
(Rom) In Rom ist die Rede von neuen Kardinalskreierungen. Viermal erhob Papst Franziskus bisher amtierende oder emeritierte Kirchenmänner in den Kardinalsstand. 49 der 119 derzeit in einem Konklave wahlberechtigten Kardinäle wurden von ihm gekürt. Tendenz schnell steigend. Ein Name taucht in der Gerüchteküche wiederholt auf: der des Jesuiten Bartolomeo Sorge.

Derzeit machen die von Franziskus ernannten Papstwähler, und damit auch Papabili, mehr als 41 Prozent. Mit der fünften Kardinalskreierung seines Pontifikats werden sie die absolute Mehrheit des Wahlkörpers stellen.
Da Papst Johannes Paul II. das Wahlgremium auf 120 Kardinäle begrenzt hat, wäre derzeit nur ein Sitz zu vergeben. Im Laufe des Jahres werden aber fünf Kardinäle das 80. Lebensjahr vollenden und das Wahlrecht im Konklave verlieren. Es sind die Kardinäle Romeo, Coccopalmerio, Monteiro de Castro, Nguyen Van Nhon und Amato. Der Vietnamese Nguyen Van Nhon wurde 2015 von Papst Franziskus ernannt. Das gilt auch für den Mexikaner Kardinal Suarez Inda, der spätestens Anfang 2019 aus dem Wahlkörper ausscheidet. Die anderen wurden von Papst Benedikt XVI. kreiert, von denen Kurienkardinal Coccopalmerio, in Sachen Amoris laetitia, ein eifriger Parteigänger seines Nachfolgers Franziskus wurde.
Bereits in der Vergangenheit wurden gelegentlich Kardinalsernennungen auf Vorrat vorgenommen, also über die Höchstzahl von 120 hinaus, wenn in der unmittelbaren Zeit nach dem Konsistorium eine altersbedingte Reduzierung absehbar war. 2019 werden neben Kardinal Suarez Inda, der am 30. Januar 80 wird, weitere neun Kardinäle die Altersgrenze erreichen. Mögliche Todesfälle nicht eingerechnet.
Wer aber ist Bartolomeo Sorge?
Die Tageszeitung Il Foglio veröffentlichte gestern anonym ein Gespräch mit einem ungenannten Kardinal. Das fiktive Gespräch faßt die Gerüchteküche zusammen. Demnach sei unter den neuen Purpurträgern nicht mit amtierenden Diözesanbischöfen aus Italien zu rechnen. Papst Franziskus wolle das Gewicht der Italiener weiter reduzieren, indem er immer weiter von Rom entfernt „fischt“. Das Problem dieser Methode, unbekannte Bischöfe aus exotischen oder zumindest entlegenen Ländern zu ernennen, bestehe darin, daß diese Kirchenfürsten „dann nicht einmal nach Rom kommen“. Soweit die Tageszeitung.

Selbst hochrangige Kurienmitarbeiter sind der Meinung, daß Papst Franziskus manche der von ihm aus fernen Landen ernannten Kardinäle weder persönlich kenne noch deren Akte gelesen habe. Wie genau die Empfehlungen zustande kämen, sei „rätselhaft“. Es erscheine wie „ein Spiel“, so ein hanghoher Offizial, so als wollte Franziskus den Heiligen Geist „auf die Probe“ stellen.
Il Foglio bestätigte das Gerücht, daß der bekannte italienische Jesuit Bartolomeo Sorge zu Kardinalswürden aufsteigen könnte. Sorge ist bereits über 80 und wäre daher kein Papstwähler mehr. Es gehört seit Einführung der Altersgrenze zur Gepflogenheit, daß Päpste ältere Theologen mit dem Purpur auszeichnen. Damit signalisieren sie, wessen Wirken und theologisches Denken sie für verdienstvoll halten. Diese Ernennungen geben am deutlichsten Auskunft über die Ausrichtung eines Pontifikats.
Der Jesuit Sorge ist, dem derzeitigen Pontifikat entsprechend, ein engagierter Linkskatholik. Rete Due des öffentlich-rechtlichen Hörfunks RSI der italienischen Schweiz bezeichnete ihn in einer Hörfunkreihe als „privilegierten Zeugen der Transformation der Kirche und der Welt in den vergangenen 50 Jahren ‚vom Zweiten Vatikanischen Konzil bis heute‘ “, wie der Untertitel eines seiner autobiographischen Bücher lautet.
