
Von Aldo Maria Valli*
Die Worte, die Leo XIV. in dem Interview mit der Rom-Korrespondentin von Crux der alten Messe gewidmet hat, verdienen einige Bemerkungen.
Es ist positiv, daß der Papst sich des Problems bewußt zeigt (es wäre ja schlimm, wenn dem nicht so wäre), daß er anerkennt, Anfragen und Briefe erhalten zu haben, und daß er nicht in Verboten denkt. Doch die Art, wie er darüber spricht, und die Perspektiven, die er eröffnet, können jene, die der traditionellen Messe treu sind und sie besuchen möchten, nicht beruhigen.
Es läßt einen ratlos zurück, wenn er zur Frage sagt: „Ich weiß nicht, wohin sie führen wird“, und daß das Ganze „offensichtlich sehr kompliziert“ sei.
Da er der Papst ist, liegt es gerade an ihm, zu sagen, wohin die Reise geht. Es gibt nichts Kompliziertes daran. Der Papst muß entscheiden und klar zu den Gläubigen sprechen.
Leo erkennt an, daß die Messe, wie sie nach Zweiten Vatikanischen Konzil reformiert wurde, zu „Mißbräuchen“ geführt hat und daß das Ganze „jenen nicht geholfen hat, die eine tiefere Gebetserfahrung, einen Kontakt mit dem Geheimnis des Glaubens suchten“.
Er erkennt also an, daß es Mißbräuche gab und implizit auch, daß die reformierte Messe eine weniger tiefe Erfahrung bietet und weniger Kontakt mit dem Geheimnis des Glaubens ermöglicht. Kurz danach läßt er jedoch anklingen, daß, wenn die reformierte Messe „angemessen“ gefeiert wird, das im Großen und Ganzen in Ordnung sei und es keine „Polarisierung“ mehr geben sollte. Eine verwirrende Aussage, denn hier geht es nicht darum, sich mit einer „angemessenen“ Feier des Novus Ordo zufrieden zu geben (und was bedeutet überhaupt „angemessen“?), sondern darum anzuerkennen, daß der Vetus Ordo niemals aufgehoben wurde und daher zelebriert werden kann.
Der Papst berichtet, er habe noch keine Gelegenheit gehabt, Personen zu treffen, die den tridentinischen Ritus unterstützen, sagt aber, „bald werde sich eine Gelegenheit ergeben, sich zusammenzusetzen und zu sprechen“. Sehr gut. Aber wenn er dann sagt, daß „vielleicht im Rahmen der Synodalität“ darüber geredet werden sollte, jagt das allen, die der traditionellen Messe treu sind, einen Schauer über den Rücken. Durch Synodalität wird nichts gelöst, vielmehr verstrickt man sich in eine endlose Debatte. Er ist der Papst, es liegt an ihm zu entscheiden, und die Synodalität kann dem nicht entgegenstehen.
Sich „in einem synodalen Kontext“ hinzusetzen und zu diskutieren ist nicht die Methode der heiligen katholischen Kirche. Es ist die versammlungsdemokratische Methode, die die Kirche von der Welt übernommen hat und die sie zu einer Karikatur der politischen Demokratie macht. Eine Methode, die, wenn sie gut läuft, eine endlose Reihe von Mißverständnissen erzeugt und, wenn sie schlecht läuft, den Glauben offen verrät.
Zu suggerieren, wie Leo im Interview, daß die Lage sehr ungewiß sei, bedeutet, weitere Zweifel dort zu säen, wo der Papst eigentlich nur klar einen Weg aufzeigen müßte. Denn nur er kann und muß das tun.
