(Rom) Vor wenigen Tagen fanden in Belgiens Kirche besondere Festlichkeiten statt. Gefeiert wurde der 40. Jahrestag der Bischofswehe von Godfried Kardinal Danneels. Der 2010 emertierter Erzbischof von Mecheln-Brüssel spielt seit einigen Jahren wieder eine zentrale Rolle in der katholischen Kirche.
Der progressive Aufstieg
Im kommenden Juni wird er 85 Jahre alt. Mehr als 40 Jahre davon ist er bereits Bischof. Am 18. Dezember 1977 erfolgte Godfried Danneels Bischofsweihe. Bis dahin hatte er als Theologieprofessor an der Katholischen Universität Löwen gelehrt. Papst Paul VI. ernannte ihn auf Empfehlung des damaligen Erzbischofs von Mecheln-Brüssel und Primas von Belgien, Leon-Joseph Kardinal Suenens, zum Bischof von Antwerpen. Sein Wappenspruch ist aus dem Brief an Titus entnommen: Apparuit humanitas Dei nostri (Die Menschenfreundlichkeit unseres Gottes ist erschienen).
Ende 1979 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. als Nachfolger von Kardinal Suenens zum Erzbischof von Mecheln-Brüssel. Das war in der Frühphase des Pontifikats des polnischen Papstes. Ins selbe Jahr fällt eine weitere Ernennung von größter Bedeutung: Johannes Paul II. machte den Jesuiten Carlo Maria Martini zum Erzbischof von Mailand. Beide, Martini und Danneels, sollten sich in den 90er Jahren in dem Geheimzirkel von Sankt Gallen wiederfinden, von dem Danneels erzählte, man habe sich selbst als „Mafia“ bezeichnet.
Dies „Mafia“ von Sankt Gallen setzte sich zum Ziel das Pontifikat von Johannes Paul II. zu behindern und beschädigen. Vor allem wollte man bei der Nachfolge mitreden, was 2005 jedoch scheitere, da statt den Jesuiten Martini und Jorge Mario Bergoglio der deutsche Joseph Kardinal Ratzinger gewählt wurde. Die verborgene Demontage- und Boykottarbeit gegen Benedikt XVI. wurde mit um so größerer Aktivität fortgesetzt, als man durch sein Pontifikat altersbedingt jede Aussicht, der Kirche einen progressiven Kurs zu verpassen, schwinden sah. Mit Nachdruck wurde versucht, Benedikt XVI. zum Rücktritt zu drängen. Kardinal Martini verlangte noch zwei Monate vor seinem Tod energisch den Rücktritt Benedikts. Boykott und Rücktrittsforderungen der „Feinde im eigenen Haus“ scheinen, in welchem Ausmaß auch immer, ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Martini selbst bezeichnete sich nicht wenn nicht als „Anti-Papst“, so doch als „Ante-Papst“. Fünf Monate nach dem Tod von Kardinal Martini, dem Gründer der „Mafia von Sankt Gallen“ und personifizierten Gegenposition zu den Pontifikaten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI., resignierte Benedikt.
Die Stunde der „Mafia“
Die kircheninterne „Mafia“ hatte Martini überlebt. Kardinal Danneels war 2010 von Benedikt XVI. emeritiert worden. Die Emeritierung hätte Danneels verkraftet. Was er dem deutschen Papst aber nicht verzieh, war die Ablehnung seines Wunschnachfolgers und die Ernennung eines Erzbischofs und Primas mit einem ganz anderen Kirchenverständnis. Benedikt XVI. versuchte eine Kursänderung der am Boden liegenden Kirche Belgiens und stieß dabei auf größten Widerstand im Danneels-Klerus des Landes. Die kirchenfeindlichen Kreise hatte er ohnehin gegen sich.
Aus dem Kreis der „Mafia“ wurde Anfang 2013 das Team Bergoglio gebildet, so genannt vom ehemaligen Pressesprecher von einem Team-Mitglied. Ein der vier Angehörigen dieses Teams war Danneels. Ihr Ziel: nachzuholen, was 2005 mißglückt war, und den Papstthron für einen progressiven Kandidaten zu erobern. Der Kandidat der „Mafia von Sankt Gallen“ war Jorge Mario Bergoglio.
