Morgen kniet Comunione e Liberazione vor Papst Franziskus

Die von Franziskus geforderte Reform der Laienorganisationen bleibt nicht ohne Traumata


Don Giussani, der Gründer von Comunione e Liberazione (CL) 1998 mit Papst Johannes Paul II. auf dem Petersplatz.
Don Giussani, der Gründer von Comunione e Liberazione (CL), 1998 mit Papst Johannes Paul II. auf dem Petersplatz.

(Rom) Mor­gen wer­den in Rom 50.000 Mit­glie­der von Comu­nio­ne e Libe­ra­zio­ne (Gemein­schaft und Befrei­ung) aus 60 Län­dern der Erde erwar­tet. Anläß­lich des 100. Geburts­ta­ges ihres Grün­ders trifft sich die Gemein­schaft nach sie­ben Jah­ren erst­mals wie­der mit Papst Fran­zis­kus, der eine „Reform“ der Lai­en­or­ga­ni­sa­ti­on durchsetzte.

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Comu­nio­ne e libe­ra­zio­ne (CL), einst eine sehr ein­fluß­rei­che und viel­ver­spre­chen­de Bewe­gung unter den soge­nann­ten „neu­en Gemein­schaf­ten“, um die es in den ver­gan­ge­nen Jah­ren stil­ler gewor­den ist, durch­lebt unter Papst Fran­zis­kus, der kei­ne beson­de­ren Sym­pa­thien für sie hegt, eine heik­le Pha­se. Mor­gen gedenkt sie ihres Grün­ders Don Lui­gi Giu­s­sa­ni, der am 15. Okto­ber 1922 gebo­ren wur­de. Als er am 22. Febru­ar 2005 ver­starb, sand­te Papst Johan­nes Paul II., der ihn schätz­te und för­der­te, aber selbst schon dem Tode nahe war, den Glau­bens­prä­fek­ten Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger als sei­nen Ver­tre­ter, um beim Requi­em im Mai­län­der Dom die Pre­digt zu halten.

Als Paul VI. in den 70er Jah­ren die katho­li­sche Jugend Ita­li­ens auf­for­der­te, sich um ihn zu scha­ren, blieb der Papst allein. Don Giu­s­sa­ni war dar­über so bestürzt, daß er es sich zum Ziel setz­te, eines Tages not­falls mit Comu­nio­ne e Libe­ra­zio­ne allein den Peters­platz um den Papst zu fül­len. So kam es dann auch. Beson­ders denk­wür­dig ist die von Don Giu­s­sa­ni ange­führ­te Begeg­nung von CL mit Johan­nes Paul II. am 30. Mai 1998 (sie­he Bild). 

Die jüng­ste Begeg­nung mit Papst Fran­zis­kus liegt inzwi­schen schon sie­ben Jah­re zurück. Er hat im Ver­gleich zu sei­nen bei­den Vor­gän­gern ganz eige­ne Vor­stel­lun­gen von der Rol­le der Lai­en­or­ga­ni­sa­tio­nen. Er erleg­te ihnen einen „Weg der Erneue­rung“ auf, der mehr einer Schwä­chung gleich­kam und der für CL nicht ohne trau­ma­ti­sche Fol­gen blieb. Im Novem­ber 2021 trat ihr Vor­sit­zen­der Don Julián Car­rón zurück. Don Giu­s­sa­ni selbst hat­te den spa­ni­schen Prie­ster zu sei­nem Nach­fol­ger bestimmt. 

Aus­gangs­punkt war die Ver­öf­fent­li­chung eines Doku­ments des Dik­aste­ri­ums für Lai­en, Fami­lie und Leben, das von dem Fran­zis­kus sehr nahe­ste­hen­den Kar­di­nal Kevin Far­rell gelei­tet wird. Fran­zis­kus ließ die Gemein­schaf­ten wis­sen, daß deren Vor­sit­zen­de nur mehr maxi­mal zehn Jah­re hin­ter­ein­an­der im Amt blei­ben dür­fen. Der päpst­li­che Hof­staat begrün­de­te den mas­si­ven Ein­griff als not­wen­di­ge Reform, um „Herr­scher auf Lebens­zeit“ zu ver­hin­dern. Es war aller­dings auch eine ande­re Les­art mög­lich, näm­lich eini­ge gro­ße und etwas „zu eigen­stän­di­ge“ Gemein­schaf­ten auf den berg­o­glia­ni­schen Kurs zu zwingen.

