Die Familie bei Leo XIV. und der synodale Weg

Woher soll Hilfe kommen? Was menschlich unmöglich scheint, ist Gott möglich


Louis Martin (1823-1894) und Zélie Guérin (1831-1877), die Eltern der heiligen Therese von Lisieux
Louis Martin (1823-1894) und Zélie Guérin (1831-1877), die Eltern der heiligen Therese von Lisieux

Deutsch­land, das Land der Dich­ter und Den­ker, hat sei­ne Füh­rungs­rol­le nicht ver­lo­ren – nur ihr Vor­zei­chen hat sich ver­kehrt. Die einst schöp­fe­ri­sche Gei­stes­kraft treibt heu­te eine nega­ti­ve The­men­füh­rer­schaft an: als Muster­schü­ler der Kli­ma­re­li­gi­on, als Zer­stö­rer der eige­nen Spra­che und als Geburts­hel­fer jener zer­set­zen­den Dyna­mik, die die Kir­che seit jenem Moment schwächt, da der Rhein beim Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil in den Tiber zu flie­ßen begann.
Die Bun­des­re­pu­blik steht an der Spit­ze der syn­oda­len Bewe­gung, die Papst Fran­zis­kus – nicht zuletzt durch deut­sches Zutun auf den Stuhl Petri gelangt – über­nom­men und der Welt­kir­che über­ge­stülpt hat. So hat sich das deut­sche Gift in ande­re Län­der, Völ­ker und Kul­tu­ren aus­ge­brei­tet.
Pro­fes­sor Rober­to de Mat­tei ana­ly­siert die „syn­oda­le“ Ent­wick­lung in Ita­li­en – stil­ler, unschein­ba­rer als nörd­lich der Alpen, doch nicht min­der toxisch.

Die Auffassung von Familie bei Leo XIV. und der synodale Weg

Anzei­ge

Von Rober­to de Mattei*

Lou­is Mar­tin (1823–1894) und Zélie Gué­rin (1831–1877), die Eltern der hei­li­gen The­re­sia vom Kin­de Jesu und vom Hei­li­gen Ant­litz [The­re­se von Lisieux], wur­den im Jah­re 2015 gemein­sam hei­lig­ge­spro­chen. Anläß­lich des zehn­ten Jah­res­ta­ges ihrer Erhe­bung zur Ehre der Altä­re sand­te Papst Leo XIV. am 1. Okto­ber die­ses Jah­res eine aus­führ­li­che Bot­schaft an Msgr. Bru­no Feil­let, den Bischof von Séez, deren wesent­li­che Pas­sa­gen es wert sind, gele­sen zu werden.

„Unter den Beru­fun­gen, zu denen Män­ner und Frau­en von Gott geru­fen sind, gehört die Ehe zu den edel­sten und höch­sten. (…) Lou­is und Zélie haben erkannt, daß sie sich nicht trotz der Ehe, son­dern in, durch und mit der Ehe hei­li­gen konn­ten, und daß ihre Ver­mäh­lung als Aus­gangs­punkt eines gemein­sa­men Auf­stiegs zu betrach­ten war.
Das hei­li­ge Ehe­paar von Alen­çon ist daher ein leuch­ten­des und begei­stern­des Vor­bild für jene groß­her­zi­gen See­len, die die­sen Weg bereits beschrit­ten haben oder ihn zu gehen beab­sich­ti­gen – mit dem auf­rich­ti­gen Wunsch, unter dem Blick des Herrn ein schö­nes und gutes Leben zu füh­ren, in Freu­de eben­so wie in Prü­fung.
Sie erfüll­ten ihre Stan­des­pflich­ten in der Schlicht­heit des All­tags­le­bens (…).
Doch man darf sich nicht täu­schen las­sen: Die­ses Leben, das nach außen hin ‚gewöhn­lich‘ schien, war von einer in Wahr­heit ‚außer­or­dent­li­chen‘ Gegen­wart Got­tes durch­drun­gen, der des­sen Mit­tel­punkt war. ‚Gott an erster Stel­le‘ – das war das Mot­to, auf dem sie ihr gan­zes Leben gründeten.“

