(Rom) Wie weit kann, wie weit darf die Anpassung an den Zeitgeist gehen? Oder: Wie verwirrt sind heutige Kirchenvertreter? Diese Fragen stellen sich Italiens Katholiken, seit eine der radikalsten Abtreibungs- und Euthanasiebefürworterinnen in einer katholischen Kirche „predigen“ durfte.
Emma Bonino erlangte als italienische Außenministerin (2013/2014) und EU-Kommissarin (1995–1999) internationale Bekanntheit. Und sie hat einflußreiche Freunde, darunter George Soros, dessen Aufruf für einen europäischen Einheitsstaat sie 2011 unterzeichnete, und der sie im Oktober 2015 in New York mit dem Fred Cuny Award auszeichnete. Ein anderer Freund ist Papst Franziskus, der mit der lautstarken Kirchengegnerin seit Juni 2013 öffentlich Höflichkeiten austauscht und in Sachen Migration Gemeinsamkeiten entdeckte. Das Thema Abtreibung vergißt er dafür.
„Wojtyla go home“ – Sich schwängern lassen, um abzutreiben
Im Mai 2015 rief er Bonino am Telefon auf und „ermutigte“ sie, „durchzuhalten“ und „weiterzumachen“. Eine Aufforderung, die auf ihren Einsatz für die Migration und gegen die Armut gemünzt war, aber höchst mißverständlich aufgefaßt werden konnte. Immerhin hat Bonino in ihrer langen politischen Karriere in der Radikalen Partei (PR) Italiens mehr oder weniger mit unerbittlicher Radikalität alles bekämpft, was der Kirche heilig ist und der natürlichen Ordnung entspricht. Unter Papst Johannes Paul II. skandierte sie die Parole „Wojtyla go home“ und unter Benedikt XVI. stand sie mit dem Transparent „No Taliban, No Vatican“ am Rand des Petersplatzes. Doch mit Papst Franziskus wurde alles anders.
Er ließ am 8. Februar 2016 den Italienern und der Welt über den Corriere della Sera (die italienische FAZ) mitteilen, daß er Emma Bonino für eine „ganz Große“ hält.
Emma „die Große“, Jahrgang 1948, ist die Personifikation der Kirchen- und Lebensfeindschaft. Die aus wohlhabendem Elternhaus stammende Bonino schloß sich an der Universität der 68er-Bewegung an und wurde Feministin. Also solche gründete sie Anfang der 70er Jahre, zur „Befreiung der Frau“, das Informationszentrum über Sterilisation und Abtreibung (CISA). Das Lebensrecht war damals in Italien noch geschützt. und die Tötung ungeborener Kinder wurde strafrechtlich verfolgt. Die linke Wühlarbeit hatte aber längst begonnen.
Emma Bonino wurde zur bekanntesten Abtreibungsaktivistin. Sie bezichtigte sich selbst, mehr als 10.000 ungeborene Kinder getötet zu haben. Sie habe zahlreiche illegale Abtreibungen „mit einer Fahrradpumpe“ durchgeführt, wie sie sich rühmte. Sie ließ sich selbst schwängern, um ihr eigenes Kind abtreiben zu lassen mit dem Ziel, den „Beweis“ zu erbringen, daß die Tötung ungeborener „kein Drama“ sei.
Als Teil der Kampagne zur Abtreibungslegalisierung ließ sie sich festnehmen und als „Opfer“ eines „frauenfeindlichen, repressiven Systems“ feiern. Die linken Medien stilisierten sie zum Idol des antiautoritären Kampfes. 1976 zog sie erstmals in das Italienische Parlament ein, dem sie mit kurzen Unterbrechungen 25 Jahre angehörten sollte Sobald die Fotos ihrer Verhaftung im Kasten waren, entzog sie sich der Strafverfolgung und flüchtete nach Frankreich, das damals „politischen Flüchtlingen“ aus Italien Asyl gewährte.
Als 1978 die Tötung ungeborener Kinder in Italien erlaubt wurde, kehrte sie triumphierend zurück. Die Linke feierte sie als „Opfer von Faschisten, Patriarchen und Kirche“, Bonino blieb straffrei. 1979–2006 war sie, ausgenommen die Jahre, in denen sie EU-Kommissarin war, auch Abgeordnete zum Europäischen Parlament, wo sie der Liberalen Fraktion angehörte.
Kein Wort des Bedauerns – Aktive Abtreibungs‑, Euthanasie- und Einwanderungslobbyistin
Bis heute fand sie kein Wort des Bedauerns oder der Distanzierung von ihrer lebensfeindlichen Haltung. Vielmehr fordert sie einen weltweiten, ungehinderten Zugang zur Abtreibung und zur Euthanasie.
Am vergangenen 26. Juli wurde sie dennoch in die Kirche San Defendente in Ronco di Tosatto in Piemont eingeladen, um vom Ambo im Altarraum für die „Willkommenskultur“ zu werben.
