Fern vom Nebel, bewußt verankert auf dem Felsen Petri

Jene, die ständig den Heiligen Geist bemühen, der Glaube an ihn aber trüb ist


Der heilige Apostel Petrus mit den Petrusschlüsseln, Zeichen seiner Binde- und Lösegewalt auf Erden und im Himmel
Der heilige Apostel Petrus mit den Petrusschlüsseln, Zeichen seiner Binde- und Lösegewalt auf Erden und im Himmel

Von Giu­sep­pe Stevi

Anzei­ge

Der gegen­wär­ti­ge Beginn des neu­en Pon­ti­fi­kats soll in uns das Bewußt­sein der Zuge­hö­rig­keit zur Kir­che erneu­ern. Er soll allen Gläu­bi­gen hel­fen, die­se Zuge­hö­rig­keit zur Ehre Got­tes und zum Wohl der gesam­ten katho­li­schen Her­de ein­zu­set­zen. Zugleich muß ver­mie­den wer­den, die Chan­cen, die ein sol­ches Zuge­hö­rig­keits­be­wußt­sein bie­tet, zu ver­spie­len – sei es durch per­sön­li­chen Gel­tungs­drang, intel­lek­tua­li­sti­sche Selbst­zu­frie­den­heit oder, schlim­mer noch, durch ideo­lo­gi­sche Vor­ga­ben, die nicht nur kei­ne Grund­la­ge in den Erfor­der­nis­sen der Kir­che fin­den, son­dern eben­so wenig auf theo­lo­gi­scher Ebe­ne zu recht­fer­ti­gen sind.

Zum The­ma Bewußt­sein sei eine kur­ze Vor­be­mer­kung erlaubt.

Der Bewußt­seins­be­griff läßt sich anhand zwei­er Situa­tio­nen erläu­tern: der Erkennt­nis der eige­nen Stel­lung – in ver­schie­de­nen Lebens­be­rei­chen – und der dar­aus fol­gen­den Ver­ant­wor­tung gegen­über sich selbst und gegen­über anderen.

Das Bewußt­sein ent­fal­tet sich daher auf zwei Ebe­nen. Die erste könn­te man als Ebe­ne der Zuge­hö­rig­keit bezeich­nen: Zuge­hö­rig­keit zu einer Insti­tu­ti­on, zu einer Fami­lie, zu einer Gemein­schaft, zu einer sozia­len Realität.

Die zwei­te betrifft das, was die­se Zuge­hö­rig­keit mit sich bringt – ins­be­son­de­re unter dem Aspekt der Ver­ant­wor­tung, die sie gegen­über sich selbst und gegen­über ande­ren erfor­dert. Gegen­über sich selbst bedeu­tet das, die eige­ne Stel­lung zu erken­nen und zu wür­di­gen, um das eige­ne Wachs­tum zu för­dern; gegen­über ande­ren bedeu­tet es vor allem – wie gesagt – Ver­ant­wor­tung inner­halb jener Insti­tu­ti­on oder sozia­len Wirk­lich­keit, der man angehört.

Im Kon­text der Zuge­hö­rig­keit zur katho­li­schen Kir­che ist es unab­ding­bar, daß eine Hal­tung, die durch ech­tes Bewußt­sein geprägt ist, nicht nur von allen Getauf­ten, son­dern in beson­de­rem Maße von jenen ein­ge­for­dert wird, die das Wei­he­sa­kra­ment emp­fan­gen haben. Unter den Getauf­ten, die Gott gehö­ren und von ihm geliebt sind, hat Gott selbst näm­lich fest­ge­legt und gewollt, daß eini­gen das Wei­he­sa­kra­ment anver­traut wird.

