Erzpriester des Petersdoms: „Entscheidung zum überlieferten Ritus liegt beim Papst“

Das Tauziehen hinter den Kulissen


Kardinal Mauro Gambetti, Erzpriester des Petersdoms, mahnte die anderen Kardinäle, keine persönlichen Äußerungen zum überlieferten Ritus zu machen, solange Papst Leo XIV. diesbezüglich keine Entscheidungen trifft
Kardinal Mauro Gambetti, Erzpriester des Petersdoms, mahnte die anderen Kardinäle, keine persönlichen Äußerungen zum überlieferten Ritus zu machen, solange Papst Leo XIV. diesbezüglich keine Entscheidungen trifft

In einer exklu­si­ven Stel­lung­nah­me gegen­über dem Catho­lic Herald äußer­te sich Kar­di­nal Mau­ro Gam­bet­ti OFMConv zur Zukunft der über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus. Der Erz­prie­ster des Peters­doms, der als enger Ver­trau­ter von Papst Fran­zis­kus gilt, gab einen über­ra­schen­den Ein­blick in die Hal­tung der Kir­chen­lei­tung zu die­sem Thema.

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Auf die Fra­ge nach der Zukunft des über­lie­fer­ten Ritus ant­wor­te­te Gam­bet­ti mit weni­gen, aber auf­schluß­rei­chen Worten: 

„Bes­ser nicht dar­auf ant­wor­ten. Man hat mir gesagt, wir müs­sen auf die Ent­schei­dung des Hei­li­gen Vaters warten.“ 

Die­se Ant­wort hebt sich deut­lich von den jüng­sten, teils öffent­li­chen Äuße­run­gen ande­rer Kar­di­nä­le ab, die ihre Ansich­ten zur Lit­ur­gie geäu­ßert hat­ten. Der Berg­o­glia­ner Gam­bet­ti, seit 2021 Erz­prie­ster des Peters­doms, Gene­ral­vi­kar des Pap­stes für den Vati­kan und Vor­sit­zen­der der Dom­bau­hüt­te von Sankt Peter, stell­te klar, daß die Fra­ge der Lit­ur­gie in den Hän­den des Pap­stes liegt und nicht Gegen­stand indi­vi­du­el­ler Mei­nun­gen inner­halb des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums sein sollte.

Ein Schuß vor den Bug für jene Pur­pur­trä­ger, die seit der Wahl von Leo XIV. auf ein Zei­chen der lit­ur­gi­schen Ver­söh­nung drän­gen? Im Klar­text sag­te Kar­di­nal Gam­bet­ti, daß es eine ein­heit­li­che Linie brau­che, und die­se wer­de vom Papst vor­ge­ge­ben. Auch wenn in der jüng­sten Ver­gan­gen­heit unter­schied­li­che Sicht­wei­sen zur Zukunft der Mes­se arti­ku­liert wur­den, betont Gam­bet­ti, daß in die­ser Fra­ge ein­zig die Ent­schei­dung des Pap­stes maß­geb­lich ist.

Gam­bet­ti sag­te damit zwar inhalt­lich nichts aus, doch der Kon­text wirkt wie ein Dämp­fer gegen­über Hoff­nun­gen einer bal­di­gen groß­zü­gi­gen Wie­der­zu­las­sung des über­lie­fer­ten Ritus. 

Sei­ne rasche Kar­rie­re war Aus­druck des per­sön­li­chen Ver­trau­ens, das Fran­zis­kus ihm ent­ge­gen­brach­te. Der Mino­ri­ten­pa­ter, der zuvor in Assi­si wirk­te und von Papst Fran­zis­kus ohne vor­he­ri­ge Bischofs­er­fah­rung zum Kar­di­nal erho­ben und dann gleich nach Rom beru­fen wor­den war, ist eine dem ver­stor­be­nen Papst sehr nahe­ste­hen­de Figur an der Römi­schen Kurie. Er ist das dritt­jüng­ste Mit­glied des Kardinalskollegiums. 