Vordenker eines katholischen Linksbündnisses
1929 auf der Insel Elba geboren, trat er 1946 in die Gesellschaft Jesu ein und wurde 1958 zum Priester geweiht.
1965 wurde der Baske Pedro Arrupe zum Ordensgeneral der Jesuiten gewählt. Die Wahl stand unter dem Eindruck des Zweiten Vatikanischen Konzils, das seiner Umsetzung harrte. Für Arrupe bedeutete das, den „Zeichen der Zeit“ folgend, die Öffnung gegenüber dem Marxismus.
1966 wurde Sorge in die Redaktion der römischen Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica entsandt, deren Chefredakteur er 1973 wurde. Ein Amt, das er bis 1985 innehatte. Sorges primäres Engagement galt der Politik. Sein Ziel war eine Erneuerung der Christdemokratie (DC) durch eine Linksöffnung, weshalb er sich mit großem Einsatz gegen jede Form des katholischen „Integralismus“ stellte. Papst Franziskus spricht von „rigiden“ Katholiken und meint dasselbe.

Evangelisierung sei „Förderung des Menschen“. Das sei der Kern des Evangeliums, so Sorge 1976, womit zunächst weniger eine religiöse Formung gemeint war, sondern strukturelle Rahmenbedingungen durch eine ausgeprägte Sozialpolitik. Die Menschen müßten das Lebensnotwendige haben, Arbeit und Bildung.
Nach seinem Ausscheiden aus der Redaktion der römischen Jesuitenzeitschrift gründete und leitete er in Palermo das Institut für politische Bildung Pedro Arrupe. Der Name war Programm. Teile des Jesuitenordens haben Johannes Paul II. nie verziehen, daß er 1981 einen Schlaganfall ihres Generals nützte, um ihn zu entmachten und den Linkskurs zu beenden.
In Palermo war Sorge maßgeblich an der Gründung der Partei La Rete von Leoluca Orlando beteiligt, eines Exponenten des linken DC-Flügels, der 1985 zum ersten Mal Bürgermeister der Stadt geworden war. Die Partei war ein Baustein zur Verwirklichung von Sorges Traum, eines Bündnisses der Christdemokraten mit der politischen Linken. Anders ausgedrückt: eines Bündnisses links der Mitte. Sorge ging es dabei weniger um La Rete, die eine Kleinpartei blieb, sondern um das Projekt einer großen, sozialdemokratischen Linkspartei.
Dieses Bündnis verwirklichte sich tatsächlich in Etappen: zunächst als Wahlbündnis Allianz der Progressiven, dann 1995–2007 als Olivenbaum (L’Ulivo), dem das ganze Spektrum von den Altkommunisten, über die sozialdemokratisierten Ex-Kommunisten, die Grünen, die Linksliberalen bis zu den linken Christdemokraten angehörte.
2007 war es schließlich soweit, als mit der Demokratischen Partei (PD) weite Teile dieses Spektrum zu einer großen, moderaten Linkspartei fusionierten. Der PD stellt seit 2013 Italiens Ministerpräsidenten. Sorge hatte die letzte Etappe, vom Parteienbündnis zur gemeinsamen Partei, 2003 in seinem Buch „Der kommende Olivenbaum. Ein neues Projekt für Italien“ (L’Ulivo che verrà. Un progetto nuovo per l’Italia) vorgezeichnet.
„Jesus lächelt. Mit Papst Franziskus die Religion der Angst überwinden“
Nur nebenbei: Orlando, zuletzt wieder seit 2012 Bürgermeister von Palermo, trat zu Jahresbeginn dem PD bei.

1997 übersiedelte Pater Sorge nach Mailand, wo er die Leitung des Centro San Fedele des Jesuitenordens übernahm und bis 2004 innehatte. Zugleich war er bis 2009 Chefredakteur der dort angesiedelten Zeitschrift Aggiornamenti Sociali, die vom dortigen Zentrum für Sozialstudien der Jesuiten herausgegeben wird. Die Studienzentren des Jesuitenordens spielten vor allem seit den 60er Jahren eine zentrale Rolle bei der Annäherung zwischen Christentum und Marxismus. Der heutige Ordensgeneral Arturo Sosa Absacal ist Vertreter eines solchen Studienzentrums.