Leo XIV. füg­te hinzu:

„Dies also ist das Vor­bild von Ehe und Fami­lie, das die hei­li­ge Kir­che den jun­gen Men­schen vor Augen stellt, die viel­leicht noch zögernd eine so schö­ne Lebens­auf­ga­be begin­nen wol­len: ein Vor­bild der Treue und gegen­sei­ti­gen Auf­merk­sam­keit, ein Vor­bild des Glau­bens­ei­fers und der Beharr­lich­keit, der christ­li­chen Erzie­hung der Kin­der, der Groß­her­zig­keit in der Aus­übung der Näch­sten­lie­be und der sozia­len Gerech­tig­keit; eben­so ein Vor­bild des Ver­trau­ens in der Prü­fung.
Vor allem aber bezeugt die­ses bei­spiel­haf­te Paar das unaus­sprech­li­che Glück und die tie­fe Freu­de, die Gott schon hier auf Erden – und in Ewig­keit – jenen schenkt, die die­sen Weg der Treue und Frucht­bar­keit beschrei­ten.
In die­sen schwie­ri­gen und ver­wirr­ten Zei­ten, in denen den jun­gen Men­schen so vie­le Gegen­mo­del­le von Bezie­hun­gen ange­bo­ten wer­den – häu­fig flüch­ti­ge, indi­vi­dua­li­sti­sche und ego­isti­sche Ver­bin­dun­gen mit bit­te­ren und ent­täu­schen­den Früch­ten –, mag die von Gott gewoll­te Fami­lie alt­mo­disch oder lang­wei­lig erschei­nen. Lou­is und Zélie Mar­tin bezeu­gen, daß dies nicht so ist (…).
Welch ein Glück, sich am Sonn­tag nach der hei­li­gen Mes­se um den Tisch zu ver­sam­meln, an dem Jesus der erste Gast ist und die Freu­den, Sor­gen, Plä­ne und Hoff­nun­gen eines jeden teilt! Welch ein Glück: die­se Augen­blicke gemein­sa­men Gebets, die­se Fest­ta­ge, die­se fami­liä­ren Ereig­nis­se, die den Lauf der Zeit prä­gen! Doch auch welch ein Trost, in den Prü­fun­gen ver­eint zu blei­ben, ver­bun­den mit dem Kreuz Chri­sti, wenn es sich zeigt; und schließ­lich welch eine Hoff­nung, einst in der Herr­lich­keit des Him­mels wie­der ver­eint zu sein!
Lie­be Ehe­paa­re, ich lade euch ein, mit Mut auf dem Weg fort­zu­schrei­ten, den ihr begon­nen habt – einem Weg, der bis­wei­len schwie­rig und ver­wickelt, doch zugleich licht­voll ist.
Stellt vor allem Jesus in die Mit­te eurer Fami­li­en, eurer Tätig­kei­ten und Ent­schei­dun­gen. Laßt eure Kin­der Sei­ne Lie­be und unend­li­che Zärt­lich­keit ent­decken und bemüht euch, daß auch sie Ihn lie­ben, wie Er es ver­dient: Das ist die gro­ße Leh­re, die uns Lou­is und Zélie für die Gegen­wart geben – eine Leh­re, die Kir­che und Welt so drin­gend brau­chen. Wie hät­te The­re­sia Jesus und Maria so innig lie­ben und uns eine so schö­ne Leh­re hin­ter­las­sen kön­nen, wenn sie dies nicht von ihren Eltern schon von frü­he­ster Kind­heit an gelernt hätte?“