Die Einladung führte im Vorfeld zu Kritik von Katholiken und der Lebensrechtsbewegung. Die Veranstalter ließen sich weder davon noch von den kirchenfeindlichen Positionen Boninos abhalten. Das Kreuz im Altarraum und der Tabernakel wurden vor der Veranstaltung sorgsam versteckt. Vertretern der Bewegung für das Leben wurde der Zutritt zur Kirche verweigert.
Don Mario Marchiori, der Pfarrer der Kirche, trat ans Mikrophon, um Emma Bonino zu begrüßen und ihr das Wort zu erteilen. Vom Ambo der Kirche „predigte“ sie, daß man „nicht mit dem Bauch denken, sondern Vernunft und Herz gebrauchen soll“ – nicht, um die ungeborenen Kinder im Mutterleib anzunehmen, sondern um Migranten aufzunehmen.
„Das Paradox des Paradoxen: Der örtliche Caritas-Verantwortliche, Don Giovanni Perini, nahm auch in der Kirche Stellung und unterstützte wortreich Boninos Position, denn ‚wir haben kein Recht, anderen das Leben schwer zu machen‘,“ so Benedetta Frigerio in ihrem Bericht für Nuova Bussola Quotidiana. „Wer besorgt ist über die Masseneinwanderung, über Menschenhandel, über Zunahme von Kriminalität und Ausbeutung, über die Islamisierung, der wird abgekanzelt. Dabei wird mit keinem Wort erwähnt, daß Emma Bonino sechs Millionen italienischen Kindern, das Leben nicht nur ‚schwer‘ gemacht hat, sondern dabei geholfen hat, sie zu töten.“
Agitation ohne rot zu werden
Die geübte Agitatorin wurde nicht einmal rot, als sie ihre Anwesenheit in der Kirche damit begründete, „aus einer Familie praktizierender Katholiken“ zu stammen, die ihr „aber auch“ – man beachte die Wortwahl – beigebracht habe, „die Meinung anderer zu achten“. Die Lebensschützer, denen der Zutritt zur Kirche untersagt wurde, waren damit jedenfalls nicht gemeint. Ebensowenig gemeint waren Ärzte, Apotheker und medizinisches Personal, denn Bonino kämpft seit Jahren gegen ein Recht auf Gewissensfreiheit, das erlaubt, die Mitwirkung an der Tötung ungeborener Kinder oder alter und kranker Menschen zu verweigern.
Bonino durfte für ihre Forderung nach schrankenloser Zuwanderung unwidersprochen in Anspruch nehmen, „eine begeisterter Europäerin“ und eine „Europa-Aktivistin, in einer von Trump und Putin verwirrten Welt“ zu sein. Wörtlich meinte sie: „Wenn wir Europa lieben, dann können wir nicht denken, daß jeder Staat für sich alleine geht.“ Die einzige Kritik, die sie Europa mache, sei, daß der „Integrationsprozeß“ zu langsam erfolge.
Kein Wort fand Bonino für die europäischen Wurzen, für Europas Identität, geschweige denn das Christentum. Kein Wort fand Bonino für die europäischen Völker, für ihre Sprachen und ihre Kulturen und kein Wort für die europäischen Staaten. Stattdessen sprach sie von der „dringenden Notwendigkeit“ der Einwanderung wegen des „Geburtenrückgangs“. An dieser Stelle wurde dem Faß der Boden ausgeschlagen.
Widerspruch niedergepfiffen
Ein Gynäkologe stand am Beginn der Diskussion auf, um Partei für das Leben und gegen Boninos Heuchelei zu ergreifen. Es handelte sich um Leandro Aletti, der von Abtreibungsbefürwortern bereits mit Prozessen überzogen wurde, um ihn zum Schweigen zu bringen, und der trotz einer zahlreichen Familie berufliche Nachteile in Kauf nahm, um seinem Glauben und seinem Gewissen treu zu bleiben. Er versuchte Bonino daran zu erinnern, daß sie und Ihresgleichen mitverantwortlich für den Geburtenrückgang sind und es absurd sei, ausgerechnet sie von „Willkommenskultur“ sprechen zu hören, „die nicht einmal unsere Kinder annimmt“.
In der Kirche San Defendente in Ronco di Tosatto wurde deutlich, was Emma Bonino und Konsorten darunter verstehen, „die Meinung anderer zu achten“. Es sind nur leere Worte, eine glatte Propagandalüge. Aletti wurde in der Kirche von Bonino-Anhängern regelrecht niedergebrüllt. Die Mehrheit der Anwesenden schwieg. Weder Bonino noch der „Hausherr“, Pfarrer Marchiori, griffen ein, um die Redefreiheit des Arztes zu garantieren. Es wurde ihm unmöglich gemacht, weiterzusprechen. Unter den Anwesenden befanden sich zahlreiche Radikale, darunter auch der Turiner Gynäkologe Silvio Viale, der sich maßgeblich für die Legalisierung der Abtreibungspille RU-486 eingesetzt hatte.
