
(Asuncion) Am vergangenen 16. März wurde von Bischof Wilhelm Steckling von Ciudad del Este in Paraguay die Priestergemeinschaft St. Johannes (CSSJ) aufgehoben. Die Aufhebung steht im Zusammenhang mit der Beseitigung des Erbes von Bischof Rogelio Livieres Plano, der 2014 von Papst Franziskus abgesetzt wurde. Beide Eingriffe haben etwas gemeinsam: sie erfolgten ohne offizielle Nennung von Gründen, waren begleitet von schmutzigen Medienspekulationen und sind Teil eines harten Richtungsstreites über das Kirchenverständnis.
Berufungskrise kein Naturphänomen
Als Bischof Rogelio Livieres im Spätsommer 2014 von Papst Franziskus abgesetzt wurde, nannte der Heilige Stuhl keine Gründe für den radikalen Eingriff. Offiziell wurde nie bekanntgegeben, was dem Bischof, der 2015 an den Folgen einer Operation gestorben ist, zum Vorwurf gemacht wurde. Um so mehr Raum bestand für Spekulationen. Aus dem Absetzungsdekret des Papstes ließ sich dennoch herauslesen, daß Bischof Livieres die „Eintracht“ in der Bischofskonferenz gestört habe. Die ist in Paraguay stark progressiv und befreiungstheologisch durchtränkt, womit bereits des Pudels Kern benannt ist.

Bischof Livieres gehörte dem Opus Dei an. Ernannt von Papst Johannes Paul II. übernahm er eine am Boden liegende Diözese, die kaum Priester hatte. Bis dahin wurden die Seminaristen aller Diözesen des Landes in einem zentralen Nationalen Priesterseminar in Asuncion ausgebildet, dessen Geist sich an der Befreiungstheologie orientierte. Bischof Livieres zog seine Seminaristen zurück und gründete ein eigenes Priesterseminar. Die Ausbildung wurde an der Lehre der Kirche ausgerichtet, das sakramentale Priestertum betont und die Ehrfurcht vor dem Altarsakrament gelebt. In den Pfarreien intensivierte der Bischof die Glaubensunterweisung durch die Gründung von Bibelgruppen und die Ausbildung von Katechisten. Zudem wurde die eucharistische Anbetung und die Zelebration der Heiligen Messe im überlieferten Ritus gefördert.
Die Diözese blühte regelrecht auf, wie die stark steigende Zahl der gespendeten Sakramente zeigte. Im diözesanen Priesterseminar von Bischof Livieres bereiteten sich 2014 fast dreimal soviel Seminaristen auf das Priestertum vor, wie im nationalen Priesterseminar aller anderen Diözesen zusammen. Bischof Livieres hatte damit den Beweis erbracht, daß die behauptete Berufungskrise und der daraus folgende Priestermangel kein Naturphänomen darstellt, sondern überwunden werden können, ja zu einem nicht unerheblichen Teil hausgemacht sind.
Die Absetzung von Bischof Livieres
Eigentlich hätten die Bischöfe der anderen paraguayischen Diözesen, ja die Bischöfe der ganzen Welt nach Ciudad del Este reisen müssen, um zu studieren, was Bischof Livieres umsetzte und dieses Modell nach Möglichkeit zu übernehmen. Das Gegenteil trat ein. Bischof Livieres wurde von den anderen Bischöfen als Störenfried empfunden, was auch mit seiner klaren Sprache zu tun hatte. Unter Papst Benedikt XVI. konnte Livieres unbeanstandet wirken. Mit der Wahl von Papst Franziskus erging es ihm wie dem ebenfalls traditionell ausgerichteten und ebenso erfolgreichen jungen Orden der Franziskaner der Immakulata.
Bischof Livieres war zudem Argentinier wie Papst Franziskus. Man kannte sich und war sich offenbar nicht zugetan. Vergebens ersuchte Livieres den Papst, ihn zu empfangen. Er forderte das Recht ein, zu erfahren, was ihm zur Last gelegt wurde und die Möglichkeit, sich verteidigen zu können. Nichts dergleichen wurde ihm gewährt. Er wurde regelrecht nach Rom gelockt, um während seiner Abwesenheit in Ciudad del Este die Türschlösser zur bischöflichen Residenz austauschen zu können. Papst Franziskus ließ Bischof Livieres unterdessen in Rom vor verschlossenen Türen stehen. Von seiner Absetzung erfuhr der Bischof, während er auf einen Termin im Vatikan wartete, aus den Medien.