Don Car­rón zöger­te eini­ge Wochen und füg­te sich. Kurz dar­auf erfolg­te die Ent­sen­dung eines Kom­mis­sars, der die Lei­tung über die Memo­res domi­ni über­nahm, eine weib­li­che Lai­en­ver­ei­ni­gung von CL, deren Mit­glie­der sich zu einem Leben der evan­ge­li­schen Räte ver­pflich­ten und den Haus­halt von Bene­dikt XVI. führ­ten. Die­se hat­ten durch die fak­ti­sche Abset­zung von Don Car­rón ihr Cha­ris­ma gefähr­det gese­hen, was der Hei­li­ge Stuhl wie­der­um als unan­ge­mes­se­nen „Per­so­nen­kult“ behaup­te­te und damit die kom­mis­sa­ri­sche Lei­tung begründete.

Der Vati­kan setz­te mit Davi­de Pro­spe­ri erst­mals einen Lai­en als Vor­sit­zen­den von CL ein, der bis dahin Stell­ver­tre­ter war. Aller­dings ist Pro­spe­ri nur pro­vi­so­risch im Amt und wur­de mit einem Auf­trag aus­ge­stat­tet, der nur als Fort­set­zung der vati­ka­ni­schen Inter­ven­ti­on gedeu­tet wer­den konn­te: Das Ver­ständ­nis von der „Wei­ter­ga­be des Cha­ris­mas“, wie es in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren von CL prak­ti­ziert wur­de, habe auf­zu­hö­ren, denn es ste­he in „schwer­wie­gen­dem Wider­spruch zu den Leh­ren der Kir­che“. Die­se ver­ba­le Här­te erstaun­te, da sich der Vati­kan in der Regel einer sehr diplo­ma­ti­schen Spra­che bedient. Erst recht über­rasch­te sie gegen­über einer Gemein­schaft wie CL, ange­sichts des­sen, was der Hei­li­ge Stuhl unter Fran­zis­kus anson­sten alles duldet. 

Dem Che­mi­ker Pro­spe­ri fällt es mor­gen zu, CL auf den Peters­platz zu Papst Fran­zis­kus zu füh­ren. In sei­nem Schrei­ben an die Mit­glie­der erin­ner­te er dar­an, wie Don Giu­s­sa­ni den Daseins­zweck der Gemein­schaft, die sich selbst als „Bru­der­schaft“ bezeich­net, beschrieb:

„Inner­halb des gro­ßen Rah­mens der Kir­che und in Treue zum Lehr­amt und zur Tra­di­ti­on haben wir immer ver­sucht, die Men­schen dazu zu brin­gen, die Gegen­wart Chri­sti zu ent­decken oder leich­ter zu erkennen.“

Das gilt als „Erfolgs­ge­heim­nis“ von Don Giu­s­sa­ni, wie es sein Freund Gia­co­mo Kar­di­nal Bif­fi, der von 1984–2003 Erz­bi­schof von Bolo­gna war, 2005 formulierte:

„Als Giu­s­sa­ni 1954 sei­ne Lehr­tä­tig­keit in Theo­lo­gie auf­gab, um sich ganz den Jugend­li­chen des Mai­län­der Ber­chet-Lyze­ums zu wid­men, war er nicht der Mei­nung, etwas Neu­es zu begin­nen. Er woll­te ledig­lich auf effi­zi­en­te­re, kohä­ren­te­re und über­zeu­gen­de­re Wei­se den Her­an­wach­sen­den das Chri­sten­tum aller Zei­ten ver­mit­teln. Er erfand daher auch kei­ne neu­en For­men der Jugend­pa­sto­ral. Er erfüll­te ein­fach sei­nen Beruf, den des Prie­sters. Er war nur von einer Sor­ge beseelt, allen die Erfah­rung des Chri­sten­tums zu vermitteln.“

Don Giu­s­sa­ni bau­te sein Wir­ken auf Glau­ben und Ver­nunft auf, nicht auf Gefüh­len. Das war auch der Grund, wes­halb aus CL auch eine gan­ze Rei­he von poli­ti­schen Initia­ti­ven her­vor­gin­gen. Don Giu­s­sa­ni for­mu­lier­te es so: „Wir glau­ben nicht an eine Tren­nung von Glau­ben und Poli­tik, an einen Glau­ben, der kei­ne Aus­wir­kun­gen auf das Leben hat.“

Mor­gen wird man sehen, wie­viel Beach­tung und Wohl­wol­len Papst Fran­zis­kus CL nach den erfolg­ten Refor­men, Umbau­ten und Demü­ti­gun­gen entgegenbringt.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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