Bonino verzog keine Miene. Ungerührt meinte sie: „Das sind Jugendpolemiken. Das erschreckt mich nicht. Ich kann niemand für eine illegale Abtreibung verurteilen.“ Das Publikum in der Kirche applaudierte. Kein Wort über die Gründe für den Geburtenrückgang, die Verhütungsmentalität, die Gebärverweigerung und die Abtreibung. Bonino weiter: „Ich bin von der individuellen Freiheit überzeugt. Niemand darf Euch sagen, was Ihr zu tun habt. Jeder soll für sich entscheiden: ‚Ich würde es nicht tun‘ darf nicht zu einem ‚Du darfst es nicht tun‘ werden.“ Tosender Applaus.
So simpel ist es für eine „überzeugte Europäerin“ und Einwanderungsideologin, den Mord an Millionen Menschen abzutun, der zudem heute zur direkten Rechtfertigung für die Masseneinwanderung dient.
Mord? Tötung? Zerstörung der Identität? Für Bonino Teil der „individuellen Freiheit“
Mord? Tötung? Vernichtung der eigenen Identität? Das alles scheint für Bonino Teil der „individuellen Freiheit“ zu sein, die alles zu erlauben scheint. Andersdenkende ausgeschlossen.
Bonino sprach vielmehr über eine angebliche „Überbevölkerung“ und davon, daß man „in Afrika Kinder mache wegen der Armut“. Laut Bonino und der Radikalen Partei sei die Armut durch Massensterilisierung und andere Verhütungsmethoden zu bekämpfen. Und da der Westen einen Geburtenmangel habe, sei es recht und billig, ja „vernünftig“ und zwingend, den „Überschuß“ aus anderen Kontinenten zu übernehmen. Sie sprach von „Alternativlosigkeit“ und sagte wörtlich: „Das ist das Schicksal Europas.“
Mit „ungerührter Heuchelei“, so Frigerio, setzte Bonino zum Thema Migration fort: „Wir haben keine andere Wahl, außer wir wollen sie alle im Mittelmeer ertränken. Aber wir haben gesagt: Nie wieder! Auf Friedhöfe kann man nichts aufbauen.“
„Das alles in einer Kirche, deren Pfarrer schon zweimal Beppino Englaro eingeladen hat, und damit fortsetzt, Verwirrung zu stiften, ohne daß der Bischof eingreift“, so Frigerio.
Gegen die Veranstaltung hatten sich auf den Stufen vor der Kirche Gläubige zum Gebet versammelt, darunter auch die Lebensschützer, denen der Zutritt zur Kirche verweigert wurde. Die Polizei schritt ein und nahm von allen Betern die Personalien auf. Ein solches Eingreifen ist nur im Auftrag des Pfarrers möglich.
„In solchen Fällen ist das Gebet und die eucharistische Anbetung die einzige Waffe“, so Giovanni Ceroni, der Vorsitzende der Bewegung für das Leben von Biella. „In unserem Gebet haben wir Boninos und anderer Anwesender gedacht, die von ideologischer Blindheit geschlagen sind, vor allem aber auch des Pfarrers, der soviel kostbare Energie vergeudet, um Ärgernis zu geben und die Menschen zu verwirren. Wir haben für sie alle um Bekehrung zu Jesus Christus und Seiner wahren Kirche gebetet.“
Papst Franziskus scheint anderer Meinung. Für ihn ist Emma Bonino „eine ganz Große“, und in Sachen Armut und Einwanderung scheinen die Radikalliberale und das katholische Kirchenoberhaupt dasselbe zu denken.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube/MiL/Vatican.va/Eutanasialegale/Radio Spada (Screenshots)
Ein Pfarrer beauftragt die Polizei, um die Personalien von auf den Kirchenstufen betenden Menschen feststellen zu lassen… Sind die Beter ihm sooo lästig oder fürchtet er die Macht des Gebetes? Zugegeben, mir fehlen die Worte!
Das kennt man aus der VR China.
Die Katholisch-Patriotische Vereinigung KPV in China und diese „Pfarrer-Initiative Wir sind Kirche“ scheinen richtungsweisend zu sein in welche Richtung die röm. kath. Kirche nun geht, insbesondere wenn man weiß, dass Johannes Paul II. das gemeinsame Feindbild war.
Das ganze macht einen so fasssungslos, dass man kaum Worte findet.
Ob Ortspfarrer, ob die Beifall klatschenden Zuhörer – haben sie denn alle die Orientierung verloren, von Frau Bonino gar nicht zu reden.
Wie und an wen Papst Franziskus als „Oberhirte“ seine Zuwendung verteilt, ist ohnehin mehr als fragwürdig.
Dass sich die Polizei einmal von friedlichen Betern die Papiere zeigen lässt, hätte man sich früher auch kaum vorstellen können?
Im Grunde müssten die gläubigen Katholiken des Ortes zukünftig den Besuch der Hl. Messe boykottieren, schon um dem Priester damit zu signalisieren, dass sie sich nicht alles gefallen lassen.
Die Anzahl der Kirchenbesucher am gestrigen Sonntag würde mich wirklich sehr interessieren.
Es ist bezeichnend, dass Abtreibungsbefürworter die Masseneinwanderung Fremder gut heissen.
Das alles ist einfach unfassbar.