Jugendarmut ist Grund für IS-Terror


Papst Franziskus beim vorsynodalen Treffen, das gestern in Rom stattfand.
Papst Franziskus beim vorsynodalen Treffen, das gestern in Rom stattfand.

(Rom) Kri­ti­ker der Amts­füh­rung von Fran­zis­kus sagen, daß der Papst die Jugend­syn­ode 2018 und die Ama­zo­nas­syn­ode 2019 unter ande­rem als Vor­wand ver­wen­den will, um den Zöli­bat des sakra­men­ta­len Prie­ster­tums zu tor­pe­die­ren. Eben­so wird Papst Fran­zis­kus vor­ge­wor­fen, zwar Papst Paul VI. im Rah­men der Jugend­syn­ode hei­lig­zu­spre­chen, aber des­sen Enzy­kli­ka Hum­a­nae vitae unter­mi­nie­ren zu wollen.

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Tat­sa­che ist, daß Papst Fran­zis­kus gestern am Päpst­li­chen Inter­na­tio­na­len Kol­le­gi­um Maria Mater Eccle­siae eine vor­syn­oda­le Ver­samm­lung zur Jugend­syn­ode eröff­ne­te. Das Kol­le­gi­um ist durch eine gemein­sa­me Initia­ti­ve von Papst Johan­nes Paul II. und den Legio­nä­ren Chri­sti entstanden.

In sei­ner Eröff­nungs­rede sag­te Papst Fran­zis­kus erstaun­li­che Worte:

„Was macht ein Jugend­li­cher, der kei­ne Arbeit fin­det? Er wird krank – die Depres­si­on –, er fällt in Abhän­gig­kei­ten, er bringt sich um – das läßt nach­den­ken: Die Sta­ti­sti­ken zur Jugend­selbst­mord­ra­te sind alle getürkt, alle. Er wird zum Rebell, aber das ist eine Art, Selbst­mord zu bege­hen. Oder er besteigt ein Flug­zeug und fliegt in eine Stadt, die ich nicht nen­nen will und schließt sich dem IS [Isla­mi­scher Staat] an oder einer die­ser Gue­ril­la­be­we­gun­gen an. Zumin­dest hat er einen Sinn, war­um er lebt, und er wird ein monat­li­ches Gehalt bezie­hen. Und das ist eine sozia­le Sün­de! Die Gesell­schaft ist dafür ver­ant­wort­lich. Aber ich möch­te, daß Ihr die Grün­de benennt, das War­um, und nicht sagt: ‚Auch ich weiß nicht genau war­um‘. Wie erlebt Ihr die­ses Dra­ma? Das wür­de uns sehr hel­fen. Ihr wer­det zu oft alleingelassen.“

Gesellschaft schuld am islamischen Terrorismus?

Dschihadisten sind Jugendliche, die keine Arbeit finden?
Dschi­ha­di­sten „nur“ Jugend­li­che, die kei­ne Arbeit finden?

„Die Gesell­schaft“ ist schuld dar­an, daß es isla­mi­sche Ter­ro­ri­sten gibt? Daß es Selbst­mord­at­ten­tä­ter gibt? Daß es den Isla­mi­schen Staat gibt? So sag­te es Papst Fran­zis­kus in sei­ner Deu­tung der Weltlage.

Einen Augen­blick hät­te man anneh­men kön­nen, Papst Fran­zis­kus woll­te sagen, daß – laut sei­ner Dar­stel­lung – Jugend­li­che, weil sie kei­ne Arbeit fan­den, wofür die Gesell­schaft schuld ist, ein „Flug­zeug bestie­gen“ haben und nach New York geflo­gen sind, wo sie sich, weil so fru­striert und ent­täuscht, das Flug­zeug gegen die Twin Towers gesteu­ert haben.

Das sag­te Papst Fran­zis­kus nicht, doch sinn­ge­mäß kommt die­se Les­art sei­nen Aus­füh­run­gen ziem­lich nahe.

Mit Sicher­heit behaup­te­te Papst Fran­zis­kus einen Zusam­men­hang zwi­schen der Armut und dem isla­mi­schen Ter­ro­ris­mus. Die Armut sei schuld am Ent­ste­hen des Isla­mi­schen Staa­tes und ande­rer Dschihad-Milizen.

Kommunistische Guerillabewegungen

Der Begriff „Gue­ril­la­be­we­gun­gen“, den Fran­zis­kus zusätz­lich zum IS ver­wen­de­te, kann sich auch auf kom­mu­ni­sti­sche Gue­ril­la­be­we­gun­gen in Latein­ame­ri­ka und anders­wo bezie­hen. Papst Fran­zis­kus ist aktiv an der umstrit­te­nen „Inte­gra­ti­on“ der mar­xi­sti­schen Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on FARC in das poli­ti­sche System Kolum­bi­ens betei­ligt. Der Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat der FARC Rodri­go Lon­do­ño, genannt Timo­schen­ko, hat sich inzwi­schen aus dem Wahl­kampf zurück­ge­zo­gen, weil ihm von der Bevöl­ke­rung so mas­si­ve Ableh­nung ent­ge­gen­schlug. Am grü­nen Tisch hat­ten der sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Staats­prä­si­dent und die kom­mu­ni­sti­schen FARC unter Ver­mitt­lung von Papst Fran­zis­kus, des kuba­ni­schen Staats­prä­si­den­ten Raul Castro und von US-Prä­si­dent Oba­ma einen „Frie­dens­plan“ ver­ein­bart. Die Bevöl­ke­rung zeigt aber wei­ter­hin bar­sche Ableh­nung. Auch dank päpst­li­cher Ver­mitt­lung wer­den die FARC-Kom­mu­ni­sten nach den Par­la­ments­wah­len im Mai zehn Pro­zent der Par­la­ments­sit­ze geschenkt bekom­men, selbst für den Fall, daß sie kei­ne Wäh­ler­stim­men erhalten.

Hat Papst Franziskus recht?

Kein Zusammenhang zwischen Armut und Terrorismus
Kein Zusam­men­hang zwi­schen Armut und Terrorismus

Wie stich­hal­tig aber ist die Aus­sa­ge von Papst Fran­zis­kus? Oder han­delt es sich um eine Anlei­he bei mar­xi­sti­schen Denkmustern?

Der Öko­nom Alan Krue­ger, Bend­heim-Lehr­stuhl­in­ha­ber an der Prin­ce­ton Uni­ver­si­tät in den USA, der unter Oba­ma Vor­sit­zen­der des Rates der Wirt­schafts­be­ra­ter des US-Prä­si­den­ten war, sieht die Sache ganz anders. In sei­nem Buch What Makes a Ter­ro­rist. Eco­no­mics and the Roots of Ter­ro­rism, das bereits vor zehn Jah­ren erschie­nen ist, ana­ly­sier­te er die Ent­ste­hungs- und Ent­wick­lungs­ge­schich­te von Ter­ror­or­ga­ni­sa­tio­nen, ihre ideo­lo­gi­schen Ziel­set­zun­gen, die poli­ti­schen und öko­no­mi­schen Rah­men­be­din­gun­gen und Bio­gra­phien von Ter­ro­ri­sten. Dabei kam er zum Schluß, daß es kei­nen direk­ten Zusam­men­hang zwi­schen Armut und Ter­ro­ris­mus gibt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va/​A​s​i​a​N​ews (Screen­shots)

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