Zu unterstellen, die Frage sei völlig offen und müsse in einer synodalen Diskussion angegangen werden, bedeutet auch, zu ignorieren, daß die sogenannte tridentinische Messe – da von Papst Pius V. nach dem Konzil von Trient kodifiziert, in ihrer Essenz aber viel älter – niemals aufgehoben wurde. Papst Benedikt XVI. hat dies im Motu proprio Summorum Pontificum bekräftigt, und niemand kann das widerlegen. Den Gläubigen wurde klar gesagt: Was für vergangene Generationen heilig und groß war, bleibt auch für uns heilig und groß und kann nicht plötzlich verboten oder als schädlich angesehen werden. Das ist eine Tatsache, keine Frage des persönlichen Geschmacks oder eines Experiment, über die man diskutieren müßte. Eine „sehr komplizierte Frage“? Nein. Sie wird nur kompliziert, wenn man sie nicht lösen will.
Der Appell an die Synodalität ist ein zweideutiger Umweg, der des Papstes nicht würdig ist. Die Liturgie kann nicht dem Mehrheitsvotum der Bischöfe und einer Gruppe von Laien unterworfen werden. Sie ist keine Mode, die kulturelle Zustimmung braucht. Die Kirche überliefert objektiv, was sie empfangen hat, nicht das, was ein Verwaltungsausschuß ausarbeitet. Der Kult, den die Kirche zu bewahren hat, ist nicht Gegenstand von Verhandlungen, Revisionen oder Kompromissen. Wenn man so denkt, fällt man in Historismus und Relativismus.
Aus der Sicht von Menschen wie uns, die die traditionelle Messe lieben, können die Aussagen des Papstes keineswegs beruhigend sein. Die Gefahr besteht darin, in einen Nebel zu geraten, in dem alles verloren geht. Wenig beruhigend ist auch, daß der Papst kein einziges Wort für die traditionellen Gemeinschaften aufbringt, die weiterhin Berufungen hervorbringen und Gläubige anziehen, auch junge. Bedeutet das, der Hirte kennt seine Herde nicht?
Nun gut, es ist ein Interview, kein Lehrsatz. Aber es reicht. Wenn der Papst sagt, er wisse nicht, wohin die Sache „führen wird“, erfüllt uns das mit Unruhe und Traurigkeit. Unruhe, weil wir sehen, daß unser geistliches Zuhause uns jederzeit verweigert werden könnte. Traurigkeit, weil wir einen Petrus sehen, der seinem Amt und seinen Pflichten entsagt.
Die Kirche lehrt, daß die Liturgie ein Träger der Lehre ist und daß die Art, wie wir beten, das formt, woran wir glauben. Hier scheint alles auf eine Frage des Geschmacks reduziert zu werden, eine bloße ästhetische Angelegenheit.
Die Katholiken, die die Tradition lieben, fordern keine Debatte. Sie fordern Gerechtigkeit. Gerechtigkeit für die Liturgie, die nie aufgehoben wurde, Gerechtigkeit für die Gemeinschaften, die durch sie aufblühten, Gerechtigkeit für die Heiligen und Märtyrer, die sie über Jahrhunderte feierten, Gerechtigkeit für die Gläubigen, die ausgegrenzt und wie eine Gefahr betrachtet werden. Geschwätz haben wir schon mehr als genug. Der Papst muß nur sagen: „Diese Messe ist euer Erbe. Sie gehört euch. Niemand kann sie euch wegnehmen.“ Aber er sagt es nicht.
Die Kirche braucht alles, nur keine neuen Dosen der Zweideutigkeit. Wenn das, was gestern heilig war, heute heilig ist und morgen heilig sein wird, dann muß diese Wahrheit einfach anerkannt werden. Will man das tun?
*Aldo Maria Valli, Studium der Politikwissenschaften an der Katholischen Universität von Mailand, seit 1978 Publizist, seit 1985 Berufsjournalist, ab 1995 für das Staatsfernsehen RAI tätig, von 2007 bis 2019 Leiter der Religionsabteilung und Chef-Vatikanist der RAI – als solcher ging er nach längerem inneren Ringen ab 2016 auch öffentlich auf Distanz zur Linie von Papst Franziskus, die er als „konfus“ kritisierte –, 2019 wurde er deshalb zu RAI Sport versetzt und 2020 pensioniert. Er ist Buchautor und betreibt den Blog Duc in altum.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Duc in Altum
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