(Riad) Das Ereignis wurde als Pionierleistung angepriesen und von professionellen Agenturen im staatlichen Auftrag weltweit über die sozialen Netzwerke hinausposaunt. In Saudi-Arabien tagte vergangene Woche erstmals in der Geschichte eine Frauentagung statt, um genau zu sein, ein „Girls Council“ – allerdings ohne Mädchen und ohne Frauen. Das kleine Detail wurde freilich unterschlagen.
Das wahabitische Königreich der Familie Saud ist für seine Unterdrückung der Frauen bekannt. Aus diesem Grund setzen die saudischen Behörden inzwischen auf eine neue Strategie zur Imageverbesserung. Damit soll vor allem auf internationaler Ebene und die internationalen Institutionen das Image des Wüstenstaates aufpoliert werden.
In der Hauptstadt des Wahabismus, der radikalsten und finanzkräftigsten Variante des Islams, bleiben Frauen unsichtbar, was die Abhaltung einer Tagung über Frauen und „neue Möglichkeiten der Mädchen- und Frauenarbeit“ ziemlich schwierig macht.
Referenten und Publikum ausschließlich Männer
Wohl aus diesem Grund tagte der „Mädchenrat“ in der Provinz al-Qasim. Das Ereignis war offenbar so aufregend und wegweisend, daß ganz darauf vergessen wurde, die eigentlichen Hauptfiguren einzuladen: die Frauen.
Dreizehn Referenten, ausnahmslos Männer, sprachen auf der Tagung über die Chancen und Möglichkeiten von Frauen und Mädchen auf dem Arbeitsmarkt. Und sie taten das vor einem Publikum, das ebenfalls nur aus Männern bestand.
Laut Einladung hatte Prinzessin Abir bint Salman nicht nur die Schirmherrschaft über die Tagung übernommen, sondern wird als „Vorsitzende“ des „Mädchenrates genannt. Theoretisch bestand also Aussicht, mindestens einer Frau zu begegnen. Doch Fehlanzeige. Auch die Prinzessin-Vorsitzende war auf der Veranstaltung nicht zu sehen. Dafür aber ihr Mann, Prinz Faisal bin Mishal bin Saud, der Gouverneur der Provinz al-Qasim, der Referenten und Publikum begrüßte. Ob er das im Namen seiner Frau tat, ist nicht bekannt.
Saudi-Arabien „ständiges“ Mitglied im UN-Menschenrechtsrat – und nie verurteilt
Wahrscheinlich weil Saudi-Arabien die Menschenrechte, und zu den Menschen gehören bekanntlich auch die Frauen, obwohl das auf der arabischen Halbinsel nicht so ganz sicher scheint, so sehr achtet, sitzt das Wahabitenkönigreich im UN-Menschenrechtsrat UNHRC. Saudi-Arabien ist seit dessen Gründung sogar fast ununterbrochen Mitglied des UNHRC, ausgenommen einer kurzen Unterbrechung von 2012–2015. Gewissermaßen ist Saudi-Arabien „ständiges“ Mitglied des Menschenrechtsrat der UNO. Mehr noch, der Wüstenstaat hat es laut UN Watch sogar geschafft, kein einziges Mal vom UNHRC verurteilt zu werden.
Bei den jüngsten Wahlen zum UN-Menschenrechtsrat, die im Herbst 2016 stattfanden, hatten 80 Menschenrechts- und Hilfsorganisationen aufgerufen, die Wiederwahl Rußlands zu verhindern. Nicht etwa wegen des Ukraine-Konflikts, sondern wegen der „Rolle Rußlands im Syrischen Bürgerkrieg“. Tatsächlich wurde Rußland nicht wiedergewählt, Saudi-Arabien hingegen schon. Gegen den Wüstenstaat fanden sich auch keine 80 Menschenrechts- und Hilfsorganisationen, die Bedenken äußerten. Nicht einmal ansatzweise so viele. Und nicht einmal wegen Saudi-Arabiens dunkler Rolle im Syrien-Konflikt.
Wundersame Streichung von der „Black List“
Der UNHRC gab selbst bekannt, daß „starker Druck“ auf ihn ausgeübt wurde, damit ein kritischer Bericht über Saudi-Arabien „korrigiert“ wird. Die UNO folgte dann dem korrigierten Bericht und strich die Wüstenei von der „Schwarzen Liste“ der Staaten der arabischen Koalition, die beschuldigt wird, im Jemen Angriffe gegen Kinder und Zivilisten auszuführen. Die „Schwarze Liste“ umfaßt weltweit Staaten, Terrororganisationen und Milizen, denen dieses Verbrechen zur Last gelegt wird. Saudi-Arabien findet sich nicht mehr darauf.
Text: Andreas Becker
Bild: InfoVaticana