Anders als vom Catho­lic Herald geschil­dert, lie­gen aller­dings kei­ne belast­ba­ren Hin­wei­se vor, daß Gam­bet­ti in sei­ner Zeit als Gene­ral­ku­stos des Hei­li­gen Kon­vents (2013–2020) in Assi­si – und damit auch ver­ant­wort­lich für die Basi­li­ka zum hei­li­gen Fran­zis­kus – Zele­bra­tio­nen im über­lie­fer­ten Ritus erlaubt oder gar geför­dert hätte.

Im Gegen­teil: Die kur­ze Lücke zwi­schen der Eme­ri­tie­rung sei­nes Vor­gän­gers als Erz­prie­ster und Gam­bettis Ernen­nung nutz­te Fran­zis­kus, um eine neue Haus­ord­nung im Peters­dom in Kraft zu set­zen und die Zele­bra­ti­on des über­lie­fer­ten Ritus im sicht­bar­sten Got­tes­haus der Kir­che zu ver­bie­ten. Von Gam­bet­ti wur­de kein Schritt unter­nom­men, um die­se for­mal vom vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­at kom­men­de Ein­mi­schung in sei­nen Bereich zu ändern. War­um? Weil er wuß­te, daß die Anwei­sung von Fran­zis­kus selbst gekom­men war. Seit­her war Gam­bet­ti ein treu­er Exe­ku­tor gegen den über­lie­fer­ten Ritus.

Ein Rück­blick: Unter Gam­bettis Vor­gän­ger, dem Kar­di­nal Ange­lo Coma­stri (2006–2021), wur­de der über­lie­fer­te Ritus täg­lich im Peters­dom an irgend­ei­nem der Sei­ten­al­tä­re gefei­ert. Mit der Wahl von Fran­zis­kus gab es jedoch sofor­ti­ge Ein­grif­fe: An den Tagen, an denen der Papst im Peters­dom zele­brier­te, durf­ten kei­ne hei­li­gen Mes­sen im über­lie­fer­ten Ritus gefei­ert wer­den, selbst wenn sich die­se zeit­lich um Stun­den nicht mit der Zele­bra­ti­on des Pap­stes über­schnit­ten. Schon im Juni 2013 beklag­te sich der viel zu früh ver­stor­be­ne Father Peter Caro­ta, daß ihm an sol­chen Tagen nicht ein­mal mehr gestat­tet wur­de, um 7 Uhr mor­gens zu zelebrieren.

Weni­ge Mona­te nach­dem die neue Haus­ord­nung in Kraft getre­ten war, erließ Fran­zis­kus im Juli 2021 das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des, um die tra­di­tio­nel­le Mes­se welt­weit einzuschränken.

Da der inter­na­tio­na­len Wall­fahrt der Tra­di­ti­on Ad Petri Sedem kürz­lich für den kom­men­den 25. Okto­ber erst­mals seit drei Jah­ren wie­der gestat­tet wur­de, im Peters­dom ein Pon­ti­fi­kal­amt im über­lie­fer­ten Ritus zu zele­brie­ren – eine Ent­schei­dung, die nicht von Gam­bet­ti aus­geht –, kann die Aus­sa­ge des Kar­di­nals auch als ein Dämp­fer ver­stan­den wer­den, sich nicht zu gro­ße Hoff­nun­gen zu machen.

Kar­di­nal Gam­bet­ti ermahn­te nun sei­ne Mit­brü­der im Kar­di­nals­kol­le­gi­um, kei­ne per­sön­li­chen Ansich­ten zum über­lie­fer­ten Ritus zu äußern. So bleibt die Fra­ge, inwie­weit Gam­bet­ti dabei selbst nur eine per­sön­li­che Ansicht äußerte. 

Sicher scheint, daß hin­ter den ehr­wür­di­gen Mau­ern des Vati­kans ein inten­si­ves Rin­gen um den über­lie­fer­ten Ritus tobt.

Tat­sa­che ist: Solan­ge durch Leo XIV. kei­ne ande­re offi­zi­el­le Ent­schei­dung getrof­fen wird, bleibt die Zukunft des über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus unge­wiß. Nach wie vor gel­ten die repres­si­ven berg­o­glia­ni­schen Bestim­mun­gen von Tra­di­tio­nis cus­to­des.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­Me­dia (Screen­shot)

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