„Durch die hei­li­ge Prie­ster­wei­he “, erin­nert uns der ehr­wür­di­ge Pius XII. in sei­ner Enzy­kli­ka Mysti­ci Cor­po­ris Chri­sti, „aber wer­den jene Gott völ­lig zum Dien­ste geweiht, wel­che die eucha­ri­sti­sche Hostie opfern, die Schar der Gläu­bi­gen mit dem Bro­te der Engel und mit der Spei­se der Leh­re näh­ren, sie mit den gött­li­chen Gebo­ten und Räten lei­ten und mit den übri­gen himm­li­schen Gaben stär­ken sol­len“ (Pius XII., Enzy­kli­ka Mysti­ci Cor­po­ris Chri­sti, Teil I, 29. Juni 1943).

Die­se Aus­sa­ge ver­deut­licht die Not­wen­dig­keit, die ver­schie­de­nen Rol­len inner­halb der Kir­che zu unter­schei­den – und zwar jene der Getauf­ten all­ge­mein und, unter die­sen, spe­zi­ell der­je­ni­gen, die das Wei­he­sa­kra­ment emp­fan­gen haben, wie es die genann­te Enzy­kli­ka erläu­tert. Was hier von Belang ist, ist der aus­drück­li­che Wunsch, sich die­ser Unter­schei­dung bewußt zu sein.

Das Bewußt­sein über die­se Rol­len­dif­fe­ren­zie­rung – zwi­schen den all­ge­mein Getauf­ten und denen mit dem Wei­he­sa­kra­ment – hilft auch, einer Gefahr ent­ge­gen­zu­wir­ken, die bis­wei­len im Raum steht.

Näm­lich jener Gefahr, die sich in bestimm­ten Momen­ten des Aus­tauschs oder – wie es heu­te ger­ne heißt – der „Teil­ha­be“ kon­kre­ti­sie­ren kann, in denen die Gemein­schaft der Getauf­ten auf bestimm­te aka­de­mi­sche, intel­lek­tu­el­le oder erfah­rungs­be­zo­ge­ne Milieus beschränkt wird (also im wesent­li­chen auf „Exper­ten“), die jedoch nicht in erster Linie Chri­stus und der Kir­che treu erge­ben sind.

In einem sol­chen Fall hät­ten wir es offen­kun­dig mit Getauf­ten zu tun, die inner­halb der katho­li­schen Kir­che eine Aus­nah­me dar­stel­len wür­den, denen jedoch – man muß es sagen – mög­li­cher­wei­se unver­ant­wort­li­cher­wei­se die Mög­lich­keit ein­ge­räumt wür­de, Ent­schei­dun­gen und Hand­lun­gen inner­halb der Kir­che zu beein­flus­sen. Und dies in einem Rah­men, der schwer­lich noch als authen­tisch katho­lisch zu bezeich­nen wäre.

Um das Gesag­te mit einem aktu­el­len Bei­spiel zu unter­mau­ern, sei erwähnt, daß sich eine sol­che Risi­ko­si­tua­ti­on – wie eben beschrie­ben – mög­li­cher­wei­se im Rah­men des soge­nann­ten „syn­oda­len Pro­zes­ses“ mani­fe­stiert hat und wei­ter­hin mani­fe­stiert. Die­ser Pro­zeß wur­de im Sep­tem­ber 2021 gestar­tet und ist – das sei neben­bei bemerkt – wei­ter­hin geprägt von einer schwer faß­ba­ren und über­dehn­ten orga­ni­sa­to­ri­schen und pro­pa­gan­di­sti­schen Spannung.

Die­se künst­lich erzeug­te Span­nung fin­det statt in einer Are­na, die sich zuneh­mend als unan­ge­mes­se­ner Res­sour­cen­fres­ser auf per­sön­li­cher Ebe­ne inner­halb vie­ler kirch­li­cher Rea­li­tä­ten ent­puppt – Rea­li­tä­ten, die sich immer näher an einem Zustand der man­geln­den Zuge­hö­rig­keit und am Abgrund des Glau­bens­ver­lu­stes wie­der­fin­den. In der Are­na die­ses „syn­oda­len Pro­zes­ses“ tre­ten denn auch Vor­gän­ge, Hal­tun­gen und Ent­schei­dun­gen zuta­ge, die einer­seits eine Rol­len­kon­fu­si­on zwi­schen Getauf­ten offen­ba­ren und ande­rer­seits ein Han­deln des Got­tes­vol­kes zei­gen, das in den Hän­den jener trü­ben, intel­lek­tu­el­len und erfah­rungs­be­zo­ge­nen Zir­kel liegt, von denen wir oben sprachen.

