Neuer kubanischer Botschafter beim Heiligen Stuhl

Diplomatische Beziehungen


Leyde Ernesto Rodríguez Hernández, Kubas neuer Botschafter beim Heiligen Stuhl, wurde heute von Papst Leo XIV. empfangen. Bild: Die Überreichung des Akkreditierungsschreiben an Erzbischof Edgar Peña Parra, Substitut des Kardinalsstaatssekretärs
Leyde Ernesto Rodríguez Hernández, Kubas neuer Botschafter beim Heiligen Stuhl, wurde heute von Papst Leo XIV. empfangen. Bild: Die Überreichung des Akkreditierungsschreiben an Erzbischof Edgar Peña Parra, Substitut des Kardinalsstaatssekretärs

Ley­de Erne­sto Rodrí­guez Hernán­dez gilt als erfah­re­ner Diplo­mat. Er wur­de heu­te als neu­er Bot­schaf­ter Kubas beim Hei­li­gen Stuh­le in Rom akkre­di­tiert. Zuvor amtier­te Rodrí­guez als Bot­schaf­ter Kubas in Ser­bi­en, wo er die bila­te­ra­len Bezie­hun­gen zu Bel­grad pfleg­te und kuba­ni­sche Inter­es­sen in poli­ti­schen, wirt­schaft­li­chen und kultur­ellen Fra­gen ver­trat. In sei­ner bis­he­ri­gen Tätig­keit beton­te er wie­der­holt die Prin­zi­pi­en kuba­ni­scher Außen­po­li­tik, dar­un­ter Sou­ve­rä­ni­tät, Gleich­heit und mul­ti­la­te­ra­le Zusam­men­ar­beit. Die Bezie­hun­gen zwi­schen Kuba und dem Hei­li­gen Stuhl sind alt, waren aber alles ande­re als spannungsfrei.

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Die diplo­ma­ti­schen Bezie­hun­gen zwi­schen dem Kari­bik­staat und dem Kir­chen­staat bestehen seit 1935 und wur­den auch in Zei­ten tief­grei­fen­der poli­ti­scher Umbrü­che nicht unter­bro­chen. Selbst nach der Macht­er­grei­fung der Kom­mu­ni­sten unter Fidel Castro und der Eta­blie­rung einer dik­ta­to­ri­schen Ein­par­tei­en­herr­schaft blie­ben die Kon­tak­te bestehen. Dies macht die Bezie­hung zu einer der bestän­dig­sten diplo­ma­ti­schen Part­ner­schaf­ten Kubas, trotz ideo­lo­gi­scher Dif­fe­ren­zen zwi­schen dem athe­istisch aus­ge­rich­te­ten kuba­ni­schen Staat und der katho­li­schen Kirche.

Die histo­ri­sche Bezie­hung zwi­schen Staa­te und Kir­che in Kuba war viel­fach von Span­nung geprägt. Nach der Revo­lu­ti­on von 1959 wur­den kirch­li­che Insti­tu­tio­nen ein­ge­schränkt, kirch­li­che Orga­ni­sa­tio­nen über­wacht und Kle­ri­ker häu­fig als poten­ti­ell regie­rungs­kri­tisch und damit Staats­fein­de ein­ge­stuft. Der Athe­is­mus wur­de zur Staats­dok­trin erklärt. Ab 1976 bezeich­ne­te sich Kuba als sozia­li­sti­scher Staat mit mar­xi­stisch-leni­ni­sti­scher Prägung. 

Die katho­li­sche Kir­che beklag­te mas­si­ve staat­li­che Ein­grif­fe in Bil­dung, Kul­tur und Reli­gi­on. Den­noch blieb der Dia­log mit dem Hei­li­gen Stuh­le bestehen. Nach dem Zusam­men­bruch des Ost­blocks und dem Ende der Sowjet­uni­on setz­te eine schritt­wei­se Abschwä­chung des Athe­is­mus ein. Seit 1992 wird Reli­gi­on vom Regime nicht mehr per se als gesell­schaft­li­cher Geg­ner betrach­tet. In der Ver­fas­sungs­re­form von 2019 erkann­te Kuba „die Viel­falt der Glau­bens­rich­tun­gen“ und die Frei­heit der Reli­gi­ons­aus­übung an. Mar­xis­mus-Leni­nis­mus bleibt die ideo­lo­gi­sche Grund­la­ge, aber Reli­gi­on darf seit­her offi­zi­ell prak­ti­ziert wer­den. Fak­tisch wur­de damit die bestehe­ne Rea­li­tät ver­fas­sungs­recht­lich anerkannt.