Der neue Bischof: Priesterseminar dicht, Priestergemeinschaft aufgehoben

Papst Franziskus ernannte den ehemaligen Generaloberen der Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria (Hünfelder Oblaten), den aus dem westfälischen Verl gebürtigen Msgr. Wilhelm Steckling, zum neuen Bischof von Ciudad del Este. 2016 wurde das diözesane Priesterseminar, der Stein des Anstoßes, endgültig aufgelöst. Die Seminaristen von Ciudad del Este studieren seither wieder im Nationalen Priesterseminar in Asuncion. In der Bischofskonferenz von Paraguay herrscht wieder „Eintracht“.
Am vergangenen 16. März hob Bischof Steckling ein weiteres Stück der Hinterlassenschaft von Bischof Livieres auf. Dieser hatte die Niederlassung verschiedener Ordens- und Priestergemeinschaften in seinem Bistum gefördert, die der Lehre der Kirche treu sind, darunter auch solche, die den überlieferten Ritus pflegen.
Unter den von Livieres geförderten Gemeinschaften befand sich auch die 2008 im Bistum Ciudad del Este von vier Priestern gegründete Priestergemeinschaft St. Johannes (Comunidades Sacerdotales de San Juan, CSSJ), die als Gesellschaft des Apostolischen Lebens kanonisch anerkannt war. Die Priestergemeinschaft betreute eine Pfarrei in der Diözese und verfügte über ein eigenes Priesterseminar sowie eine Niederlassung in Argentinien. Im gemeinschaftseigenen Seminar bereiteten sich zuletzt fast 40 Seminaristen auf das Priestertum vor.
Gründe für die Aufhebung der Priestergemeinschaft und des Seminars wurden von Bischof Steckling nicht genannt. In der Erklärung des diözesanen Presseamtes heißt es nur lapidar:
„Wir laden jene, die bisher Mitglieder der Gesellschaft CSSJ waren, ein, aktiv am Leben der Kirche teilzunehmen, die bezüglich des geistlichen Lebens und des Dienstes viele Optionen bietet. Die Seminaristen haben die Möglichkeit, ihre Ausbildung zu künftigen Priestern am Nationalen Seminar von Paraguay fortzusetzen oder im Rahmen von religiösen Kongregationen.“
Urrutigoity – der Anklagepunkt für alle Fälle

Die Medien strichen in den vergangenen Tagen heraus, daß einer der Gründer der Priestergemeinschaft St. Johannes Carlos Urrutigoity war. Urrutigoity gehörte früher der Priesterbruderschaft St. Pius X. an, hatte an deren Priesterseminar in Argentinien studiert und war für die FSSPX zum Priester geweiht worden. 1999 wegen „subversiven Verhaltens“ ausgeschlossen, wurde er in der US-Diözese Scranton in Pennsylvania inkardiniert. In den USA geriet er 2002 unter Verdacht, einen Jugendlichen sexuell mißbraucht zu haben. Zu einer Verurteilung kam es aber nicht.
Unter Bischof Livieres war der Argentinier Urrutigoity in Ciudad del Este aufgenommen worden und hatte es 2012–2014 bis zum Generalvikar gebracht. 2015 verließ er die Diözese und kehrte in seine Heimat Argentinien zurück. Die Diözese gab seine Abreise bekannt, ohne Gründe zu nennen. Bischof Steckling sagte nur generell:
„Die Diözese Scranton in Pennsylvania, wo Don Urrutigoity früher wirkte, hat mir versichert, daß es keine anhängigen Fälle gibt. Daß er keinen guten Ruf genießt, ist ein anderes Problem.“
Um Urrutigoity wurde in den vergangenen Jahren viel Aufsehens gemacht. Das hat nicht zueletzt mit seiner herausfordernden Persönlichkeit zu tun. In Paraguay scheint er mehr eine Generalanklage zu sein, die bei jedem Bedarf wie ein Kaninchen aus dem Hut gezogen wird. 2014 diente er in den Medien und hinter den Kulissen als Hauptvorwurf gegen Bischof Livieres. Die paraguayische Jugendstaatsanwaltschaft erklärte hingegen, daß gegen den argentinischen Priester nichts vorliegt. Kaum war Livieres abgesetzt, verschwand auch Urrutigoity aus den Medien, um nun wieder aufzutauchen. Erneut zur inoffiziellen Rechtfertigung einer Aufhebung.