Nur weni­ge Wochen nach die­ser Bot­schaft, am 25. Okto­ber, wur­de in Ita­li­en von der Drit­ten Syn­odal­ver­samm­lung mit 781 Ja-Stim­men von 809 Stimm­be­rech­tig­ten das Abschluß­do­ku­ment der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz ange­nom­men, das den Titel trägt: „Sau­er­teig des Frie­dens und der Hoff­nung“.
Das Doku­ment ver­steht sich nicht als lehr­amt­lich, son­dern als pasto­ral, und muß daher beson­ders im Hin­blick auf sei­nen Stil und sei­ne Spra­che beur­teilt wer­den – eine Spra­che, die eigent­lich klar und evan­ge­li­ums­ge­mäß sein soll­te, die sich jedoch als ver­schlun­gen und vom Geist der Welt durch­drun­gen erweist.

Zunächst fällt auf, daß posi­ti­ve Vor­bil­der, die man den jun­gen Men­schen und den Fami­li­en hät­te vor Augen stel­len kön­nen, völ­lig feh­len.
Und doch hät­te man – selbst wenn man das vom Papst erwähn­te Ehe­paar Mar­tin bei­sei­te lie­ße und sich nur auf Ita­li­en beschränk­te – durch­aus ande­re Bei­spie­le nen­nen kön­nen: die seli­gen Lui­gi und Maria Bel­tra­me Quat­troc­chi, die ehr­wür­di­gen Die­ner Got­tes Ser­gio Ber­nar­di­ni und Dome­ni­ca Bedon­ni, sowie Ulis­se Amen­do­lagi­ne und Lelia Cos­si­den­te, alle im 20. Jahr­hun­dert lebend (vgl. La san­ti­tà nel­le fami­glie del mon­do, Libre­ria Editri­ce Vati­ca­na, 2022).

Fer­ner hät­te man die christ­li­che Fami­lie, bestehend aus einem Mann und einer Frau, die unauf­lös­lich mit­ein­an­der ver­bun­den sind, um gemein­sam eine Fami­lie zu grün­den, als leuch­ten­des Vor­bild für die Jugend dar­stel­len kön­nen.
Doch das geschieht nicht.
Viel­mehr schla­gen die ita­lie­ni­schen Bischö­fe im Abschnitt „Die Sor­ge um die Bezie­hun­gen“ des ersten Teils „Wege der Beglei­tung, der Unter­schei­dung und der Ein­glie­de­rung“ für „affek­ti­ve und fami­liä­re Lebens­for­men, die sich vom Sakra­ment der Ehe unter­schei­den“ vor, und prä­zi­sie­ren: Es hand­le sich um „zwei­te Ver­bin­dun­gen, fak­ti­sche Lebens­ge­mein­schaf­ten, Ehen und zivi­le Ver­ei­ni­gun­gen usw.“ (Nr. 30) – also gera­de um jene, die Leo XIV. mit Recht als „Gegen­mo­del­le“ bezeich­net, deren Früch­te „bit­ter und ent­täu­schend“ sind.

Im fol­gen­den Absatz wünscht man sich, daß „die Orts­kir­chen, indem sie eine bis­wei­len ver­brei­te­te dis­kri­mi­nie­ren­de Hal­tung in kirch­li­chen wie gesell­schaft­li­chen Milieus über­win­den, sich um die Aner­ken­nung und Beglei­tung hom­o­af­fek­tiv emp­fin­den­der Per­so­nen bemü­hen“.
Bemer­kens­wert ist dabei die Erset­zung des Wor­tes „homo­se­xu­ell“ durch „hom­o­af­fek­tiv“ sowie die posi­ti­ve Kon­no­ta­ti­on des Aus­drucks „Aner­ken­nung“, die hier auf objek­tiv sünd­haf­te Situa­tio­nen ange­wandt wird.