Kri­tik am Regime durch reli­giö­se Ein­rich­tun­gen führt auch heu­te zu sofor­ti­ger Über­wa­chung. Die kuba­ni­sche Füh­rung mißt Reli­gi­on in erster Linie nach ihrem Ein­fluß auf poli­ti­sche Loya­li­tät. Im Klar­text: Reli­giö­se Orga­ni­sa­tio­nen wer­den tole­riert, solan­ge sie nicht die Auto­ri­tät und den allei­ni­gen Herr­schafts­an­spruch der kom­mu­ni­sti­schen Par­tei infra­ge stellen.

Fast 40 Jah­re nach der kom­mu­ni­sti­schen Macht­über­nah­me konn­te erst­mals ein Papst sei­nen Fuß auf kuba­ni­schen Boden set­zen. Besu­che von Papst Johan­nes Paul II. (1998), Bene­dikt XVI. (2012) und Fran­zis­kus (2015) unter­stri­chen die zuneh­men­de Bedeu­tung der Kir­che als ver­mit­teln­de Instanz und als mora­li­sche Stim­me in der kuba­ni­schen Gesellschaft. 

Dabei setz­ten die drei genann­ten Päp­ste unter­schied­li­che Schwer­punk­te: Johan­nes Paul II. beton­te sehr stark die Ree­van­ge­li­sie­rung, die per­sön­li­che Frei­heit und die Öff­nung als Her­aus­tre­ten aus der Iso­la­ti­on des Lan­des, die nach dem Ende der Sowjet­uni­on ein­setz­te. Er gab damit einen deut­li­chen Impuls für eine gesell­schaf­te Trans­for­ma­ti­on, wenn­gleich der poli­ti­sche Kon­text indi­rekt blieb.
Bene­dikt XVI. beton­te vor allem die Glu­bens­stär­ke und die Kir­che als Grund­la­ge der Gesell­schaft, aber auch die sozia­le Har­mo­nie, die eine christ­li­che Gesell­schaft garan­tie­re. Auch er beton­te die Frei­heits­rech­te, for­mu­lier­te poli­ti­sche Aspek­te aber vor­sich­ti­ger als sein Vor­gän­ger.
Fran­zis­kus schließ­lich sprach weni­ger von Frei­heit, aber von „Frei­räu­men“. Fran­zis­kus sprach von Ver­söh­nung und Ver­mitt­lung, ver­zich­te­te auf direk­te oder indi­rek­te Kri­tik und beton­te die diplo­ma­ti­sche Hoff­nung. Sein Besuch auf Kuba war am sicht­bar­sten in grö­ße­re geo­po­li­ti­sche Ent­wick­lun­gen ein­ge­bet­tet, kon­kret der Wie­der­auf­nah­me der Anfang 1961 abge­bro­che­nen diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen mit den USA unter Prä­si­dent Barack Oba­ma. Zeit­gleich mit dem Papst­be­such wur­de erst­mals wie­der ein kuba­ni­scher Bot­schaf­ter in Washing­ton akkre­di­tiert. Nicht von unge­fähr flog Fran­zis­kus anschlie­ßend zu Oba­ma nach Washing­ton, denn die Kir­che hat­te bei die­ser Wie­der­an­nä­he­rung vermittelt. 

