(Rom) Die Anhänger der „Kirche mit amazonischem Gesicht“ haben eine offene Flanke, mit der sie verstärkt konfrontiert werden. Das Natur- und Indio-Idyll, das sie vom Amazonas zeichnen – sei es im Instrumentum laboris, sei es an anderer Stelle – hat zahlreiche Schwachstellen, von denen in Europa kaum jemand weiß, da der südamerikanische Regenwald ausreichend weit entfernt liegt.
Das päpstliche Umfeld und die von Franziskus mit der Synodenvorbereitung Beauftragten der REPAM stellen den Amazonas als eine Art „Garten Eden“ dar. Doch aus dem wurde der Mensch durch den Sündenfall vertrieben. Demnach genüge es, sinngemäß, ja sei unerläßlich, den Amazonas in seinem ursprünglichen Zustand zu konservieren, um der Menschheit die Rückkehr ins verlorene Paradies zu ermöglichen.
Die Realität sieht jedoch anders aus, wie sich inzwischen bis nach Rom durchgesprochen hat, ein Verdienst weniger. Der Amazonas ist Urwald, geprägt von einer gefährlichen und bedrohlichen Natur, wilden Tieren, Krankheiten und einem Zivilisationsrückstand.
Ein Indio-Vertreter sagte bei einer Tagung in Rom, daß die Vertreter der Amazonas-Agenda „Uns in die Steinzeit zurückdrängen möchten“. Damit sagte er, daß es außeramazonische und außerbrasilianische Kräfte und Interessen sind, die aus dem Amazonas gerne einen großen Naturpark machen und aus die Amazonas-Bewohner in ein Freiluftmuseum zwingen möchten.
Zu den „Schwachstellen“ des skizzierten Amazonas-Idylls gehört auch, daß einige Indio-Stämme noch immer Kindstötung und Altentötung praktizieren. Da die Amazonas-Agenda in ihrer Tiefe auf ganz anderes abzielt, Stichwort Zölibatsabschaffung, will man sich den vorbereiteten Durchbruch nicht kurz vor dem Ziel torpedieren lassen. Die Folgen sind erschreckend: Der Synodale Msgr. Erwin Kräutler, seit vielen Jahren ein Liebling der österreichischen Linksmedien, verteidigte den Infantizid, als er mit der grausamen Praxis konfrontiert wurde.
Ähnliches tat nun eine „Expertin“ der Amazonassynode.
Die Brasilianerin Marcia María de Oliveira gehört zu den 25 Mitarbeitern der beiden Sondersekretäre der Amazonassynode. Das sind der Dominikaner David Martinez de Aguirre Guinea, Bischof von Puerto Maldonado in Peru und der Jesuit Michael Czerny, den Papst Franziskus am 5. Oktober zum Kardinal kreierte und der am 12. Oktober an der „Messe für die Erde“ in Rom teilnahm.
De Oliveira ist spezialisiert auf die Kulturen des Amazonas. Gestern nahm sie an der täglichen Synodenpressekonferenz teil. Dabei wurde auch sie mit der Frage der Kindstötungen konfrontiert. Eine unangenehme Frage. Die Expertin sprach von einer „sehr komplexen“ Frage, die man „aus verschiedenen Perspektiven“ betrachten könne, besonders im Zusammenhang mit dem „Sakralen“.
Spätestens bei diesem Stichwort müßte man im Vatikan hellhörig werden.
Der Vatikanist Sandro Magister transkribierte die vollständige Antwort der Expertin:
„Ich persönlich habe keine Gemeinschaft beobachtet, die diese Praxis als rituelles oder politisches Frage anwendet. Es gibt einige Gemeinschaften, die einige Vorgehensweisen oder einige kollektive Initiativen der Geburtenkontrolle festlegen. Alles hängt von der Größe der Familie und der Größe der Gruppen ab. Alles gründet auf der Erhaltung, dem Überleben, der Ernährung, der Anzahl der Personen, die die Gruppe bilden… Es hat auch viel mit den internen Beziehungen zu tun, inwieweit dieses Kind, diese ältere Person, diese erwachsene Person in der Lage ist, der Gruppe in ihren inneren Bewegungen zu folgen.“
Magister merkt dazu an, daß sich diese Ausführungen schwerlich mit dem beharrlichen und unkritischen Bejubeln der Amazonas-Realität vereinbaren läßt, wie sie vor der Synode geschah und auch während der Synode geschieht, laut der die Indio-Stämme ein „buen vivir“ praktizieren, also „gut leben“ würden. Im Instrumentum laboris wird wörtlich behauptet, daß die Menschen im Amazonas „in Harmonie mit sich selbst, mit der Natur, mit den Menschen und mit dem höchsten Wesen“ leben würden, „weil es eine Interkommunikation zwischen dem ganzen Kosmos gibt, wo es niemanden gibt, der ausschließt oder ausgeschlossen ist“.
In ihrer Antwort bestätigte die Expertin aber nicht nur Kindstötungen, sondern auch eine selektive Tötung von Erwachsenen und alten Menschen.
Die Frage dazu hatte ihr der Schweizer Journalist Giuseppe Rusconi gestellt. Anlaß waren schockierende Aussagen von Msgr. Adriano Ciocca Vasino, Synodale und Bischof von Săo Félix, wo er Nachfolger von Bischof Pedro Casaldaliga ist, eines der bekanntesten Vertreter der marxistischen Befreiungstheologie. Ciocca Vasino, der aus Piemont stammt wie die Vorfahren von Papst Franziskus, kam als donum fidei nach Brasilien. Der Bischof war am vergangenen 12. Oktober Teilnehmer der täglichen Synodenpressekonferenz.
Der Bischof sprach zunächst über die Notwendigkeit, die Indio-Kultur verstehen zu müssen, um in einen Dialog mit ihr treten zu können. Dazu brachte er folgendes Beispiel:
„Meine Indios sagen mir, daß die Weißen grausam sind, weil sie die pflegebedürftigen Alten am Leben lassen. So zwingen sie den Geist der Alten, an den Körper gefesselt zu bleiben. Der angekettete Geist kann aber seinen Nutzen nicht auf den Rest der Familie ausbreiten.“
Wie de Oliveira sagte auch Bischof Ciocca Vasino „mit einer unerschütterlichen, wertfreien Distanz“, so Magister. Man möchte hinzufügen: mit erschreckend ungeührter, wertfreier Distanz. Ob Papst Franziskus in der Eröffnungsrede der Synode auch das meinte, als er sagte: „Gehen wir auf Zehenspitzen zu den Völkern des Amazonas und respektieren dabei ihre Geschichte, ihre Kulturen und ihren Stil des ‚buen vivir‘.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanNews/Youtube (Screenshot)