Gegengewicht zur Befreiungstheologie – „Neuen Klerus“ heranbilden
Weder die Absetzung von Bischof Livieres noch die Aufhebung der Priestergemeinschaft St. Johannes steht in den Fakten nach in einem direkten Zusammenhang mit Urrutigoity. Die Gründe für die Absetzung des Bischofs wurden bereits dargelegt. Aus denselben Gründen wurde nun auch die Priestergemeinschaft aufgehoben, deren Ausrichtung am unverkürzten Glauben störte. Vor allem störte, daß der Großteil der Seminaristen der Gemeinschaft aus dem diözesanen Priesterseminar von Bischof Livieres stammte, die ihr Studium nicht am zentralen Priesterseminar in Asuncion fortsetzen wollten.
In Wirklichkeit ging und geht es hinter dem Fall Ciudad del Este um einen grundsätzlichen Richtungsstreit in der Kirche, um das Kirchenverständnis und die Treue zur katholischen Glaubenslehre. Papst Johannes Paul II. hatte Livieres zum Diözesanbischof ernannt, um eine Erneuerung der Kirche Paraguays einzuleiten. Dazu sollte ein Gegengewicht zum vorherrschenden Kurs geschaffen werden. Entsprechende Aufregung herrschte, als Livieres Nominierung 2004 bekannt wurde. Livieres sah seine vorrangige Aufgabe darin, einen „neuen Klerus“ für Paraguay zu schaffen, mit dem die Kursänderung vollzogen werden sollte. Der Opus-Dei-Bischof war dabei auf dem besten Weg. Da 2014 90 Prozent der paraguayischen Diözesen nur mehr 28 Prozent der Seminaristen hatten, Bischof Livieres aber bereits 72 Prozent der künftigen Priester ausbildete, war es nur mehr eine Frage der Zeit, bis sich der „neue Klerus“ durchsetzten würde.
Die Priestergemeinschaft St. Johannes versuchte, das Erbe von Bischof Livieres zu bewahren und wurde zumindest teilweise zu einem Auffangbecken. Inakzeptabel in einem Land, wo die Bischöfe der Befreiungstheologie anhängen, Kinder zeugen, wie Fernando Lugo, der sein Bischofsamt zurücklegte, weil es ihm wichtiger war als Politaktivist für das Amt des Staatspräsidenten zu kandidieren, und der Alt-Erzbischof von Asuncion im Verdacht der Homosexualität steht. Beides wurde von Bischof Livieres öffentlich kritisiert. Kein Verhalten, mit dem man sich Freunde macht. Mit der Rückendeckung von Papst Benedikt XVI. war dies noch möglich. Als diese wegbrach, folgte die Vergeltung stehenden Fußes.
Der Versuch von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. in Paraguay eine Kursänderung herbeizuführen, muß als gescheitert betrachtet werden. Samen wurden dennoch ausgestreut und noch nicht alle bisher ausgemerzt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: ABCcolor/Cronica/Periodista Digital (Screenshots)
Urrutigoity ist zurecht mit seiner Johannesbruderschaft umstritten. Er musste bereits die Piusbruderschaft verlassen, sowie die us-amerìkanische Diözese Scranton, wo er unter Bischof Talmin untergekommen war. Grund waren immer finanzielle Ungereimtheiten, vor allem aber Vergehen conta sextum naturamque. Da ist die Piusbruderschaft und übt tatsächlich Null-Toleranz.
Es ist ein Problem, dass viele Bischöfe hier zu naiv sind, sobald jemand kommt und ahrgumentiert, er habe anderswo nur Probleme, weil er ja so glaubens- und traditionstreu und im modernistischen Umfeld zu konservativ sei.
Leute, auf die das tatsächlich zutrifft, stehen deshalb oft zu Unrecht im Zwielicht oder unter Verdacht.
Bitte die Tippfehler zu ebtschuldigen. Ich hatte schlechte Lichtverhältnisse.
Diese ganze nationalstaatliche Maßgabe unter Franziskus ist ausgesprochen ungut.
In der Kirche ist das Bischofsamt organisatorisch entscheidend, gerade auch, was die Priester(aus)bildung angeht.
Erinnert stark an die Vorkommnisse im Erzbistum Mecheln – Brüssel. Dass unter Bergoglio Katholokommunisten mehr geschätzt werden, als rechtgläubige Priester ist traurig, aber wahr.
Der Fall Rogelio Livieres zeigt schlicht, daß der Gründungsakt der Vatikanum-II-Gemeinschaft im Dezember 1965 ein Werk der Kirchenfeinde war. Die Berufungen zum Priesteramt rutschten schlagartig in den Keller. Zerstörte Liturgie, Kuscheln mit linken Ideologen und fehlende Wachsamkeit gegen Geheimgesellschaften sind nur einige Punkte, die zum absehbaren Niedergang der Vatikanum-II-Gemeinschaft geführt haben.
Sehr traurig zu sehen, dass der wenige Priesternachwuchs auch noch zunichte gemacht wird.