Seit dessen Wahl geht Danneels im Vatikan wieder ein und aus. Er gehört zum engsten Vertrautenkreis des amtierenden Papstes, denen kurz vor dem biologischen Ende noch das „Unmögliche“ schafften. Einer von ihnen, Kardinal Murphy‑O’Connor ist inzwischen gestorben. Er ist für ein besonderes Kapitel bei den Vorarbeiten für die Wahl Bergoglios verantwortlich. Ein zweites Mitglied der Vierergruppe erlitt einen Schlaganfall, sodaß man kaum mehr von ihm hört. Prägend für das Pontifikat wurden aber Kardinal Walter Kasper und Godfried Danneels.
Erkenntlichkeit gegenüber Freunden
Papst Franziskus zeigte sich erkenntlich. Den ungeliebten Nachfolger Danneels als Erzbischof von Mecheln-Brüssel emeritierte er und ernannte doch noch Danneels Wunschnachfolger zum Primas von Belgien. Der zögerliche Versuch Benedikts XVI., der belgischen Kirche eine Kursänderung zu verpassen, sollte nur ein fünfjähriges Intermezzo bleiben. Seither hat der liberale Danneels-Klerus dass Land an Schelde und Maas wieder fest im Griff.
Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch der Skandal des sexuellen Mißbrauches von Kindern durch Kleriker. Der Aufschrei gegen Kirchenvertreter wurde jedoch ziemlich schnell kanalisiert, sodaß er gegen Konservative unerbittlich war, aber um so nachsichtiger gegen Progressive. Zu Danneels sei nur ein Name genannt, der des Bischofs von Brügge, Roger Van Gheluwe. Nicht einmal das schändliche Aufbrechen einiger Bischofsgräber durch die Polizei konnte Danneels Position erschüttern.
„Dankbarkeit“ zum 40. Bischofsjubiläum
Zum 40. Bischofsjubiläum kamen nun Glückwünsche aus Rom vom Papst und von Erzbischof Jozef De Kesel, dem amtierenden Erzbischof von Mecheln-Brüssel und Primas von Belgien. Das ist der, den Danneels schon 2010 als Wunschnachfolger vorgeschlagen hatte. Franziskus erfüllte die Wünsche des Mannes, dem er mit anderen Team-Mitgliedern seine Wahl zum Papst zu verdanken hat, und machte De Kesel auch gleich zum Kardinal. Wenn man weiß, wie selektiv Franziskus die Kardinalswürde verteilt, weiß man, wo De Kesel zu verorten ist. Er selbst macht auch gar kein Hehl daraus. Seine bisherige Amtszeit ist vor allem durch den Rauswurf glaubenstreuer Orden und Gemeinschaften und progressive Wortmeldungen gekennzeichnet, darunter die Forderung nach Abschaffung des Zölibats, der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion, der Relativierung der Abtreibung (Abtreibung ist Mord: „Nicht übertreiben“). Vom Zusammenbruch des Pfarrnetzes, der Förderung eines islamfreundlichen Klimas und dem Schweigen zum homo-pädophilen Klerikersumpf ganz zu schweigen.
Auch die Abschaffung des Priesterzölibats ist eine Position Danneels und der Alt-68er-Riege. Papst Franziskus scheint bereits zu den Taten zu schreiten. Stimmen die Einschätzungen gewichtiger Stimmen, dann dürfte die Amazonas-Synode, die Franziskus für Oktober 2019 einberufen hat, zum Attentat gegen den Priesterzölibat werden.
Kardinal De Kesel sagte in seiner Glückwunschnote zum 40. Bischofsjubiläum Danneels:
„Wir sind Kardinal Godfried Dannels sehr dankbar. Er hat seine Aufgabe als Hirte viele Jahre und in einem Moment grundlegender Veränderungen in der Kirche und in der Gesellschaft ausgeübt. (…) Wir sind für alle diese Jahre sehr dankbar.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/cathobel/MiL (Screenshots)