht.
Wie Repotrajes berichtet, gebe es nun ein drittes Rücktrittsgesuch von Barros. Der Bischof habe es im Februar dem Erzbischof von Malta, Charles Scicluna übergeben, als dieser in Chile Zeugenanhörungen vornahm. Papst Franziskus hatte Scicluna zehn Tage nach seiner Rückkehr aus Lateinamerika Ende Januar zum Sondergesandten ernannt, um Kritiker von Bischof Barros anzuhören.
Die Ernennung war erfolgt als die Kritik zu groß wurde. Franziskus hatte Anfang 2015 Bedenken in den Wind geschlagen und Barros zum Bischof von Osorno ernannt. Während seines Chile-Besuches hatte er Kritik an Barros als „Verleumdung“ abgetan.
Auch das dritte Rücktrittsangebot wurde von Papst Franziskus bisher nicht angenommen. La Tercera berichtete gestern:
„Vor zwei Wochen kam Charles Scicluna nach Rom zur Ernennung eines anderen Maltesers, Alfred Xuereb, zum Apostolischen Nuntius von Korea und der Mongolei. Doch in den Gängen des Vatikans verbreiten sich die Gerüchte schnell, und so wurde rasch der wahre Grund des Besuches bekannt. Am 20. März überbrachte Scicluna Franziskus persönlich seinen Bericht über den Fall Barros. Zudem brachte er Unterlagen von acht weiteren, mutmaßlichen Mißbrauchsfällen durch chilenische Priester mit.
Die wirkliche Überraschung von Scicluna waren aber weder sein Bericht noch die neuen Dokumente. Es war ein Schreiben. Zum dritten Mal legte Juan Barros dem Papst seinen Rücktritt vor. Laut kirchlichen Quellen habe Barros dieses Mal ausdrücklich seinen Wunsch unterstrichen, daß der Papst seinen Rücktritt annehmen möge. Sein Ton, heißt es, sei so eindeutig, daß es offensichtlich sei, daß er sein Bistum verlassen will. […] Doch wie immer liegt die Letztentscheidung über die Zukunft von Barros in den Händen von Franziskus.“
Die Laiengruppe im Bistum Osorno, die Barros Ernennung zum Bischof seit 2015 kritisiert, sieht sich durch die Reportage bestärkt. Dem Bischof sei „vor seinem Gewissen“ offenbar klargeworden, welchen „Schaden“ er angerichtet habe. „Sollte der Papst seinen Rücktritt nicht akzeptieren, liegt die Verantwortung dafür nicht mehr bei Juan Barros.“
[Update, 10.04.2018] Bischof Barros bestritt unterdessen den Bericht von La Tercera und betonte „kein [drittes] Rücktrittgesuch“ eingereicht zu haben. Gestern begann die 115. Vollversammlung der Chilenischen Bischofskonferenz. In diesem Rahmen habe Barros den am Sonntag von der chilenischen Tageszeitung veröffentlichten Bericht dementiert, er habe Papst Franziskus über den Sondergesandten Scicluna ein neues Rücktrittsgesuch unterbreitet. Dies berichtete Radio Bio Bio Chile.
Nach dem Dementi von Bischof Barros trat der Sprecher der Laiengruppe von Osorno vor die Presse und gab bekannt, „daß mir zwei hochrangige Bischöfe die Existenz des Rücktrittsgesuches bestätigt haben“, wie La Tercera meldete.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La Tercera (Screenshot)