Heute ist Sorge noch Co-Chefredakteur der Zeitschrift.
Bereits 1991 hatte er das Buch „Hinausgehen aus dem Tempel“ (Uscire dal Tempio) veröffentlicht. Ein Titel, der vorwegnahm, was Papst Franziskus heute der Kirche verordnet. Entsprechend bedankte sich Sorge: 2014 legte er das Buch mit dem bezeichnenden Titel „Jesus lächelt. Mit Papst Franziskus die Religion der Angst überwinden“ vor.
Papst Franziskus schickt sich an, diesen politischen Vordenker mit der Verleihung der Kardinalswürde, die höchste Ehre zukommen zu lassen. Zugleich erteilt er seinem Traum vom politischen Linksbündnis der Kirche seinen Segen.
Ein Bündnis, das von Papst Franziskus geteilt wird, allerdings bei den italienischen Parlamentswahlen am kommenden 4. März laut allen Umfragen eine Niederlage erleben wird.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/Diocesi Marzara del Vallo (Screenshots)
„Teile des Jesuitenordens haben Johannes Paul II. nie verziehen, daß er 1981 einen Schlaganfall ihres Generals nützte, um ihn zu entmachten und den Linkskurs zu beenden.“
Das stimmt so nicht. Denn der Linkskurs ging 1983 mit P. Kolvenbach als Generaloberem durchaus weiter. Papst Johannes Paul II. war viel zu zögerlich, um in einem Orden, der eigentlich einen besonderen Loyalitätseid gegenüber dem Papst schwört, aufzuräumen. Leider schien Johannes Paul II. selbst nicht zu wissen, wohin genau er die Kirche führen wollte. Zumindest war es angesichts von Assisi u. a. nicht klar.
Daher war es schwierig, Gehorsam zu fordern (lex dubia non obligat).
Nichtsdestotrotz existierte (etwa in den 90er Jahren) eine große Feindseligkeit bei den Jesuiten gegen Johannes Paul II. Die Bestellung zweier kommissarischer Leiter (P. Paolo Dezza und P. Giuseppe Pittau) nach dem Schlaganfall von P. Arrupe wurde ihm – Gehorsamsgelübde hin oder her – sehr übel genommen, später auch die traditionskompatible Linie in der Moraltheologie (Veritatis splendor).
Daß Papsttum und Jesuitenorden nun in einer Person vereint einen unfaßbaren Niedergang erleben, gehört wohl zu den „Zeichen der Zeit“.
Was ist mit „linken Christendemokraten“ gemeint? Die DC war mit der Ausnahme des großartigen PM Giulio Andreotti immer „Mitte-links“. Vielleicht bis Mitte der 1950er gab es noch eine parteiintern minoritäre kleine konservative Strömung, aber die war so einflußlos, daß man sie kaum als „konservativen Flügel“ bezeichnen könnte.
Fanfani, Moro, Zaccagnini et al also die namhaften Ideologen der DC waren Mitte-links orientiert.
Sturzos Vorkriegs PPI als Vorläuferin der DC ebenso. Nicht von ungefähr nannte man ihn einen Klerikalsozialisten. Der Untergang der DC war gewiß kein Schaden sondern eine Wohltat.
Hoffentlich wird der italienischen Wähler den kümmerlichen Resten der DC und damit auch Bergoglio, die sich im Renzi-gentiloni-PD noch formieren, am 4. März einen doppelten Schlag versetzen.
CDU–Katholik als Merkel-Nachfolger?
Jens Spahn, Merkel-Kritiker als CDU Hoffnungsträger:
http://orf.at/stories/2426174/2426175/
https://de.wikipedia.org/wiki/Jens_Spahn
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/jens-spahn-hat-geheiratet-hochzeit-auf-schloss-borbeck-in-essen-a-1184866.html
http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/jens-spahn-glaube-ist-keine-privatsache
Seit April 2013 ist Spahn mit dem Journalisten und Leiter des Berliner Hauptstadtbüros der Zeitschrift Bunte Daniel Funke liiert.[49] Am 22. Dezember 2017 „heiratete“ er seinen Lebenspartner auf Schloss Borbeck. Die „Trauung“ nahm der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen vor.[50] Jens Spahn ist römisch-katholischen Glaubens.[51]
Oder doch lieber Annegret Kramp-Karrenbauer?