Wir fra­gen uns daher: Gibt es noch einen Weg für die katho­li­sche Kir­che, um die Rol­len unter den Getauf­ten rich­tig zu ver­ste­hen, jeder Posi­ti­on unter den Gläu­bi­gen zu ihrer Echt­heit zu ver­hel­fen, sowohl denen mit dem Wei­he­sa­kra­ment als auch jenen, die „nur“ die Tau­fe emp­fan­gen haben – und um dabei das oben beschrie­be­ne Risi­ko zu bannen?

Auch hier kommt uns wie­der die zitier­te Enzy­kli­ka zu Hil­fe. In ihr wird dar­an erin­nert, daß unser Herr den Apo­steln und ihren Nach­fol­gern eine drei­fa­che Voll­macht über­tra­gen hat: zu leh­ren, zu lei­ten und – so wird betont – die Men­schen zur Hei­lig­keit zu füh­ren. Es wird dort ein ein­heit­li­cher Weg auf­ge­zeigt, den die gan­ze Kir­che beschrei­ten kann, sodaß jene „Män­ner und Frau­en“, die „aus dem Schoß der Mut­ter Kir­che her­vor­ge­hen“ und „im Glanz der Hei­lig­keit“ leuch­ten, als Vor­bild für alle Chri­sten beson­ders her­vor­ge­ho­ben wer­den (Pius XII., Mysti­ci Cor­po­ris Chri­sti, Teil I, 29. Juni 1943).

Kurz gesagt: Der Weg zur Hei­lig­keit – und auf die­sem zur vol­len kirch­li­chen Iden­ti­tät – ist der Pfad, den alle Getauf­ten gehen müs­sen. Auf die­sem Weg formt sich die Echt­heit einer katho­li­schen Hal­tung, die ihrer­seits in der Lage sein wird, die zuvor beschrie­be­ne Gefahr auf Distanz zu halten.

Die­ser Weg zur Hei­lig­keit ist nicht nur ver­bind­lich für die gan­ze Kir­che, son­dern wird auch im Bewußt­sein der ver­schie­de­nen – jedoch hier­ar­chisch ver­bun­de­nen und geord­ne­ten – Glie­der der katho­li­schen Kir­che gegangen.

Wel­che Rea­li­tät der katho­li­schen Kir­che tritt also auf die­sem Weg zur Hei­lig­keit zuta­ge? Es ist vor allem die Kir­che, die – durch und aus dem ewi­gen und uni­ver­sa­len Rom – über die Gren­zen von Raum und Zeit hin­aus­blickt und ihr eige­nes Bewußt­sein formt, indem sie sich am Fel­sen Petri ver­an­kert. Nur dann sind wir wirk­lich inner­halb der katho­li­schen Kir­che. Und wir wer­den die Bot­schaft Chri­sti nicht ver­bie­gen zugun­sten einer Welt, die mit Chri­stus und sei­ner hei­li­gen Kir­che nur wenig gemein hat.

Und wir lau­fen dann auch nicht Gefahr – wie es sich zum Bei­spiel in letz­ter Zeit womög­lich im Zusam­men­hang mit dem erwähn­ten „syn­oda­len Pro­zeß“ andeu­tet –, in Gesprä­chen stän­dig den Hei­li­gen Geist zu „bemü­hen“, sodaß man fast mei­nen könn­te, es gebe Leu­te, die „wohl stän­dig sei­nen Namen auf den Lip­pen füh­ren, deren Glau­be an ihn jedoch sehr trüb ist“ (Leo XIII., Enzy­kli­ka Divinum illud munus, 9. Mai 1897).

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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