Spra­che und Geist die­ses Doku­ments unter­schei­den sich grund­le­gend von denen Leos XIV.
Wäh­rend der Papst in sei­ner Bot­schaft dazu ermahnt, „Jesus in die Mit­te“ zu stel­len und „Gott an die erste Stel­le“, sind Jesus Chri­stus und Gott in der sozio­lo­gisch und anthro­po­zen­trisch gepräg­ten Per­spek­ti­ve des von den Bischö­fen ver­ab­schie­de­ten Tex­tes strikt abwe­send.
Der Blick rich­tet sich nicht auf Chri­stus, son­dern auf die Welt – um sie zu segnen.

In der Ein­lei­tung betont Msgr. Erio Castel­luc­ci, Vor­sit­zen­der des ita­lie­ni­schen Syn­oda­len Weges, die Bedeu­tung des Dokuments:

„In die­sen vier Jah­ren haben wir uns vom Lehr­amt Papst Fran­zis­kus’ inspi­rie­ren las­sen, der uns – gleich zu Beginn des welt­wei­ten syn­oda­len Pro­zes­ses – unter Beru­fung auf Yves Con­gar dazu ermahn­te, nicht eine ande­re Kir­che, son­dern eine Kir­che in ande­rer Wei­se zu gestal­ten, offen für die Neu­heit, die Gott ihr ein­ge­ben will.“

Castel­luc­ci fügt hin­zu, das Doku­ment spieg­le „die Wirk­lich­keit von über zwei­hun­dert Orts­kir­chen mit all ihren Struk­tu­ren wider“ – „christ­li­che Gemein­schaf­ten“, die „nicht ori­en­tie­rungs­los“ sei­en.
Der Hin­weis auf zwei­hun­dert Orts­kir­chen klingt wie eine unaus­ge­spro­che­ne Dro­hung, im Fal­le eines päpst­li­chen Wider­spruchs könn­te es zu einer offe­nen Oppo­si­ti­on gegen Rom kommen.

Dies ist die Situa­ti­on, die Leo XIV. von sei­nem Vor­gän­ger geerbt hat.

Doch was kann der Papst heu­te tun, um einen Pro­zeß der Selbst­auf­lö­sung der Kir­che auf­zu­hal­ten, der nicht auf Ita­li­en beschränkt, son­dern welt­um­span­nend ist – und der nicht unter Papst Fran­zis­kus begann, son­dern in den Jah­ren nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Konzil?

Wer sind heu­te die Vor­sit­zen­den und Gene­ral­se­kre­tä­re der Bischofs­kon­fe­ren­zen in der Welt?
Wer sind die über fünf­tau­send resi­die­ren­den Bischö­fe?
Wer sind die mehr als vier­hun­dert­tau­send Prie­ster, die ihnen unter­ste­hen – wenn nicht zum größ­ten Teil Kir­chen­män­ner, die in Semi­na­ren und kirch­li­chen Uni­ver­si­tä­ten aus­ge­bil­det wur­den, wel­che von Rela­ti­vis­mus und Neo­mo­der­nis­mus infi­ziert sind, und die in Über­ein­stim­mung mit die­sen Ideen in ihre Ämter beru­fen wurden?

Sie bil­den eine Befehls­ket­te, aus der bis heu­te jene Prie­ster und Bischö­fe, die dem unver­än­der­li­chen Lehr­amt der Kir­che treu geblie­ben sind, aus­ge­schlos­sen und an den Rand gedrängt wurden.

Die Fra­ge ist schmerz­lich und muß mit dem Rosen­kranz in der Hand gestellt wer­den, denn das, was mensch­lich unmög­lich scheint, kann mit Got­tes Hil­fe mög­lich wer­den – „Denn bei Gott ist kein Ding unmög­lich“ (Mt 19, 26).

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017, und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.

Bücher von Prof. Rober­to de Mat­tei in deut­scher Über­set­zung und die Bücher von Mar­tin Mose­bach kön­nen Sie bei unse­rer Part­ner­buch­hand­lung beziehen.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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