(Rom) Der bekannte Missionar Pater Paolo Gheddo ist im Alter von 89 Jahren verstorben. Mit Leidenschaft vertrat er bis zum letzten Atemzug die drängende Liebe, den Nicht-Christen das Evangelium zu verkünden – allen anti-missionarischen Widerständen in manchen westlichen Kirchenkreisen und gewissen päpstlichen Ambivalenzen der jüngsten Zeit zum Trotz.
Publizistisch widersetzte er sich Bestrebungen kirchlicher Kreise der „Alten Welt“, Entwicklungshilfe mit Mission zu verwechseln oder vorchristlichen Kulturen im Sinne eines „Indigenous Effect“ den Vorrang vor der Christianisierung einzuräumen.
1929 wurde er in Tronzano Vercellese in Piemont geboren, womit er gewissermaßen ein Fast-Landsmann von Papst Franziskus war. Er trat ins kleine Seminar seines Heimatbistums ein und im Alter von 16 Jahren in den Missionsorden des Päpstlichen Instituts der Auslandsmissionen (PIME). 1953 wurde er im Alter von 24 Jahren zum Priester geweiht.
Sein Traum war es als Missionar nach Indien zu gehen. Wegen seiner Fähigkeiten wurde von ihm jedoch verlangt, sich um das Schriftenwerk des Missionsordens zu kümmern. Seine publizistische Tätigkeit sollte ihn bis an sein Lebensende begleiten.
Er bat als junger Priester immer wieder seine Oberen, in die Mission gehen zu lassen, doch ohne Erfolg. Es sollte dauern. Allerdings erlaubte es ihm die Arbeit als Redakteur bald, viel zu reisen. So konnte er wie nur wenige andere einen weltweiten Einblick in den Stand der Missionsarbeit gewinnen.
Pater Gheddos feste Überzeugung war es, daß die weltweite Mission ein Auftrag und eine Verantwortung für jeden Christen sei. Er war ein Mann, der gegen den Strom schwamm. Als er aus eigener Anschauung die Grausamkeiten der kommunistischen Vietcong an den Christen des Landes und insgesamt den Vietnamesen gesehen hatte, sagte er das auch öffentlich und macht sich im Westen viele Gegner, wo die Vietcong und andere kommunistische Bewegungen wie Heilsbringer verehrt wurden.
Kritisch war er auch stets gegenüber der marxistischen Versuchung, der viele Christen erlagen, besonders auch im Rahmen der sogenannten Befreiungstheologie. Helder Camara war für ihn kein Held, obwohl er von manchen auch in seinem Orden auf den Händen getragen wurde. Zu genau kannte er die Situation vor Ort, um die marxistische Verirrung zu durchschauen.
Auch im Bereich westlicher Entwicklungsarbeit zuerst, dann der sogenannten Entwicklungszusammenarbeit war er vielfach ein Stachel im Fleisch ideologischer Euphoriker. Er war Peritus für das Missionsdekret Ad gentes des Zweiten Vatikanischen Konzils und gehörte der Redaktion für die Enzyklika Redemptoris Missio von Papst Johannes Paul II. an.
Für seine Eltern, Giovanni Gheddo (1900–1942) und Rosetta Gheddo Franzi (1902–1934) wurde 2006 das Seligsprechungsverfahren eingeleitet. Die letzten zweieinhalb Jahre mußte er in einem Altersheim des Erzbistums Mailand verbringen. Auch dort schrieb er fast bis zum letzten Tag in seinem Internet-Blog.
Erst vor wenigen Jahren fragte er provokant, wie viele Berufungen ein Marsch für den Regenwald hervorbringt. Diese Frage bringt sein kritisches Denken auf dem Punkt, das ihn auf ganz natürliche Weise in vielfachen Widerspruch zum Zeitgeist, auch dem kirchlichen, brachte.
Requiescat in pace
Beiträge von und über P. Paolo Gheddo:
- Kirche und Mission – Wieviel Berufungen weckt ein Marsch für den Regenwald?
- Viele Politkampagnen – Wo aber ist das Missionsideal ad gentes geblieben?
- Auf Borneo weckt der Heilige Geist so viele Bekehrungen, daß die Priester gar nicht nachkommen
- Ein Missionar ganz in der Hand der Vorsehung – Zum Tod von Pater Hermann Battisti
- Der 68er Geist und die unheilvollen Folgen für die missio ad gentes
- Kardinal Martini: Santo, aber nicht subito? – Das Staunen eines Missionars
Text: Giuseppe Nardi
Bild: PIME/MiL/Avvenire (Screenshots)