Zu erwäh­nen ist auch ein zwei­ter Besuch von Fran­zis­kus auf Kuba, der weni­ger dem Land galt, son­dern einer Begeg­nung mit dem Mos­kau­er Patri­ar­chen Kyrill. Es han­delt sich um das erste Tref­fen in der Geschich­te eines Pap­stes mit einem Patri­ar­chen von Mos­kau und ganz Ruß­land, ein Amt, das zwar nicht mit dem Alter des Papst­tums ver­gleich­bar ist, aber immer­hin seit dem Jahr 1589 existiert.

Die heu­ti­ge Akkre­di­tie­rung von Rodrí­guez Hernán­dez erfolgt im Jubi­lä­ums­jah­re des 90jährigen Bestehens der diplo­ma­ti­schen Bezie­hun­gen. Der Hei­li­ge Stuhl gilt für Kuba nicht nur als reli­giö­ser Part­ner, son­dern auch als inter­na­tio­na­ler Ver­mitt­ler und Gesprächs­part­ner. Vati­ka­ni­sche Ver­tre­ter, dar­un­ter Kuri­en­erz­bi­schof Paul Gal­lag­her, der vati­ka­ni­sche Außen­mi­ni­ster, haben wie­der­holt die Bedeu­tung des Dia­lo­ges betont, selbst in Zei­ten poli­ti­scher Spannungen.

Die Beru­fung des neu­en Bot­schaf­ters spie­gelt die kuba­ni­sche Außen­po­li­tik wider, die auf kon­ti­nu­ier­li­che diplo­ma­ti­sche Prä­senz und Pfle­ge tra­di­tio­nel­ler Part­ner­schaf­ten setzt, um schritt­wei­se immer mehr der Iso­la­ti­on zu ent­ge­hen. Rodrí­guez Hernán­dez bringt, wie es in Rom heißt, Erfah­rung und Netz­werk mit, um die bila­te­ra­len Bezie­hun­gen zum Hei­li­gen Stuh­le fort­zu­füh­ren und zu ver­tie­fen – sowohl in diplo­ma­ti­scher als auch in sym­bo­li­scher Hinsicht.

Ins­ge­samt zeigt die Geschich­te, daß die Bezie­hun­gen Kuba–Vatikan zwar wech­sel­voll, aber den­noch erstaun­lich sta­bi­le sind, obwohl eine athe­isti­sche Ideo­lo­gie, wenn auch in latein­ame­ri­ka­ni­scher Fär­bung, und Reli­gi­on auf­ein­an­der­tref­fen. Die Ernen­nung eines erfah­re­nen Diplo­ma­ten wie Rodrí­guez Hernán­dez signa­liert Kubas Wil­len, wie es im vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­at heißt, die­se Part­ner­schaft auch in Zukunft kon­struk­tiv zu gestalten.

Trotz der Bemü­hun­gen um Annä­he­rung fehlt es nicht an Span­nun­gen, die vor allem Dis­si­den­ten betrifft, die sich auf ihre christ­li­chen Über­zeu­gun­gen beru­fen. Erst die­ser Tage war der aus Mexi­ko stam­men­de Prie­ster José Ramí­rez des Lan­des ver­wie­sen wor­den, weil die kuba­ni­schen Macht­ha­ber in ihm den Urhe­ber einer regim­kri­ti­schen Akti­on sehen. Als es im Som­mer 2021 zu lan­des­wei­ten Pro­te­sten gegen die kom­mu­ni­sti­sche Regie­rung kam, hat­te Father Ramí­rez die Glocken sei­ner Kir­che geläu­tet, um sich mit den Demon­stran­ten zu solidarisieren.

Im ver­gan­ge­nen April waren Dis­si­den­ten nach kirch­li­cher Ver­mitt­lung frei­ge­las­sen wor­den, dar­un­ter auch pro­mi­nen­te Köp­fe wie José Dani­el Fer­rer, aber kurz dar­auf wie­der fest­ge­nom­men wor­den. Die­ser Rück­schritt zeig­te, daß das Regime Zuge­ständ­nis­se ohne Vor­war­nung wie­der rück­gän­gig macht und Oppo­si­tio­nel­le wei­ter­hin streng kontrolliert.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: X (Screen­shot)

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