Auch Katholikin und für katholische Priesterinnen.
Wahl der Qual.
Man könnte auch im historischen Umkehrschluss sagen, daß der neuzeitliche säkulare Polit-Sozialismus eine Weiterentwicklung des mittelalterlichen „Klöster-Kommunismus“ ist wie ja auch die moderne katholische Soziallehre als „protolinks“ bezeichnet werden könnte.
Jedenfalls hatten sich schon die Frühkommunisten ausführlich mit den „quasi-sozialistischen“ Ideen u. Bewegungen des frühen Christentums auseinandergesetzt, ganz besonders aber knüpften sie an die autarke Wirtschaftsgemeinschaft der protestantischen Wiedertäufer-Sekte an (Täufer„kommunismus“ in Münster).
Diese wurden als die eigentlichen Protokommunisten „identifiziert“, welche noch heute durch die sog. Amishen(USA) vertreten werden. Auch die israelische Kibbuz-Bewegung liesse sich indirekt aus der Klöster‑u. Täufergemeinschaften ableiten wie eigentlich alle moderneren „sozialistisch-kommunistischen“ Gesellschaftsutopien.
Eine autarke Selbstversorgerstruktur wie Klöstergemeinschaften u. (Klein-) Sekten (z.B. Essener, Amishe etc.) setzt aber ein relativ intimes, auf gegenseitiges Vertrauen begründetes Bekanntschaftsverhältnis voraus, was nur in einer überschaubar großen bzw. kleinen „Bedarfsgemeinschaft“ funktionieren kann.
Diese Wirtschafts‑u. Lebensweise mag im Kleinen funktionieren, lässt sich jedoch nicht auf eine moderne, zumal anonymisierte Massengesellschaft übertragen, schon gar nicht der „christliche Spirit“ dieser genuin christlichen Klöster‑u. Sektenbewegungen. Diese geschichtlichen u. wirtschaftlichen Zusammenhänge bzw. elementaren Gegensätzlichkeiten dürften eigentlich auch den Kirchen-Linken nicht unbekannt sein – es kann nur im „besten Falle“ einen radikal-säkularen massen-tauglichen Hightech-Neo-Sozialismus 3.0. geben, aber niemals ein katholisch/evangelisch-kommunistisches „Gottesreich“ auf Erden.
Ist Papst Franziskus der Verkünder der kommenden „Welterlösung“ durch den Messias oder ein Wiedergänger Marx im christlichen Gewand, der uns ein quasi-neosozialisches NWO-Konzept unterjubeln möchte, wie es in der von ihm maßgeblich unterstützten UNO-Agenda 2030 zum Ausdruck kommt??
Bei mir jedenfalls schrillen die Alarmglocken!…
Ebalus, ein ausgezeichneter Kommentar.
Deswegen war es auch sehr klug, daß sich Pius IX. und zuvor Gregor XVI., als die sog. „soziale Frage“ aufkam sich nicht auf die Etablierung einer „modernen katholischen Soziallehre“ einließen sondern mit weiser Sorgfalt stets traditionell auf das Naturrecht rekurrierten. Das genügt vollkommen, denn die Schaffung einer „modernen kirchlichen Soziallehre“ birgt eben diese Gefahren, die sie oben andeuten. Auch ist kein einziges Modell, welches dann vorgeschlagen wurden wirklich praktikabel. Gewiß auch nicht der sog. „christliche Ständesstaat“, der mit einer religiösen Verbrämung nichts anderes als eine sozialistische Staatswirtschaft ist mit Bevormundung des Individuums, welches man seiner hehren Eiegenverantwortung beraubt um es in einen korporatistisch-kollektivistischen Überbau zu zwängen.
In Retrospektive hatten Gregor XVI. u. Pius IX., wenn man die ganze Geschichte der „Christdemokratie“ und des „politischen Katholizismus“ näher betrachtet, durchaus recht mit ihrer wohlgeprüften Enthaltung.
Werter J.g.Ratkaj, vielen Dank für Ihre hilfreich-weiterführende Antwort, ein spannendes Thema, daß sich genauer zu „untersuchen“ lohnt..
LG